OGH 4Ob170/01f

OGH4Ob170/01f12.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlagsgruppe N***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 600.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 17. Mai 2001, GZ 1 R 52/01a-8, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern (ÖBl 1993, 24 - Welt des Wohnens uva). Dieser Vorteil muss mit der Hauptware (-leistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, dass er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware(-leistung) zu beeinflussen, also Werbe- oder Lockmittel sein (ÖBl 1993, 24 - Welt des Wohnens mwN; MR 2001, 44 - Tagesschikarte). Wesentliche Voraussetzung für eine Zugabe im Sinn des § 9a UWG ist, dass die gekoppelten Waren im Verhältnis von Hauptsache und (unentgeltlicher) Zugabe stehen. Das trifft etwa dann nicht zu, wenn zwei Hauptwaren oder -leistungen zu einem Gesamtpreis zusammen angeboten werden (ÖBl 1985, 108 - Fußball-EM-Aktion ua). Ob eine Werbeankündigung als das Angebot einer Wareneinheit, mehrerer Hauptwaren oder einer Haupt- und Nebenware aufzufassen ist, richtet sich nach der Verkehrsanschauung (ÖBl 1997, 49 - Hochzeitspaket; ÖBl 1999, 95 - PKW-Jahres-Vignette). Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer unzulässigen (weil eine Zugabe verschleiernden) Koppelung ist das gemeinsame Anbieten artverschiedener, willkürlich zusammengefasster Gegenstände zu einem Gesamtpreis (ÖBl 1972, 75 - Europa Register-Teleurope; ÖBl 1985, 108 - Fußball-EM-Aktion). Für das Vorliegen einer Zugabenankündigung spricht, wenn für die Hauptware ein handelsüblicher Preis besteht und der Gesamtpreis für die gekoppelte Haupt- und Nebenware nur unwesentlich höher liegt oder gar dem Hauptpreis der Hauptware gleichkommt (ÖBl 1995, 278 - Guten-Morgen-Service; ÖBl 1999, 95 - PKW-Jahres- Vignette).

Wird für Haupt- und Nebenware ein Gesamtpreis verlangt, ist zuerst zu prüfen, ob das auf die Nebenware entfallende Entgelt ein Scheinpreis ist; ist dies zu bejahen, so ist Zugabenrecht anzuwenden (s Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht22 § 1 dUWG Rz 127; MR 2001, 172 [Korn] - Autobahnvignette). Danach ist der Verbotstatbestand bereits dann erfüllt, wenn die Nebenware unentgeltlich oder zu einem Scheinpreis abgegeben wird. Ob letzteres zutrifft, hängt nicht davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise das Ausmaß der Vergünstigung erkennen können. Ob ein Scheinentgelt vorliegt, bestimmt sich nämlich vor allem danach, ob die Nebenware(-leistung) ordnungsgemäß kalkuliert worden ist und damit der für sie ausgeworfene (oder errechenbare) "Preis" auch materiell ein echtes Entgelt ist. Ein krasses Missverhältnis zwischen dem objektiven Wert der Nebenware (-leistung) und dem für sie geforderten "Entgelt" wird regelmäßig die - widerlegbare - Vermutung einer nicht ernst gemeinten, nur zur Verschleierung der Unentgeltlichkeit geforderten "Scheinvergütung" begründen. Ob ein Scheinentgelt vorliegt, bestimmt sich demnach nicht nach dem Eindruck des Verkehrs, sondern nach der Kalkulation des Anbieters (ÖBl 1999, 29 - Jahresabonnement - Kombiangebot; MR 2001, 172 [Korn] - Autobahnvignette).

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung, wenn sie die beanstandete Ankündigung, bei der ein Jahresabonnement der Zeitung der Beklagten gemeinsam mit einer Naturmoor-Wärmeflasche (die einen Wert von 125 S hat) zu einem Kombi-Preis von 620 S beworben wird (wobei die Summe der Einzelverkaufspreise der Zeitungen für ein Jahr 624 S beträgt), deshalb nicht als Verstoß gegen das Zugabeverbot beurteilt hat, weil - trotz geforderten Gesamtpreises für Haupt- und Nebenware - die Nebenware weder unentgeltlich noch zu einem die Unentgeltlichkeit verschleiernden Scheinpreis abgegeben werde. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass dem durchschnittlichen Leser des Angebots unter Berücksichtigung eines (regelmäßig recht erheblichen) Abonnementabschlags klar sei, dass von dem angebotenen Gesamtpreis ein nicht unerheblicher Teil auf die Nebenware entfalle.

Soweit die Rechtsmittelwerberin damit argumentiert, für die Zeitung der Beklagten bestehe kein (gegenüber der Summe der Einzelverkaufspreise reduzierter) Jahresabonnementpreis, geht sie insoweit von einem in der Zeitungsbranche gänzlich atypischen Sachverhalt aus, den sie in erster Instanz zwar behauptet, nicht aber bescheinigt hat, obwohl sie für das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen der von ihr behaupteten Verletzung des Zugabeverbots (hier also auch der unentgeltlichen Abgabe der Nebenware) bescheinigungspflichtig war. Eine Beweislastumkehr kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil der Klägerin eine solche Beweisführung (etwa durch Vorlage einer Auskunft der Abonnementabteilung der Beklagten) nach den Umständen leicht möglich und damit zumutbar war. Im übrigen ergibt sich schon aus dem (unstrittigen) Inhalt der beanstandeten Ankündigung, dass sich die Laufzeit des Abonnementvertrags bei Nichtkündigung zum "jeweils gültigen Abopreis" verlängert, was das Bestehen eines (gegenüber dem Einzelabgabepreis reduzierten) Abonnementpreises indiziert.

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