OGH 4Ob12/85

OGH4Ob12/8526.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl A, Arbeiter, Wien 1., Goldschmiedgasse 10/11, vertreten durch Dr. Alfred Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Erhart B, Rechtsanwalt in Wien 1., Kohlmarkt 1 als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Johann C Gesellschaft mbH in Wien 16., Payergasse 14, wegen S 8.707,-- netto s.A., infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 26. September 1984, GZ 44 R 219/84-20, womit der Beschluß des Arbeitsgerichtes Wien vom 8.Juni 1984, 9 d Cr 5004/82-16, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

In der am 23.12.1981 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger von der Johann C Gesellschaft mbH den Zuspruch eines Betrages von S 8.707,- netto s.A. Die Klage und Ladung zur ersten Tagsatzung vom 23.2.1982

wurde zu Handen des Geschäftsführers Johann C, Wien 16., Payergasse 14 am 19.2.1982 durch postamtliche Hinterlegung zugestellt. Am 26.2.1982 erging ein dem Klagebegehren stattgebendes Versäumungsurteil, welches dem Geschäftsführer unter der gleichen Anschrift am 12.3.1982 durch postamtliche Hinterlegung zugestellt wurde. Die Sendung wurde als nicht behoben nach Ablauf der Lagerfrist zurückgestellt.

Am 28.12.1983 erhob die nunmehr beklagte Partei als Masseverwalter Widerspruch gegen das Versäumungsurteil vom 26.2.1982, beantragte, dieses wegen Nichtigkeit aufzuheben, die Klage zu Handen des Masseverwalters zuzustellen und gemäß § 6 Abs 1 KO die Unterbrechung des Verfahrens festzustellen. Lediglich hilfsweise erhob die beklagte Partei Berufung wegen Nichtigkeit mit dem Antrag, das Versäumungsurteil als nichtig aufzuheben. Der Masseverwalter brachte vor, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 29.3.1982 zu S 81/82 sei über das Vermögen der Johann C Gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet worden. Der Geschäftsführer Johann C habe bereits seit 28.1.1982 eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt, so daß dem Versäumungsurteil vom 26.2.1982 ein nichtiger Zustellvorgang zugrunde liege.

Der Kläger habe die Forderung im Konkurs angemeldet, sie sei vom Masseverwalter bestritten worden. In der Sache wurde kostenpflichtige Klagsabweisung unter Bestreitung des Klagebegehrens dem Grunde und der Höhe nach beantragt.

Der Kläger erstattete eine Berufungsbeantwortung und beantragte, der Berufung wegen Nichtigkeit nicht Folge zu geben, wobei er sich auch darauf berief, daß eine Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens bisher nicht beantragt worden sei.

Auf Grund des Auftrages des Berufungsgerichtes, zunächst über den Widerspruch zu entscheiden, ordnete das Erstgericht mit Beschluß vom 15.5.1984

eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung für den 8.6.1984 an. In dieser Tagsatzung trug die beklagte Partei wie im Widerspruch vor und erklärte ausdrücklich, das Verfahren gemäß § 7 Abs 2 KO fortzusetzen. Das Erstgericht verhandelte über den Widerspruch des Masseverwalters, wies diesen sowie die Berufung jedoch in der Folge als verspätet zurück. Es vertrat die Ansicht, aus der vom Klagevertreter vorgelegten Korrespondenz habe sich ergeben, daß dem Masseverwalter das Versäumungsurteil bereits mit Schreiben des Klagevertreters vom 2.7.1982 in Kopie zugemittelt worden sei. Da die beklagte Partei am 10.8.1982 auf dieses Schreiben geantwortet und sich darin auf den nichtigen Zustellvorgang berufen habe, habe spätestens am 10.8.1982 die Frist zur Erhebung des Widerspruches bzw. der Berufung begonnen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Masseverwalters Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht auf, das gesetzmäßige Verfahren über den Widerspruch unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund einzuleiten. Es vertrat die Ansicht, eine rechtswirksame Zustellung des Versäumungsurteils sei nicht erfolgt. Da sich der Geschäftsführer der ehemals beklagten Partei vom 28.1.1982 bis 24.6.1983 in Strafhaft befunden und das hinterlegte Versäumungsurteil nicht behoben habe, sei das Verfahren im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses am 29.3.1982 anhängig gewesen und gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen worden. Das Versäumungsurteil gegen die Gemeinschuldnerin sei bereits vor Eröffnung des Konkurses gefällt worden, so daß die Bekämpfung dieses Versäumungsurteils mit Berufung bzw. die Erhebung eines Widerspruches dagegen auf die Weiterführung einer im Zeitpunkt der Konkurseröffnung anhängigen Streitsache abgezielt habe. Durch die übermittlung einer Kopie des Versäumungsurteils an den Masseverwalter durch den Klagevertreter habe die Frist zur Erhebung von Widerspruch und Nichtigkeitsberufung gemäß § 163 Abs 1 ZPO nicht zu laufen begonnen. Dadurch sei keine Sanierung der mangelhaften Zustellung erfolgt.

Nach dem hier noch anzuwendenden § 108 ZPO aF (der inhaltlich mit § 7 ZustG übereinstimme) genüge es nämlich für die Sanierung eines Zustellmangels nicht, daß dem Empfänger die einer anderen Person zugestellte Ausfertigung übermittelt wurde. Es müsse die für den Empfänger bestimmte Ausfertigung diesem tatsächlich ausgehändigt worden sein. Dem Vorbringen und der Aktenlage müsse entnommen werden, daß die eingeklagte Forderung bei der Prüfungstagsatzung angemeldet und vom Beklagten bestritten worden sei. Da der Beklagte nunmehr gemäß § 7 Abs 2 KO das Verfahren aufgenommen habe, werde das Erstgericht über den primär erhobenen Widerspruch zu entscheiden haben.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit den Anträgen,den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen oder dem Erstgericht die dem Gesetz entsprechenden Aufträge zu erteilen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil es sich bei der Entscheidung des Rekursgerichtes tatsächlich um eine abändernde Entscheidung handelt vgl. EvBl 1951/496; MietSlg.20710, 23670 ua..

Er ist jedoch nicht berechtigt.

Es ist zwar richtig, daß die während der Unterbrechung des Verfahrens von einer Partei vorgenommenen Prozeßhandlungen gemäß § 163 Abs 2 ZPO der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkungen sind und daß daher die während der Unterbrechnung eingebrachten Rechtsmittel, so lange das Verfahren nicht wieder aufgenommen ist, zurückzuweisen sind (SZ 43/158 ua.). Auch kann ein unterbrochenes Verfahren nur durch Gerichtsbeschluß aufgenommen werden (SZ 45/19 ua.). Dieser Beschluß muß aber nicht als solcher bezeichnet sein. Es genügt etwa die Zustellung eines Versäumungsurteils an den Masseverwalter (JBl 1978, 433) oder die Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung (EvBl 1982/119). Es wurde auch bereits ausgesprochen, daß dann, wenn der Antrag auf Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens aufrecht erledigt wurde und der Beschluß in Rechtskraft erwachsen ist, eingebrachte Rechtsmittel nicht mehr unwirksam, sondern nur mehr verfrüht sind und daher kein Anlaß mehr besteht, sie zurückzuweisen (SZ 49/135).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann wurde das Verfahren vom Erstgericht durch die Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung über den Widerspruch wieder aufgenommen. Mag dies auch wegen des damals fehlenden Fortsetzungsantrages des Masseverwalters verfrüht gewesen sein, so konnten doch nach Aufnahme des Verfahrens durch den Masseverwalter seine Berufung und der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil nicht mehr als unzulässig zurückgewiesen werden.

Dem Kläger kann aber auch nicht beigepflichtet werden, wenn er meint, das Versäumungsurteil sei im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über die Gemeinschuldnerin bereits rechtskräftig gewesen. Das Versäumungsurteil wurde dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin am 12.3.1982 durch postamtliche Hinterlegung zugestellt. Der Geschäftsführer befand sich jedoch bereits seit 28.1.1982 bis 24.6.1983 in Strafhaft, weshalb eine Hinterlegung nicht zulässig war. Soweit der Kläger auf § 13 Abs 3 ZustG und darauf verweist, daß die Gemeinschuldnerin bis zur Eröffnung des Konkurses ihren Betrieb aufrecht erhalten habe und daher das Versäumnisurteil von Dritten zu übernehmen gewesen wäre, übersieht er, daß einerseits das Zustellgesetz damals noch nicht in Kraft getreten war und andererseits eine Ersatzzustellung nicht stattgefunden hat, sondern die Sendung hinterlegt wurde. Eine Hinterlegung war aber jedenfalls nicht zulässig.

Das Versämungsurteil war daher im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht wirksam zugestellt und daher auch noch nicht rechtskräftig. Während der Unterbrechung des Verfahrens konnte die Rechtsmittelfrist jedoch nicht zu laufen beginnen. Die Berufung und der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil waren daher jedenfalls rechtzeitig, wenn auch zunächst verfrüht.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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