OGH 4Ob170/90

OGH4Ob170/9015.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Heinz Ortner, Rechtsanwalt in Gmunden, wider die beklagte Partei Rudolf Sch***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Horst Wendling, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 330.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 13.September 1990, GZ 2 R 248/90-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16.Mai 1990, GZ 9 Cg 91/90-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.611,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.268,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Inhaberin der nachstehenden, im Markenregister des Österreichischen Patentamtes mit Beginn der Schutzdauer am 5.8.1987 für die Klassen 12 (Fahrräder), 25 (Bekleidungsstücke, Stiefel, Schuhe), 28 (Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind) und 35 (Werbung; Information und Fachberatung über Sportartikel) registrierten Wort-Bild-Marke Nr 116.813:

Abbildung nicht darstellbar!

Die Beklagte importiert Sport- und Modebekleidung, die sie an Großhändler verkauft; sie tritt im geschäftlichen Verkehr, so zB auf ihrem Briefpapier, auch unter der Bezeichnung "Sport & Mode Sch*****" auf. Die Beklagte ist Generalimporteurin der Produkte der "*****" mit dem Sitz in Italien. Sie vertreibt diese Produkte (ua) über den selbständigen Handelsvertreter Helmut F*****, der auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung ihr Gebietsvertreter für Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und Osttirol ist. Im Februar 1989 versendete Helmut F***** das nachstehende, von ihm teils hand-, teils maschinschriftlich ergänzte Werberundschreiben an potentielle Kunden, darunter auch an die Klägerin (dieser zugegangen am 24.2.1989):

Abbildung nicht darstellbar!

Die Beklagte hatte bereits im März 1988 einen Posten Handschuhe "ULTRA-Glove" der ***** bestellt, diese im Herbst 1988 ausgeliefert erhalten und danach zur Gänze verkauft.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr die Verwendung der Marke "Ultra" für Bekleidungsstücke und Sportartikel zu unterlassen, wenn es sich nicht um Erzeugnisse der Klägerin handelt; ferner stellt sie ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Die Beklagte habe durch den Import und den Weiterverkauf von Skihandschuhen mit der Bezeichnung "ULTRA" sowie deren Anbot im Werbeprospekt in die Markenrechte der Klägerin eingegriffen und gegen § 9 UWG verstoßen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Das Werberundschreiben sei von Helmut F***** ohne ihr Zutun verteilt worden. Die Wort-Bild-Marke der Klägerin sei nicht verletzt worden, weil die Skihandschuhe nur die Bezeichnung "ULTRA-Glove" getragen hätten, so daß eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei. Überdies seien die Klageansprüche verjährt, weil die Klägerin bereits Mitte Februar 1989 von der Werbeaussendung Kenntnis erlangt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Für das Werberundschreiben des Helmut F***** sei die Beklagte nicht verantwortlich. Ansprüche aus dem beanstandeten Import und Weiterverkauf von Skihandschuhen "ULTRA-Glove" durch die Beklagte seien verjährt. Im übrigen liege auch kein Markeneingriff vor, weil der Wortbestandteil "ultra" der kombinierten Marke der Klägerin für sich allein als bloße Beschaffenheitsangabe nicht registrierbar sei. Der Vertrieb von Skihandschuhen unter der Bezeichnung "ULTRA-Glove" könne auch nicht in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung und einer anderen Bildmarke die Gefahr von Verwechslungen mit der Wort-Bild-Marke der Klägerin erzeugen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes (Entscheidungsgegenstandes) 50.000 S übersteige und die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Die Beklagte hafte zwar in Ansehung des Rundschreibens des Helmut F***** gemäß § 18 UWG; das Erstgericht habe jedoch zutreffend erkannt, daß das Wort "ultra" als ausschließlich beschreibende Angabe (§ 4 Abs 1 Z 2 MSchG) nicht registrierbar sei. Mit dieser Rechtsansicht sei die Klägerin auch nicht in unzulässiger Weise überrascht worden, seien doch die Gerichte an die Entscheidungen des Patentamtes über Markenregistrierungen nicht gebunden; sie hätten vielmehr die Vorfrage des Bestehens eines Markenrechtes nach den Bestimmungen des Markenschutzgesetzes auch ohne entsprechenden Einwand des Beklagten selbständig zu prüfen und zu lösen. Daß aber die Klägerin für die Bezeichnung "ultra" Verkehrsgeltung erlangt hätte oder diese Bezeichnung auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises registriert worden wäre, sei von ihr weder behauptet noch bewiesen worden. Schon aus diesem Grund liege kein Verstoß der Beklagten gegen § 9 Abs 3 UWG vor, so daß sich die Frage nach der Verwechslungsgefahr gar nicht mehr stelle.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin stützt den Unterlassungsanpruch auf ihr Markenrecht (§ 9 Abs 3 UWG). Sie ist Inhaberin einer Wort-Bild-Marke; die Beklagte hat durch den Vertrieb der von ihr importierten und vertriebenen Skihandschuhe mit der Bezeichnung "ULTRA-Glove" nur den Wortbestandteil dieser kombinierten Marke verwendet bzw für dessen Verwendung im Werberundschreiben ihres Gebietsvertreters gemäß § 18 UWG einzustehen. Entgegen der Meinung der Klägerin haben die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang zutreffend erkannt, daß das aus dem Lateinischen stammende Wort "ultra" im heutigen Sprachgebrauch sowohl adjektivisch als auch

substantivisch - meist als Präfix - im verstärkenden Sinn mit der Bedeutung von "äußerst, in besonders extremer Weise, in hohem Maße" gebraucht wird (zB ultrakonservativ, der Ultralinke); sinnverwandt sind daher die Wörter "erz-, extra-, hyper-, super-, supra-, über-" (Duden, Bedeutungswörterbuch2, Stichwort "ultra-"). Auch im Zusammenhang mit der Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen wird daher das Wort "ultra" von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Phantasiebezeichnung, sondern als Hinweis auf eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende, besondere Qualität aufgefaßt werden (PBl 1962, 62); ihm kommt daher ausschließlich beschreibende Bedeutung im Sinne des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG zu. Als reine Wortmarke wäre das Zeichen "ultra" infolgedessen nur durch Erlangung der Verkehrsgeltung schützbar und auch nur unter dieser Voraussetzung zur Registrierung als Marke zuzulassen (§ 4 Abs 2 MSchG). Für die zugunsten der Klägerin registrierte Wort-Bild-Marke war jedoch diese Registrierungsvoraussetzung entgegen der Meinung der Vorinstanzen nicht erforderlich, weil das Zeichen nicht bloß aus Worten besteht (PBl 1983, 11 und 29; ÖBl 1984, 104 ua), sondern auch eine bildhafte Komponente aufweist. Dennoch ist aber der Umstand, daß der Wortbestandteil der kombinierten Marke der Klägerin für sich allein als reine Beschaffenheitsangabe ohne - hier nicht einmal behauptete - Verkehrsgeltung mangels Unterscheidungskraft nicht schutzfähig wäre, von entscheidungswesentlicher Bedeutung: Der vorliegende Fall ist nämlich dadurch gekennzeichnet, daß auf den Eingriffsgegenständen nicht die gesamte Marke der Klägerin, sondern nur deren Wortbestandteil "ultra" (wenn auch in Großbuchstaben) aufscheint. Nun ist zwar bei einem aus Wort- und Bildelementen zusammengesetzten Zeichen für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr meist an einem solchen Kennwort zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird; das gilt aber nicht ausnahmslos, sondern nur dann, wenn der Wortbestandteil, in dem die einzige Übereinstimmung besteht, für sich allein unterscheidungskräftig ist (ÖBl 1985, 105 mwN).

Charakteristisches Merkmal eines zusammengesetzten Zeichens kann aber regelmäßig nicht ein schutzunfähiger oder schwacher Zeichenbestandteil sein; die Aufmerksamkeit des Verkehrs wird vielmehr in solchen Fällen zwangsläufig auf die übrigen Zeichenelemente gelenkt (ÖBl 1986, 77 ua). Wenn sich daher - wie hier - die Übereinstimmung auf einen nicht schutzfähigen Bestandteil ("ultra" - "ULTRA") beschränkt, scheidet die Gefahr von Verwechslungen mit der von der Klägerin geführten Wort-Bild-Marke von vornherein aus (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 195; Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 904 § 31 WZG Rz 71; ÖBl 1957, 41; PBl 1986, 196 ua).

Da somit die Benützung des schutzunfähigen Wortbestandteils "ultra" der kombinierten Marke der Klägerin durch den Beklagten nicht geeignet war, Verwechslungen mit dieser Wort-Bild-Marke hervorzurufen, liegt der beanstandete Verstoß gegen § 9 Abs 3 UWG nicht vor. Bei dieser Sachlage muß auf die von der Revisionswerberin aufgeworfene Frage, ob die Gerichte auch ohne entsprechende Einwendung des Beklagten die Vorfrage der Zulässigkeit der Registrierung einer (Wort-)Marke von Amts wegen selbständig prüfen dürfen, nicht mehr näher eingegangen werden.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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