Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.704,80 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 2.950,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin des Wochenmagazins "p*****"; die Beklagte ist Medieninhaberin des Monatsmagazins "R*****".
Auf der Titelseite der Ausgabe Nr. 4/1991 des "R*****" war rechts oben eine Abbildung der Sängerin Simone zu sehen, welche den Betrachter ansieht und in der linken Hand eine gelbe kreisförmige Scheibe mit roten Aufdrucken hält; oberhalb davon war zu lesen:
"The Clash & Simone: Die Songs des Jahres".
Auf den Seiten 2 und 3 dieser Ausgabe befand sich ein redaktioneller Beitrag unter der Überschrift: "Drei Tophits auf einer Schallfolie: THE CLASH und SIMONE - DIE SONGS DES JAHRES". Während auf Seite 3 ein Bild der Sängerin Simone zu sehen war, welche - wie auf der Titelseite - eine gelbe Scheibe mit roter Aufschrift in die Höhe hält, war am linken Rand der Seite 2 der Text des Songs "Should I stay or should I go" abgedruckt. Auf derselben Seite war eine Schallfolie angeheftet, welche eine quadratische Form im Ausmaß von rund 15 x 15 cm hatte und (ua) mehrfach in roten Buchstaben das Wort "R*****"trug. Links daneben waren auf einem von der Folie bei einer perforierten Linie abzutrennenden, etwa 5 cm breiten Streifen weitere Informationen über die auf der Folie enthaltenen Songs von "The Clash & Simone" zu lesen. Darunter war angegeben, wie man diese "Schallfolie mit den drei Tophits des Frühjahrs" abspielen könne: Erforderlich sei bloß, "irgendeine beliebige Single" auf den Teller eines Plattenspielers zu geben, die Folie "einfach daraufzulegen" und die Anlage auf 33 Umdrehungen je Minute zu stellen.
Die Beklage warb auch auf Plakaten für ihr Magazin. Dabei war unter der Überschrift "Der Song des Jahres" das Titelblatt der Nr. 4 dieser Zeitschrift zu sehen, wobei aber die Abbildung der Sängerin Simone und der von ihr gehaltenen gelben Scheibe etwa dreimal so groß wie auf dem Titelblatt gezeichnet war und über den Rand dieses Titelblattes hinausragte. Auf dem Plakat waren - blickfangartig hervorgehoben - verschiedene Beigaben der Zeitschrift, nämlich "14 STARPOSTER" und "EXTRA: 32 SEITEN LIEBE UND SEX" angekündigt.
Mit der Behauptung, daß Schallfolien auch bei einem Jugendmagazin nicht Bestandteil der Hauptleistung, sondern ein selbständiger Gegenstand des Handelsverkehrs seien und demnach ein Verstoß gegen das Zugabengesetz vorliege, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung, ab sofort bis auf weiteres im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Vertrieb periodischer Druckwerke, insbesondere der Zeitschrift R*****, das Ankündigen von Zugaben, insbesondere Schallplatten und/oder Folien, zu untersagen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Eine Ankündigung der Zugabe liege nicht vor. Von der Existenz der Schallfolie erfahre der Leser erst nach dem Kauf der Zeitschrift, sei doch der Kreis von Interessenten, welcher das Heft vor dem Erwerb durchsehe, zu vernachlässigen. Von einer Schallplatte sei überhaupt keine Rede. Eine derartige Schallfolie könne nach heutiger Verkehrsauffassung als handelsübliches Zubehör zur Ware aufgefaßt werden.
Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung, wobei er allerdings im Spruch nach dem Wort "insbesondere" nur "Schallfolien", nicht aber auch "Schallplatten" anführte. Die Abbildung der Sängerin Simone könne nur als Ankündigung gewertet werden, daß die von ihr gehaltene Schallfolie dem Heft beigelegt sei. Da zwischen Schallplatten und -folien grundsätzlich unterschieden werden könne, sei der Spruch insofern enger und deutlicher zu fassen gewesen. Von handelsüblichem Zubehör im Sinne des § 2 Abs 1 lit d ZugG könne keine Rede sein.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionrekurs nicht zulässig sei. Ob eine unentgeltliche Zugabe angekündigt wird, sei nur danach zu beurteilen, ob der Durchschnittsinteressent bei flüchtiger Wahrnehmung den Eindruck gewinne, die Zugabe werde ohne besondere Berechnung abgegeben. Auch im Zugabenrecht müsse der mit einer mehrdeutigen Ankündigung Werbende die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Daß die Darstellung der Sängerin Simone mit der von ihr gehaltenen Schallplatte auf Grund der ihrer Gestik und Mimik vernünftigerweise nur als Ankündigung der unentgeltlichen Zugabe einer Schallplatte oder -folie gedeutet werden könne, treffe nicht zu; die beanstandete Abbildung werde vielmehr von einem Großteil der Interessenten nur als Hinweis auf den redaktionellen Beitrag auf den Seite 2 und 3, nicht aber als Ankündigung einer unentgeltlichen Zugabe verstanden werden. Die Erwägungen der Klägerin über die erkennbare Herkunftsidentität der Druckschrift und des Tonträgers und deren Bedeutung für den Inhalt der Ankündigung würden vom Großteil des Publikums nicht angestellt werden. Die wenigen Interessenten, die das Heft vor dem Ankauf durchblättern und dabei auf die Schallfolie stoßen würden, könnten wettbewerbsrechtlich vernachlässigt werden.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, weil sich die konkrete Lösung des hier zu beurteilenden Falles wegen des Fehlens von Vorentscheidungen mit einem weitgehend gleichartigen Sachverhalt noch nicht ohne weiteres aus den bisher von der Rechtsprechung entwickelten Leitsätzen ergibt (ÖBl 1984, 104; ÖBl 1988, 75 uva); er ist aber nicht berechtigt.
Nach § 1 Abs 1 ZugG ist es ua verboten, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzukündigen. Unter einem solchen "Ankündigen" ist eine öffentliche Bekanntmachung oder eine Mitteilung zu verstehen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt ist. Der Begriff umfaßt jede Handlung, die der Allgemeinheit Zugaben in Aussicht stellt;
auf das dabei verwendete Mittel - Wort, Bild, Druck, Anzeige usw - kommt es nicht an (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 127;
Tetzner, Recht und Unrecht der Zugabe 36; Hoth - Gloy, Zugabe und Rabatt 72 Rz 5 zu § 1 dZugV). Daß auch eine Abbildung grundsätzlich das gleiche wie eine Ankündigung durch Worte ausdrücken und daher im Einzelfall demselben Zweck dienen kann, bedarf keiner weiteren Begründung (vgl auch § 39 Abs 1 UWG).
Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, muß nach ständiger Rechtsprechung auch im Zugabenrecht der mit einer mehrdeutigen Ankündigung Werbende die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (ÖBl 1987, 67 mwN). Die Klägerin ist daher mit ihrem Hinweis darauf im Recht, daß ihr Unterlassungsanspruch nicht schon deshalb zu verneinen ist, weil - wie das Rekursgericht ausgeführt hat - die beanstandete Bildwerbung auch anders denn als Ankündigung einer unentgeltlichen Zugabe aufgefaßt werden könne und tatsächlich von einem Großteil der Interessenten auch anders verstanden werde.
Damit ist aber für die Klägerin im Ergebnis nichts gewonnen: Der mehrfach erwähnten Abbildung kommt nämlich - auch unter Bedachtnahme auf die davon angesprochenen jugendlichen Verkehrskreise - nicht der ihr von der Klägerin und vom Erstgericht beigelegten Aussagewert zu. Zeigt eine - offenbar dem hier in Frage kommenden Publikum allgemein bekannte - Sängerin eine Schallplatte oder -folie unter dem Hinweis auf "Die Songs des Jahres", so hat das zunächst nur die Bedeutung, daß eine solche Platte oder Folie produziert worden und auf den Markt gekommen ist; daß aber diese Folie der Zeitschrift beigelegt sei und deren Käufer unentgeltlich zukomme, ist dem Bild in keiner Weise zu entnehmen. Der mit der bildlichen Darstellung zum Ausdruck gebrachte Inhalt läßt sich in Worten nur dahin wiedergeben, daß es nur eine Platte (Folie) vom "The Clash & Simone" mit den "Songs des Jahres" gebe. Der Durchschnittsinteressent kann daher selbst bei eingehender Wahrnehmung nicht den - für einen Zugabenverstoß maßgeblichen (ÖBl 1979, 107) - Eindruck gewinnen, daß im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Zeitschrift eine Zugabe ohne besondere Berechnung abgegeben werde. Selbst wenn man die Gestik der Sängerin Simone als "auffordernd-anbietend" charakterisieren wollte, könnte darin noch kein Hinweis auf das Angebot einer unentgeltlichen Leistung der Zeitschrift erblickt werden. Selbst dann aber, wenn man die - nun schon lesbare - Aufschrift auf der Folie mitberücksichtigt, könnte ein Betrachter allenfalls zu Überlegungen über eine Verbindung dieses Schallträgers mit den darauf angeführten Unternehmen angeregt werden; daß die entsprechende Folie der Zeitschrift als unentgeltliche Zugabe beiliegt, ergibt sich aber auch daraus nicht; daß solche Angaben üblich wären und daher vom Publikum entsprechend verstanden würden, hat die Klägerin in erster Instanz nicht einmal behauptet. Auch der Vergleich mit dem auf derselben Titelseite enthaltenen Hinweis auf "14 Poster" kann nicht überzeugen, weil daraus nicht mehr entnommen werden kann als die Ankündigung, daß solche Poster dem Heft - wie dies gerichtsbekanntermaßen häufig der Fall ist - beiliegen. Daß aber die Beigabe von Schallfolien üblich wäre, hat die Klägerin in erster Instanz gleichfals nicht behauptet und kann auch nicht als offenkundig (§ 279 ZPO) bezeichnet werden. Schließlich hat sich die Klägerin in erster Instanz auch nicht darauf gestützt, daß die beanstandete Zugabe schon beim Anfassen der Zeitschrift wahrgenommen werden könnte; dies trifft im übrigen auch nicht zu, ist doch die Konsistenz der Schallfolie kaum eine andere als die des Papiers der Zeitschrift.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.
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