OGH 4Ob10/93

OGH4Ob10/9312.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) C***** GmbH München, *****; 2.) L*****GmbH, Salzburg-*****, beide vertreten durch Dr.Rudolf Bruckenberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei H***** Gesellschaft mbH Austria, *****, vertreten durch Dr.Klaus Gstrein und Dr.Ulrich Gstrein, Rechtsanwälte in Imst, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert: 500.000 S; Revisionsinteresse: 400.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 4.Juni 1992, GZ 2 R 96/92-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2.Dezember 1991, GZ 13 Cg 188/91-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Für die Erstklägerin ist seit 21.1.1974 zu Nr.405 207 nachstehende internationale Wort-Bild-Marke mit Schutzwirkung auch für Österreich registriert:

Die Erstklägerin vertreibt seit 25 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland und in zahlreichen anderen Ländern, darunter auch in Österreich über ihre Tochtergesellschaft, die Zweitbeklagte, dekorative Kosmetikserien, welche etwa 300 verschiedene Produkte umfassen. Die Kosmetikserien und die einzelnen Artikel sind entweder mit der Wort-Bild-Marke der Erstklägerin oder mit Variationen dieser kombinierten Marke - etwa in folgender Weise - gekennzeichnet:

Die Produkte der Klägerinnen werden in Einzelhandelsgeschäften, wie Drogeriemärkten, Kaufhäusern, Textileinzelhandelsgeschäften und Verbrauchermärkten, vertrieben; teilweise sind sie auch in exklusiven Parfürmerien erhältlich. Österreichweit unterhalten die Klägerinnen etwa 200 Kosmetikdepots. Jährlich werden in Österreich ca 250.000 Einzelartikel verkauft; der Jahresumsatz auf Endverbraucherbasis beträgt ca 12 Millionen S. Badezusätze und ähnliche Artikel werden von den Klägerinnen nicht vertrieben.

Anfang des Jahres 1991 begann die Beklagte den Vertrieb ihres eigenen, wie folgt gekennzeichneten Kosmetik-Sortiments an Badezusätzen:

Namens der beiden Klägerinnen forderte der Münchener Rechtsanwalt Dr.Kurt M***** die Beklagte unter Hinweis auf die IR-Marke Nr.405 207 auf, die verwechselbare Kennzeichnung ihres Kosmetik-Sortiments "Body-Collection" einzustellen.

Die Beklagte erklärte sich in ihrem Antwortschreiben vom 28.3.1991 dazu bereit, eine Änderung der Produktbezeichnung anzustreben, falls wirklich Verwechslungsgefahr bestehe, was aber noch geprüft werden müsse. Mit Schreiben vom 25.4.1991 teilte der Beklagtenvertreter mit, die Beklagte habe zur Kenntnis genommen, daß das Zeichen "for you" mit Blüte in Österreich geschützt ist; sie werde das geschützte Zeichen der Klägerinnen nicht (mehr) verwenden. Anders verhalte es sich aber mit den Worten "for you", welche für sich allein nicht schützbar seien; hier sei die Beklagte nicht bereit, diese beiden Wörter in Zukunft nicht zu verwenden.

Ab diesem Zeitpunkt verwendete die Beklagte nur noch nachstehendes Zeichen:

Die Beklagte meldete auch die Wortmarke "FOR YOU BODY COLLECTION" zur Eintragung im Markenregister an; sie erhielt jedoch mit Schreiben des Österreichischen Patentamtes vom 19.6.1991 die Mitteilung, daß das Zeichen gemäß § 1 MSchG auf Grund mangelnder Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft von der Registrierung als Marke ausgeschlossen sei, sofern nicht der Nachweis der Verkehrsgeltung erbracht werden könne.

Mit der Behauptung, die Beklagte habe nicht nur die internationale Wort-Bild-Marke in verwechselbar ähnlicher Weise gebraucht, sondern auch dadurch in ihr Markenrecht eingegriffen, daß sie den Wortbestandteil dieses Zeichens "for you", an welchem die Klägerinnen in Österreich sowohl bei Händlern als auch bei den Endverbrauchern längst Verkehrsgeltung erlangt hätten, kennzeichenmäßig gebrauche, begehren die Klägerinnen, die Beklagte schuldig zu erkennen, im Geschäftsverkehr die Kennzeichnung der von ihr vertriebenen Produkte mit der Wort-Bild-Marke "for you" in Verbindung mit einer Blüte oder eine ähnliche Kennzeichnung, insbesondere auch die Kennzeichnung mit der Wortmarke "for you" allein, zu unterlassen; damit verbinden die Klägerinnen eine Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe ihre Zusage vom 25.4.1991 gehalten und die Wort-Bild-Marke der Erstklägerin nicht mehr verwendet, so daß den Klägerinnen hiefür "jedwedes Schutzbedürfnis fehle". Die Worte "for you" für sich allein seien aber nicht schutzfähig, gehörten sie doch dem allgemeinen Sprachgebrauch an. Im übrigen sei auch eine Verwechslung schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerinnen ihr Zeichen für Gesichtskosmetika verwendeten, die Beklagte aber Badezusätze vertreibe und der Bezeichnung "for you" den Zusatz "Body-Collection" anfüge.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und wies das Begehren auf Urteilsveröffentlichung ab; der abweisende Teil dieser Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen. Die Beklagte habe nicht nur die Wort-Bild-Marke der Erstklägerin in verwechselbar ähnlicher Form gebraucht, sondern auch deren Wortbestandteil "for you" für sich allein verwendet. Diese beiden der englischen Sprache entnommenen Wörter stünden mit Kosmetikartikeln in keinem sachlichen Zusammenhang, so daß eine unterscheidungskräftige Phantasiebezeichnung vorliege. Die Verwechslungsgefahr sei daher gegeben, weil sie nur bei einer durchgreifenden Warenverschiedenheit auszuschließen wäre.

Das Berufungsgericht wies auch das Unterlassungsbegehren der Klägerinnen ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In die Rechte an der Wort-Bild-Marke der Erstklägerin habe die Beklagte nach ihrer Erklärung vom 25.4.1991 nicht mehr eingegriffen, da sie das Zeichen "for you" in Verbindung mit einer Blüte seither nicht mehr verwende. Der Wortbestandteil "for you" der kombinierten Marke sei aber für sich allein nicht unterscheidungskräftig, gehörten doch diese Wörter dem allgemeinen Sprachgebrauch an, so daß sie zugunsten der Klägerinnen nicht monopolisiert werden könnten; auch deren Berufung auf eine Verkehrsgeltung sei daher "ausgeschlossen". Durch die Verwendung des schutzunfähigen Wortbestandteils der kombinierten Marke könne demnach keine Verwechslungsgefahr begründet werden, weshalb die Beklagte auch nicht gegen § 9 Abs 3 UWG verstoßen habe.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerinnen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Die Beklagte stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch im Sinne einer - von dem gestellten Abänderungsantrag umfaßten - Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Die Klägerinnen stützen den noch in Rede stehenden Unterlassungsanspruch auf ihr Markenrecht (§ 9 Abs 3 UWG). Die Erstklägerin ist Inhaberin einer internationalen Wort-Bild-Marke; die Zweitklägerin ist offensichtlich Linzenznehmerin des österreichischen Zweiges dieser kombinierten Marke. Die Beklagte hat in tatsächlicher Hinsicht zugestanden, daß sie bis zum Schreiben des Beklagtenvertreters vom 25.4.1991 ein verwechselbar ähnliches Wort-Bild-Zeichen zur Kennzeichnung ihres Kosmetiks-Sortiments an Badezusätzen verwendet hat. Der Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des § 9 UWG setzt aber entgegen ihrer Meinung keinen aktuellen Wettbewerb zwischen den Unternehmen voraus, welche die einander gegenüberstehenden Zeichen gebrauchen; vielmehr genügt objektive Verwechslungsgefahr. Diese ist immer dann anzunehmen, wenn durch den Gebrauch des Zeichens die Annahme einer Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus solchen Unternehmen hervorgerufen werden könnte, die untereinander in besonderen Beziehungen wirtschaftlicher oder organisatorischer Art stehen. Verwechslungsgefahr wird also vor allem durch die Gleichheit oder Ähnlichkeit der vertriebenen Waren (Dienstleistungen) hervorgerufen. Der Schutz nach § 9 UWG setzt aber keine (völlige) Warengleichheit voraus; die von den Parteien vertriebenen Waren oder Leistungen dürfen nur nicht so weit voneinander entfernt sein, daß keine Gefahr von Verwechslungen mehr besteht. Nur bei durchgreifender Warenverschiedenheit wird die Verwechslungsgefahr allgemein verneint, weil in diesen Fällen ein Zusammenstoßen der vertriebenen Waren (Dienstleistungen) auf demselben Absatzgebiet nicht zu besorgen ist (ÖBl 1992, 147 und 152 mwN). Badezusätze gehören aber - ebenso wie dekorative Kosmetika - zu den Körperpflegemitteln; hier besteht daher schon wegen der Ähnlichkeit der von den Parteien vertriebenen Waren Verwechslungsgefahr.

Ob in Ansehung der Verletzung der IR-Marke Nr.405 207 durch die Beklagte die Wiederholungsgefahr weggefallen ist, kann entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes erst dann abschließend beurteilt werden, wenn die Frage geklärt ist, ob im fortgesetzten Gebrauch des Wortbestandteils "for you"dieser kombinierten Marke durch die Beklagte für sich allein nicht doch gleichfalls ein Verstoß gegen § 9 Abs 3 UWG liegt. Auch im Markenrecht gilt nämlich der Grundsatz, daß schon ein einzelner Markenbestandteil gegen unbefugte Verwendung Schutz genießt, sofern er für sich allein unterscheidungskräftig und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist. Voraussetzung ist also, daß ein solcher Bestandteil Unterscheidungskraft besitzt (ÖBl 1991, 98 mwN).

Mit Recht wenden sich die Klägerinnen gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß für die Wortverbindung "for you" deshalb ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe, weil sie dem allgemeinen Sprachgebrauch angehöre. Absolut schutzunfähig als Marke - und auch als sonstige Bezeichnung von Waren und Dienstleistungen - sind nämlich nach nunmehr ständiger Rechtsprechung nur solche Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG); sie können nicht als Marke registriert werden (§ 4 Abs 2 MSchG) und genießen auch keinen Schutz nach § 9 UWG (ÖBl 1991, 251 und 254 mwN). Demgegenüber können Wörter, die zwar - für sich gesehen - keine Unterscheidungskraft haben, sondern ausschließlich Angaben im Sinne des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG enthalten, bei entsprechender Verkehrsgeltung Schutz nach § 9 Abs 3 UWG erlangen (ÖBl 1991, 32 und 251 mwN). "For you" ist jedoch keineswegs eine, geschweige denn die einzige, allgemein gebräuchliche Bezeichnung für Körperpflegemittel, im speziellen für Kosmetika und Badezusätze. Diese Wortfolge bringt vielmehr im Zusammenhang mit Körperpflegemitteln nur die Verwendungsbestimmung derart gekennzeichneter Waren zum Ausdruck; sie wird daher vom Verkehr auch nicht als Phantasiebezeichnung aufgefaßt. Bei dieser Wortfolge handelt es sich demnach um eine Angabe über die Bestimmung der Ware (§ 4 Abs 1 Z 2 MSchG), welcher zwar - für sich gesehen - keine Unterscheidungskraft zukommt, die aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes bei entsprechender Verkehrsgeltung Schutz nach § 9 Abs 3 UWG erlangt. In bezug auf das von den Klägerinnen angestrebte Verbot auch der kennzeichenmäßigen Verwendung der Wortfolge "for you" allein können sie sich ja nicht mit Erfolg auf die registrierte Wort-Bild-Marke stützen, weil dieser Teil des Begehrens nur den Wortbestandteil der kombinierten Marke, nicht aber eine "Wortmarke" betrifft; insoweit bedarf daher auch die Fassung des Urteilsbegehrens einer Richtigstellung.

Da die Klägerinnen in bezug auf den Wortbestandteil "for you" der IR-Marke Nr. 405 207 Verkehrsgeltung sowohl bei Händlern als auch bei den Endverbrauchern in Österreich behauptet haben, hiezu aber keine Feststellungen getroffen worden sind, liegt ein rechtlicher Feststellungsmangel vor, der zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung in erster Instanz führen muß. Das Erstgericht wird dabei auch zu beachten haben, daß Verkehrsgeltung nicht in allen beteiligten Kreisen - hier: Einzelhändler und Verbraucher - bestehen muß; vielmehr genügt es, wenn auch nur ein nicht unbeträchtlicher Teil einer der im konkreten Fall angesprochenen Gruppen in der Bezeichnung einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sieht. Ab welchem Grad der Zuordnung Verkehrsgeltung besteht, hängt davon ab, wie unterscheidungskräftig das Zeichen an sich ist und in welchem Umfang ein Freihaltebedürfnis besteht. Je höher das Freihaltebedürfnis und je geringer die Kennzeichnungskraft ist, desto höher muß die Verkehrsgeltung sein, um einen Schutz zu rechtfertigen. Soll ein im Sprachgebrauch nur schwer zu entbehrendes Wort monopolisiert werden, dann muß die Kennzeichnungskraft einhellig oder nahezu einhellig bejaht werden (ÖBl 1991, 251 mwN).

Da das Zeichen "for you" im Zusammenhang mit Körperpflegemitteln - auch im deutschen Sprachraum - nur als Hinweis auf die Verwendungsbestimmung aufgefaßt wird und daher keine besondere Originalität und damit Unterscheidungskraft aufweist, gleichzeitig aber auch für andere Unternehmer ein Bedürfnis bestehen könnte, ihre Ware mit einer solchen Bestimmungsangabe anzupreisen, sind an den Grad der Verkehrsgeltung zugunsten der Klägerinnen hier jedenfalls besonders hohe Anforderungen zu stellen (Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 362 Rz 110 zu § 4 WZG; ÖBl 1974, 139 mwN; SZ 54/1; ÖBl 1991, 251).

Mangels Spruchreife war daher die Rechtssache unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte