Normen
Verordnung über ausländische Arbeitnehmer §1
Verordnung über ausländische Arbeitnehmer §1
Spruch:
Ein ohne Beschäftigungsgenehmigung oder Arbeitserlaubnis (§ 1 Vdg. über ausländische Arbeitnehmer vom 23. Jänner 1933. DRGBl. I S. 26) geschlossener Arbeitsvertrag zwischen einem inländischen Arbeitgeber und einem ausländischen Arbeitnehmer ist nichtig.
Entscheidung vom 4. Juni 1963, 4 Ob 12/63.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Begehren des Klägers auf Bezahlung von 17.500 S samt Anhang (Arbeitsentgelt für die Monate August und September 1961, allenfalls Schadenersatz wegen Verdienstentgang) wurde in beiden Instanzen abgewiesen.
Das Erstgericht hat festgestellt:
Der Beklagte ist Inhaber des Zeitschriftenverlages Adolf. N. in Wien und hat den in Deutschland lebenden Kläger auf Grund eines Inserates, in welchem er seine Arbeitskraft in einem Verlag anbot, kennengelernt. Der Beklagte hat am 15. März 1961 dem Kläger geschrieben, ob er bereit sei, auch in Österreich zu arbeiten, gegebenenfalls, unter welchen Bedingungen. Nach einem Briefwechsel kam es am 12. und 13. Mai 1961 zu einer persönlichen Aussprache in Wien. Schon im Zuge dieser Aussprache hat der Beklagte dem Kläger gesagt, daß er, um in Österreich arbeiten zu können, eine Arbeitserlaubnis benötige. Bei dieser Aussprache wurde auch die im Schreiben des Beklagten vom 24. Mai 1961 niedergelegte Vereinbarung getroffen, die vorsah, daß der Kläger ab 1. August 1961 als Leiter der Verkaufsabteilung mit der vorwiegenden Aufgabe eines Vertriebsleiters betraut sein werde, daß aber auch geplant sei, der Kläger solle zur gegebenen Zeit den gesamten Absatz als Vertriebs- und Anzeigenleiter übernehmen. Als Entgelt war ein Monatsgehalt von 7500 S, vierzehnmal im Jahr eine Trennungsentschädigung von 1500 S monatlich und Zuschüsse zu vier Fahrten des Klägers nach Berlin vorgesehen. Der Kläger, der mit dieser Vereinbarung einverstanden war, ersuchte im Schreiben vom 30. Mai 1961 den Beklagten, für ihn wegen einer Arbeitserlaubnis in Österreich die nötigen Schritte unternehmen zu lassen.
Am 16. Juni 1961 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß er selbst ein Gesuch an das Landesarbeitsamt Wien richten müsse und daß er ohne Genehmigung die Arbeit nicht beginnen könne. Am 23. Juni 1961 stellte der Kläger beim Landesarbeitsamt Wien den Antrag auf Erteilung der Arbeitserlaubnis. Die Schwester des Beklagten Johanna M., die im Verlag des Beklagten als Prokuristin, und zwar in L. tätig ist, war mit der Einstellung des Klägers in den Betrieb ihres Bruders als Vertriebs- und Verkaufsleiter nicht einverstanden. Sie fuhr von L. zum Landesarbeitsamt Wien und teilte dort mit, daß sie im Gegensatz zu ihrem Bruder der Ansicht sei, daß die Stelle durch eine in L. tätige Kraft, also durch eine innerbetriebliche Umstellung, besetzt werden könne oder daß für diesen Posten auch eine inländische qualifizierte Kraft gefunden werden müßte. Johanna M. ersuchte, ihre Angaben als vertraulich zu behandeln, weil sie ohne Wissen ihres Bruders gemacht wurden.
Mit Schreiben vom 20. Juli 1961 hat das Landesarbeitsamt Wien das Ansuchen des Klägers um Arbeitserlaubnis abgewiesen, weil im Amtsbereich des Arbeitsamtes Wien gute inländische Arbeitskräfte, die in dieser Sparte eine entsprechende Praxis nachzuweisen vermochten, arbeitsuchend gemeldet seien. Gegen diesen Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien hat der Kläger am 27. Juli 1961 Einspruch erhoben. Nachdem der Kläger dem Beklagten den Abweisungsbescheid des Landesarbeitsamtes Wien mitgeteilt hatte, telegraphierte der Angestellte L. namens des abwesenden Beklagten dem Kläger am 26. Juli 1961, er möge mit der Reise nach Wien zuwarten, bis er weitere Nachricht erhalte. Als der Beklagte im August 1961 von seinem Auslandsurlaub nach Wien zurückgekehrt war und vom ablehnenden Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien erfahren hatte, sprach er selbst bei diesem Amt vor und stellte am 11. August 1961 nach Belehrung durch das Landesarbeitsamt Wien das Ersuchen, dem Kläger eine Konsulargenehmigung zur Einreise und zum Dienstantritt in Wien zu erteilen. Dieser Antrag wurde vom Landesarbeitsamt Wien als Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsgenehmigung gewertet und mit Schreiben vom 17. August 1961 mit derselben Begründung wie der Antrag des Klägers abgewiesen. Der Einspruch des Klägers gegen den abweisenden Bescheid vom 20. Juli 1961 wurde mit Schreiben des Landesarbeitsamtes Wien vom 28. August 1961 damit erledigt, daß eine Arbeitserlaubnis nur bei Vorliegen einer Beschäftigungsgenehmigung erteilt werden könne; da eine solche nicht vorliege, könne die Eingabe des Klägers nicht in Behandlung genommen werden.
Da das Landesarbeitsamt Wien auch das Ansuchen des Beklagten, dem Kläger eine Beschäftigungsgenehmigung zu erteilen, abgewiesen hat, schrieb der Beklagte dem Kläger am 25. August 1961 unter anderem, daß er angesichts dieser Sachlage bedauere, mitteilen zu müssen, daß der Passus der getroffenen Vereinbarung, daß diese erst rechtskräftig werde, wenn eine Genehmigung des Arbeitsamtes Wien vorliege, leider in Anwendung gebracht werden müsse. Am 30. August 1961 teilte der Beklagte dem Kläger neuerlich mit, daß nach seiner Ansicht ein Arbeitsvertrag zwischen ihnen nicht bestehe. Eine gleichzeitige Anregung, der Kläger könne allenfalls für seinen Verlag in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten, führte zu keiner Vereinbarung der Streitteile.
Das Erstgericht hat auf Grund dieses Sachverhaltes die Rechtsansicht vertreten, zwischen den Parteien sei ein Vertrag nur unter der aufschiebenden Bedingung zustandegekommen, daß der Kläger eine Arbeitserlaubnis erhalte. Da er diese nicht bekommen habe, könne er sich auf keinen Dienstvertrag berufen. Daß der Beklagte die Erteilung der Arbeitserlaubnis hintertrieben habe, sei nicht erwiesen.
Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht kam nach Neudurchführung der Verhandlung gemäß § 25 Z. 3 ArbGerG. zu den gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Es vertrat aber die Rechtsansicht, daß zwischen den Parteien ein unbedingter Vertrag zustandegekommen sei und daß dieser Vertrag trotz der Bestimmungen der Verordnung über ausländische Arbeitnehmer vom 23. Jänner 1933, DRGBl. I, S. 26, wirksam zustandegekommen sei, daß der Kläger aber aus Gründen, die in seiner Person liegen (Ausländereigenschaft) keine Dienstleistungen erbracht und daher keinen Entgeltsanspruch habe.
Schadenersatz könne der Kläger nicht begehren, weil nicht erwiesen sei, daß die Nichterteilung der Arbeitserlaubnis für den Kläger allein auf die Intervention der Schwester des Beklagten zurückzuführen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach § 1 (1) der Verordnung über ausländische Arbeitnehmer vom 23. Jänner 1933, DRGBl. I S. 26, in Österreich eingeführt durch die Verordnung vom 24. Jänner 1941, DRGBl. I S. 44, bedarf ein Arbeitgeber zur Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer einer besonderen Genehmigung (Beschäftigungsgenehmigung).
Er darf nur solche Arbeitnehmer beschäftigen, die eine Arbeitserlaubnis haben. Nach § 1 (2) dieser Verordnung bedarf ein ausländischer Arbeitnehmer zur Ausübung einer Beschäftigung einer besonderen Erlaubnis (Arbeitserlaubnis). Der Wortlaut dieser Bestimmungen ist nicht einmal unter Berücksichtigung der deutschen Terminologie glücklich gefaßt, wird aber von der deutschen Rechtslehre (vgl. z. B. Staudinger - Nipperdey, Komm. zum DBGB.[11] § 611, Anm. 76 und 80, und Hueck - Nipperdey, Arbeitsrecht[6], I. Band, S. 163) dahin verstanden, daß durch die Verordnung über ausländische Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverbot normiert wird und daß ein Arbeitsvertrag, der entgegen diesem Verbot abgeschlossen wird, nichtig ist, weil dies der Zweck des Gesetzes (Verhütung der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte an solchen Stellen, für die geeignete inländische Arbeitskräfte zur Verfügung stehen) erfordert.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist die Rechtslage in Österreich gleich zu beurteilen. Wohl verbietet der Wortlaut dieser Verordnung dem Arbeitgeber nur, einen Ausländer ohne Beschäftigungserlaubnis zu beschäftigen und einem ausländischen Arbeitnehmer nur, ohne Arbeitserlaubnis im Inland eine Arbeit auszuüben. Arbeit zu gewähren und Arbeit auszuüben, ist aber der wesentliche Inhalt jedes Arbeitsvertrages. Ist der Gegenstand oder der Inhalt des Vertrages unerlaubt, ist auch der Vertrag selbst unerlaubt (Gschnitzer in Klang[2] IV. S. 184). Der Oberste Gerichtshof ist daher entgegen dem Berufungsgericht der Ansicht, daß nach dem Sinn der genannten Verordnung nicht nur die Beschäftigung eines Ausländers ohne Beschäftigungsgenehmigung und nicht nur die Ausübung einer Beschäftigung durch einen ausländischen Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis verboten ist, sondern daß die genannte Verordnung überhaupt jeden Arbeitsvertrag zwischen einem inländischen Arbeitgeber und einem ausländischen Arbeitnehmer ohne Beschäftigungsgenehmigung bzw. Arbeitserlaubnis verbietet. Der Arbeitsvertrag der Streitteile verstieß daher gegen ein gesetzliches Verbot.
Nun ist zwar nicht jedes verbotene Rechtsgeschäft damit auch schon nichtig im Sinne des § 879 (1) ABGB. Rechtsprechung und Rechtslehre (vgl. Gschnitzer, a. a. O., S. 179) stimmen überein, daß ein verbotenes Geschäft nur dann nichtig ist, wenn dies die Verbotsnorm ausdrücklich bestimmt oder wenn dies der Zweck der Verbotsnorm erfordert. Letzteres trifft hier zu. Die genannte Verordnung will inländische Arbeitsplätze Inländern vorbehalten, soweit für die betreffenden Arbeitsplätze im Inland geeignete Bewerber vorhanden sind. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn Arbeitsverträge, die entgegen der genannten Verordnung ohne Beschäftigungsgenehmigung bzw. Arbeitserlaubnis abgeschlossen werden, nichtig sind. Der Oberste Gerichtshof verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Judikat 26 neu (SZ. IX 80), in welchem erkannt wurde, daß Vereinbarungen zwischen Unternehmern und Arbeitern auf Leistung von Überstunden ohne gesetzliche Grundlage und ohne Bewilligung nach § 879 ABGB. nichtig sind. Für die hier vertretene Rechtsansicht spricht auch, daß die ähnliche Einstellungsbeschränkung im § 13 (2) Wirtschaftssäuberungsgesetz 1947 die ausdrückliche Androhung der Rechtsunwirksamkeit des Dienstvertrages enthält (vgl. dazu SZ. XXVIII 153, S. 391 unten).
Erfolgt wie hier der Abschluß des Arbeitsvertrages vor Einholung der Beschäftigungsgenehmigung bzw. Arbeitserlaubnis, so tritt zunächst ein Schwebezustand ein wie bei allen Verträgen, die einer besonderen behördlichen Genehmigung bedürfen. Wird nachträglich die Beschäftigungsgenehmigung bzw. Arbeitserlaubnis nicht erteilt, so ist der Vertrag von Anfang an nichtig. Der Kläger, dem diese Möglichkeit von Anfang an bekannt sein mußte, kann daher weder aus dem Titel eines gültigen Dienstvertrages ein Entgelt verlangen noch auch dafür, daß er sich zur Arbeitsleistung für den Beklagten bereitgehalten hat, weil die Bestimmung des § 1155 ABGB. einen gültigen Dienstvertrag voraussetzt und auch ein faktisches Arbeitsverhältnis nicht begonnen hat. Dem Kläger wurde übrigens schon bei der ersten Besprechung mitgeteilt, daß er eine Arbeitserlaubnis als Ausländer benötige. Er mußte daher von Anfang an mit einem kürzeren oder längeren Schwebezustand rechnen. Die weiteren Überlegungen des Jud. 26 neu, daß auch unerlaubte Überstunden zu entlohnen sind, treffen hier nicht zu, weil der Kläger Arbeitsleistungen nicht erbracht hat und weil im Falle des Jud. 26 neu ein an sich gültiger Dienstvertrag vorgelegen hat.
Aus diesen Rechtsausführungen folgt, daß der Kläger seinen Anspruch, wie er es in der Revision unternimmt, auch nicht darauf stützen kann, daß sein Gesuch um Arbeitserlaubnis nur deshalb abgewiesen wurde, weil dem Beklagten keine Genehmigung zur Beschäftigung eines Ausländers erteilt wurde, die Arbeitsleistung des Klägers somit - nach seiner Meinung - nur wegen Umständen unterblieb, die auf Seite des Beklagten gelegen sind.
Daß der Beklagte die Erteilung der erforderlichen Genehmigungen schuldhaft hintertrieben habe, haben die Untergerichte nicht festgestellt; sie haben auch keinen Kausalzusammenhang zwischen der Vorsprache der Schwester des Beklagten beim Arbeitsamt Wien und der Nichterteilung der Beschäftigungsgenehmigung bzw. Arbeitserlaubnis als erwiesen angenommen.
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