OGH 4Ob1585/95

OGH4Ob1585/9513.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas R*****, vertreten durch Dr.Gerald Hauska und Dr.Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 120.550,- und Feststellung (S 30.000; Revisionsinteresse S 75.275,-) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29.März 1995, GZ 3 R 43/95-39, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach stRsp des OGH sind atypische Gefahren im unmittelbaren Nahbereich der Piste vom Pistenhalter zu sichern (ZVR 1988/158; ZVR 1989/140; ZVR 1991/145 ua; Pichler/Holzer, Handbuch des öst. Skirechtes 30 f mwN aus der RSp). Die Meinung Königs (Pistensicherung außerhalb des Pistenrands?, ZVR 1982, 289; Pistensicherung jenseits des Pistenrands, ZVR 1986, 2 ff [5f]), daß Skifahrer ihre Fahrgeschwindigkeit und den Abstand vom Pistenrand so einzustellen hätten, daß sie auch bei einem Sturz nicht über den Pistenrand hinausgeraten können, lehnte der OGH - im Einklang mit Pichler/Holzer (aaO 30) - aus der Erwägung ab, daß grundsätzlich auch mit Stürzen von Skifahrern am Pistenrand zu rechnen ist; der Pistenhalter müsse diesem Umstand - im Rahmen der Zumutbarkeit - Rechnung tragen (ZVR 1988/158 ua). Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht ist das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihre Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewußten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend (ZVR 1989/132; ZVR 1989/140; ZVR 1993/161; JBl 1993, 112 ua). Fällt etwa das Gelände nach dem Begrenzungsnetz stark zu einer nur 2 m von der Pistenbegrenzung entfernten, 7 bis 8 m tiefen Gletscherspalte ab, dann besteht - nach ZVR 1989/132 - die Pflicht zur Anbringung eines Fangnetzes. Ein an die quer zum Hang verlaufende Piste angrenzendes natürliches Steilgelände ist hingegen - nach ZVR 1991/145 - im alpinen Bereich keine Besonderheit und bildet keine atypische Gefahr, so daß ein Fangnetz entbehrlich ist.

Da die Anbringung eines Fangnetzes an ungesicherten Stehern eine neuerliche Gefahrenquelle für stürzende Skifahrer heraufbeschwört, muß - nach ZVR 1993/161 - diesen Gefahren vom Pistenhalter durch Polsterung und Ummantelung der Steher begegnet werden.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zwar ein Fangnetz an Stangen derart befestigt, daß zwischen der Schneedecke und dem unteren Rand des Netzes 80 cm freigeblieben waren. Die Steher waren nicht ummantelt. Der Steilabfall befand sich - anders als im Fall der Entscheidung ZVR 1991/145 - nicht neben einem gerade verlaufenden Skiweg, sondern im Bereich einer Kurve.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß unter den hier gegebenen Verhältnissen - insb des Bewuchses der steilen Böschung und der Beschaffenheit der Kurve - die Anbringung eines Fangzaunes geboten war und die Stangen abzupolstern gewesen wären, hält sich im Rahmen der dargelegten Grundsätze der Rsp des OGH. Eine grobe Verkennung der Rechtslage - die im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmen wäre - liegt jedenfalls nicht vor.

Dem Umstand, daß der Kläger nicht als Ski-, sondern als Snowboardfahrer unterwegs war, kommt keine rechtliche Besonderheit zu, kann doch die Schutzpflicht gegenüber Snowboardfahrern nicht geringer (aber auch nicht größer) sein als gegenüber Skifahrern.

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