Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt, einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teiles wie folgt zu lauten haben:
"Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes öffentliche Bekanntmachungen oder andere Mitteilungen dahingehend zu machen, daß 'Die Woche' 'lt. Optima 91/92 im Großraum Graz eine Reichweite von 73,9 % oder 201.000 Leser' erreiche; das Begehren, die Beklagte zu ermächtigen, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches binnen 3 Monaten nach Rechtskraft und auf Kosten der Beklagten in einem Druckwerk mit gleichem Veröffentlichungswert wie das 'Branchentelefonbuch Graz' in Normallettern, mit Fettdrucküberschrift und Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen, sowie das Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Behauptung, daß 'Die Woche' 'lt. Optima 91/92 im Großraum Graz eine Reichweite von 73,9 % oder 201.000 Leser' erreiche, auf ihre Kosten gegenüber jenen Personen, welche das 'Bunte Branchentelefonbuch' 1992/93 zugesandt erhielten, öffentlich durch Abdruck und Zusendung dieses Widerrufes durch die Herausgeber des 'Bunten Branchentelefonbuches' zu widerrufen', werden abgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 40.575,-- bestimmten Kosten (darin S 6.762,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 49.055,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 4.575,90 USt und S 21.600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herausgeberin der Gratiszeitung "Der neue Grazer". Die Beklagte ist Medieninhaberin und Herausgeberin einer Gratiszeitung, die bis Mai 1992 unter dem Tittel "Graz aktiv" 14tägig erschien und seither als "Die Woche-Graz aktiv" wöchentlich erscheint.
In der Ausgabe 1992/93 der Druckschrift "Das bunte Branchentelefonbuch Graz" ließ die Beklagte ein Inserat einschalten, welches wie folgt lautete:
"DIE WOCHE-GRAZ AKTIV
Jeden Mittwoch im Großraum Graz 201.000 Leser und 73,9 % Reichweite lt. Optima 91/92 DIE WOCHE 8010 Graz..."
Dem Inserat lag eine Optima-Untersuchung zugrunde, die im Zeitraum Mai 1991 bis Mai 1992 durchgeführt wurde. Optima-Medienuntersuchungen werden seit Ende 1992 nicht mehr vorgenommen. Im Jahre 1992 ließ die Beklagte die Reichweite der Zeitschrift "Die Woche - Graz aktiv" durch ein anderes Institut erheben. Dabei wurde eine Erhöhung der Reichweite gegenüber der Optima-Analyse festgestellt.
Die Klägerin begehrt, der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs öffentliche Bekanntmachungen oder andere Mitteilungen dahingehend zu machen, daß "Die Woche" "lt. Optima 91/92 im Großraum Graz über 73,9 % Reichweite oder 201.000 Leser" erreiche. Darüber hinaus stellt die Klägerin eine Veröffentlichungs- und ein Widerrufsbegehren.
Die Gratiszeitung "Die Woche" sei erstmals am 27.5.1992 erschienen. Sie könne daher keineswegs schon 1991/92 73,9 % Reichweite oder 201.000 Leser erreicht gehabt haben. Die Gratiszeitung "Graz aktiv" sei mit der Zeitung "Die Woche" nicht identisch. Das Inserat sei daher zur Irreführung geeignet. Die Wiederholungsgefahr wäre nur weggefallen, wenn die Beklagte in einem gerichtlichen Vergleich ihre Unterlassungsverpflichtung anerkannt hätte.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.
Im Jahre 1992 sei nur der Titel der von ihr herausgegebenen Zeitung geändert worden. Inhalt und Impressum seien gleich geblieben. Die beanstandete Behauptung sei daher wahr. Es fehle aber auch die Wiederholungsgefahr. Eine Werbung mit den veralteten Reichweiteergebnissen der Optima-Analyse 1991/92 sei äußerst unwahrscheinlich, Urteilsveröffentlichungs- und Widerrufsbegehren seien nicht berechtigt; es genüge, wenn ein allenfalls ergehendes stattgebendes Urteil in der Zeitung "Die Woche - Graz aktiv" veröffentlicht werde.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Die Reichweite einer wöchentlich erscheinenden Gratiszeitung könne nicht mit der einer Gratiszeitung verglichen werden, die 14tägig erscheine. Das Inserat sei daher zur Irreführung geeignet; Widerholungsgefahr sei gegeben, weil kein gerichtlicher Unterlassungsvergleich geschlossen worden sei.
Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Widerrufsbegehren abwies; die Entscheidung über das Unterlassungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehren wurde bestätigt. Die zweite Instanz sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die beanstandete Werbeaussage sei zur Irreführung geeignet. Sie erwecke den wahrheitswidrigen Eindruck, daß die wöchentlich erscheinende Zeitung "Die Woche - Graz aktiv" schon längere Zeit auf dem Markt sei. Die Widerholungsgefahr sei nicht schon deshalb weggefallen, weil die Werbung mit veralteten Reichweitedaten unwahrscheinlich sei. Sie könnte nur dann verneint werden, wenn die Werbung mit unwahren Angaben äußerst unwahrscheinlich erschiene. Diesen Beweis habe die Beklagte nicht erbracht. Bei einem Verstoß gegen § 2 UWG bestehe kein Anspruch auf Widerruf der irreführenden Behauptung.
Hingegen sei das Begehren auf Urteilsveröffentlichung berechtigt. Die Art der Urteilsveröffentlichung sei von Amts wegen zu bestimmen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß keine für den Kaufentschluß relevante Irreführung vorliege. Die wöchentlich erscheinende Zeitung "Die Woche - Graz aktiv" habe bei Erscheinen des beanstandeten Inserates bereits eine größere Reichweite als "Graz aktiv" gehabt. Im übrigen fehle auch die Wiederholungsgefahr, weil es angesichts der nunmehr besseren Reichweiteergebnisse denkunmöglich sei, daß die Beklagte wieder mit den Reichweitedaten der Optima-Analyse 1991/92 werben werde.
Gegen § 2 UWG verstößt, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes über geschäftliche Verhältnisse Angaben macht, die zur Irreführung geeignet sind. Irreführung ist eine Angabe, wenn die Vorstellungen, welche die Adressaten der Werbung über die Bedeutung einer Angabe haben, mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang stehen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 § 3 dUWG Rz 22; ÖBl 1979, 124 - Kostenloses Farbleihgerät).
Die Beklagte hat im beanstandeten Inserat mit Reichweitedaten geworben, welche erhoben wurden, als die von ihr herausgegebene Gratiszeitung nicht - wie jetzt - wöchentlich, sondern 14tägig erschien. Die Werbeaussage der Beklagten wäre zur Irreführung geeignet, wenn der Erscheinungsrhythmus die Eigenart der Zeitung entscheidend geprägt hätte und seine Änderung daher dazu führte, daß die in einem anderen Rhythmus erscheinende Zeitung als neue Zeitung empfunden wird. Das ist aber zu verneinen:
Während es einen wesentlichen Unterschied bedeuten kann, ob eine (Verkaufs)Zeitung täglich oder wöchentlich (monatlich) erscheint, weil sich dadurch in der Regel auch der Inhalt ändern wird, vermag der Übergang einer Gratiszeitung von vierzehntägigem zu wöchentlichem Erscheinen deren Eigenart nicht entscheidend zu beeinflussen. Im Vordergrund der Berichterstattung einer solchen Druckschrift steht die Information über Angebote verschiedener Branchen; ob diese Information wöchentlich oder 14tägig verbreitet wird, läßt die Eigenart der Zeitung unberührt.
Die Gratiszeitung der Beklagten ist daher trotz der Änderung des Erscheinungsrhythmus dieselbe geblieben. Die Werbung mit den Ergebnissen der Optima-Reichweitenuntersuchung aus 1991/92 für die nunmehr wöchentlich erscheinende Zeitung war demnach eine Werbung mit den Reichweitedaten dieser Zeitung, so daß der behaupteten Eignung zur Irreführung jede Grundlage fehlt. Der behauptete Wettbewerbsverstoß ist schon aus diesem Grund nicht gegeben. Es erübrigt sich daher, auf die weiteren Revisionsausführungen der Beklagten einzugehen. Erwähnt sei nur, daß die Frage eines Wegfalles der Wiederholungsgefahr entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes danach zu beurteilen ist, ob eine Wiederholung jenes Verhaltens äußerst unwahrscheinlich ist, welches der Urteilsantrag erfaßt. Ist das Begehren allein auf die konkrete Verletzungshandlung abgestellt, dann ist zu prüfen, ob die Wiederholung dieses Verhaltens (hier: Werbung mit den Ergebnissen der Optima-Analyse 1991/92) und nicht eine Werbung mit unwahren Angaben ganz allgemein äußerst unwahrscheinlich ist.
Der Revision war Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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