OGH 4Ob1519/96

OGH4Ob1519/9626.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Ehmayer und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herta A*****, vertreten durch die Sachwalterin Mag.Elisabeth W*****, diese vertreten durch Dr.Bruno Binder und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Engelbert A*****, wegen Ehescheidung und EV wegen Unterhalts, infolge außerordentlichen Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Steyr als Rekursgericht vom 4.Dezember 1995, GZ 6 R 158/95-17, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm, § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der Beurteilung einer Unterhaltsverwirkung ist sowohl das objektive Gewicht der als bescheinigt angenommenen ehewidrigen Verhaltensweise als auch das Maß der subjektiven Verantwortlichkeit des Ehegatten, der Unterhalt begehrt, in Betracht zu ziehen (RZ 1978/45; EFSlg 53.018 ua). Der Mißbrauchstatbestand (§ 94 Abs 2 Satz 2 ABGB) setzt sohin Verschulden an der entsprechenden Eheverfehlung, somit also die Fähigkeit des betreffenden Ehegatten voraus, die Rechts- und Ehewidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen und dieser Einsicht gemäß zu handeln (Schwimann in Schwimann, ABGB I, Rz 32 zu § 94 mwN aus der Rsp).

Die angefochtene Entscheidung weicht von diesem Grundsatz der Rsp nicht ab; sie geht vielmehr davon aus, daß die Beklagte zwischen Juli 1993 und Anfang 1995 nicht (akut) erkrankt war und daher in der Lage war, das Unrechtmäßige ihres Verhaltens zu erkennen und demgemäß zu handeln. Daß dieses Verständnis der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen (S.73 f) verfehlt wäre - was im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßte - , kann nach der Aktenlage nicht gesagt werden. Die Beklagte weist in ihrem Rechtsmittel auch nur darauf hin, daß sie - nach den Feststellungen seit Anfang 1995 - in der Zeit also, für die der Unterhalt begehrt wird - durch ein "enormes Tempo" gekennzeichnet gewesen sei; darauf kommt es aber nicht an. Hat sie nämlich zwischen Juli 1993 und Anfang 1995 schuldhaft Eheverfehlungen begangen, dann hat sie damit ihren Unterhaltsanspruch verwirkt. Das - allfällige - neuerliche Auftreten der Geisteskrankheit kann nicht zum Wiederaufleben des Unterhaltsanspruches führen.

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