OGH 4Nc7/11h

OGH4Nc7/11h3.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen D***** A*****, aufgrund der vom Bezirksgericht Villach neuerlich verfügten Vorlage des Akts 2 PU 150/09f zur Entscheidung gemäß § 111 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Villach an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien wird nicht genehmigt.

Text

Begründung

Das Bezirksgericht Villach übertrug mit Beschluss vom 8. 3. 2010 die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, weil sich das Kind „jetzt ständig“ im Sprengel dieses Gerichts, und zwar in Wien 5, *****, aufhalte. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien lehnte die Übernahme vor rechtskräftiger Beendigung des Unterhaltsverfahrens ab. Das Bezirksgericht Villach legte sodann den Akt dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen um „Entscheidung über den Kompetenzkonflikt“ vor. Mit Beschluss vom 20. 4. 2010 zu 4 Nc 7/10g stellte der Senat den Akt dem Bezirksgericht Villach zur Zustellung seines Übertragungsbeschlusses an die Parteien zurück. Nach Eintritt der Rechtskraft seines Beschlusses legte das Bezirksgericht Villach den Akt neuerlich dem Obersten Gerichtshof zur „Entscheidung über den Kompetenzkonflikt“ vor. Eine zuvor eingeholte Melderegisteranfrage ergab den aktuellen Wohnsitz der Minderjährigen in Wien 9, *****.

Rechtliche Beurteilung

Die Zuständigkeitsübertragung nach § 111 JN ist nicht berechtigt.

Das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse eines Minderjährigen oder sonst Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert werde (§ 111 Abs 1 JN). Es handelt sich hiebei um eine Ausnahmebestimmung, die einschränkend auszulegen ist (4 Nc 6/10k mwN).

Im vorliegenden Fall befindet sich der (derzeitige) gewöhnliche Aufenthalt der Minderjährigen nicht im Sprengel des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, sondern in jenem des Bezirksgerichts Josefstadt. Die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien liegt daher nicht im Interesse der Minderjährigen.

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