OGH 4Ob153/93

OGH4Ob153/9314.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** *****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Giger, Dr.Ruggenthaler und Dr.Simon, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wider die beklagte Partei M*****Z***** *****gesellschaft mbH,***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 15.September 1993, GZ 5 R 78/93-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24.Februar 1993, GZ 38 Cg 13/93k-6, in der Hauptsache bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung unter Einbeziehung ihres rechtskräftig gewordenen Teiles zur Gänze wie folgt zu lauten hat:

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruches auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs anzukündigen, daß sie den Besteller eines Zeitungs- oder Zeitschriftenabonnements, insbesondere der Zeitschrift "W*****", eine Gratisgabe, insbesondere einen Kleincomputer PS 2400-Data-Bank, gewährt.

Das Mehrbegehren, der beklagten Partei auch zu verbieten, ein Zeitungs- oder Zeitschriftenabonnement gemeinsam mit anderen Waren oder Dienstleistungen, insbesondere mit einem Kleincomputer PS 2400-Data-Bank, zu einem Preis anzukündigen, der dem Bezugspreis der Zeitung oder Zeitschrift in der Trafik während der Abonnementdauer entspricht oder darunter liegt, in eventu, ein solches Angebot anzukündigen, sofern nicht auch ein niedrigerer Preis für ein Abonnement allein angeführt wird, wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Hälfte der Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die Hälfte dieser Kosten hingegen endgültig selbst zu tragen.

Die beklagte Partei hat die Hälfte der Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 25.498,80 (darin enthalten S 4.249,80 Umsatzsteuer) bestimmte Hälfte der Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte ist Medieninhaber der Zeitschrift "W*****". In der Nr 152 dieser Zeitschrift vom Jänner 1993 kündigte die Beklagte unter der Überschrift "Die tolle Chance" folgendes an: "Das 777-Jubel-Abo; 2 Jahre den W***** und dazu den tollen Klein-Computer PS 2400-Data-Bank für nur 777 Schilling; für dieses tolle Kombi-Angebot zahlen Sie also mehr als 100 S weniger als für den zweijährigen W*****-Bezug in der Trafik." Darunter war ein Bestellschein für ein "777-Jubel-Abo" mit folgendem Text abgedruckt: "Ich bestelle ein W*****-2-Jahres-Abo (ab Ausgabe 3/93) für 777 Schilling und erhalte dazu den Kleincomputer PS 2400-Data-Bank".

Ein Einzelheft der Monatszeitschrift "W*****" kostet derzeit S 40, ein Jahresabonnement S 333, ein 2-Jahres-Abonnement S 666. Der Kleincomputer PS 2400-Data-Bank kostet im Großandelseinkauf S 225 (ohne Umsatzsteuer). Die Beklagte hat mit dem Lieferanten vereinbart, daß ihm als Gegenleistung Anzeigenraum in der Zeitschrift "W*****" im Wert des Nettogroßhandelspreises der gelieferten Klein-Computer zur Verfügung gestellt wird.

Die klagende Mitbewerberin beantragt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs anzukündigen, daß dem Besteller eines Zeitungs- oder Zeitschriften-Abonnements, insbesondere der Zeitschrift "W*****", eine Gratisgabe, insbesondere ein Kleincomputer PS 2400-Data-Bank, gewährt wird (Begehren 1), und/oder ein Zeitungs- oder Zeitschriften-Abonnement gemeinsam mit anderen Waren oder Dienstleistungen, insbesondere mit einem Kleincomputer PS 2400-Data-Bank, zu einem Preis anzukündigen, der dem Bezugspreis der Zeitung oder Zeitschrift in der Trafik während der Abonnementdauer entspricht oder darunter liegt (Begehren 2);

in eventu - neben dem Begehren 1 - im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Zeitungs- oder Zeitschriften-Abonnement gemeinsam mit anderen Waren oder Dienstleistungen, insbesondere mit einem Kleincomputer PS 2400-Data-Bank, zu einem Preis anzukündigen, der dem gleichzeitig angegebenen Einzelbezugspreis der Zeitung oder Zeitschrift während der Abonnementdauer entspricht oder darunter liegt, sofern nicht auch ein niedrigerer Preis für ein Abonnement allein angeführt wird (Eventualbegehren zum Begehren 2). Die Beklagte

habe mit den Worten "Ich bestelle ein .......-Abo für 777 Schilling

und erhalte dazu den Kleincomputer ......" eine unentgeltliche Zugabe

zum Bezug eines Zeitschriftenabonnements angekündigt und damit gegen § 9 a Abs. 1 Z 1 UWG verstoßen. Bei flüchtiger Betrachtung dieser Ankündigung sei der Eindruck erweckt worden, daß die Zugabe ohne besondere Berechnung (unentgeltlich) abgegeben werde. Die Werbeangabe enthalte aber auch ein unzulässiges Kombinationsangebot, womit die Beklagte den Eindruck einer besonders preisgünstigen Kaufgelegenheit erweckt habe, um damit die Interessenten sachwidrig zum Kauf der gekoppelten Hauptware zu bestimmen. Durch die Gegenüberstellung des Angebotspreises von S 777 mit dem höheren Einzelverkaufspreis der Zeitschrift während einer Bezugsdauer von 2 Jahren werde der Eindruck einer besonders günstigen Kaufgelegenheit erweckt; damit und durch das Hervorheben der Vorteile des Kleincomputers würden die angesprochenen Leser sachwidrig zum Bezug eines 2-Jahres-Abonnements bestimmt. Mit dem Eventualsicherungsantrag werde dem - nicht zutreffenden - Einwand der Beklagten Rechnung getragen, daß das Hauptbegehren auch zulässige Kombinationsangebote erfassen könnte.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Die von ihr verlangten Abonnementpreise seien seit Jahren gleich hoch und betrügen für ein Jahresabonnement S 330 bzw S 333, für ein 2-Jahres-Abonnement S 660 bzw S 666. Die beanstandete Werbeaussage enthalte daher nicht die Ankündigung einer unentgeltlichen Zugabe, sondern ein Kombinationsangebot. Auch sonst sei durch die beanstandete Ankündigung nicht der Eindruck erweckt worden, daß die Nebenware unentgeltlich abgegeben werde. Da im konkreten Fall die Ersparnis nicht mehr als 40 % des Preises für ein 2-Jahres-Abonnement der Zeitschrift "W*****" betrage, sei die Nebenware auch kein unzulässiges Lockmittel. Der angekündigte Kleincomputer werde im Großhandel um S 225 vertrieben. Im konkreten Fall habe jedoch die Beklagte mit dem Lieferanten die Zahlung durch ein Gegengeschäft vereinbart. Es treffe aber auch nicht zu, daß in den Interessenten durch die Gegenüberstellung mit dem Einzelverkaufspreis ein unrichtiger Eindruck über die Abonnementpreise oder die Günstigkeit des Gesamtangebotes erweckt worden sei, weil unter Zeitschriftenlesern allgemein bekannt sei, daß die Abonnementpreise gegenüber den Einzelverkaufspreisen stark verbilligt seien. Die Klägerin strebe daher in Wahrheit ein Verbot der Ankündigung zulässiger Kombinationsangebote für den Fall an, daß nicht gleichzeitig auf den normalen Abonnementpreis hingewiesen werde. In der gesamten Zeitungsbranche seien aber Abonnement-Kombi-Angebote üblich, bei denen der Gesamtpreis um rund 40 % billiger ist als der Preis der Hauptware; im übrigen sei der Preis eines Abonnements der Zeitschrift "W*****" aus der Werbung dafür allgemein bekannt. Somit sei es auch nicht unzulässig, einen Konnex zwischen dem Abonnementpreis und dem Einzelverkaufspreis herzustellen. Seit dem Inkrafttreten der Ausnahmebestimmungen zum Zugabenverbot in § 9 a Abs. 2 Z 8 UWG könne man im Bereiche des Zugabenrechts schwer von einem übertriebenen Anlocken sprechen, wenn die Aussicht, beim Kauf einer Ware Preise in Höhe von S 300.000 gewinnen zu können, das Urteil des Konsumenten nicht mehr trüben könne.

Das Erstgericht gab dem ersten Sicherungshauptbegehren und dem für den Fall der Abweisung des zweiten Sicherungshauptbegehrens erhobenen Eventualbegehren statt, ohne das zweite Sicherungshauptbegehren ausdrücklich abzuweisen. Die Beklagte habe eine verbotene Zugabe angekündigt, weil ihre Werbeankündigung den Eindruck erweckt habe, daß der Kleincomputer neben dem 2-Jahres-Abonnements unentgeltlich abgegeben werde. Daß die Beklagte für ein 2-Jahres-Abonnement der Zeitschrift "W*****" normalerweise S 666 verlange, sei dabei ohne Belang, weil ihre Abonnementpreise nicht allgemein bekannt seien. Ein Kombinationsangebot liege hingegen nicht vor.

Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Durch den Wortlaut der Bestellkarte "Ich bestelle ein W*****-2-Jahres-Abo für 777 S und erhalte dazu den Kleincomputer ...." werde bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Leser der Eindruck erweckt, daß der Betrag von S 777 der Preis des Zeitschriftenabonnements sei und der Kleincomputer daher gratis abgegeben werde. Diese für sie ungünstigste Auslegung ihrer Werbeankündigung müsse die Beklagte auch im Zugabenrecht gegen sich gelten lassen. Damit habe jedoch die Beklagte einen Verstoß gegen § 9 a Abs. 1 Z 1 UWG zu verantworten. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes habe aber die beanstandete Werbeankündigung auch ein unzulässiges Kombinationsangebot enthalten, weil - an anderer Stelle - davon die Rede sei, daß das 2-Jahres-Abonnement und der Kleincomputer zu einem Gesamtpreis von S 777 erhältlich seien, wobei nur auf die Ersparnis gegenüber dem Einzelverkaufpreis, nicht aber auf den niedrigeren Preis eines normalen 2-Jahres-Abonnements hingewiesen worden sei; auch der Preis des Kleincomputers werde in der Ankündigung nicht genannt. Die Koppelung branchenverschiedener Waren zu einem Gesamtpreis sei aber dann unlauter, wenn es dem Publikum ohne Kenntnis der Preise der einzelnen Waren oder Leistungen nicht möglich sei, den Wert der einzelnen Ware auch nur annähernd zu schätzen, so daß ihm die Prüfung der Preiswürdigkeit der gekoppelten Waren durch einen Vergleich mit den Preisen von Mitbewerbern verwehrt sei. Mit dem Hinweis auf die Ersparnis gegenüber dem Einzelverkaufspreis sei die verpönte Verschleierung der Preise nicht ausgeschlossen worden, weil die Werbeeinschaltung keinen Anhaltspunkt für den Preis eines normalen 2-Jahres-Abonnements oder des Kleincomputers geboten habe. Durch den Anschein, daß ein besonders günstiges Angebot vorliege, werde ein besonderer Anlockeffekt erzielt, ohne daß die Preiswürdigkeit der angebotenen Waren hätte geprüft werden können; es liege daher auch ein unzulässiges Koppelungsangebot und damit ein Verstoß gegen § 1 UWG vor.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Sicherungsantrages abzuändern; hilfsweise beantragt die Beklagte die Entscheidung im Sinne der Abweisung des auf ein Zugabenverbot oder auf ein Verbot eines unzulässigen Kombinationsangebotes gerichteten Teils des Sicherungsantrages.

Die Klägerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes nicht der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Zulässigkeit von Vorspannangeboten entspricht; er ist auch teilweise berechtigt.

Nicht gefolgt werden kann dem Revisionsrekurs darin, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes gegen die ständige Rechtsprechung, wonach bei der Beurteilung einer Werbeankündigung auf deren Gesamtwirkung abzustellen ist, dadurch verstoßen habe, daß ihre Ankündigung sowohl als Zugabenangebot als auch als Angebot eines Kombinationsangebotes beurteilt wurde: Läßt dagegen eine Werbeangabe mehrere Deutungen zu, dann muß auch jede von ihnen vertretbar und stichhaltig sein (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 23). Da für die Bedeutung einer Angabe schon die Vorstellung erheblich ist, die ein rechtlich nicht unbeachtlicher Teil des Verkehrs mit der Angabe verbindet (Hohenecker-Friedl aaO; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 Rz 28 zu § 3 dUWG), können nicht unbeträchtliche Teile des Verkehrs mit einer solchen Angabe auch unterschiedliche Vorstellungen verbinden (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 44 zu § 3 dUWG).

Das ist auch hier der Fall: Wenngleich in der beanstandeten

Werbeankündigung Worte wie "... 2 Jahre den W***** und dazu den

tollen Kleincomputer ... für nur 777 S" und "... für dieses tolle

Kombi-Angebot zahlen Sie ..." auffällig hervorgehoben waren, ging aus ihnen aber nicht für jeden Leser klar hervor, wie die Beklagte meint, daß der Preis dieses Sonderangebots auch den Kaufpreis (oder ein Teil) des Kleincomputers enthält. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, daß beim angesprochenen Publikum der - in der Anzeige gar nicht genannte - Normalpreis eines 2-Jahres-Abonnements der Zeitschrift W***** bekannt ist, so daß nicht zwangsläufig auf die Entgeltlichkeit der Nebenware geschlossen werden mußte. Der darunter abgedruckte Bestellschein aber enthielt mit den Worten "...das W*****-2-Jahres-Abo .... für 777 S und dazu (der) Kleincomputer ..."

einen deutlichen Hinweis auf die Unentgeltlichkeit der angekündigten Nebenware. Damit hat die Beklagte jedenfalls den Eindruck der Unentgeltlichkeit der Nebenware erweckt (vgl zur Maßgeblichkeit dieser Verkehrsauffassung auch beim Zugabentatbestand ÖBl 1992, 56; ÖBl 1985, 108; ÖBl 1982, 135 uva). Daß die zuletzt genannten Worte gegenüber dem übrigen Werbetext in kleinerem Druck gehalten waren, vermag daran nichts zu ändern, weil der Bestellschein, in dem sie enthalten waren, zumindest von jenen Personen, die vom Angebot der Beklagten Gebrauch gemacht hatten, gelesen werden mußte. Schon deshalb ist der im Zugabenverbot enthaltene Teil der angefochtenen Entscheidung berechtigt, ohne daß es noch auf die von der Klägerin relevierte Frage ankommt, ob die Nebenware zu einem Scheinpreis angekündigt, oder die Unentgeltlichkeit auf besondere Weise verschleiert wurde (vgl dazu die zu § 1 Abs. 2 ZugabenG ergangene E. ÖBl 1992, 56). Die Frage, ob der Zugabentatbestand gegenüber Verbrauchern jetzt nicht mehr durch Verschleiern der Unentgeltlichkeit verwirklicht werden könnte, weil § 9 Abs. 1 Z 1 UWG idF des Wettbewerbsderegulierungsgesetzes - im Gegensatz zum Zugabentatbestand des § 9 Abs. 2 Z 2 UWG für Zugaben gegenüber Unternehmern - den Verschleierungstatbestand für Zugaben gegenüber Verbrauchern nicht ausdrücklich erwähnt kann daher hier auf sich beruhen.

Im Recht sind dagegen die Ausführungen im Revisionsrekurs, mit denen die Annahme eines sittenwidrigen Vorspannangebotes bekämpft wird. Wie der Oberste Gerichtshof in WBl 1993, 298 bei neuerlicher Prüfung der Frage der Sittenwidrigkeit von Vorspannangeboten ausgesprochen hat, verstößt im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in § 9 a UWG zum Ausdruck gebrachte Wertung, wonach nur unentgeltliche Zugaben oder Zugaben zu Scheinpreisen verboten sind, nicht schon jedes besonders günstige Angebot einer Nebenware gegen § 1 UWG; das Angebot einer Ware zu einem höheren als einem Scheinpreis braucht daher nicht ohne weiteres unzulässig zu sein. An die Stelle des Tatbestandselementes der Unentgeltlichkeit muß vielmehr ein - weder nach dem früheren ZugabenG noch nach § 9 a UWG tatbestandsmäßig erforderliches - Element der Sittenwidrigkeit treten. Ein solcher die Sittenwidrigkeit begründender Umstand kann aber nicht schon dann bejaht werden, wenn das Vorspannangebot einen Kunden dazu bewegen könnte, die Hauptware weniger ihrer Qualität und Preiswürdigkeit wegen als deshalb zu kaufen, um die Vergünstigung zu erhalten; eine Bejahung der Sittenwidrigkeit kommt vielmehr nur dann in Frage, wenn die Koppelung der Hauptware mit der preisgünstigen Nebenware geeignet ist, sachliche Erwägungen des Konsumenten gänzlich auszuschließen. Ein Vorspannangebot ist demnach nur dann unzulässig, wenn es geeignet ist, Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung allein wegen der Möglichkeit, die Vorspannware zu einem Bruchteil des üblichen Preises zu erwerben, zum Kauf einer Hauptware zu verleiten, die sie sonst erfahrungsgemäß nicht gekauft hätten. Besteht bei einem Konsumenten ohnehin der Bedarf nach der Hauptware und entschließt er sich zu ihrem Kauf auf Grund eines Vorspannangebotes, dann liegen seinem Kaufentschluß keine ausschließlichen sachfremden Motive zugrunde; das Vorspannangebot gibt hier nur den letzten Anstoß zum Kauf.

In der bereits zitierten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof auch schon ausgesprochen, daß bei der in jedem Einzelfall erforderlichen Prüfung, ob die beanstandete Werbeaktion geeignet ist, einen nicht unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise zu sachfremden Entschlüssen im dargestellten Sinn zu verleiten, berücksichtigt werden muß, daß es auf den Eindruck ankommt, den die angesprochenen Verkehrskreise von der möglichen Ersparnis haben, und daß mangels anderer Anhaltspunkte über die Erwartung der Kunden der Abstand des Preises der Nebenware zum üblichen Preis dieser Waren heranzuziehen ist.

Flüchtige Leser der beanstandeten Ankündigung der Beklagten, die den Text des Bestellscheins nicht gelesen und damit nicht den Eindruck einer unentgeltlichen Zugabe gewonnen haben, konnten aber - im Hinblick auf das übliche Preisniveau derartiger Kleincomputer - dem übrigen Teil der Werbeankündigung nicht entnehmen, daß der Gesamtpreis des Kombi-Angebots in einem solchen Ausmaß günstig war, daß die sachliche Prüfung der Preiswürdigkeit der Hauptware ausgeschlossen werden konnte. Mit der Angabe der Ersparnis im Rahmen des Kombinationsangebotes gegenüber dem Einzelbezug der Zeitschrift "W*****" im Zeitraum von 2 Jahren konnte ebenfalls eine sachliche Prüfung der Hauptware nicht ausgeschlossen werden, weil in den beteiligten Verkehrskreisen, welche Zeitschriften lesen, jedenfalls als bekannt vorausgesetzt werden muß, daß der Bezug einer Zeitschrift im Rahmen eines 2-Jahres-Abonnements wesentlich günstiger ist als der Erwerb einzelner Exemplare in der Trafik im selben Zeitraum. Damit erweist sich aber auch das auf das Fehlen der Bekanntgabe des Normalpreises eines 2-Jahres-Abonnements der Zeitschrift der Beklagten bezugnehmende Eventualbegehren als nicht zielführend.

Die Preisverschleierung im Rahmen eines Kombinationsangebotes durch Angabe bloß eines Gesamtpreises, nicht aber auch der Einzelpreise der gemeinsam angebotenen Ware, welches das Rekursgericht zur Begründung der Sittenwidrigkeit unter Berufung auf Baumbach-Hefermehl (aaO Rz 128 zu § 1 dUWG) herangezogen hat, könnte die Sittenwidrigkeit eines Kombinationsangebotes, in dessen Rahmen der Preis der Nebenware einen sogenannten Scheinpreis übersteigt, nur dann begründen, wenn der Gesamtpreis, mit dem geworben wird, so niedrig ist, daß in den Augen der Konsumenten der auf die Nebenware entfallende Preis so günstig erscheint, daß er geeignet ist, zum Erwerb der Hauptware ohne jede sachliche Prüfung zu verleiten. Das kann hier aber im Hinblick auf die gegebene Möglichkeit, Vergleichspreise für die einzelnen Waren einzuholen, und auf die tatsächlichen Preise der gekoppelten Waren bei dem vorliegenden Gesamtpreis von S 777 noch nicht gesagt werden. Überdies hat die Klägerin eine Preisverschleierung durch Unterlassen der Bekanntgabe der Einzelpreise der gekoppelten Waren nicht ausdrücklich geltend gemacht; sie erblickt vielmehr die Sittenwidrigkeit des vorliegenden Angebots nur in dem übertriebenen Anlocken durch jene Werbebehauptungen, die auf die Günstigkeit des Kombinationsangebotes hinweisen, und die Gegenüberstellung mit dem Einzelbezugspreis der Zeitschrift "W*****" während der Dauer von zwei Jahren, ohne daß gleichzeitig auch der billigere Normalpreis eines 2-Jahres-Abonnements dieser Zeitschrift bekanntgegeben wurde. Wegen der Kenntnis der angesprochenen Verkehrskreise, daß die Preise von Zeitschriftenabonnements wesentlich günstiger sind als die Summe der entsprechenden Einzelverkaufspreise, konnte damit aber kein übertriebener Anlockeffekt erzielt werden.

Die Entscheidung über das erste Sicherungshauptbegehren war daher zu bestätigen, jenes über das zweite Hauptsicherungsbegehren und das dazu erhobene Eventualsicherungsbegehren im Sinne ihrer Abweisung abzuändern.

So weit die Klägerin durchgedrungen ist, hat sie die Kosten des Provisorialverfahrens aller Instanzen vorläufig, (§ 393 Abs. 1 EO), die Beklagte hingegen endgültig selbst (§§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs. 1 ZPO) zu tragen. In dem Umfang hingegen, in dem der Beklagten die Abwehr des Sicherungsantrages gelungen ist, hat sie gemäß §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs. 1 ZPO Anspruch auf Ersatz der entsprechenden Kosten des Provisorialverfahrens aller Instanzen. Die Ansprüche, mit denen die Klägerin durchgedrungen und mit denen sie unterlegen ist, sind - mangels gesonderter Bewertung durch die Klägerin - nach ihrem Gewicht als gleich hoch zu bewerten.

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