OGH 4Nc17/05w

OGH4Nc17/05w15.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Mag. Dr. Reimer Bahr, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagte Partei Tihomir L*****, wegen Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über den Antrag der klagenden Partei auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts nach § 28 JN den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei, das Bezirksgericht Villach gemäß § 28 JN als in dieser Rechtssache örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger angestrebte Bestimmung eines in Österreich für die vorliegende Rechtssache örtlich zuständigen (Bezirks)Gerichts nach § 28 JN setzt voraus, dass die vorliegende Rechtssache der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt, ein örtlich zuständiges Gericht im Inland jedoch nicht ermittelt werden kann. Ob die Rechtssache der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt, ist nach innerstaatlichem Verfahrensrecht einschließlich völkerrechtlicher Verträge zu prüfen (RIS-Justiz RS0046261). Die inländische Gerichtsbarkeit kann u.a. begründet sein durch Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts, durch völkerrechtliche (staatsvertragliche) Verpflichtungen (§ 28 Abs 1 Z 1 JN) oder - in Ausnahmefällen - weil die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder nicht zumutbar ist (§ 28 Abs 1 Z 2 JN). Nach den Klagebehauptungen und den mit der Klage vorgelegten Bescheinigungsmitteln liegt kein Sachverhalt vor, der die inländische Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall begründen könnte: Die Klage der in Österreich ansässigen Gesellschaft richtet sich auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Vertragsauflösung und auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, den durch die unwirksame Vertragsauflösung entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Beklagte hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kroatien. Das österreichische Verfahrensrecht enthält keine Bestimmung, wonach österreichische Gerichte für einen Rechtsstreit wie den vorliegenden örtlich (und damit international) zuständig wären. Eine völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs, die Gerichtsbarkeit in einem Rechtsstreit zwischen einem österreichischen Kläger und dem in Kroatien ansässigen Beklagten auszuüben, besteht gleichfalls nicht. Nach dem Inhalt des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr vom 16. Jänner 1954 BGBl Nr 224/1955, dessen Inhalt nach BGBl Nr 474/1996 auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen Österreich und Kroatien anzuwenden ist (Vatter, Internationale Rechtsverträge Band I, MÜ 6) haben Angehörige eines vertragsschließenden Staates auf dem Gebiet des anderen vertragsschließenden Staates freien Zutritt zu den Gerichten und können vor diesen unter den gleichen Bedingungen wie Inländer auftreten (Art 1 des Vertrags). Für sie gelten dieselben Begünstigungen wie für die Mitglieder jenes Staates, dessen Gerichte in Anspruch genommen werden (Art 4 f). Diese zwischenstaatliche Vereinbarung schließt die Annahme aus, dass dem Kläger eine Rechtsverfolgung in Kroatien nicht möglich oder unzumutbar wäre (10 Nd 510/01; 5 Nd 501/98). Eine Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland setzt nämlich voraus, dass die ausländische Entscheidung in Österreich nicht anerkannt oder vollstreckt würde, eine dringende Entscheidung im Ausland nicht rechtzeitig erreicht werden könnte, die Prozessführung im Ausland wenigstens eine der Parteien politischer Verfolgung aussetzen würde oder dass die Kostspieligkeit des ausländischen Verfahrens die ausländische Rechtsverfolgung unzumutbar machen würde (4 Nd 1/88 = ÖBl 1989, 61; Matscher in Fasching, Zivilprozessgesetze I² § 28 JN Rz 60 f; Mayr in Rechberger, ZPO² § 28 JN Rz 4). Der Befürchtung der Klägerin, ein in Kroatien erwirkter Exekutionstitel könne in Österreich nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen exequiert werden, ist entgegenzuhalten, dass nach den Klageangaben keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Vollstreckung in Österreich und nicht in Kroatien erfolgen müsste. Die mangelnde Vollstreckbarkeit eines ausländischen Titels in Österreich könnte ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes nur dann auslösen, wenn der Beklagte in Österreich über Vermögen verfügte und die Entscheidung daher tatsächlich hier zu vollstrecken wäre (4 Nd 507/96).

Nach den Klageangaben liegen daher die in § 28 Abs 1 Z 1 bis 3 JN vorgesehenen Voraussetzungen für die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts in Österreich nicht vor. Der Ordinationsantrag war abzuweisen.

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