OGH 4Ob117/93

OGH4Ob117/9312.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm B*****, vertreten durch Dr.Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Tourismusverband W*****, vertreten durch Dr.Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, 2. Ing.Alois K*****, vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer und Dr.Alfred Hawel, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 470.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 12.Juli 1993, GZ 6 R 152/93-12, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 28.Mai 1993, GZ 7 Cg 187/93-6, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei und dem Zweitbeklagten die mit je S 18.387 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin je S 3.064,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung

Im Auftrag der in G***** ansässigen "Werbegemeinschaft D*****" (im folgenden kurz: Werbegemeinschaft) bat die Ö***** GmbH, W***** (im folgenden kurz: Ö*****) durch ihren Vertreter Mag.Leo G***** den Kläger und seinen Partner Clemens B*****, zahlreiche Bildmotive der Region D***** mit Radfahrern zu fotografieren. Am 22.7.1990 vereinbarte der Kläger mit der von Mag.Leo G***** vertretenen Ö***** mit Wirkung für die Werbegemeinschaft, daß sämtliche von ihm oder Clemens B***** angefertigten Bilder mit dem Copyright-Vermerk zu bezeichnen seien und bei Unterlassung dieses Vermerkes je Bild eine Strafgebühr von S 5.000 plus Umsatzsteuer verrechnet werde. Die Ö***** unterwarf sich dabei den Geschäftsbedingungen des Klägers und seines Partners, deren hier maßgeblichen Bestimmungen wie folgt lauten:

"Urheberrechtliche Bestimmungen:

Das gesetzliche Urheberrecht an unseren Arbeiten ist unverzichtbar. Wir verlangen daher einen Copyrightvermerk, und zwar in einer Weise, die keinen Zweifel darüber läßt, welche Abbildungen im einzelnen damit bezeichnet sind. Bei Unterlassung des Urheberrechtsvermerkes wird pro verwendetes Bild eine Strafgebühr von öS 5.000,-- verrechnet. Das durch die Zahlung des Rechnungsbetrages eingeräumte Nutzungsrecht bezieht sich: weltweite Rechte. Unsere Signierung ist wesentlicher Bestandteil unserer urheberrechtlich geschützten Leistungen und darf ohne unsere Zustimmung nicht weggelassen werden. Vor der vollständigen Bezahlung der gestellten Honorarnote steht dem Kunden kein immer geartetes Nutzungsrecht der erbrachten Leistungen zu.

Belegexemplare:

Von allen ausgeführten Arbeiten sind uns zumindest 10 ungefaltete Belegexemplare unentgeltlich zu überlassen. Es wird das Recht eingeräumt, diese Belegexemplare zu Zwecken der Eigenwerbung zu verwenden."

Mag.Leo G***** unterfertigte diese Geschäftsbedingungen als Vertreter der Ö*****.

Der Kläger vereinbarte mit Mag.Leo G*****, daß die Bilder für den "Radwanderführer D*****" und die damit zusammenhängenden Werbebroschüren verwendet werden. Nicht vereinbart war die Weitergabe der Dias/Fotos an Dritte.

Auf Grund dieses Auftrages fertigte der Kläger in der Folge rund 40 Fotoaufnahmen als Farbdias an, während sein Partner dieselben Bildmotive in schwarz-weiß fotografierte. Das Lichtbild "Kirche und 4 Radfahrer" stammt vom Kläger. Dieser übergab sodann die Dias in einem Paket, auf dem er sich als Urheber/Hersteller bezeichnet hatte, an Mag.Leo G*****.

Am 27.7.1990 legte die Künstlergemeinschaft "B***** & B*****" der Werbegemeinschaft Rechnung für die Fotoaufnahmen in der Höhe von S 7.336,60; die Werbegemeinschaft beglich die Rechnung am 14.8.1990. Die Erstbeklagte - eine Körperschaft öffentlichen Rechtes (§ 4 des OÖ Tourismusgesetzes 1990 LGBl 1989/81) - wirbt österreichweit mit dem Werbeprospekt "W*****" für "W***** und seine Erlebniswelten". Als Hersteller dieses Werbeprospektes tritt der Zweitbeklagte, der Inhaber einer Werbeagentur in A*****, auf.

Auf Seite 2 dieses Werbeprospektes hatten die Beklagten das vom Kläger hergestellte Lichtbild "Kirche + 4 Radfahrer" veröffentlicht, ohne einen Urheberrechts- oder Herstellerbezeichnungsvermerk anzubringen.

Mit Schreiben vom 1.4.1993 forderte der Kläger von der Werbegemeinschaft unter Hinweis darauf, daß sie ua im Prospekt "W*****" entgegen der mit ihr getroffenen Abmachung von ihm erstellte Fotos ohne Urhebervermerk bzw ohne Signierung verwendet habe, ein Pönale in der Höhe von insgesamt S 18.000. Die Werbegemeinschaft erwiderte darauf am 8.4.1993, die Ö***** (Mag.Leo G*****) habe ihr bei Übergabe des Fotomaterials mitgeteilt, daß sämtliche Fotoaufnahmen ins Eigentum der Werbegemeinschaft übergingen und mit keinerlei Rechtsansprüchen Dritter behaftet seien. Der Kläger werde daher ersucht, der Werbegemeinschaft sämtliche schriftliche Unterlagen bzw Beweismittel, aus denen er einen Rechtsanspruch an diesen Fotoaufnahmen ableitet, zu übermitteln.

Mit der Behauptung, daß sich die Beklagten bei der Werbegemeinschaft ein Lichtbild des Klägers besorgt, es unzulässig verbreitet und, obwohl es sich dabei um ein Werk im Sinne des § 3 Abs 1 UrhG handle, weder mit einem Urhebervermerk noch mit einem Herstellervermerk versehen hätten, begehrt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten ab sofort zu verbieten, Lichtbilder des Klägers über die "Ferienregion D*****", wie insbesondere "Kirche + 4 Radfahrer" unter Weglassung der Herstellerbezeichnung gemäß § 74 Abs 3 UrhG oder des Urheberrechtsvermerkes gemäß § 20 Abs 1 UrhG zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.

Beide Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Das Lichtbild "Kirche + 4 Radfahrer" sei kein Werk der Lichtbildkunst, so daß kein Anspruch auf Anbringung des Urheberrechtsvermerkes bestehe. Aber auch die Voraussetzungen für die Verpflichtung, einen Herstellervermerk anzubringen (§ 74 Abs 3 UrhG), seien nicht erfüllt, weil die Lichtbilder nicht mit dem Namen des Klägers bezeichnet worden seien; die bloße Bezeichnung als Hersteller auf der Verpackung eines Paketes genüge nicht.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Das mehrfach erwähnte Lichtbild des Klägers sei kein Werk der Lichtbildkunst, weil es an einer eigentümlichen geistigen Schöpfung fehle. Da es nur ein Lichtbild im Sinne des § 73 UrhG sei, habe der Kläger keinen Anspruch darauf, daß das Foto mit einer Urheberbezeichnung im Sinne des § 20 UrhG versehen werde. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers habe er aber auch die Lichtbilder nicht mit seinem Namen bezeichnet, sondern sich nur auf dem Paket als Urheber/Hersteller genannt. Es fehle in diesem Fall - anders als in ÖBl 1987, 53 - die erforderliche entsprechende Verbindung mit dem Lichtbild. Vertragliche Ansprüche auf Anbringung des Urheberrechts- oder Herstellervermerkes habe der Kläger nur gegen die Werbegemeinschaft, nicht aber gegen die Beklagten.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich jedes Beklagten S 50.000 übersteige und "die ordentliche Revision" (richtig: der ordentliche Revisionsrekurs) zulässig sei. Dem Lichtbild des Klägers mit den vier Personen vor dem Hintergrund einer durch Hügelland, Kirche und Burg gekennzeichneten Landschaft komme keine Originalität zu. Da somit § 20 UrhG nicht anzuwenden sei, müsse § 74 UrhG zur Beurteilung herangezogen werden. Die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Werbegemeinschaft reiche nicht aus, um eine Verletzung des Klägers in seinem Recht nach § 74 Abs 3 UrhG anzunehmen, weil in erster Instanz nicht behauptet worden sei, daß die Beklagten diese Vereinbarung oder auch nur die Herstellereigenschaft des Klägers gekannt hätten. Auch "die Bezeichnung der gewissermaßen in Sammelverwahrung übergebenen 40 Lichtbilder mit dem Hinweis auf den Kläger" reiche nicht aus, um den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu begründen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Klägers wegen Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung - allenfalls eingeschränkt auf das auf § 74 Abs 3 UrhG gestützte Unterlassungsbegehren - erlassen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Beide Beklagte beantragen, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der hier maßgebenden Auslegung des § 74 Abs 3 UrhG fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Richtig haben schon die Vorinstanzen erkannt, daß der Unterschied zwischen einem "bloßen Lichtbild" im Sinne des § 73 UrhG und einem "Lichtbildwerk" im Sinne des § 3 Abs 1 UrhG nur in der besonderen rechtlichen Qualifikation des letzteren als "eigentümliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der bildenden Künste" (§ 1 Abs 1 UrhG) liegt (ÖBl 1991, 278). Auf dem Gebiet der bildenden Kunst entscheidet insbesondere die der Persönlichkeit des Künstlers entstammende Eigenart und ein gewisses Maß an Originalität (vgl MR 1992, 70 mwN). All das fehlt dem hier zu beurteilenden Lichtbild des Klägers, unterscheidet es sich doch in nichts von herkömmlichen Werbefotos von Fremdenverkehrsgebieten. Worin seine besondere, aus der Person des Beklagten fließende Eigenheit liegen sollte, ist nicht zu erkennen. Auf einen Verstoß gegen § 20 Abs 1 UrhG kann sich der Kläger somit nicht berufen; ihm kommt nur das Leistungsschutzrecht für Lichtbilder nach §§ 73 ff UrhG zu. Zu prüfen bleibt daher, ob die Beklagten gegen § 74 Abs 3 UrhG verstoßen haben:

Hat der Hersteller ein Lichtbild mit seinem Namen (Decknamen, Firma) bezeichnet, so sind auch die von anderen hergestellten, zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke mit einem entsprechenden Hinweis auf den Hersteller zu versehen (§ 74 Abs 3 Satz 1 UrhG). In den EB zu dieser - schon im Urheberrechtsgesetz 1936 enthaltenen - Bestimmung wurde ausgeführt:

"Selbstverständlich steht es den Parteien frei, von § 74, Absatz 3, abweichende Vereinbarungen zu treffen. Ebenso selbstverständlich ist es wohl, daß die Bezeichnung nicht auf dem Lichtbilde selbst angebracht werden muß, sondern daß eine entsprechende Verbindung mit dem Lichtbilde genügt" (Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht 153).

Im Hinblick darauf hat der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen, daß es nach § 74 Abs 3 UrhG genügt, wenn der Lichtbildhersteller seinen Namen auf die Umhüllung der Negativfilme, auf die für die Diapositive verwendeten Plastiksäckchen oder auf die Rückseite von Papierabzügen schreibt (MR 1986, H 5, 18 = ÖBl 1987, 53 - Rennbahn-Expreß), wäre doch die Anbringung des Namens auf dem Negativ selbst technisch ebenso unmöglich wie auf einem ungerahmten Diapositiv. M.Walter meinte hiezu (MR 1986 aaO 19 f), daß darüber hinaus jede entsprechende Verbindung mit dem Lichtbild ausreichen müsse, wie etwa der Hinweis auf die anzubringende Herstellerbezeichnung in einem Begleitschreiben, dem die zu veröffentlichenden Lichtbilder angeschlossen sind; zumindest im Fall ständiger Geschäftsbeziehungen werde man darüber hinaus davon ausgehen können, daß der Nutzer die Herstellerbezeichnung auch dann anzubringen habe, wenn der Name des Fotografen bekannt und die Inanspruchnahme des Rechtes, genannt zu werden, nicht zweifelhaft ist.

Der Kläger vertritt nun die Auffassung, daß schon seine Vereinbarung mit der Werbegemeinschaft "die Handlung des Lichtbildherstellers gemäß § 74 Abs 3 UrhG" (S. 92) bedeute und daher auch jeden späteren Erwerber - wie die Beklagten - zur ausreichenden Herstellerbezeichnung verpflichte. Dem kann aber nicht gefolgt werden:

Der Kläger hat aus der festgestellten Vereinbarung mit der Werbegemeinschaft keinen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagten. Eine Überbindung der Verpflichtungen der Werbegemeinschaft auf die Beklagten ist weder behauptet noch festgestellt worden; in erster Instanz haben die Kläger nicht einmal die Kenntnis der Beklagten von dieser Vereinbarung behauptet.

Vereinbart ein Lichtbildhersteller mit dem Erwerber seines Lichtbildes, daß dieser bei der Vervielfältigung oder Verbreitung des Lichtbildes die Herstellerbezeichnung anzubringen habe, dann liegt eine vertragliche Regelung vor; ob der Lichtbildhersteller an dem Lichtbild selbst oder in Verbindung damit seine Herstellerbezeichnung anbringt, ist in diesem Fall unerheblich.

Der gesetzliche Anspruch des Lichtbildherstellers nach § 74 Abs 1 Satz 1 UrhG setzt voraus, daß der Wunsch des Herstellers, auf allen Ausfertigungen seine Bezeichnung anzubringen, auf objektive Weise in enger Verbindung mit dem Lichtbild zum Ausdruck gebracht wird. Stellt der Hersteller ein solches Verlangen etwa nur in einem Begleitschreiben an den ersten Abnehmer, dann wird ein späterer Erwerber, sofern ihm nicht der Wille des Herstellers bekannt wird, daran nicht gebunden sein. Das gleiche muß aber auch für bloße Aufschriften auf einer Verpackung gelten. Ob die Werbegemeinschaft - sieht man von der besonderen Vereinbarung ab - allein auf Grund der Aufschrift auf der Verpackung des Paketes zur Anbringung der Herstellerbezeichnung verpflichtet gewesen wäre, braucht hier nicht untersucht zu werden; daß auch die Beklagten diese Verpackung samt Aufschrift jemals bekommen hätten, wurde nicht einmal behauptet, geschweige denn als bescheinigt angenommen. Eine mit dem Lichtbild verbundene Herstellerbezeichnung des Klägers lag sohin nicht vor. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen die Voraussetzungen des § 74 Abs 3 UrhG verneint.

Darauf, ob die Beklagten zur Verbreitung und Veröffentlichung des Lichtbildes berechtigt waren, kommt es entgegen den Rechtsmittelausführungen hier nicht an. Die Kläger haben sich - bewußt (S. 7) - auf die Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 20 Abs 1 UrhG oder § 74 Abs 3 UrhG beschränkt. Das von ihnen erhobene Begehren ist nicht weniger, sondern etwas anderes als der Anspruch auf Unterlassung des Vervielfältigens und Verbreitens des Lichtbildes schlechthin.

Dem Revisionsrekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.

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