OGH 4Ob121/93

OGH4Ob121/9312.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm B*****, vertreten durch Dr.Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. W*****gemeinschaft ***** vertreten durch den Vereinsobmann Josef F*****, dieser vertreten durch Dr.Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in Mauthausen, 2. L*****verband ***** T*****, vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer und Dr.Alfred Hawel, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 420.000), infolge Revisionsrekurses und Rekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21.Juli 1993, GZ 6 R 155/93-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 28.Mai 1993, GZ 8 Cg 166/93-4, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs und Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Erstbeklagten die mit S 16.340,40 bestimmten Kosten der Revisionsrekurs- und Rekursbeantwortung (darin S 2.723,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Kläger ist schuldig, dem Zweitbeklagten die mit S 16.340,40 bestimmten Kosten der Revisionsrekurs- und Rekursbeantwortung (darin S 2.723,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger und Clemens B***** betreiben unter der Bezeichnung "B***** & B*****" ein Studio für künstlerische Fotografie. Im Sommer 1990 erhielten sie den Auftrag, für die Erstbeklagte von der Region D***** Landschaftsaufnahmen anzufertigen, auf denen Radfahrer zu sehen sind. Die Erstbeklagte bediente sich hiebei der Ö***** ***** gesellschaft mbH (in der Folge: Ö*****), als deren Vertreter Mag. Leo G***** auftrat.

Am 22.7.1990 vereinbarte der Kläger mit der Ö*****, daß sämtliche vom Kläger geschaffenen Bilder mit dem Copyright-Vermerk zu verstehen seien; andernfalls sei je Bild eine Strafgebühr von 5.000 S plus Umsatzsteuer zu zahlen. Der Kläger fertigte für die Erstbeklagte Diapositive an, Clemens B***** Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Der Kläger und Clemens B***** stellten ihre Leistungen der Erstbeklagten am 27.7.1990 in Rechnung; die Rechnung wurde am 14.8.1990 bezahlt.

Die Beklagten verwendeten die vom Kläger angefertigten Diapositive für Werbeprospekte und -broschüren. In mehreren Werbedruckschriften wurden Aufnahmen des Klägers ohne Herstellervermerk veröffentlicht; zwei dieser Druckschriften gibt die Zweitbeklagte heraus.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, Lichtbilder des Klägers über die Region "D*****" unter Weglassung der Herstellerbezeichnung gemäß § 74 Abs 3 Urheberrechtsgesetz oder des Urheberrechtsvermerkes gemäß § 20 Abs 1 UrhG zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.

Die Diapositive seien Werke der Lichtbildkunst gemäß § 3 Abs 2 UrhG, jedenfalls aber Lichtbilder im Sinne des § 73 UrhG. Die Ö***** sei als Vermittlerin und Vertreterin der Erstbeklagten tätig geworden. Die Erstbeklagte habe sich der Forderung des Klägers unterworfen, sein Urheber- bzw. Herstellerrecht auch künftig zu respektieren und an allen Diapositiven und den daraus entwickelten Bildern den Copyright-Vermerk anzubringen, widrigenfalls sie eine Strafgebühr von 5.000 S zuzüglich Umsatzsteuer je Bild zahlen würde. Der Kläger habe die Diapositive in einem Paket übergeben, auf dem er sich als Urheber/Hersteller bezeichnet habe. Die Erstbeklagte habe Fotos an die Zweitbeklagte weitergegeben.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Erstbeklagte wendete ein, daß sie die Ö***** weder beauftragt noch ermächtigt habe, für sie Aufträge zu vergeben. Die Geschäftsbedingungen des Klägers seien nur von der Ö***** akzeptiert worden. Mag. Leo G***** habe die klagsgegenständlichen Diapositive der Erstbeklagten übergeben und erklärt, daß die Diapositive in das Alleineigentum der Erstbeklagten übergegangen und mit keinerlei Rechtsansprüchen Dritter behaftet seien. Er habe weiters behauptet, die Diapositive nicht in einem Paket übernommen zu haben; Diapositive und Lichthüllen seien nicht beschriftet gewesen. Die Diapositive seien keine Werke der Lichtbildkunst.

Auch die Zweitbeklagte bestreitet, daß es sich bei den Diapositiven um Werke der Lichtbildkunst handle. Der Lichtbildhersteller sei bei der Veröffentlichung nicht anzugeben gewesen, weil die Fotos nicht mit einem Herstellervermerk im Sinne des § 74 Abs 3 UrhG versehen waren; eine allfällige vertragliche Zusicherung der Ö***** sei für Dritte unverbindlich.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Angabe des Urhebers/Herstellers auf dem die Diapositive enthaltenden Paket reiche nicht aus, weil es an der erforderlichen Verbindung der Bezeichnung mit den Lichtbildern fehle. Aus den vom Kläger vorgelegten Geschäftsbedingungen ergebe sich, daß nur die Ö***** vertragliche Verpflichtungen eingegangen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers insoweit Folge, als es den Beschluß hinsichtlich der Zweitbeklagten im Kostenpunkt abänderte und hinsichtlich der Erstbeklagten aufhob; die Abweisung des gegen die Zweitbeklagte gerichteten Sicherungsantrages wurde bestätigt. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich jeder der beiden Beklagten 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Übergabe der Lichtbilder in "Sammelverwahrung" verpflichte den Dritterwerber nicht, Lichtbilder nur mit dem Herstellerhinweis zu vervielfältigen und zu verbreiten. Gegenüber der Erstbeklagten sei hingegen entscheidend, ob die Ö***** die Vereinbarung mit dem Kläger als Vertreterin der Erstbeklagten geschlossen habe. Das Erstgericht habe die dazu angebotenen Bescheinigungsmittel nicht aufgenommen; der Beschluß sei daher insoweit aufzuheben gewesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs und Rekurs des Klägers. Der Rechtsmittelwerber beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung erlassen werde, in eventu den Beschluß hinsichtlich der Erstbeklagten zu bestätigen, hinsichtlich der Zweitbeklagten aber aufzuheben. Schließlich wird beantragt, die einstweilige Verfügung nur insoweit zu erlassen, als dem Beklagten untersagt wird, Lichtbilder unter Weglassung der Herstellerbezeichnung gemäß § 74 Abs 3 UrhG zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.

Die Zweitbeklagte beantragt, den Revisionsrekurs und Rekurs zurückzuweisen; beide Beklagte stellen den Antrag, dem Revisionsrekurs und Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Revisionsrekurs und Rekurs sind zulässig, weil ein gleichgelagerter Sachverhalt bisher nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung war; sie sind aber nicht berechtigt.

Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, daß die gegenständlichen Diapositive Lichtbildwerke seien. Die Diapositive seien nicht zufällig entstanden; der Kläger habe in diesen Aufnahmen seine Vorstellung umgesetzt, wie die Familienfreundlichkeit der Region Donauland ***** am besten darzustellen ist.

Die Werke der Lichtbildkunst (Lichtbildwerke) zählen gemäß § 3 Abs 2 UrhG zu den Werken der bildenden Kunst. Sie unterscheiden sich von den bloß Leistungsschutz genießenden Lichtbildern dadurch, daß Lichtbildwerke eigentümliche geistige Schöpfungen sind (EB zur Urheberrechtsgesetznovelle 1953, bei Dittrich, Sind Lichtbildwerke gleichzeitig Lichtbilder? ÖBl 1978, 113). Lichtbildwerke müssen sich als individuelle eigenartige Leistung vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abheben; das setzt voraus, daß die Persönlichkeit des Werkschaffenden, insbesondere durch die visuelle Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung, zur Geltung kommt (siehe WBl 1992, 340 mwN).

Die klagsgegenständlichen Diapositive sind überwiegend Landschaftsaufnahmen, auf denen (auch) Radfahrer zu sehen sind. Sie unterscheiden sich nicht von üblichen Aufnahmen dieser Art; weder die Auswahl des Motivs noch seine Gestaltung noch die Anwendung des fotografischen Verfahrens sind von individueller Eigenart geprägt.

Die klagsgegenständlichen Lichtbilder des Klägers sind somit keine Lichtbildwerke; dem Kläger stehen keine Urheberrechte, sondern gemäß §§ 73 ff UrhG Leistungsschutzrechte zu. Mit dem ausschließlichen Verwertungsrecht des Lichtbildherstellers (§ 74 Abs 3 Satz 1 UrhG) ist das Namensnennungsrecht (§ 74 Abs 3 Satz 1 UrhG) verknüpft; eine Verletzung dieser persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Lichtbildherstellers zieht daher auch einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gemäß §§ 81 ff UrhG nach sich (MR 1989, 99). Gemäß § 74 Abs 3 UrhG sind die zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke eines Lichtbildes mit einem entsprechenden Hinweis auf den Hersteller zu versehen, wenn der Hersteller ein Lichtbild mit seinem Namen (Decknamen,Firma) bezeichnet hat. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist es - ähnlich wie bei der Verpflichtung zur Quellenangabe nach § 57 UrhG - auf den Hersteller des Lichtbildes aufmerksam zu machen. Die Herstellerbezeichnung muß deutlich erfolgen (Dittrich, Zum Namensnennungsrecht des Lichtbildherstellers, Schönherr-Gedenkschrift 121 ff [123]).

Das Gesetz regelt nicht näher, wie der Hinweis auf den Hersteller mit dem Lichtbild verbunden sein muß. Nach den EB zum Stammgesetz (in Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht 153) muß die Bezeichnung nicht auf dem Lichtbild selbst angebracht werden; es genügt eine entsprechende Verbindung mit dem Lichtbild. In diesem Sinn hat es die Entscheidung SZ 59/152 = MR 1986 H 5 S 18 = ÖBl 1987,53 als ausreichend erachtet, wenn der Name auf die Umhüllung der Negativfilme, auf die für die Diapositive verwendeten Plastiksäckchen oder auf die Rückseite von Papierabzügen geschrieben wird. Nach der Auffassung Walters (MR 1986 H 5 S 19) soll auch der Hinweis auf die anzubringende Herstellerbezeichnung in einem Begleitschreiben genügen, dem die zu veröffentlichenden Lichtbilder angeschlossen sind.

Der zuletzt erwähnten Auffassung ist nicht zu folgen: Daß das Namensnennungsrecht von der Bezeichnung des Lichtbildes mit dem Namen des Herstellers abhängig gemacht wird, zeigt, daß der Gesetzgeber die Pflicht zur Namensnennung demjenigen auferlegen wollte, dem es bei normalem Lauf der Dinge möglich ist, bei einer Vervielfältigung vom Namen des Herstellers Kenntnis zu nehmen. Das ist weder bei einem Hinweis in einem Begleitschreiben noch bei der Angabe des Herstellers nur auf dem Paket gewährleistet, das Lichtbilder (Diapositive) enthält. Im letzteren Fall kommt noch hinzu, daß Umhüllungen von Paketen üblicherweise weggeworfen werden, ohne daß ihnen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Name des Herstellers nur auf einem Lichtbilder(Diapositive) enthaltenden Paket reicht daher keinesfalls aus, um das Recht des Lichtbildherstellers auf Namensnennung zu begründen.

§ 74 Abs 3 UrhG ist dispositives Recht (siehe MR 1989, 99 mwN); die Parteien können daher abweichende Vereinbarungen treffen. Sie können insbesondere vereinbaren, daß der Erwerber der Lichtbilder unabhängig davon zur Namensnennung verpflichtet ist, ob die Lichtbilder einen Herstellervermerk tragen.

Der Kläger behauptet, eine solche Vereinbarung mit der Ö***** mit Wirkung für die Erstbeklagte getroffen zu haben. Ob dies zutrifft, ist eine Tatfrage, die, wie das Rekursgericht in seinem Aufhebungsbeschluß ausgeführt hat, noch nicht hinreichend geklärt ist.

Wurde die behauptete Vereinbarung im Namen der Erstbeklagten getroffen, dann ist die Erstbeklagte zur Namensnennung verpflichtet. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt daraus nicht, daß dadurch Mängel des Herstellervermerks mit Wirkung für die Zweitbeklagte saniert wären. Vertragliche Vereinbarungen binden nur denjenigen, mit dem oder in dessen Namen sie getroffen werden; die Rechtsverhältnisse Dritter werden dadurch grundsätzlich nicht berührt (siehe Rummel in Rummel, ABGB2, § 859 Rz 36). Der Kläger kann sich daher gegenüber der Zweitbeklagten nicht darauf berufen, er habe mit der Erstbeklagten vereinbart, daß sein Name auch dann zu nennen sei, wenn die Diapositive nicht ausreichend im Sinne des § 74 Abs 3 UrhG bezeichnet sind. Sein Unterlassungsanspruch gegen die Zweitbeklagte wäre nur dann berechtigt, wenn er die Diapositive mit einem Hinweis auf den Hersteller versehen hätte; da dies nicht der Fall ist, haben die Vorinstanzen den gegen die Zweitbeklagte gerichteten Sicherungsantrag zu Recht abgewiesen. Hinsichtlich der Erstbeklagten hängt der Unterlassungsanspruch vom Bestehen der behaupteten Vereinbarung ab; erst nach Aufnahme der dazu angebotenen Bescheinigungsmittel kann beurteilt werden, ob der Anspruch des Klägers insoweit zu Recht besteht.

Revisionsrekurs und Rekurs mußten zur Gänze erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50, 52 ZPO.

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