OGH 4Ob1023/90

OGH4Ob1023/9026.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hermann R***, Rechtsanwalt, Innsbruck, Stiftgasse 23, wider die beklagte Partei Rudy M***, Unternehmer, Radfeld, Innstraße 1, vertreten durch Dr. Bernhard Stanger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 55.214,70 s.A, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7.März 1990, GZ 3 R 56/90-32, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 20.Juli 1988 (ON 3) bewilligte das Erstgericht dem Beklagten die Verfahrenshilfe im vollen Umfang; der Ausschuß der Tiroler Rechtsanwaltskammer bestellte am 26.Juli 1988 Rechtsanwalt Dr. Othmar O*** zum Vertreter des Beklagten. Beide Vorinstanzen verurteilten den Beklagten zur Zahlung von 55.214,70 S s.A. Das Urteil des Berufungsgerichtes wurde dem im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellten Vertreter Dr. Othmar O*** am 23. März 1990 zugestellt. Nachdem ein am 30.März 1990 gestellter Antrag des Beklagten auf Umbestellung des Verfahrenshelfers zurückgewiesen worden war und der Ausschuß der Tiroler Rechtsanwaltskammer eine Behandlung dieses Antrages mit der Begründung abgelehnt hatte, daß eine solche Umbestellung wegen rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens nicht mehr erforderlich sei, gab der Beklagte am 20.April 1990 einen (neuerlichen) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang zur Post. Das Erstgericht bewilligte dem Beklagten am 24.April 1990 (neuerlich) die Verfahrenshilfe im beantragten Umfang. Am 3.Mai 1990 bestellte der Ausschuß der Tiroler Rechtsanwaltskammer Rechtsanwalt Dr. Bernhard S*** zum Vertreter des Beklagten; diesem wurde sodann der Bescheid und das Berufungsurteil am 10.Mai 1990 zugestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die am 6.Juni 1990 beim Erstgericht überreichte außerordentliche Revision des Beklagten ist verspätet.

Nur das infolge Umbestellung herbeigeführte Ausscheiden eines im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwaltes bwirkt, daß die noch im Lauf befindliche Rechtsmittelfrist mit der Zustellung des Dekretes über die Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes an diesen neu zu laufen beginnt (SZ 44/13; AnwBl 1984, 448). Eine solche Umbestellung während des Laufes der Frist für die Erhebung einer außerordentlichen Revision wurde aber hier gar nicht vorgenommen; ein erfolgloser Antrag auf Umbestellung bewirkt nicht die Unterbrechung einer Rechtsmittelfrist.

Gemäß § 464 Abs. 3 ZPO, der gemäß § 505 Abs. 2 ZPO auch auf den Lauf einer Revisionsfrist sinngemäß anzuwenden ist, beginnt die Berufungsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes und einer schriftlichen Urteilsausfertigung an diesen neu zu laufen, wenn eine die Verfahrenshilfe genießende oder beantragende Partei innerhalb der Berufungsfrist die Beigebung eines Rechtsanwaltes beantragt. Die Unterbrechungswirkung tritt somit nur dann ein, wenn die Partei innerhalb einer Rechtsmittelfrist erstmals einen Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwaltes stellt (vgl Fasching ErgBd 55). Eine Partei, der im Rahmen der Verfahrenshilfe bereits ein Rechtsanwalt als Vertreter bestellt wurde, kann durch einen (neuerlichen) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwaltes nicht die Unterbrechung der im Lauf befindlichen Rechtsmittelfrist erreichen; der (ursprünglich) für das gesamte Verfahren bestellte Vertreter bleibt so lange berechtigt und verpflichtet, für die Partei zu handeln, um sie vor Rechtsnachteilen zu schützen, bis ein Beschluß, mit dem die Verfahrenshilfe für erloschen erklärt oder entzogen wird, rechtskräftig ist (§ 68 Abs. 4 ZPO). Eine solche Beendigung der (ursprünglich bewilligten) Verfahrenshilfe ist aber bisher ebenfalls nicht ausgesprochen worden. Die Mitteilung des bisherigen Vertreters des Beklagten, daß seine Tätigkeit beendet sei, war jedenfalls nicht geeignet, die bereits im Lauf befindliche Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision zu unterbrechen; die neuerliche Zustellung des Berufungsurteils an den im Rahmen der (neuerlichen) Bewilligung der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt konnte keine (weitere) Revisionsfrist mehr in Gang setzen. Die außerordentliche Revision war daher als verspätet zurückzuweisen.

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