OGH 4Ob135/85 (4Ob136/85)

OGH4Ob135/85 (4Ob136/85)1.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl und Dr.Kuderna sowie die Beisitzer Dr.Anton Haschka und Johann Herzog als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Karl A, Angestellter, Salzburg, Am Rainberg 4, vertreten durch Dr.Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Margit B, Hausbesorgerin, Wien 9., Porzellangasse 48/1, vertreten durch Dr.Hermann Rieger und Dr.Ingo Gutjahr, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses (Streitwert S 6.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 15.November 1984, GZ 44 Cg 83/84-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 28.Februar 1984, GZ 6 Cr 1036/83-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.510,08 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 137,28 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger kündigte das mit der Beklagten bestehende Hausbesorgerdienstverhältnis mit der Begründung auf, die Beklagte habe ihre Dienstobliegenheiten vernachlässigt.

Die Beklagte erhob gegen diese gerichtliche Kündigung Einwendungen, bestritt das Vorliegen eines Kündigungsgrundes und beantragte, die Kündigung aufzuheben.

Der Kläger konkretisierte den Kündigungsgrund in der Weise, daß die Klägerin die Reinigung des Stiegenhauses, des Hauseingangstores und der Stiegenhausfenster äußerst mangelhaft durchführe, das Stiegenhaus bestenfalls alle zwei Wochen reinige, 'für Tage und Wochen' nicht erreichbar sei, so daß die Müllabfuhr wiederholt unterbleiben habe müssen; daß sie ferner Schlüssel für ein neues Haustorschloß an die Mieter nicht verteilt, wochenlang defekte Glühbirnen im Stiegenhaus nicht ausgewechselt und infolge ihrer Abwesenheit Parteien, welche sich im steckengebliebenen Lift befanden, nicht aus ihrer Lage befreit habe. Schließlich habe sie am 22. Jänner und 23.Jänner 1984 den Gehsteig vor dem Haus nicht vom Schnee gesäubert und nicht bestreut.

Das Erstgericht erklärte die Kündigung für rechtswirksam, wobei es besonders von einer ungenügenden Reinigung des Hauses und damit von einer Verletzung der Dienstobliegenheiten ausging. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die Kündigung aufhob; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 2.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z.3 ArbGG neu durch und traf folgende wesentliche Feststellungen:

Die Beklagte ist seit ca. 10 Jahren Hausbesorgerin im Haus Wien 9., Porzellangasse 48. Von 1981 bis September 1983 fanden in diesem Haus in mehreren Wohnungen umfangreiche Bauarbeiten statt. Diese sowie Stemmarbeiten an elektrischen Leitungen im Stiegenhaus verursachten in erheblichem Ausmaß den Anfall von Schutt und Schmutz. Bis zu der im Herbst 1983 erfolgten Erneuerung der Stiegenhausbeleuchtung wurden wiederholt defekte Glühbirnen tagelang nicht ausgewechselt. Die Beklagte teilte dem Hausverwalter in diesem Zusammenhang mit, sie könne die Glühbirnen nicht selbst erneuern, sie müsse auf ihren Sohn warten. Sie hatte sich nämlich beim Versuch des Auswechselns von Glühbirnen - ebenso wie ihr Sohn - wiederholt elektrisiert.

Die Mieter fanden das Haustor nach 21.00 Uhr wiederholt unversperrt vor. Dies läßt keinen zwingenden Schluß auf eine Verletzung der Sperrpflicht durch die Beklagte zu, weil erfahrungsgemäß heimkehrende Mieter immer wieder aus Nachlässigkeit das Haustor unversperrt lassen. Zwei- oder dreimal konnte der Müll nicht abtransportiert werden, weil der Zugang versperrt war und die Beklagte, welche den Schlüssel hiefür hatte, abwesend war. Die Beklagte hatte anläßlich der Installation eines Lifts sich bereit erklärt, die Liftbetreuung zu übernehmen. In der Folge lehnte sie die weitere Betreuung ab, weil die Anlage derart mangelhaft war, daß wiederholt Mietparteien im steckengebliebenen Lift eingesperrt waren. Infolge Abwesenheit der Beklagten mußte mehrfach die Feuerwehr zur Befreiung der Mieter intervenieren. Anläßlich der Rückgabe des Liefschlüssels in der Kanzlei des Gebäudeverwalters teilte dessen Angestellte der Beklagten mit, es könne ihr unter diesen Umständen das monatliche Liftgeld nicht mehr gezahlt werden. Die Beklagte erklärte sich mit den Worten 'geht in Ordnung' damit einverstanden. Sie kam im wesentlichen ihren gesetzlichen Reinigungspflichten nach. Es kam allerdings vor, daß sie, so etwa bei urlaubsbedingter Abwesenheit des im Haus wohnenden Hausverwalters, fallweise nicht jede Woche das Stiegenhaus gewaschen hat.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, der festgestellte Sachverhalt rechtfertige nicht die Annahme einer gröblichen und beharrlichen Vernachlässigung der Reinigungspflichten, so daß ein Kündigungsgrund im Sinne des § 18 Abs 6 HBG nicht vorliege. Die Vereinbarung über die Liftbetreuung sei einvernehmlich aufgehoben worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzielenden Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision einen Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend wird auf die Bestimmung des § 22 Abs 1 letzter Halbsatz HBG verwiesen, wonach der Kläger andere Gründe als die in der Kündigung angeführten später nicht mehr geltend machen kann. Die auf den Beweis von Männerbekanntschaften der Beklagten (welche diese in einem anderen Haus empfange) gerichteten Beweisanträge betreffen, da ein solcher Kündigungsgrund in der Kündigung nicht geltend gemacht worden ist, schon aus diesem Grund keinen entscheidungswesentlichen Sachverhalt. Die Unterlassung von Feststellungen über die behauptete mangelhafte Gehsteigreinigung begründet keinen Verfahrensmangel, weil der vom Kläger darüber geführte Zeuge, der Gebäudeverwalter C, weder vor dem Erstgericht noch vor dem Berufungsgericht dazu Angaben gemacht hat.

Die Rechtsrüge ist ebenfalls nicht berechtigt.

Eine gröbliche und beharrliche Vernachlässigung einzelner Pflichten des Hausbesorgers, insbesondere die Verletzung von Reinigungspflichten, berechtigt den Hauseigentümer zur Aufkündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses (Arb.9210). Nach den für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Feststellungen liegt jedoch eine gröbliche und beharrliche Verletzung solcher Pflichten nicht vor. Den Reinigungspflichten kam die Beklagte, unter Bedachtnahme auf die durch die langfristigen Bauarbeiten im Haus hervorgerufene Verschmutzung, im wesentlichen nach. Die Vereinbarung über die Liftbetreuung wurde einvernehmlich aufgelöst. Eine Verpflichtung zur ständigen Anwesenheit des Hausbesorgers besteht nicht, wie sich aus dem § 4 Abs 4 und aus der eine anderweitige Beschäftigung grundsätzlich gestattenden Bestimmung des § 16 HBG ergibt. Das zögernde Auswechseln der Glühbirnen war infolge des schlechten Zustandes der Beleuchtungsanlage nicht unverständlich. Daß das Haustor von der Beklagten nicht versperrt worden wäre, konnte nicht festgestellt werden. Wenn auch das Berufungsgericht über die behauptete Unterlassung der Verteilung der neuen Haustorschlüssel keine Feststellungen getroffen hat, so fiele eine solche einmalige Unterlassung, nicht derart ins Gewicht, daß von einer gröblichen und beharrlichen Pflichtenverletzung gesprochen werden könnte. Das gleiche gilt für die durch eine zwei- oder dreimalige Abwesenheit der Beklagten verursachte Unmöglichkeit, den Müll abzutransportieren. Die erforderliche Gesamtbeurteilung des Verhaltens der Beklagten rechtfertigt somit nicht die Annahme einer gröblichen und beharrlichen Pflichtenverletzung, so daß sich die Kündigung und damit auch die Revision als unberechtigt erweisen. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

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