Normen
AngG §10 (4)
AngG §14
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII.
AngG §10 (4)
AngG §14
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII.
Spruch:
Rechnungslegungsanspruch eines Rechtsanwaltsanwärters, der mit seinem Dienstgeber eine Beteiligung an den Eingängen aus bestimmten Rechtssachen vereinbart hat, gemäß § 10 (4) (§ 14) AngG. und auf Grund der gegenseitigen dienstvertraglichen Treueverpflichtung.
Entscheidung vom 23. Oktober 1962, 4 Ob 108/62.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger war vom 1. April 1959 bis 28. November 1960 als Rechtsanwaltsanwärter beim Beklagten beschäftigt. Er verlangt unter anderem Rechnungslegung und Zahlung des sich infolge einer Beteiligungszusage ergebenden Betrags. Aus den umfangreichen Feststellungen des Erstgerichts brauchen diesmal nur jene hervorgehoben zu werden, wonach zwischen den Parteien eine Gewinnbeteiligung von 20% hinsichtlich der vom Kläger dem Beklagten zugeführten Causen vereinbart wurde.
Das Erstgericht erkannte darauf den Beklagten mit Teilurteil schuldig, über die in dreißig namentlich angeführten Rechtssachen erzielten Kosteneingänge dem Kläger Rechnung zu legen. Rechtlich meinte es, es bedürfe keiner näheren Begründung, daß, ausgehend von der festgestellten Beteiligungsvereinbarung, das Rechnungslegungsbegehren des Klägers im Sinne des Art. XLII EGzZPO. begrundet sei. Ferner nahm das Erstgericht einen Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung gemäß § 14 AngG. als bestehend an.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das angefochtene Teilurteil dahin ab, daß es das Rechnungslegungsbegehren abwies. Zur Begründung führt das Berufungsgericht aus, § 14 AngG. sei nicht anzuwenden, weil schon nach dem Klagsvorbringen nicht bedungen worden sei, daß das Entgelt ganz oder teilweise in einem Anteil an dem Gewinn aus allen oder bestimmten Geschäften bestehe. Wohl sei im Laufe des Rechtsstreites immer wieder vom Bestehen oder Nichtbestehen einer Gewinnbeteiligung gesprochen, jedoch eine Gewinnbeteiligung im Sinne des § 14 AngG. nicht einmal vom Kläger behauptet worden. Nach dem Vorbringen der Klage habe ein Teil des Dienstentgeltes in einer Beteiligung im Ausmaß von 20% von den Kosteneingängen aus den Rechtsfällen der Klienten des Klägers bestehen sollen. Die Errechnung dieser Beteiligung habe dergestalt zu erfolgen gehabt, daß von den gesamten Kosteneingängen die in jeder Rechtssache vorgelegten Barauslagen und die betreffende Umsatzsteuer des Beklagten in Abzug gebracht werden. Von dem verbleibenden Betrag haben 20% dem Kläger zustehen sollen. Diese Berechnungsart entspreche nicht der im § 14 AngG festgelegten Gewinnbeteiligung. Eine solche bestehe im Gewinn des Unternehmens aus allen oder bestimmten Geschäften. Im vorliegenden Fall sei nach den Klagsbehauptungen in Wahrheit nicht eine Beteiligung am Gewinn, sondern an den um die Barauslagen und die Umsatzsteuer geminderten Bruttoeingängen aus bestimmten Geschäften, also eine Beteiligung am Umsatz, vereinbart worden. Das entsprechende Entgelt habe vom Gewinn der Rechtsanwaltskanzlei unabhängig sein sollen, die Grundlage der Berechnung habe das eingehende Bruttohonorar, vermindert um die jeweiligen Barauslagen und die Umsatzsteuer, bilden sollen, der sonstige Kanzleiaufwand, die Miete, Gehälter und dergleichen, hätten unberücksichtigt bleiben sollen. Es liege daher auf der Hand, daß diese Berechnungsart nicht der Gewinnbeteiligung im Sinne des § 14 AngG. entspreche. Es stunde somit dem Kläger höchstens eine Umsatzprovision, beschränkt auf die von ihm zugebrachten Rechtsfälle, zu, in welchem Fall jedoch der Dienstnehmer nur die Mitteilung eines Buchauszuges (§ 10 (5) AngG.), nicht aber Rechnungslegung verlangen könne. Da das Klagebegehren ausdrücklich auf Rechnungslegung - wenn auch nur über bestimmte Eingänge - gerichtet sei, habe es sich weder auf Art. XLII EGzZPO. noch auf die in der Klage angezogenen anderen Gesetzesstellen (§§ 837, 1014, richtig wohl § 1012 und § 1151 (2 ABGB) .) noch auf § 14 AngG. stützen können. Eine Rechnungslegungspflicht gegenüber dem umsatzbeteiligten Angestellten sehe das Gesetz nicht vor, weshalb das Klagebegehren von vornherein verfehlt gewesen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge, hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache an dieses Gericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Frage, ob der Kläger im Sinne des § 14 AngG. am Gewinn beteiligt war, ist nicht streitentscheidend, weil auch dann, wenn man mit dem Berufungsgericht einen Provisionsanspruch annehmen will, eine Abrechnung erteilt werden muß (§ 10 (4) AngG.). Nichts anderes als eine solche Abrechnung, also eine Aufstellung der Kosteneingänge in den angegebenen Fällen, will aber der Kläger durch sein Begehren auf Rechnungslegung vom Beklagten erreichen. Eine "förmliche Rechnungslegung im Sinne des § 259 BGB." (SZ. XXVI 25), also insbesondere auch die Vorlage von Belegen, ist nicht verlangt worden und kommt anscheinend auch nicht in Betracht. Das gegenständliche Rechnungslegungsbegehren läßt sich - selbst wenn man mit dem Berufungsgericht die Anwendung des § 14 AngG. ablehnt und § 10 anwenden will - ohnedies unmittelbar auf das Gesetz, und zwar auf § 10 (4) AngG., grunden. Von einer weitgehenden Ähnlichkeit der Rechnungslegungspflicht nach § 10 (4) AngG. und § 14 AngG. geht in einem ähnlichen Fall auch die nichtveröffentlichte Entscheidung vom 16. Dezember 1958, 4 Ob 97/58, aus. Überdies müßte das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung nicht unbedingt dahin führen, jeden Anspruch auf Rechnungslegung oder Auskunftserteilung zu verneinen. Ein solcher kann vielmehr aus der Natur der privatrechtlichen Beziehungen als Hilfsanspruch folgen (E. 26. Oktober 1959, 4 Ob 334/59 = SZ. XXXII 128, S. 349).
Die Rechnungslegungspflicht ergibt sich hier auch aus der gegenseitigen Treueverpflichtung, auf der jedes Dienstverhältnis beruht. Es geht nicht an, daß der Dienstgeber einerseits eine Beteiligung an den Einnahmen verspricht, anderseits aber die in Betracht kommenden Einnahmen dem Dienstnehmer nicht mitteilt. In derselben Gedankenrichtung liegt es, wenn der Oberste Gerichtshof in einem Fall, in dem dem Dienstnehmer ein Ruhegenuß in einem bestimmten Prozentsatz des Gehalts des höchstbezahlten Angestellten versprochen war, erkannt hat, daß damit der Dienstgeber auch die Nebenverpflichtung übernommen hat, dem Pensionisten mitzuteilen, wie hoch die Bezüge sind, die die Bemessungsgrundlage seines Ruhegenusses bilden. Dies ergebe sich aus der den Dienstgeber treffenden Treupflicht (E. 22. Oktober 1959, 1 Ob 307/59). Im Sinn der oben vertretenen Rechtsmeinung hat auch das Deutsche Bundesarbeitsgericht entschieden, daß der Arbeitgeber, der mit seinem Arbeitnehmer eine Umsatzvergütung vereinbart hat, sich regelmäßig damit auch verpflichtet hat, dem Arbeitnehmer diejenigen Auskünfte zu erteilen, die dieser zur Realisierung seines diesbezüglichen Anspruchs benötigt (E. 17. November 1958, 2 AZR 277/58, AP. Nr. 18 zu § 3 KündigungsschutzG. mit zustimmender Anmerkung von Habscheid). Die bisherigen Ausführungen ergeben, daß der Grund, aus dem das Berufungsgericht das Klagebegehren abgewiesen hat, nicht für stichhältig erkannt werden kann.
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