Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies im Vorverfahren mit rechtskräftigem Urteil vom 16. April 1995 das Begehren des Klägers, ihm einen Schlüssel zu einer bestimmten Absperrung auszufolgen, um den abgesperrten Weg zu seiner Liegenschaft ungehindert benützen zu können, mit der Begründung ab, er habe weder die Voraussetzungen der Ersitzung eines uneingeschränkten Benützungsrecht iS einer Grunddienstbarkeit noch die Vereinbarung eines solchen Rechts am Privatweg der Beklagten nachweisen können.
Eine erste Wiederaufnahmsklage des Klägers wurde rechtskräftig zurückgewiesen, eine zweite Wiederaufnahmsklage befindet sich derzeit im 2. Rechtsgang wieder im indicium rescindens.
Am 20. Dezember 2004 begehrte der Kläger zum dritten Mal die Wiederaufnahme des Vorverfahrens. Als Wiederaufnahmsgrund gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO machte er geltend, ihm sei inzwischen ein Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats (UVS) für Kärnten vom 17. November 2004 als neues Beweismittel zugegangen, in dessen Begründung festgehalten worden sei, dass der Weg ein öffentlicher Weg sei, eine Länge von 3,2 km aufweise, weshalb die auf Höhe des Straßenkilometers 2,8 von den beiden Beklagten errichtete Schrankenanlage eine öffentliche Straße absperre. Dabei beziehe sich der UVS auf einen rechtskräftigen Bescheid der Gemeinde St. Martin am Silberberg vom 18. November 1960, der die Länge des Einschichtenwegs verbindlich mit 3,2 km festgelegt habe. Der genannte Bescheid sei in jedem Fall geeignet, eine günstigere Entscheidung für den Kläger im wiederaufzunehmenden Verfahren herbeizuführen, weil er - als geschädigter erhaltungskostenpflichtiger Interessent des für öffentlich erklärten Weges - im Fall der Absperrung bei Kilometer 2,8 jedenfalls subjektiv das Recht auf Ausfolgung eines Schrankenschlüssels haben müsse. Dieser Bescheid sei ihm am 25. November 2004 zugegangen.
Nach dem Inhalt des Bescheides des UVS wurde eine über den Zweitbeklagten verhängte Verwaltungsstrafe wegen Verstoß gegen § 63 Abs 1 lit b Kärntner StraßenG (Behinderung des Gemeingebrauchs einer öffentlichen Straße) durch Errichtung einer Abschrankung bestätigt. Denn mit rechtskräftigem Bescheid der obgenannten Gemeinde vom 18. November 1960 sei die Länge des öffentlichen Einschichtenwegs verbindlich mit 3,2 km festgelegt worden.
Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage mit der Begründung zurück, bei der Beurteilung, ob ein Beweismittel geeignet sei, eine andere Entscheidung herbeizuführen, sei von der vom Wiederaufnahmskläger unbekämpft gebliebenen rechtlichen Beurteilung im Vorprozess auszugehen. Wenn die zu beweisende Tatsache im Vorprozess nicht behauptet worden sei, könnten neue Beweismittel allein keinen Wiederaufnahmsgrund bilden. Eine Wiederaufnahmsklage könne vom Kläger des Vorprozesses nur auf neue Tatsachen und Beweismittel zu dem im Vorprozess erhobenen Klageanspruch (den geltend gemachten Klagegründen) gestützt werden. Der Kläger habe sich im Vorverfahren nur auf das Bestehen von ersessenen oder vertraglich begründeten Privatrechten oder Sonderprivatrechten (am Weg) berufen. Die Behauptung eines öffentlichen Wegerechts habe er nicht aufgestellt. Das neue Beweismittel (Bescheid des UVS für Kärnten vom 17. November 2004) sei nicht geeignet, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung im Hauptprozess herbeizuführen. Unabhängig davon, ob der Weg in einer Länge von 3,2 km als öffentlicher Weg festgestellt werde oder nicht, gelinge es dem Kläger dadurch nicht, die von ihm behauptete Ersitzung oder vertragliche Vereinbarung eines Wegerechts oder eines Sonderprivatrechts zu beweisen. Bereits mit Bescheid vom 18. November 1960, der dem Kläger nach seinem eigenen Vorbringen wesentlich früher als vier Wochen vor Einbringung dieser Wiederaufnahmsklage zugegangen sei, habe die obgenannte Gemeinde rechtskräftig festgestellt, dass der Weg eine Länge von 3,2 km habe und als „öffentlicher Einschichtenweg" kategorisiert worden sei. Da der UVS für Kärnten in seinem Bescheid ausgeführt habe, an den Bescheid der genannten Gemeinde vom 18. November 1960 gebunden zu sein, sei die vom Kläger vorgebrachte Tatsache, der Weg sei ein öffentlicher Weg, nicht „neu" iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO und die Klage nicht innerhalb der vierwöchigen Nachfrist eingebracht.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht jedoch auch 20.000 EUR übersteige und - nach diesbezüglichem Abänderungsantrag des Klägers - der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die im Bescheid des UVS für Kärnten vom 17. November 2004 aufgeworfene Frage der Weglänge eine für den Kläger günstigere Sachlage geschaffen haben könnte, die Rechtfertigung für eine Wiederaufnahmsklage wäre. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, eine rechtliche Qualifikation wie die Öffentlichkeit eines Weges bilde keinen Wiederaufnahmsgrund. Der UVS für Kärnten habe in seinem Bescheid lediglich eine Bindung an Vorbescheide der „Unterbehörden" ausgesprochen, weshalb diesem Bescheid weder neue Tatsachen noch Beweismittel innewohnten und auch nur angedeutet würde, dem Kläger kämen subjektive Sonderprivatrechte im Rahmen seiner Liegenschaftszufahrt zu.
Der Revisionsrekurs des Klägers ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Rekursgerichts - nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Das Gericht hat gemäß § 538 Abs 1 ZPO vor Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung zu prüfen, ob die Wiederaufnahmsklage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt und in der gesetzlichen Frist erhoben sei. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse oder ist die Klage wegen eines der in § 530 Abs 2 angeführten Gründe unzulässig, so ist sie als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet durch Beschluss zurückzuweisen.
Die Zurückweisung der Klage ist dann gerechtfertigt, wenn sich der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen lässt, weiters dann, wenn der behauptete Wiederaufnahmsgrund in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht. Dies ist beim Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO dann der Fall, wenn die geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinerlei Einfluss auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können (stRsp, 1 Ob 574/78 = JBl 1979, 268 = RZ 1978/97 uva; RIS-Justiz RS0044504). Die neuen Tatsachen und Beweismittel im Wiederaufnahmsverfahren sind nicht nur im Hinblick auf ihre abstrakte Eignung, eine Änderung der im Vorverfahren erflossenen Entscheidung herbeizuführen, zu würdigen, es muss vielmehr auch eine Prüfung dahingehend erfolgen, ob die Nichtberücksichtigung dieser Tatsachen oder Beweismittel im Vorprozess geeignet war, die dortige Beweiswürdigung zu beeinflussen und etwa aus diesem Grund die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens und damit die Aufhebung der Vorentscheidung gerechtfertigt erscheint (stRsp, 3 Ob 22/75 = EFSlg 25.403 ff uva, zuletzt 3 Ob 298/03z; RIS-Justiz RS0044510). Die neuen Tataschen und Beweismittel müssen nicht unmittelbar auf die rechtliche Beurteilung von Einfluss sein, es genügt, wenn sie geeignet sind, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen (stRsp, 5 Ob 291/60 = EvBl 1961/26 uva; RIS-Justiz RS0044411).
Einen Verstoß der Vorinstanzen gegen die oben dargelegten Grundsätze der Rsp des Obersten Gerichtshofs vermag der Revisionsrekurswerber nicht aufzuzeigen. Der vom Kläger als Wiederaufnahmsgrund iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO herangezogene Bescheid des UVS für Kärnten nimmt lediglich auf den rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der obgenannten Gemeinde vom 18. November 1960 Bezug und referiert dessen Inhalt, weshalb dem UVS-Bescheid als solchem - auch bei gebotener abstrakter Betrachtung - keinerlei Relevanz für die Entscheidung des Rechtsstreits zukommt, dessen Wiederaufnahme der Kläger anstrebt. Der bezogene Bescheid des Bürgermeisters ist allerdings nach dem Vorbringen des Klägers bereits Gegenstand seiner früheren Wiederaufnahmsklage und - im Hinblick auf die Frist des § 534 Abs 2 Z 4 ZPO verständlicherweise - nicht Gegenstand der hier zu beurteilenden Wiederaufnahmsklage. Gewiss können auch an einem öffentlichen Weg privatrechtliche Nutzungsbefugnisse bestehen. Doch waren Rechtsgründe für das Vorverfahren die behauptete Ersitzung und eine behauptete entsprechende Vereinbarung. Doch darüber enthält der Bescheid des UVS nichts, sondern nur, dass es sich beim gesamten Einschichtweg um einen öffentlichen Weg handelt, der nicht abgeschrankt werden durfte. Die in der nunmehrigen Wiederaufnahmsklage und im Rechtsmittel behaupteten Sonderprivatrechte seiner Rechtsvorgänger waren dem Kläger nach seinem Vorbringen lange vor dem Ablauf der vierwöchigen Nachfrist für die vorliegende Wiederaufnahmsklage bekannt.
Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.
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