European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:004FSC00001.19P.0218.000
Spruch:
Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Fristsetzungsverfahrens selbst zu tragen.
Begründung:
Beim Ausgangsverfahren handelt es sich um einen Schadenersatzprozess wegen von der Klägerin behaupteter Behandlungsverzögerungen im Rahmen ihrer kieferorthopädischen Behandlung durch die beklagte Zahnärztin. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Mit Urteil vom 31. Oktober 2018 bestätigte das Berufungsgericht zu AZ ***** diese Entscheidung.
Nach Zustellung des Berufungsurteils lehnte die Klägerin des Ausgangsverfahrens mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2018 (innerhalb der Rechtsmittelfrist) die Mitglieder des Berufungssenats als befangen ab (AZ ***** des OLG Wien). Aus der Behandlung ihrer Rechtsmittelausführungen durch das Berufungsgericht ergäbe sich zumindest der deutliche Anschein einer Voreingenommenheit nicht bloß des Erstrichters, sondern insbesondere auch der Mitglieder des Berufungssenats zum Nachteil der Klägerin.
Am 18. Dezember 2018 stellte die Klägerin des Ausgangsverfahrens beim Oberlandesgericht Wien einen Fristsetzungsantrag, der darauf gerichtet ist, dem Oberlandesgericht Wien für die Eintragung des Ablehnungsantrags in das Register Jv des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien eine Frist von einem Tag und zur Übersendung des Ablehnungsantrags an die abgelehnten Richter zur Stellungnahme eine Frist von einer Woche zu setzen. Nach §§ 183 Abs 1 und 509 Abs 1 Geo seien Ablehnungsanträge dem Gerichtsvorsteher vorzulegen und in das Jv‑Register einzutragen. Außerdem sei der Ablehnungsantrag an die abgelehnten Richter zur Stellungnahme zu übermitteln. Dies sei nicht geschehen.
Am 3. Jänner 2019 richtete der Präsident des Oberlandesgerichts Wien an den Vertreter der Antragstellerin (Klägerin im Ausgangsverfahren) eine Verständigung nach § 91 Abs 2 GOG, in der ausgeführt wird, dass der Ablehnungsantrag den abgelehnten Mitgliedern des Senats ***** des Oberlandesgerichts Wien zur Äußerung zugestellt wurde und eine Eintragung in das Jv‑Register nicht vorgenommen wird.
Mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2019 begehrte die Antragstellerin, den Fristsetzungsantrag dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Das vorschriftsmäßige Verfahren bestehe darin, dass zunächst der Ablehnungsantrag im Jv‑Register des Präsidiums des Oberlandesgerichts Wien registriert werde und der Gerichtsvorsteher den vom Ablehnungsantrag betroffenen Richtern die Abgabe einer Stellungnahme zum Ablehnungsantrag auftrage. Keiner dieser beiden Punkte sei erfüllt worden.
Der Präsident des Oberlandesgerichts Wien legte den Fristsetzungsantrag nunmehr dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
1. Nach § 91 Abs 1 GOG kann eine Partei einen Fristsetzungsantrag stellen, wenn ein Gericht mit einer Verfahrenshandlung säumig ist oder das Gericht eine gesetzlich vorgeschriebene Frist zur Vornahme solcher Verfahrenshandlungen überschreitet. Gemäß Abs 2 leg cit hat das betroffene Gericht die Möglichkeit, die offene Verfahrenshandlung binnen vier Wochen selbst durchzuführen. Holt das als säumig bezeichnete Gericht innerhalb dieser Frist die als versäumt bezeichnete Verfahrenshandlungen nach und verständigt es davon den Antragsteller, so führt dies zur Klaglosstellung. In einem solchen Fall ist ein ausdrücklich aufrechterhaltener Fristsetzungsantrag nur dann berechtigt, wenn das Gericht entgegen seiner in der Verständigung enthaltenen Auffassung die dem Antrag zugrunde liegenden Verfahrenshandlungen nicht zur Gänze nachgeholt hat.
2. Im Anlassfall wurde die Antragstellerin klaglos gestellt:
Der Fristsetzungsantrag bezieht sich zum einen auf die Übermittlung des Ablehnungsantrags an die betroffenen Richter des Oberlandesgerichts Wien zur Stellungnahme. Dies ist geschehen.
Zum anderen ist der Fristsetzungsantrag darauf gerichtet, dass dieser in das Jv‑Register des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien eingetragen wird. Eine solche Eintragung hat nicht zu erfolgen. Seit der Geo‑Novelle 1999, BGBl II 1999/69, sind Ablehnungsanträge und Befangenheitsanzeigen in bürgerlichen Rechtssachen als Nc‑Sachen ausschließlich in das Nc‑Register einzutragen. Mit dieser Novelle wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Entscheidung über eine mögliche Befangenheit nicht als Akt der Justizverwaltung, sondern der unabhängigen Rechtsprechung anzusehen ist. Dementsprechend wurde § 511 Abs 2 Geo, demzufolge Ablehnungsanträge in das Jv‑Register einzutragen waren, ersatzlos aufgehoben ( Danzl , Geo 7 § 183 Anm 1a und 5 sowie § 473 Anm 2).
3. Die in § 91 Abs 2 GOG geregelte Aufrechterhaltung des Fristsetzungsantrags kann nach der Rechtsprechung nur eine Prüfung durch das übergeordnete Gericht dahin bezwecken, ob das angeblich säumige Gericht alle im Antrag genannten Verfahrenshandlungen durchgeführt und die Partei damit klaglos gestellt hat. Bei Erfüllung aller prozessualen Handlungspflichten noch vor der Entscheidung über die begehrte Fristsetzung ist daher der Antrag mangels Beschwer zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0059274; RS0059297).
Im Fristsetzungsverfahren ist ein Kostenersatz nicht vorgesehen (RIS‑Justiz RS0059255).
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