Spruch:
Beide außerordentliche Revisionen werden zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Begründung
I. Zur außerordentlichen Revision der Klägerin:
Es trifft nicht zu, daß das Berufungsgericht dadurch, daß es das Vorliegen eines das Rechtsschutzinteresse für eine neue Klage ausschließenden Vortitels bejaht hat, von den Entscheidungen ÖBl 1991, 105 und 108 über die Zulässigkeit der Fassung weiterer Exekutionstitel abgewichen ist. In diesen Entscheidungen wurde dazu nur ausgeführt, daß bei der Frage, wie weit das Unterlassungsgebot zu reichen hat, immer auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen ist, wobei es auf die Natur des Verstoßes, das bisherige Verhalten des Beklagten und auf eine Abwägung der Interessen beider Parteien ankommt. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein konkretes wettbewerbswidriges Verhalten von einem bereits bestehenden Exekutionstitel erfaßt ist, wird aber nicht die Frage berührt, wie weit ein Exekutionstitel gefaßt sein darf, sondern jene, wie weit er tatsächlich gefaßt ist. Mit dem Vortitel wurde der Beklagten ua geboten, die Ankündigung zu unterlassen, daß im Zusammenhang mit dem Kauf einer Zeitschrift, insbesondere gegen Vorweisung eines Heftes dieser Zeitschrift (R*****) Gratisgaben, insbesondere Gratiseis, gewährt werden. Auf Grund dieses Exekutionstitels kann aber die Klägerin zweifellos wegen des verfahrensgegenständlichen Verstoßes - nämlich der Ankündigung, daß dem Besteller eines R*****-Abonnements ein Paar Sportschuhe gratis in Aussicht gestellt werden - die Unterlassungsexekution führen, ist doch der Vortitel nicht etwa auf einen Zugabenverstoß im Zusammenhang mit einem Handkauf eines Zeitungsexemplares beschränkt.
II. Zur außerordentlichen Revision der Beklagten:
Schon durch die Fassung von Punkt 1 lit a des angefochtenen Urteils wurde eindeutig klargestellt, daß die Werbeankündigung der Beklagten "Gratis im großen Sonderteil: Reisespiel" unwahr ist, weil damit ein mit dem Preis der Zeitung abgegoltener Bestandteil unrichtig als "gratis" angekündigt wurde. Das wahrheitsgemäße Ankündigen erlaubter Gratisgaben wurde aber der Beklagten mit dem vorliegenden Exekutionstitel nicht untersagt; das ergibt sich auch deutlich aus den Gründen der Entscheidung.
Von der weiteren Frage, ob dem Beklagten die Beschwer für die Anfechtung eines wegen einer Gesetzesänderung obsolet gewordenen Unterlassungstitels auch dann fehlt, wenn dem Kläger gleichzeitig die Befugnis zur Urteilsveröffentlichung zuerkannt wurde, hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht ab:
Mit Punkt 1 lit b des angefochtenen Urteiles wurde die Beklagte schuldig erkannt, es zu unterlassen, in der Zeitschrift "R*****", insbesondere mit dem Formular eines Abo-Schecks, dem Besteller eines R*****-Abonnements Gutscheine für ein Paar Sportschuhe auszustellen oder einlösen zu lassen, oder sonst im Zusammenhang mit der Bestellung eines R*****-Abonnements ein Gratisgeschenk nicht nur geringen Wertes zu gewähren. Das Zugabengesetz BGBl II Nr 196/1934, zuletzt geändert durch das BG BGBlNr 75/1971, nach dessen § 1 Abs 1 es verboten war, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzubieten, anzukündigen oder einem größeren Kreis von Personen zu gewähren, wurde durch Art II Abs 2 Z 3 Wettbewerbs-DeregulierungsG BGBl 1992/147 mit 1.4.1992 aufgehoben. Gemäß dem durch Art I Z 1 Wettbewerbs-DeregulierungsG neu geschaffenen, am 1.4.1992 in Kraft getretenen § 9a Abs 1 UWG kann nunmehr derjenige, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt, oder 2. Unternehmern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt, auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Nach der neuen Gesetzeslage ist daher das hier allein beanstandete "Gewähren" von Zugaben gegenüber Verbrauchern nicht mehr verboten. Ein solcher Verstoß kommt jetzt auch begrifflich nicht mehr in Frage. Wenngleich das aufgehobene Zugabengesetz gemäß Art III Abs 3 Wettbewerbs-DeregulierungsG auf Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verwirklicht wurden, weiter anzuwenden ist, kann wegen der Eigenart eines Unterlassungstitels, welcher die Rechtswidrigkeit des Zuwiderhandelns auch bei den künftigen Verstößen voraussetzt, eine Exekution auf Grund des angefochtenen Titels seit dem Inkrafttreten des neuen § 9a UWG nicht mehr bewilligt werden. Im übrigen könnte auch bei vor dem 1.4.1992 liegenden Verstößen gegen das Zugabengesetz die Exekution nach § 355 EO nicht mehr bewilligt oder eine Geldstrafe nicht verhängt werden, liegt doch der Zweck dieser Maßnahme nicht darin, den Verpflichteten für begangene Delikte zu bestrafen, sondern darin, ein künftiges Zuwiderhandeln zu verhindern (ÖBl 1991, 38; Heller-Berger-Stix 2579 f, 2591 mwN); ist aber das durch das aufgehobene Gesetz verbotene Verhalten nunmehr erlaubt, dann darf die Unterlassung nicht erzwungen werden (vgl ÖBl 1991, 38 im gleichgelagerten Fall der Aufhebung eines gesetzlichen Verbotes durch den VfGH).
Die Beklagte ist aber auch durch die der Klägerin mit Punkt 2 des angefochtenen Urteils eingeräumte Ermächtigung, auch Punkt 1 lit b des angefochtenen Urteils in ihrer Zeitschrift auf Kosten der Beklagten veröffentlichen zu lassen, nicht mehr beschwert, ist doch dieser Teil der Urteilsveröffentlichung gleichermaßen nicht mehr durchsetzbar, weil ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Urteilsveröffentlichung in diesem Ausmaß mit 1.4.1992 weggefallen ist (vgl ÖBl 1991, 39; 4 Ob 1024/92). Einer dennoch ergehenden Aufforderung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung in diesem Umfang braucht also die Beklagte in ihrer Zeitschrift nicht mehr nachzukommen, ohne daß die Klägerin deshalb etwa Exekution führen oder sonst die Urteilsveröffentlichung im Klagewege erzwingen könnte.
Die Beklagte ist demnach durch die angefochtene Entscheidung nicht mehr beschwert; gegen einen allenfalls zu Unrecht gefaßten Exekutionsbewilligungseschluß könnte sie sich mit rechtlichen Mittel erfolgreich zur Wehr setzen. Eine Beschwer durch die Kostenentscheidung ist aber ohne Rücksicht darauf zu verneinen, ob es sich um Kosten erster oder zweiter Instanz handelt (SZ 61/7; ÖBl 1991, 38).
Die Zurückweisung des unzulässigen Rechtsmittels enthält auch den darin gestellten Kostenantrag. Da das Rechtsmittel erst nach der Aufhebung des Zugabengesetzes verfaßt wurde, ist eine Kostenentscheidung im Sinne des durch die EO-Nov 1991 eingeführten § 50 Abs 2 ZPO nicht möglich.
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