OGH 4Nd505/94

OGH4Nd505/9427.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Johann Quendler und Dr.Gerhard Kucher, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei E***** p.o., ***** Slowenien, vertreten durch Dr.Valentin Kakl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 2,822.321,49 sA, infolge Antrages der klagenden Partei gemäß § 28 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.121,20 bestimmten Kosten des Ordinationsverfahrens (darin S 3.520,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin behauptet, sie habe im Jahre 1990 mit der in L*****, Slowenien, ansässigen Beklagten einen Vertrag geschlossen, in welchem ua die Anwendung österreichischen Rechtes und der Gerichtsstand Klagenfurt vereinbart worden sei. Da die Beklagte die im Vertrag übernommene Lieferverpflichtung nicht erfüllt habe, stehe der Klägerin eine Forderung von S 2,822.321,49 sA zu.

Die Beklagte erhob die Einrede der Unzuständigkeit und beantragt die Abweisung des Klagebegehrens.

Mit Beschluß vom 20.10.1993, ON 16, wies das Erstgericht die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.

Mit dem - in Rechtskraft erwachsenen - Beschluß vom 20.Jänner 1994, 8 R 27/93-20, bestätigte das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes und führte abschließend aus, daß die inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen sei.

Die Klägerin beantragt, gemäß § 28 JN das Landesgericht Klagenfurt oder einen anderen Gerichtshof erster Instanz als das für die Verhandlung und Entscheidung über ihre Klage zuständige Gericht zu bestimmen. Es liege eine starke Inlandsbeziehung vor. Die Rechtsverfolgung in Slowenien sei unzumutbar. Ein in Slowenien erwirktes Urteil könnte in Österreich nicht vollstreckt werden. Die Gerichtsbarkeit in Slowenien habe sich noch nicht so weit konsolidiert, daß gerichtliche Verfahren in einer schicklichen Zeit abgewickelt werden könnten. Es sei daher mit einer die Rechtsverfolgung praktisch vereitelnden Verfahrensverzögerung zu rechnen. Slowenien sei erst dabei, seine Rechtsordnung dahin zu prüfen, welche Normen des ehemals jugoslawischen Rechtes übernommen und welche allenfalls neu beschlossen werden sollen. Es bestehe die Gefahr, daß die Beklagte zahlungsunfähig werde, so daß Eile geboten sei.

Die Beklagte beantragt den beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Ordinationsantrag zurückzuweisen oder doch abzuweisen. Die Prozeßführung in Slowenien sei durchaus zumutbar.

Rechtliche Beurteilung

Der Ordinationsantrag ist nicht berechtigt.

Ein Grund für seine Zurückweisung besteht freilich nicht. Der Oberste Gerichtshof ist für die Erledigung eines Ordinationsantrages zuständig. Daß die Klägerin diesen ohnehin an den Obersten Gerichtshof gerichteten Ordinationsantrag beim Erstgericht eingebracht hat, kann ihr nicht schaden. Da die Klägerin die Klage schon bei einem österreichischen Gericht angebracht hatte und dort ein Zuständigkeitsstreit durchzuführen war, war es zweckmäßig, den Antrag bei dem Gericht einzubringen, bei dem die Rechtssache schon anhängig ist. Zutreffend hat das Landesgericht Klagenfurt den Antrag dem Obersten Gerichtshof vorgelegt (vgl Fasching I 223).

Auch wenn man eine ausreichende Nahebeziehung der Rechtssache zu Österreich bejaht, muß doch - wie der Klägerin bewußt ist - noch eine weitere Voraussetzung für eine Ordination bestehen, daß nämlich die Rechtsverfolgung in dem - im Hinblick auf seine Nahebeziehung in Frage kommenden (Schwimann, § 28 JN und die Grenzen der inländischen Ziviljurisdiktion in Vermögens- und Wirtschaftsstreitigkeiten, ÖZW 1984, 97 [107]) - anderen Staat nicht möglich oder unzumutbar wäre (§ 28 Abs 1 Z 2 JN), wobei der Kläger das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu behaupten und zu bescheinigen hat (§ 28 Abs 2 JN).

Daß die Rechtsverfolgung in Slowenien unmöglich sei - daß also dort die Jurisdiktion aus rechtlichen oder faktischen Gründen verweigert würde oder eine Prozeßführung etwa wegen Stillstands der Rechtspflege als Folge eines Krieges nicht stattfinden könne (Schwimann aaO; Fasching, LB2 Rz 78) - behauptet die Klägerin selbst nicht. Sie beruft sich nur auf eine angebliche Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung in Slowenien. Soweit sich die Klägerin unter Hinweis auf ÖBl 1989, 61 darauf beruft, daß ein in Slowenien gefälltes Urteil in Österreich nicht vollstreckt werden könnte, ist für sie nichts zu gewinnen. In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof zwar - unter Zitierung von Fasching, LB Rz 78 - ausgesprochen, daß die Rechtsverfolgung im Ausland ua dann unzumutbar ist, wenn die ausländische Entscheidung in Österreich nicht anerkannt oder vollstreckt würde. Das gilt selbstverständlich - wie Fasching (aaO) ausführt - nur dann, wenn die Entscheidungen der Gerichte des an sich berufenen Staates in Österreich vollstreckt werden müßten, hier aber nicht vollstreckbar sind. Die Klägerin hat jedoch mit keinem Wort behauptet, daß die Beklagte in Österreich Vermögen hätte und daher hier gegen sie Exekution geführt werden sollte. Es liegt aber auch keinerlei Bescheinigung dafür vor, daß in Slowenien eine die Rechtsverfolgung faktisch vereitelnde Verfahrensverzögerung - welche nach Fasching aaO die Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung bedeuten würde (ablehnend Schwimann aaO) - zu gewärtigen wäre. Es ist nicht gerichtsbekannt, daß die Gerichte in Slowenien derzeit so unzureichend besetzt sind, daß mit einer Verfahrenserledigung innerhalb angemessener Dauer nicht gerechnet werden könnte. Auf die allfällige Unsicherheit, wie weit Slowenien Normen des ehemaligen jugoslawischen Rechtes übernehmen wird, kommt es aber nicht an, weil - wie die Klägerin selbst behauptet - das Vertragsverhältnis vereinbarungsgemäß nach österreichischem Recht zu beurteilen ist.

Der Antrag war daher abzuweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 41, 52 ZPO. Da das Landesgericht Klagenfurt die Beklagte zur Äußerung aufgefordert hat, ist ihre - im Gesetz zwar nicht vorgesehene - Äußerung als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dienlich anzusehen.

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