OGH 4Ob104/88

OGH4Ob104/8829.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fa. M. K***, Linz, Landstraße 48, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und Dr. Michael Krüger, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Fa. Franz S***, Salzburg, Sigmund-Haffner-Gasse 6, 2. Wilhelm S***, Kaufmann, ebendort, 3. Franz S***, Kaufmann, ebendort, sämtliche vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert S 450.000,--) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 50.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 19. September 1988, GZ 13 R 61/88-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 8. Juni 1988, GZ 7 Cg 214/88-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung über den Sicherungsantrag an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Provisorialverfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Die Klägerin und die Erstbeklagte, deren persönlich haftende Gesellschafter der Zweit- und der Drittbeklagte sind, betreiben in Salzburg Textilwäschegeschäfte. In der Zeit vom 20. Februar bis 5. März 1988 fanden im Bundesland Salzburg "Weisse Wochen" (vgl § 1 Abs 2 AusvG) statt. Die Erstbeklagte kündigte diesen Sonderverkauf in den "Salzburger Nachrichten" vom 15., 16., 17., und 23. Februar 1988 mit folgendem Text an:

"Die schönste Zeit für neue Betten: Weisse Wochen bei S*** vom 20.2. bis 5.3.88 - Sparpreise für Markenbettwäsche (Getzner, Dierig) - 15 % Rabatt auf Damast und Weben - Meterware, Tischwäsche, Daunenbetten und Wolldecken (ausgenommen Sparpreise)....."

In ihrer Auslage bot die Erstbeklagte während der "Weissen Wochen" folgende Artikel zu sogenannten "Sparpreisen" an:

1. Unterbett, 100 % Schurwolle, 90 x 190 cm um S 398,-- (Beilage A).

2. Unterbett, Lammimitation, 100 % Schurwolle, 90 x 190 cm um

S 598,-- (Beilage E).

3. Decke, Sannwald, Kamelan, 70 % Kamelhaar, 30 % Schurwolle, 140 x 200 cm um S 1.690,-- (Beilage E).

Die Klägerin behauptet, daß es sich bei den von der Erstbeklagten angekündigten "Sparpreisen" um die Normalverkaufspreise handle, die sie für die genannten Artikel längere Zeit hindurch angekündigt und verlangt habe. Insbesondere habe sie das Unterbett (Punkt 2.) schon zwei Jahre lang um S 598,-- und die Kamelandecke (Punkt 3.) über ein Jahr lang um S 1.690,-- verkauft. Von den drei erwähnten Artikeln habe sie noch am 22. April 1988 das Unterbett (Punkt 1.) um S 398,--, am 2. Mai 1988 das Lammfellunterbett (Punkt 2.) um S 598,-- und am 6. Mai 1988 die Kamelandecke (Punkt 3.) - nachdem dieser Artikel inzwischen vergriffen gewesen war - um S 1.690,-- verkauft. In allen drei Fällen sei an der Ware noch ein Preiszettel mit dem früheren höheren Preis (S 498,-- bzw. 898,-- bzw. 2.288,--) und mit dem niedrigeren Sparpreis angebracht gewesen. Die Erstbeklagte führe dadurch die Konsumenten irre und verstoße gegen § 2 UWG.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches, den Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes irreführende oder zur Irreführung geeignete Angaben zu machen, insbesondere Waren mit der Bezeichnung "Spar-preis" oder ähnlichem zu bewerben, anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, bei denen der als "Sparpreis" bezeichnete Preis nur dem Normalverkaufspreis, wie er von der Beklagten ständig verlangt wird, entspricht. Mit der zur Sicherung des Eventualbegehrens der Klägerin beantragten einstweiligen Verfügung soll den Beklagten insbesondere während der Dauer von Sonderverkäufen, wie "Weissen Wochen", untersagt werden, Waren mit der blickfangartig herausgestellten Bezeichnung "Sparpreis" anzukündigen, anzubieten und/oder zu verkaufen, wenn die beworbenen Sparpreise jenen Preisen entsprechen, die bereits vor den Sonderverkäufen, wie "Weissen Wochen", verlangt wurden. Die Beklagten beantragten die Abweisung der Sicherungsanträge. Das Erstgericht wies die Sicherungsanträge ab und nahm folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an.

Das Unterbett (Punkt 1.) wurde von der Erstbeklagten vor den "Weissen Wochen" um S 498,--, das Unterbett Lammimitation (Punkt 2.) um S 848,-- und die Kamelandecke (Punkt 3.) um S 2.288,-- verkauft. Nach den "Weissen Wochen" kauften die nachgenannten Personen im Geschäft der Erstbeklagten diese Artikel zu folgenden, auf den Preiszetteln in roter Schrift als "Sparpreis" bezeichneten Preisen, neben denen in schwarzer Schrift ein Vergleichspreis aufschien:

1. Am 22. April 1988 Karin S*** ein Unterbett um S 398,-- (Vergleichspreis S 498,--)

2. am 2. Mai 1988 Mag. Herbert R*** ein Unterbett

Lammimitation um S 598,-- (Vergleichspreis S 898,--)

3. am 6. Mai 1988 Mag. Herbert R*** eine Kamelandecke um

S 1.690,-- (Vergleichspreis S 2.288,--). Mag. Herbert R*** wollte eine solche Decke schon am 25. April 1988 kaufen, doch war der Artikel vergriffen und erst am 6. Mai 1988 wieder vorrätig. Es konnte nicht festgestellt werden, daß die drei genannten Artikel nach den "Weissen Wochen" in der Auslage der Erstbeklagten oder in Zeitungsinseraten mit einem "Sparpreis" angekündigt wurden. Das Erstgericht war der Ansicht, daß weder eine Irreführung der Konsumenten iS des § 2 UWG noch eine Handlung gegen die guten Sitten iS des § 1 UWG vorliege.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge. Es verbot den Beklagten, insbesondere während der Dauer von Sonderverkäufen, wie den "Weissen Wochen" für Waren mit der Bezeichnung "Sparpreis" oder in ähnlicher Form zu werben oder diese Waren anzubieten oder in Verkehr zu bringen, wenn der als "Sparpreis" bezeichnete Preis nur dem Normalverkaufspreis entspricht, der ständig verlangt wird. Die zweite Instanz sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den sie entschieden hat, S 300.000,-- übersteige. Aus dem Wortlaut der Bezeichnung "Sparpreis" ergebe sich eindeutig, daß die so angekündigten Preise gegenüber den sonstigen von der Erstbeklagten allgemein geforderten Preise herabgesetzt seien. Mit der Ankündigung von "Sparpreisen" für die "Weissen Wochen" vom 20. Februar bis 5. März 1988 habe die Erstbeklagte schlüssig zum Ausdruck gebracht, daß die herabgesetzten Preise lediglich während der "Weissen Wochen" gewährt würden. Dadurch könnten Interessenten veranlaßt werden, die angepriesenen Artikel noch vor der mit Ende der "Weissen Wochen" (wieder) zu erwartenden Preiserhöhung zu kaufen. Die Werbeankündigung der Erstbeklagten sei schon deshalb als irreführend zu beurteilen, weil sie die angekündigten "Sparpreise" auch nach den "Weissen Wochen" beibehalten habe. Schon auf Grund dieses wettbewerbswidrigen Verhaltens der Erstbeklagten sei die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen, so daß der Frage, ob die Erstbeklagte die angekündigten "Sparpreise" schon vor den "Weissen Wochen" gefordert habe, unerheblich sei. Käme es darauf an, dann wäre allerdings das erstgerichtliche Verfahren wegen Übergehung parater Bescheinigungsmittel mangelhaft geblieben.

Die Beklagten bekämpfen die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs; sie beantragen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag abgewiesen werde. Die Klägerin stellt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Klägerin hat das beantragte Verbot, mit "Sparpreisen" zu werben, die in Wahrheit die von der Erstbeklagten ständig verlangten Normalverkaufspreise sind, damit begründet, daß die Erstbeklagte die beanstandeten Waren schon vor den "Weissen Wochen" 1988 um die angeblichen später ermäßigten "Sparpreise" verkauft und auch nach Beendigung dieses Sonderverkaufes weiterhin dieselben Verkaufspreise verlangt habe. Vor den "Weissen Wochen" 1988 hat die Erstbeklagte die beanstandeten Artikel nach den bisherigen (- nach Ansicht der zweiten Instanz allerdings auf mangelhafter Grundlage beruhenden -) Bescheinigungsergebnissen um erheblich höhere Preise verkauft, so daß das Unterlassungsgebot (nach dem derzeitigen Verfahrensstand) nicht auf eine bei Beginn der "Weissen Wochen" 1988 nicht ernsthaft verlangt worden wäre (vgl ÖBl 1987, 127 = WBl 1987, 247), ist nicht hervorgekommen. In der bloßen Beibehaltung des günstigeren Preises nach Ende des angekündigten Sonderverkaufs ist aber entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes keine relevante Irreführung des Publikums zu sehen. Der Werbende verstößt grundsätzlich nicht gegen § 2 UWG, wenn er einen für einen begrenzten Zeitraum angekündigten Preisvorteil auch weiterhin gewährt. Mit der zeitlichen Begrenzung bringt der Werbende im Regelfall nur zum Ausdruck, daß er sich nach Ablauf der Frist bzw. nach Beendigung der Sonderverkaufsveranstaltung nicht mehr an den angebotenen günstigeren Sonderverkaufspreis gebunden erachtet. Eine Pflicht, zum alten höheren Preis zurückzukehren, besteht im allgemeinen nicht. Wie weit ein Wettbewerber durch die Ankündigung der Verlängerung von Preisermäßigungen über die Zeit eines gesetzlich geregelten Sonderverkaufes hinaus den Eindruck einer (ausverkaufsrechtlich unzulässigen) Erstreckung dieser Veranstaltung erweckt, ist hier nicht zu klären, weil das Klagebegehren nicht auf das Verbot einer solchen Vorgangsweise gerichtet ist und die Erstbeklagte die Weitergewährung der "Sparpreise" auch nicht angekündigt hat. Nur Angaben, die einen besonderen Hinweis darauf enthalten, daß eine günstige Kaufgelegenheit nur für kurze Zeit geboten wird, können gegebenenfalls geeignet sein, das Publikum in relevanter Weise - etwa über die Höhe der Vorräte - irrezuführen, wenn die Veranstaltung dann dennoch verlängert wird. Ein solcher Eindruck, der etwa durch den Gebrauch von Wendungen wie "jetzt zugreifen!", "nur jetzt!", "nur wenige Tage!" entstehen könnte, wurde im vorliegenden Fall nicht erweckt, da die Erstbeklagte für die "Weissen Wochen" nicht nur mit den nach Beendigung dieses Sonderverkaufs (weiterhin beibehaltenen) "Sparpreisen" für Markenbettwäsche geworben hat, sondern auch 15 % Rabatt auf verschiedene andere Artikel angeboten und nicht besonders betont hat, daß mit derartigen Angeboten zu anderer Zeit nicht zu rechnen sei.

Richtig ist wohl, daß jede Werbung mit Preisgegenüberstellungen und Preisherabsetzungen regelmäßig die Vorstellung einer entsprechenden Aktualität der betreffenden Aktion erweckt. Werbebehauptungen dieser Art sind daher immer dann als irreführend zu beanstanden, wenn die jeweils angekündigte Preissenkung schon längere Zeit zurückliegt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, § 3 dUWG Rz 286, 1139). Welche Zeitspanne hier jeweils als noch angemessen angesehen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles und insbesondere von der Art der angebotenen Ware ab (ÖBl 1980, 161); bei schnellebigen Wirtschaftsgütern wird diese Zeitspanne kürzer zu bemessen sein (Baumbach-Hefermehl aa0; ÖBl 1988, 75). Wie lange nach diesen Grundsätzen mit dem auf eine Preisherabsetzung hindeutenden Begriff des "Sparpreises" geworben werden durfte, bedarf aber keiner Beurteilung, weil nicht festgestellt werden konnte, daß die beklagte Partei noch nach den "Weissen Wochen" 1988 in ihren Auslagen oder in Zeitungsinseraten den Verkauf zu "Sparpreisen" angekündigt hat. Der geringe Werbeeffekt, der dadurch entstehen konnte, daß Kunden, die sich nach dem Ende der "Weissen Wochen" für die beanstandeten Artikel interessierten, auf den Preiszetteln noch den alten Verkaufspreis und den "Sparpreis" sehen konnten, fällt nicht ins Gewicht, weil damit nicht der Eindruck einer gerade erst durchgeführten Preisherabsetzung erweckt wurde.

Auf der Grundlage des vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes wäre daher die Rechtssache im Sinne der Abweisung der Sicherungsanträge spruchreif. Da aber, wie das Rekursgericht ausgeführt hat, das erstgerichtliche Verfahren zur Frage, ob die "Sparpreise" bereits vor den "Weissen Wochen" gefordert wurden, mangelhaft geblieben ist, (und ein solcher Sachverhalt zum Teil auch unter das Hauptbegehren !"ständig verlangte Preise" subsumiert werden kann - zur Frage der Zulässigkeit des Eventualsicherungsbegehrens wird auf ÖBl 1988, 75 verwiesen -), sind die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Gänze aufzuheben; die Rechtssache ist zur Ergänzung des Bescheinigungsverfahrens und zur neuerlichen Entscheidung über den Sicherungsantrag an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 402 EO und § 52 ZPO.

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