Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wird der Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites verboten, die Bezeichnung "OPUS DORA" oder eine andere der Bezeichnung OPUS ONE verwechselbar ähnliche Kennzeichnung auf Weinetiketten anzubringen, unter diesem Zeichen Wein anzubieten, in den Verkehr zu bringen sowie das Zeichen in Geschäftspapieren, Ankündigungen oder in der Werbung im Zusammenhang mit Weinprodukten zu benutzen."
Die klagende Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin, eine nach kalifornischem Recht gegründete und einer OHG vergleichbare Gesellschaft mit Sitz in den USA, besitzt in rund 40 Ländern Rechte an der Marke "OPUS ONE", darunter auch in Österreich für die Klasse 33 (Weine) mit Beginn der Schutzdauer 3. 1. 1996. Sie ist auch Inhaberin der am 2. 4. 1998 angemeldeten Gemeinschafts-Wortmarke "OPUS" für die Klasse 33. Das von französischen und amerikanischen Partnern getragene Unternehmen der Klägerin beabsichtigte, in Kalifornien mit dem Fachwissen des Weingutes Rothschild aus Bordeaux einen herausragenden Rotwein zu produzieren. 1985 gelang es der Klägerin, sich im amerikanischen Qualaitäts-Weinmarkt mit ihrem unter der Bezeichnung "OPUS ONE" vertriebenen Wein an die Spitze zu setzen. Es handelt sich dabei um einen Rotwein aus der Cabernet Sauvignon-Traube und der Cabernet France-Traube, der in Eichenfässern gelagert wird. Der Export nach Europa begann im selben Jahr. "OPUS ONE" wird seit damals in mehr als 65 Ländern vertrieben, darunter seit 1986 auch in Deutschland und Österreich. Die Absatzmenge in Österreich betrug 1996 und 1997 jeweils 250 Kartons sechs Bouteillen, 1998 270 Kartons, 1999 und 2000 jeweils 300 Kartons. 1981 erzielte eine Kiste auf einer Auktion in Napa Valley einen Preis von 24.000 $, 1995 eine Bouteille des Jahrgangs 1979 250 $. Laut einer Preisliste vom April 2001 kostet eine 6-Liter-Flasche des Jahrgangs 1995 rund 28.800 S inkl USt, eine Bouteille des Jahrganges 1997 2.580 S inklusive USt. In den österreichischen Medien wurde zwischen 1999 und 2001 hauptsächlich über Robert Mondavi und sein kalifornisches Weingut berichtet, wobei der Wein "OPUS ONE" jeweils nur am Rande erwähnt wurde.
Die Beklagte erzeugt in ihrem burgenländischen Weingut Klosterkeller S*****, zu dem auch eine Riede mit dem Namen Dora gehört, einen Rotwein, den sie in Österreich unter der Bezeichnung "OPUS DORA" vertreibt. Sie ist Inhaberin einer gleichnamigen Wortmarke für die Klasse 33 (Weine und Sekt) mit Beginn der Schutzdauer 18. 6. 1999. "OPUS DORA" wird von der Beklagten zum Preis von 78 S exklusive USt pro Flasche an ein Handelsunternehmen verkauft, das den Wein der Jahrgänge 1998 und 1999 zum Preis von 120 S exklusive Umsatzsteuer weiterverkauft. In einer Wiener Weinhandlung war im August 2001 eine Bouteille dieses Weins um 226 S inkl USt erhältlich. Auch "OPUS DORA" ist ein Rotwein aus Burgenländer Cabernet Sauvignon-Trauben und Cabernet Franc-Trauben und wird in Eichenfässern gelagert. Ein Rotwein eines anderen burgenländischen Weinguts trägt die Bezeichnung "OPUS EXIMIUM"; eine gleichnamige Wortmarke ist für die Klasse 33 mit Beginn der Schutzdauer 28. 12. 1990 eingetragen.
In einem in Deutschland geführten Verfahren erreichte die Klägerin, gestützt auf ihre Markenrechte an den Wortmarken "OPUS" und "OPUS ONE" in Deutschland, unter anderem die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung des Vertriebs von Weinen mit der Kennzeichnung "OPUS DORA" sowie zur Einwilligung in die Löschung der gleichnamigen Marke. Für Österreich weigert sich die Beklagte, sich außergerichtlich zur Unterlassung zu verpflichten, das Zeichen "OPUS DORA" auf Weinetiketten anzubringen, Weine unter diesem Zeichen anzubieten und in Verkehr zu bringen sowie das Zeichen in Geschäftspapieren, Ankündigungen oder in der Werbung im Zusammenhang mit Weinprodukten zu benützen und der Löschung ihrer gleichnamigen österreichischen Wortmarke zuzustimmen. Eine Internet-Abfrage im September 2001 mittels der Suchmaschine Alta Vista ergab 39.647.517 Kontakte zur Verwendung der Bezeichnung "Opus One" auf Internet-Webseiten; eine Vielzahl davon steht nicht im Zusammenhang mit Weinen (zB Unternehmensberatung, Software-Industrie oder Möbel-Herstellung). Eine Suche mittels der Suchmaschine Google ergab 531.000 Kontakte zur Verwendung der Bezeichnung "Opus", wobei hier ebenfalls viele nicht im Zusammenhang mit Weinen stehen (zB Gesundheitsvorsorge, Grundstücksmakler oder Computer-Industrie).
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung für die Dauer dieses Rechtsstreites zu verbieten, die Bezeichnung "OPUS DORA" oder eine andere der Bezeichnung OPUS ONE verwechselbar ähnliche Kennzeichnung auf Weinetiketten anzubringen, unter diesem Zeichen Wein anzubieten, in den Verkehr zu bringen sowie das Zeichen in Geschäftspapieren, Ankündigungen oder in der Werbung im Zusammenhang mit Weinprodukten zu benutzen. Die Beklagte vertreibe Wein unter einem mit der Marke der Klägerin verwechslungsfähigen Zeichen und verletze damit deren ältere Markenrechte. Der Markenbestandteil OPUS sei als relative Phantasiebezeichnung zu beurteilen, die für Weine ausreichend originell sei, um das Registrierungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft zu überwinden; auch handle es sich dabei weder um eine Gattungsbezeichnung für die damit gekennzeichneten Produkte, noch um eine beschreibende Angabe oder eine Beschaffenheitsangabe. Der Zeichenteil OPUS sei ein unterscheidungskräftiger Bestandteil der Marke und selbstständig gegen Verwechslungsgefahr geschützt.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. OPUS ONE sei ein elitärer, hochpreisiger und in Österreich im normalen Weinhandel kaum erhältlicher Wein. Demgegenüber sei OPUS DORA ein vom Gastrofachhandel an die Gastronomie gelieferter günstiger Tischwein. Die Weine der Streitteile stünden zueinander in keinem Wettbewerbsverhältnis; der Wein der Klägerin bewege sich, falls er für einen österreichischen Käufer überhaupt greifbar sei, gewissermaßen "in einer anderen Welt". Dieser Umstand sei auch bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von wesentlicher Bedeutung. Die Bezeichnung OPUS, zunächst in der Musik verwendet und für die Bezeichnung musikalischer Werke noch immer von großer Bedeutung, sei inzwischen in den allgemeinen Sprachgebrauch eingedrungen und bezeichne Werke jeder nur denkbaren Art. Für sich allein sage OPUS nichts aus; eine Individualisierung werde stets erst durch die dem Wort OPUS nachfolgende Bezeichnung bewirkt. Dass mit dem lateinischen Begriff OPUS auch ein auf dem Weinberg und im Weinkeller vollbrachtes Werk bezeichnet werde, liege insbesondere in Ostösterreich nahe, das früher in großen Teilen römische Provinz gewesen sei. Weil der Weinbau dort seit damals jahrhundertealte Tradition habe, fänden in diesem Bereich lateinische Bezeichnungen überaus häufig Verwendung. Ein Alleinanspruch der Klägerin auf die Bezeichnung OPUS sei schon wegen der prioritätsälteren österreichischen Marke OPUS EXIMIUM ausgeschlossen. Der Wein der Klägerin sei in Österreich weitgehend unbekannt; die wenigen finanzkräftigen Kenner, die ihn schätzten, würden ihn niemals mit einem österreichischen Wein verwechseln oder auch nur in Beziehung bringen. Die Marken der Streitteile unterschieden sich in Wort, Klang und Sinn. Verwechslungsgefahr sei - selbst für den flüchtigen Verbraucher - auch aufgrund der durchgreifend verschiedenen Warenausstattung auszuschließen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Verwechslungsgefahr iSd § 10 Abs 1 Z 2 MSchG liege nicht vor. Zwar würden beide Weine aus denselben Rebsorten gekeltert und jeweils im Eichenfass gelagert, doch unterschieden sie sich nach Herkunft und Preis. Der Wein der Klägerin sei ein absoluter Spitzenwein, jener der Beklagten ein Tischwein, weshalb die markierten Waren einander nicht sehr gleichartig seien. Aufgrund seines gehobenen Preises und der bescheidenen Vertriebszahlen im Inland sei OPUS ONE nur einem elitären Käuferkreis bekannt. Die Marken der Streitteile unterschieden sich in ihren Zusätzen ONE und DORA nach Wortbild, Wortklang und Wortsinn. Der Markenbestandteil OPUS besitze nur geringe Kennzeichnungskraft; deshalb genügten schon geringe Abweichungen im übrigen Markenteil, um die Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Allein aus der Übereinstimmung im Markenbestandteil OPUS werde noch nicht auf die Identität der beiden Unternehmen oder auf wirtschaftliche Beziehungen zwischen diesen geschlossen. Auch könne OPUS nicht als Stammzeichen einer Zeichenserie verstanden werden.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die Waren der Streitteile würden nicht mit dem gleichen Zeichen markiert, weshalb ein Markeneingriff gem § 10 Abs 1 Z 1 MSchG nicht vorliege. Die Marken der Streitteile bestünden beide aus dem schwachen Bestandteil OPUS und unterschieden sich nur im nachfolgenden Zusatz. Außer der Kennzeichnungskraft des beeinträchtigten Zeichens und der Ähnlichkeit der Zeichen sei bei Beurteilung der Verwechslungsgefahr auch darauf abzustellen, welche Arbeitsgebiete für die Unternehmen typisch seien. Bei durchgreifender Verschiedenheit der von den beteiligten Unternehmen vertriebenen Waren (Dienstleistungen) sei Verwechslungsgefahr selbst bei Identität der Zeichen - abgesehen von Bezeichnungen mit gesteigerter Verkehrsgeltung - zu verneinen; bei gleichen oder nahe verwandten Waren könnten hingegen auch erheblich voneinander abweichende Zeichen Verwechselbarkeit hervorrufen. Schon der relativ geringe Absatz des Weins der Klägerin in Österreich - und das auch nur in einem hochpreisigen Segment - bewirke, dass nur ein verschwindend kleiner Teil von Weingenießern von der Existenz eines solchen Produkts überhaupt erfahre. Demgegenüber werde der Wein der Beklagten auch im Lebensmittelhandel zu einem durchschnittlichen Preis angeboten, sodass im Hinblick auf den Preisunterschied zum Wein der Klägerin wohl kein Käufer auf den Gedanken käme, er erwerbe ein Produkt der Klägerin. Allein die Übereinstimmung bei den verwendeten Rebsorten und der Produktion reiche nicht hin, Verwechslungsgefahr anzunehmen. Die Herkunft der zu vergleichenden Produkte von verschiedenen Kontinenten und deren unterschiedliche Platzierung nach Preis und Qualität sei ein derart durchschlagendes Unterscheidungskriterium, dass ein Irrtum über die Zuordnung der Marke zu einem bestimmten Unternehmen zwangsläufig auszuschließen sei. Ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher ordne die Waren der Streitteile jeweils einem bestimmten Unternehmen zu und könne keiner Verwechslungsgefahr unterliegen. Vielmehr sei den angesprochenen Verkehrskreisen das Wissen darüber zu unterstellen, dass ein Wein der Marke OPUS ONE auch in einem Lebensmittelmarkt nicht um weniger als 1/20stel des Preises des Weines OPUS ONE zu bekommen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung nicht mit der des Obersten Gerichtshofs in Einklang steht; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Die Klägerin wirft dem Rekursgericht vor, § 10 Abs 1 Z 1 MSchG unrichtig auszulegen; diese Bestimmung komme hier deshalb zur Anwendung, weil die Beklagte ein gleiches Zeichen für gleiche Waren verwende. Dem kann nicht beigepflichtet werden.
§ 10 Abs 1 Z 1 MSchG gewährt (in Umsetzung von Art 5 MarkenRL 89/104/EWG) dem Markeninhaber Rechte gegenüber demjenigen, der ein mit der Marke gleiches Zeichen (Art 5 MarkenRL: identisches Zeichen) für solche Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen gleich sind, für die die Marke eingetragen ist. Nach ihrem klaren Wortlaut ist der Anwendungsbereich dieser Bestimmung somit auf gleiche Zeichen beschränkt; eine Identität nur in Teilen genügt nicht. Stehen einander die jeweils für Weine eingetragenen und zur Bezeichnung von Rotwein benützten Marken OPUS ONE der Klägerin und Opus Dora der Beklagten gegenüber, hängt die Entscheidung im Markenstreit - entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Ansicht auch bei Einbeziehung der Gemeinschaftsmarke der Klägerin OPUS - nicht von der Auslegung des § 10 Abs 1 Z 1 MSchG ab. Die von der Klägerin gewählte Lesart (Übereinstimmung im Zeichen OPUS, woran auch der "Zusatz" DORA nichts ändere) zerlegt das Zeichen der Beklagten willkürlich in zwei gesonderte Teile; diese zergliedernde Betrachtung widerspricht aber dem - sowohl bei Prüfung der Unterscheidungskraft eines Zeichens (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 38 Rz 12 mN) als auch beim Ähnlichkeitsvergleich zweier Marken (Koppensteiner aaO § 29 Rz 60 mN; ÖBl 1996, 279 - Bacardi/Baccara uva) anzuwendenden - zeichenrechtlichen Grundsatz, dass ein Zeichen grundsätzlich nach seinem Gesamteindruck zu beurteilen ist. Mangels Identität der von den Streitteilen verwendeten Zeichen bietet daher § 10 Abs 1 Z 1 MSchG keine taugliche Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Sicherungsbegehren.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, Verwechslungsgefahr iSd § 10 Abs 1 Z 2 MSchG liege vor. OPUS für das Produkt Rotwein sei unterscheidungskräftig und auch kein schwacher Zeichenbestandteil. Stelle man richtigerweise auf alle Rotweinkonsumenten und nicht nur auf elitäre Käufer als beteiligte Verkehrskreise ab, sei die Gefahr groß, dass eine Verbindung zwischen jenem Unternehmen, aus dem Waren mit der Bezeichnung OPUS DORA stammten, und dem Unternehmen der Klägerin hergestellt werde und die von den Streitteilen verwendeten Produktbezeichnungen für eine Zeichenserie gehalten werde. Daran ändere auch das unterschiedliche Preis- und Qualitätsniveau der markierten Produkte nichts. Dazu ist zu erwägen:
Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden. Die Marke muss Gewähr dafür bieten, dass alle Waren, die mit ihr versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann (EuGH GRURInt 1994, 614 - Ideal Standard II; EuGH ÖBl 1999, 105 - Cannon/Canon). Daher liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben kann, die betreffenden Waren stammten aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (EuGH GRURInt 1994, 614 - Ideal Standard II; EuGH ÖBl 1999, 105 - Cannon/Canon; EuGH ÖBl 1999, 305 - Lloyd/Loint's).
Für den Begriff der Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat. Danach ist - ebenso wie nach ständiger österreichischer Rechtsprechung - die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 - T-One mwN). Umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft sowie Bekanntheitsgrad auf dem Markt und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen, Bedacht zu nehmen ist. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH ÖBl 1999, 105 - Cannon/Canon; ÖBl 2001, 159 - T-One). Folge dieser Wechselwirkung ist es, dass bei Warenidentität einschließlich hochgradiger Warenähnlichkeit ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Warenabstand (Ingerl/Rohnke, dMarkenG § 14 Rz 180 mit Nachweisen aus der dtRsp).
Bei der Prüfung der Warengleichartigkeit ist bei eingetragenen Marken das Verzeichnis der Waren/Dienstleistungen maßgeblich (Ingerl/Rohnke aaO Rz 241, 243; Ströbele/Klaka, dMarkenG5 § 9 Rz 38; vgl auch v. Gamm, dWZG § 5 Rz 47). Die im Warenverzeichnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und objektiven Verkehrsverständnis auszulegen (Ingerl/Rohnke aaO Rz 244; Ströbele/Klaka aaO Rz 39; idS auch Fezer, dMarkenG³ § 14 Rz 344). Im Übrigen ist anhand objektiver, auf die Waren selbst bezogener Kriterien zu beurteilen, ob die Waren oder Dienstleistungen ähnlich sind (Fezer, aaO Rz 336). Als relevante Faktoren kommen dabei insbesondere die Gemeinsamkeit der Waren nach ihrer stofflichen Beschaffenheit, ihrem Verwendungszweck, ihrer Vertriebsstätte und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren in Betracht (Ingerl/Rohnke aaO Rz 273; Fezer aaO Rz 341a).
Strittig ist, ob auch das Produktmarketing als Kriterium der Warenähnlichkeit zu berücksichtigen ist. Nach Fezer (aaO Rz 356) prägten vor allem Marketingkonzeption und Werbestrategie die Produktgestalt im Verkehr und bildeten einen Kommunikationsgehalt der Marke, an dem sich der Verbraucher orientiere; daran sei die Prüfung der Produktähnlichkeit stärker auszurichten. Demgegenüber vertreten Ingerl/Rohnke (aaO Rz 284, 287) die Auffassung, die beiderseitigen Produkte seien einander ihrer Warengattung nach, also nach dauerhaft charakteristischen Kriterien, gegenüberzustellen, nicht nach ihrer jederzeit änderbaren Werbepräsentation oder ihrer Preisstellung; Werbemaßnahmen allein könnten nämlich eine nach Auffassung des Verkehrs sonst gegebene Warenähnlichkeit nicht ausräumen, und auch die - jederzeit variierbare - Preisstellung stehe allein der Ähnlichkeit nicht entgegen. So sei etwa hochpreisige Designermode mit einfachster Konfektionsware nicht unähnlich, zumal die angesprochenen Abnehmerkreise in ihre Überlegungen auch die Möglichkeit einheitlicher Verantwortung eines Markeninhabers für der Art nach ähnliche Produkte in unterschiedlichen Preissegmenten einbezögen (in diesem Sinne auch Bous, Die Kehrtwendung des BGH bei Auslegung des Begriffs der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen - Zugleich der Versuch einer Begriffsbestimmung, GRUR 2002, 19ff [25] mit Nachweisen zur dtRsp in FN 84).
Der angesprochenen Streitfrage muss hier nicht näher nachgegangen werden. Zwar hat die Beklagte im Verfahren stets die außergewöhnlich großen Qualitätsunterschiede der markierten Weine und deren daraus naturgemäß resultierenden unterschiedlichen Preise (eine Flasche Rotwein mit der Marke der Beklagten kostet rund 1/20 einer Flasche mit der Marke der Klägerin) betont. Ihrem daraus gezogenen Schluss, der Abstand zwischen den Abnehmern der kollidierenden Produkte sei so groß, dass schon deshalb die Annahme einer - eine Verwechslungsgefahr begründenden - Produktähnlichkeit nicht gerechtfertigt sei, kann aber nach dem zuvor Gesagten nicht zugestimmt werden: Da die einander gegenüberstehenden Marken für dieselben Waren (Weine) eingetragen sind und im Übrigen die damit markierten Produkte aus denselben Rebsorten gekelterte, in Eichenfässern gelagerte Rotweine sind, bedarf es nämlich nicht einmal mehr einer Auslegung der im Warenverzeichnis beider Marken verwendeten Gattungsbezeichnung "Weine", geschweige denn der Heranziehung weiterer objektiver Prüfungskriterien, um sofort die Warengleichartigkeit der markierten Produkte bejahen zu können. Die Rotweine der Streitteile sind demnach als gleiche Waren iSd § 10 Abs 1 Z 2 MSchG zu beurteilen.
Verwechslungsgefahr setzt nicht voraus, dass sich die Abnehmerkreise der markierten Waren weitgehend decken; es genügt, wenn ein Zeichen in einer Weise gebraucht wird, die geeignet ist, einen Irrtum über die Verknüpfung des Zeichens mit einem bestimmten Unternehmen hervorzurufen (Koppensteiner aaO § 29 Rz 55 mwN). Letzteres ist hier der Fall:
Die Marke der Klägerin ist schon in ihrem ersten Wortbestandteil OPUS kennzeichnungskräftig, weil es sich dabei um eine originelle und einprägsame Bezeichnung für einen Wein handelt, die geeignet ist, vom Publikum in Erinnerung behalten und wiedererkannt zu werden. Ihr Gesamteindruck wird vom ersten Bestandteil entscheidend geprägt; sie kann (wie ein Vergleich aus der Musik nahelegt, wo die Werke eines Komponisten regelmäßig mit Opuszahlen, also einer Zeichenserie bezeichnet werden, die sich erst in ihrem zweiten, aus Zahlen bestehenden, Teil unterscheiden) als Stamm mehrerer Zeichen eines oder mehrerer verbundener Unternehmen aufgefasst werden, zumal der nachfolgende Zeichenteil ONE ein englisches Zahlwort ist. Da die Marke der Beklagten in ihrem ersten (den Gesamteindruck prägenden) Zeichenteil mit der Marke der Klägerin identisch ist, besteht bei der gegebenen Warenidentität der zu vergleichenden Produkte und beim Charakter des Zeichens OPUS als Stammbestandteil die Gefahr, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise (das sind alle an Rotwein interessierten Verbraucher) mit der angegriffenen Marke der Beklagten bezeichnete Rotweine für ein Produkt der Klägerin oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens halten. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die Produktionsstätten der in Frage stehenden Weine in verschiedenen Kontinenten liegen, ist doch dem Verkehr die Tatsache zunehmender weltweiter Unternehmensverflechtungen bewusst. Eine Gesamtbetrachtung aller für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebenden Umstände führt demnach dazu, dass die Verwechslungsgefahr bejaht werden muss.
Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und der Sicherungsantrag zu erlassen.
Welches Gewicht den einzelnen bei der Prüfung von Verwechslungsgefahr zu berücksichtigenden Kriterien (zu denen unstrittig auch die Gleichartigkeit der mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zählt) beizumessen ist, haben die nationalen Gerichte zu entscheiden (EuGH ÖBl 1999, 305 - Lloyd/Loint's). Steht nun - wie hier - die Warengleichartigkeit deshalb fest, weil die Marken der Streitteile für dieselben Waren eingetragen und die markierten Waren stofflich gleich sind, tritt die Bedeutung ihres Unterschieds in Preis und Qualität für die Frage der Verwechslungsgefahr völlig in den Hintergrund. Die Anregung der Klägerin, zu dieser Frage ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten, war deshalb nicht aufzugreifen.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.
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