OGH 4Ob1092/95

OGH4Ob1092/9521.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "t*****gesellschaftmbH & Co, ***** vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander und Dr.Martin Piaty, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. M*****gesellschaftmbH & Co KG, 2. M*****gesellschaftmbH, ***** beide vertreten durch Dr.Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 500.000), infolge außerordentlicher Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14.September 1995, GZ 5 R 40/95-46, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der Beklagten wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Freiheit der Meinungsäußerung iS von Art 10 MRK deckt auch Aussagen, die als verletzend, schockierend oder irritierend empfunden werden (EGMR MR 1986, H 4, 11 - Lingens; MR 1991, 179 - Oberschlick mwN). Das gilt aber nur für wertende Äußerungen, nicht auch für unrichtige Tatsachenbehauptungen (MR 1994, 244 - Exklusivinterview II). "Tatsachen" sind - unabhängig von der im Einzelfall gewählten Formulierung - Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften eines greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalts (stRsp ua ÖBl 1991, 58 - Hehlerbude mwN).

Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang:

Die Beklagten werfen der Klägerin in den beanstandeten Inseraten vor, gelogen zu haben. Die Behauptung, daß jemand gelogen habe, ist eine Tatsachenbehauptung, kann doch geprüft werden, ob sie richtig ist (dh ob der der Lüge Beschuldigte tatsächlich gelogen hat). Die Beklagten haben nicht bewiesen, daß die Klägerin in ihrer vorangegangenen Werbekampagne bewußt unrichtige Angaben übe die Reichweite ihrer Programmbeilage gemacht (= gelogen) hätte. Mit ihrem Vorwurf, die Klägerin habe gelogen, haben sie daher eine unrichtige Tatsachenbehauptung aufgestellt, für die der Schutz des Art 10 MRK nicht gilt.

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