OGH 3Ob91/05m

OGH3Ob91/05m15.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Gerald Wildfellner, Dr. Klaus Holter, Dr. Stefan Holter, Mag. Mario Schmieder und Mag. Jörg Asanger, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wegen 5.206,13 EUR s.A. infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. Oktober 2004, GZ 14 R 98/04m-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 5. April 2004, GZ 31 C 531/00x-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 399,74 EUR (darin 66,62 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Streitpunkt des vorliegenden Verfahrens ist die von der beklagten Endverbraucherin bestrittene Berechtigung des klagenden oberösterreichischen Verteilernetzbetreibers zur Einhebung eines „Zuschlags" zum „Systemnutzungstarif" nach der inzwischen aufgehobenen Oö. ZuschlagsVO. Dass die klagende Partei in den hier zu beurteilenden Stromrechnungen die „Zuschläge" laut der Oö. ZuschlagsVO entsprechend den bezogenen Strommengen und Netzebenen fakturierte, ist nicht strittig.

Mit der am 6. September 2000 eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei den der Höhe nach außer Streit stehenden Betrag von 5.206,13 EUR s.A. für Stromlieferungen im Zeitraum März bis Juli 2000. Sie sei gemäß § 1 Oö. ZuschlagsVO berechtigt, von sämtlichen von ihr versorgten Endverbrauchern einen Zuschlag zum Systemnutzungstarif einzuheben. Dieser betrage gemäß § 1 Abs 2 Oö. ZuschlagsVO für die Netzebenen 4 und 5 1,3g/kWh gelieferten Stroms.

Die beklagte Partei wendete ein, die klagende Partei sei durch die Oö. ZuschlagsVO nicht verpflichtet, sondern nur ermächtigt, Zuschläge einzuheben. Unter welchen Voraussetzungen die Verteilernetzbetreiber von dieser Ermächtigung Gebrauch machen könnten, sei in dieser Verordnung nicht näher geregelt, weshalb diese infolge Unbestimmtheit gesetzwidrig sei. Überdies blieben nach § 70 Abs 1 ElWOG 1998 privatrechtliche Vereinbarungen durch die Regelungen des ElWOG unberührt, sodass die klagende Partei ungeachtet der Oö. ZuschlagsVO nicht einseitig in den bestehenden Strombezugsvertrag eingreifen könne. Die beklagte Partei regte - soweit jetzt noch relevant - an, in Ansehung der anzuwendenden Bestimmungen des § 47 Abs 4 ElWOG und der Oö. ZuschlagsVO beim Verfassungsgerichtshof ein Normprüfungsverfahren zu beantragen.

Die klagende Partei replizierte, § 47 Abs 4 ElWOG 1998 sei nicht verfassungswidrig, sondern enthalte iVm der Oö. EinspeiseVO eindeutige Determinanten für die Festlegung des Zuschlags. Der vom Verordnungsgeber in § 1 Abs 1 Oö. ZuschlagsVO verwendete Begriff „Können" sei als ein rechtliches „Müssen" auszulegen. In die privatrechtliche Vereinbarung der Streitteile werde durch die Oö. ZuschlagsVO nicht eingegriffen. Schließlich habe die klagende Partei die von ihr eingehobenen Zuschläge an den Öko-Energie-Pool abzuführen.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren mit jeweils umfangreicher Begründung statt.

Das Erstgericht aus der Erwägung, das Wort „Können" in § 1 Abs 1 Oö. ZuschlagsVO sei aufgrund einer missglückten Wortwahl des Verordnungsgebers als „Müssen" zu lesen. Dies ergebe sich u.a. aus § 1 Abs 5 leg.cit., wonach die Betreiber von Verteilernetzen den Zuschlag an die Verrechnungsstelle abzuführen hätten. Die aufgrund des § 47 Abs 3 und 4 ElWOG 1998 einzuhebenden Zuschläge seien zufolge der Verfassungsbestimmung des § 30 ÖkostromG, das dem ElWOG nachgefolgt sei, verfassungsrechtlich immunisiert und daher die Aufhebung der Oö. ZuschlagsVO nicht zulässig. § 70 Abs 1 ElWOG 1998 habe nur deklarative Wirkung und stelle klar, dass das ElWOG 1998 in die Interpretation bestehender Stromlieferungsverträge nicht eingreifen wolle. Die Marktöffnung im Stromwesen solle keine Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung eines Stromlieferungsvertrags darstellen. Die von der beklagten Partei vorgenommene Interpretation würde dazu führen, dass privatrechtliche Vereinbarungen die Anwendbarkeit des ÖkostromG verhindere; die vom Gesetzgeber vorgesehene Einhebung von Zuschlägen zur Förderung erneuerbarer Energieträger wäre damit völlig obsolet.

Das Berufungsgericht führte zur Verfassungsmäßigkeit der zitierten Bestimmungen die Rsp des VfGH an, wonach gemäß Art 18 B-VG Verordnungen nur „auf Grund der Gesetze" zu erlassen seien; eine Verordnung dürfe bloß präzisieren, was im Gesetz bereits in Konturen vorgezeichnet sei. Solle ein Gesetz mit Durchführungsverordnung nachvollziehbar sein, müssten daraus die wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können. Eine formalgesetzliche Delegation liege dann vor, wenn das Gesetz der Verwaltungsbehörde eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zuweise. Entscheidungskriterium hiefür sei die Frage, ob die im Verordnungsweg getroffene Regelung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit geprüft werden könne. Dabei werde im Bereich des Wirtschaftsrechts, wozu auch Fragen der Energieversorgung zählten, keine zu weitgehende gesetzliche Vorherbestimmung als erforderlich angesehen, im Gegensatz zu Bereichen, in denen eine exakte Determinierung möglich sei und in denen das Rechtsschutzbedürfnis eine solche genaue Determinierung verlange. Daher verlange Art 18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad. Verfassungsrechtlich unbedenklich seien auch gesetzliche Regelungen, die Verwaltungsakte durch Normierung bestimmter Ziele determinieren, wenn der Gesetzgeber bestimme, von welchen objektiv feststellbaren Sachverhaltselementen die Behörde auszugehen habe. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund seien die Regelungen des § 31 ElWOG 1998 mit seiner Abnahmepflicht der Netzbetreiber für erneuerbare Energien und des § 47 Abs 3 und 4 ElWOG 1998 mit der Ermächtigung der Länder, Mindestabnahmepreise und Zuschläge zu bestimmen, als Überlegung des Gesetzgebers zu verstehen, dass Öko-Energie von sich aus im liberalistischen europäischen Strommarkt nicht wettbewerbsfähig sei. Weil Öko-Energie nicht kostendeckend abgesetzt werde könne, solle den Netzbetreibern, die zum Kauf bestimmter Mengen an Ökostrom verpflichtet seien, der dadurch entstandene Mehraufwand ersetzt werden. Die dafür erforderlichen Mittel seien durch die von den Ländern für jedes Jahr für die jeweils bezogene elektrische Energie festzusetzenden Zuschläge zum Systemnutzungstarif aufzubringen. Daher sei der Determinierungsgrad des § 47 Abs 3 und 4 ElWOG 1998 dem vorliegenden Regelungsgegenstand adäquat und alle wesentlichen Merkmale der zu erlassenden Verordnung in ihren wesentlichen Konturen im Gesetz vorgezeichnet; § 47 Abs 3 und 4 ElWOG 1998 entspreche sohin dem Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG. Zu § 1 Abs 1 Oö. ZuschlagsVO ergebe sich im Zusammenhang mit den Regelungen der § 1 Abs 5, § 2 Abs 1 sowie § 3 Abs 1 leg. cit. und unter Heranziehung des § 47 Abs 4 ElWOG 1998 mit seiner Einhebungsverpflichtung, dass der Verordnungsgeber in Wahrheit von einer Verpflichtung der Verteilernetzbetreiber zur Einhebung der zu beurteilenden Zuschläge ausgegangen sei. Nach stRsp sei bei Dauerrechtsverhältnissen - wie Stromlieferungsverträgen - bei einer Gesetzesänderung der in den zeitlichen Geltungsbereich der neuen Rechtslage reichende Teil des Dauertatbestands nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, wenn für den Übergang nichts anderes vorgesehen sei. Das werde aus § 5 ABGB abgeleitet, wonach Gesetze nicht zurückwirkten und auf vorher geschehene Handlungen sowie auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss haben. Die von der beklagten Partei vertretene Auslegung des § 70 Abs 1 ElWOG 1998, der Gesetzgeber könne in bestehende Dauerschuldverhältnisse nicht eingreifen, würde dazu führen, dass der Netzbetreiber zum Kauf teureren Ökostroms verpflichtet, aber im Gegenzug nicht berechtigt sei, den dadurch entstehenden Mehraufwand den Verbrauchern zu verrechnen. Diese Absicht, dass Netzbetreiber vom Gesetzgeber verpflichtet seien, Verlustgeschäfte zu betreiben, könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, § 70 Abs 1 ElWOG 1998 habe somit nur deklarative Wirkung. Die Liberalisierung des Stromwesens solle für sich allein keine Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung eines Stromlieferungsvertrags darstellen.

Die von der zweiten Instanz - mit der Begründung, es fehle Rsp des Obersten Gerichtshofs dazu, ob § 70 Abs 1 ElWOG 1998 die Einhebung der gemäß § 47 Abs 4 ElWOG 1998 und der Regelungen der Oö. ZuschlagsVO einzuhebenden Zuschläge verhindere - zugelassene Revision der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur anzuwendenden Rechtslage: Ausgangspunkt ist hier das auf der Richtlinie für den Elektrizitätsbinnenmarkt 96/92/EG basierende Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsG, Art 1 des BGBl I 143/1998, im Folgenden nur ElWOG 1998) mit einem „Ökostrompaket", das u.a. Abnahmeverpflichtungen für die Netzbetreiber enthält. Das ElWOG 1998 wurde durch das EnergieliberalisierungsG mit der ElWOG-Novelle BGBl I 121/2000 auch in den preisrechtlichen Vorschriften novelliert, doch ist die letztgenannte Novelle angesichts des vorliegenden Klagebegehrens für „Stromlieferungen" bis einschließlich Juli 2000 hier noch nicht anwendbar. Weitere Änderungen erfolgten auf diesem Rechtsgebiet dann durch das Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Elektriziätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und auf dem Gebiet der Kraft-Wärme-Kopplung erlassen werden (Ökostromgesetz, Art 1 des BGBl I 149/2002), zur Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern im Elektrizitätsbinnenmarkt.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 47 Abs 3 und 4 sowie des § 70 Abs 1 ElWOG 1998 lauten:

Behördenzuständigkeit in Preisangelegenheiten

§ 47 (unmittelbar anwendbares Bundesrecht)

(1) ...

(2) ...

(3) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung die Landeshauptmänner zu beauftragen, die Bestimmung von Mindestpreisen für die Einlieferung von elektrischer Energie aus Anlagen, die auf Basis der erneuerbaren Energieträger feste oder flüssige heimische Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas, geothermische Energie, Wind- und Sonnenenergie betrieben werden, an seiner Stelle auszuüben. Die Landeshauptmänner haben bei der Ausübung dieser Befugnisse anstelle der im § 49 Abs. 3 Z 3 genannten Stellen die Wirtschaftskammer, die Kammer für Arbeiter und Angestellte und die Landwirtschaftskammer im jeweiligen Land zu hören. Bei der Preisbestimmung sind die Wertigkeit der eingespeisten elektrischen Energie, Förderungen sowie der Beitrag des jeweiligen Energieträgers zur Realisierung energie-, wirtschafts- und umweltpolitischer Zielsetzungen zu berücksichtigen.

(4) Den Betreibern von Verteilernetzen ist ein allfälliger Mehraufwand gemäß Abs. 3 gegenüber ihrer sonstigen Aufbringung der elektrischen Energie zu ersetzen. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung die Landeshauptmänner zu ermächtigen, jährlich einen Zuschlag zum Systemnutzungstarif in g/kWh für die im jeweiligen Versorgungsgebiet bezogene elektrische Energie zur Abdeckung dieses Mehraufwandes festzusetzen. Die Festsetzung des Zuschlages hat jährlich unter Berücksichtigung des Mehraufwandes des Vorjahres zu erfolgen, wobei allfällige Differenzbeträge im Folgejahr auszugleichen sind.

(5) ... Schlußbestimmungen

§ 70

(1) (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Privatrechtliche Vereinbarungen, die den Bezug, die Lieferung und den Austausch oder den Transport von Elektrizität regeln, bleiben durch die Regelungen dieses Bundesgesetzes unberührt.

(2) ...

Aufgrund des § 47 Abs 4 ElWOG 1998 erließ der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zu Zl. 551.360/2-VIII/1/99 seine VO betreffend die Ermächtigung der Landeshauptmänner zur Festsetzung eines Zuschlags zum Systemnutzungstarif. § 1 dieser VO ermächtigt die Landeshauptmänner, für den Bereich ihres Landes jährlich einen Zuschlag zum Systemnutzungstarif zu bestimmen, womit den Betreibern von Verteilernetzen ein allfälliger Mehraufwand durch die gemäß § 47 Abs 3 ElWOG 1998 bestimmten Mindestpreise iVm der Abnahmeverpflichtung (von Ökostrom) gemäß § 31 Abs 3 ElWOG 1998 gegenüber ihrer sonstigen Aufbringung abgegolten wird.

Die Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich betreffend die Festsetzung eines Zuschlags zum Systemnutzungstarif zur Abdeckung des Mehraufwands bestimmter erneuerbarer Ernergieträger (Oberösterreichische Zuschlagsverordnung LGBl Nr. 11/2000, im Folgenden nur Oö. ZuschlagsVO) beruht nach ihrer Präambel auf § 47 Abs 4 ElWOG iVm der VO des Landeshauptmanns betreffend die Bestimmung der Preise für Einlieferungen elektrischer Energie aus erneuerbaren Energieträgern (Oberösterreichische Einspeiseverordnung LGBl Nr. 83/1999; später novelliert mit LGBl Nr. 82/2000).

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. ZuschlagsVO lauten:

§ 1

Zuschlag zum Systemnutzungstarif

(1) Die Betreiber von Verteilernetzen können von den Endverbrauchern in Oberösterreich einen Zuschlag zum Systemnutzungstarif einheben.

(2) Dieser Zuschlag wird in g/kWh für die im jeweiligen Versorgungsgebiet bezogene elektrische Energie, bezogen auf Netzebenen (Abs. 6), wie folgt festgelegt: ...

(3) Als Netzebenen gelten: ...

(4) Die Betreiber von Verteilernetzen, die den Zuschlag einheben, haben den Zuschlag zum Systemnutzungstarif gesondert auf den Rechnungen für die Netznutzung oder auf den Stromrechnungen auszuweisen.

(5) Die Betreiber von Verteilernetzen haben den Zuschlag zum Systemnutzungstarif vierteljährlich, beginnend mit 31. März 2000, an die Verrechnungsstelle (§ 2) abzuführen und der Verrechnungsstelle und dem Landeshauptmann über deren Verlangen eine detaillierte Abrechnung der Beträge gemäß Abs. 2 zu übermitteln.

(6) ...

§ 2

Einrichtung einer Verrechnungsstelle

(Öko-Energie-Pool)

(1) Die Betreiber von Verteilernetzen haben für die Verwaltung der Zuschläge gemäß § 1 und für den Ersatz des Mehraufwands gemäß § 3 bis 15. März 2000 eine gemeinsame Verrechnungsstelle (Öko-Energie-Pool) einzurichten.

(2) ...

(3) ...

(4) Die Kosten der Verrechnungsstelle sind aus den eingehenden Zuschlägen zu tragen.

§ 3

Ersatz des Mehraufwands

(1) Die Verrechnungsstelle hat aus den Beträgen gemäß § 1 Abs. 2 den Betreibern von Verteilernetzen einen allfälligen Mehraufwand auf Grund der Mindestpreise gemäß § 4 Oö. Einspeiseverordnung gegenüber ihrer sonstigen Aufbringung der elektrischen Energie zu ersetzen. Der Ersatz gebührt nur jenen Betreibern von Verteilernetzen, die den Zuschlag an die Verrechnungsstelle gemäß § 1 Abs. 5 abführen. ...

Mit dem Inkrafttreten der Oö. ÖkostromVO 2002 per 1. Februar 2002 traten die Oö. EinspeiseVO und die Oö. ZuschlagsVO außer Kraft.

b) Zur Auslegung des § 70 Abs 1 ElWOG 1998: Wie die Revisionswerberin zutreffend selbst erkennt, handelt es sich bei den so genannten „Zuschlägen" zum Systemnutzungstarif nicht um eine zusätzliche Abgabe iSd Finanzverfassung, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Zuschlag zu einem privatrechtlichen Entgelt (vgl. Thurnher, Elektrizitätswirtschaftsgesetz [1999] § 47 Rz 2). Der rechtlichen Schlussfolgerung der Revisionswerberin, die „Zuschläge" würden ein zusätzliches - gemeint privatrechtliches - Entgelt darstellen und in den bestehenden Stromlieferungsvertrag eingreifen, vermag der erkennende Senat nicht beizutreten. In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen ist vielmehr davon auszugehen, dass § 70 Abs 1 ElWOG 1998 die Verankerung eines zivilrechtlichen Grundsatzes zum Inhalt hat, weshalb ihm keine normative Wirkung zukommt (Pauger/Pichler, Das österreichische Elektrizitätsrecht2 § 70 ElWOG Rz 1). Mit dieser Bestimmung bringt der Gesetzgeber bloß zum Ausdruck, dass die Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft („Liberalisierung des österreichischen Strommarktes") im Hinblick auf bestehende Lieferverträge keinen Grund für eine Kündigung oder vorzeitige Beendigung dieser Dauerschuldverhältnisse darstellt. Bestehende Bezugsverträge bleiben somit aufrecht und können nur unter Inanspruchnahme der allgemeinen zivil- oder kartellrechtlichen Gründe aufgelöst oder angepasst werden (Pauger/Pichler aaO § 70 ElWOG Rz 1; Pauger, Ein Jahr ElWOG, 27).

Der Oberste Gerichtshof sprach bereits in der E 6 Ob 100/05g (mwN) aus, dass es sich beim Begriff „Zuschlag" zum Systemnutzungsentgelt in Wahrheit um einen eigenen Beitrag handelt, der nur aufgrund der missverständlichen gesetzgeberischen Wortwahl als „Zuschlag" bezeichnet wurde. Wenn der 6. Senat dabei auch nicht aussprach, dass mit dieser Regelung kein Eingriff in die Privatautonomie erfolgt, hat er dennoch bereits die rechtlichen Unterschiede zwischen Nutzungsentgelt und den von den Netzbetreibern einzuhebenden Zuschlägen deutlich gemacht. Ein Anknüpfungspunkt an das Systemnutzungsentgelt besteht nur insofern, als die „Zuschläge" gemeinsam mit diesem eingehoben werden. Dabei bestand die erkennbar einzige Motivation des Gesetzgebers für die Anknüpfung der Einhebung des Zuschlags an die Netzbetreiber in der Finanzierung der Ökostromerzeugung. Der vom Endverbraucher zu leistende Beitrag zur Ökostromförderung wurde dabei an die vom Endverbraucher bezogene Strommenge geknüpft, weshalb sich eine Einhebung dieses „Zuschlags" durch die Netzbetreiber als der wirtschaftlichste Weg darstellte (vgl. 6 Ob 100/05g; Raschauer in Pauger, Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle, 108). Schon aufgrund der Tatsache, dass die Netzbetreiber diese „Zuschläge" an eine Verrechnungsstelle abzuführen haben, welche diese anteilig an die Betreiber mit dem Ziel auszahlt, den Erzeugern von Ökostrom ein Mindestentgelt zu sichern, zeigt einerseits die Verschiedenartigkeit der von den Netzbetreibern einzuhebenden Entgelte und andererseits, dass den Netzbetreibern diese Zuschläge wirtschaftlich betrachtet nicht zukommen, werden sie doch im eigenen Namen, jedoch auf fremde Rechnung vereinnahmt, um zufolge § 1 Abs 5 Oö. ZuschlagsVO an die Verrechnungsstelle abgeführt zu werden. Zusammengefasst stellen die von den Netzbetreibern den Endverbrauchern verrechneten „Zuschläge" nach § 1 Oö. ZuschlagsVO 2000 keinen Teil des zwischen den Endverbrauchern und den Netzbetreibern abgeschlossenen synallagmatischen Vertragsverhältnisses dar, weshalb darin kein Eingriff in die zwischen diesen bestehende Rechtsbeziehung liegt (§ 70 Abs 1 ElWOG 1998).

b) Zu dem von der beklagten Partei in der Revision neuerlich angeregten Gesetzesprüfungsverfahren nach Art 140 B-VG in Ansehung des § 47 Abs 3 und 4 ElWOG 1998 kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO), zumal auch im Rechtsmittel einerseits in unzulässiger Weise auf die Ausführungen der beklagten Partei in ihrer Berufung verwiesen wird und andererseits neue und stichhältige Argumente nicht vorgetragen werden.

Ergänzend bleibt festzuhalten, dass den Bestimmungen des § 47 Abs 3 und 4 ElWOG 1998 eine ausreichende Determinierung iSd Art 18 B-VG zu entnehmen ist. Denn der Grundsatz der Vorherbestimmung verwaltungsbehördlichen Handelns darf nach stRsp des VfGH nicht in Fällen überspannt werden, in denen ein rascher Zugriff und die Berücksichtigung vielfältiger örtlicher und zeitlicher Verschiedenheiten für eine sinnvolle und wirksame Regelung wesensnotwendig sind (VfGH G67/04 mwN u.a.). Dies gilt im Besonderen bei der Regelung wirtschaftlicher Tatbestände wie hier. Bei Normen, die ihrem Wesen nach „final", d.h. im Hinblick auf bestimmte zu erreichende Ziele (in casu: Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien) determiniert sind, kommt der Einhaltung der im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehenen Vorgangsweise besondere Bedeutung zu. Die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse einer ausreichenden materiellen Bestimmtheit des Gesetzes im Bereich des Wirtschaftsrechts ist insofern nicht so konsequent zu prüfen, als eine genaue Determinierung aufgrund unterschiedlichster Sachverhalte kaum möglich ist und demzufolge Art 18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt. Verfassungsrechtlich unbedenklich sind im Speziellen gesetzliche Regelungen, die Verwaltungsakte - wie hier - durch Normierung bestimmter Ziele determinieren. Ein dem vorliegenden Regelungsgegenstand der Preisbestimmung von Strom aus erneuerbarer Energie adäquater Determinierungsgrad ist demnach schon durch den oben wiedergegebenen Text des § 47 Abs 3 ElWOG 1998 gegeben, wonach bei der Preisbestimmung die Wertigkeit der eingespeisten elektrischen Energie, Förderungen sowie der Beitrag des jeweiligen Energieträgers zur Realisierung energie-, wirtschafts- und umweltpolitischer Zielsetzungen zu berücksichtigen sind. Versteht man diese Gesetzesstelle iS einer authentischen Interpretation dahingehend, dass der Bundesgesetzgeber von der Realisierung energie-, wirtschafts- und umweltrechtlicher Zielsetzungen ausging, sind im Zusammenhang mit dem gleichfalls oben wiedergegebenen § 47 Abs 4 leg.cit. damit den Ländern durchaus ausreichende Kriterien zur Verfügung gestellt. Abgerundet werden die Vorgaben des Grundsatzgesetzgebers noch durch die Vorgabe der Ziele und gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wobei vor allem die - vom Revisionswerber selbst zitierten - § 3 Z 3 und § 4 Z 4 leg.cit. den Ländern noch Einschränkungen im Rahmen ihrer Verordnungsermächtigung vorgeben. Mit den im § 31 Abs 2 und 3 ElWOG 1998 in Form einer Grundsatzgesetzgebung normierten Abnahmepflichten der Netzbetreiber für Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu Mindestpreisen und der Verordnungsermächtigung des § 47 Abs 3 und 4 leg.cit. der Landeshauptmänner für die Festsetzung von Mindestpreisen und Zuschlägen für die Einspeisung von Ökostrom wird das föderalistische Prinzip angesprochen, in dessen Rahmen den Ländern die Möglichkeit gegeben werden sollte, die Nutzung erneuerbarer Energien nach ihren spezifischen energiewirtschaftlichen Gegebenheiten zu forcieren (Pauger, Die Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft in Österreich in ÖZW 1998, 97 ff [100]).

Der Anregung der Revisionswerberin zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nach Art 140 B-VG kann demnach nicht näher getreten werden.

d) Auch die im Rechtsmittel wiederholten Bedenken bei der Interpretation des § 1 Abs 1 Oö. ZuschlagsVO können vom erkennenden Senat nicht geteilt werden: Die genannte Verordnung wurde auf der Grundlage des § 47 Abs 4 ElWOG 1998 erlassen, worin klargestellt ist, dass den Netzbetreibern ein Mehraufwand zu ersetzen ist.

Selbst wenn man aber entgegen der - auch im Rahmen einer systematisch-teleologischen Auslegung durch die Nachfolgebestimmung des § 9 Abs 1 Oö. ÖkostromVO 2002 gedeckte - Ansicht der Vorinstanzen und in Übereinstimmung mit dem Rechtsmittelwerber davon ausgehen wollte, das Wort „können" in § 1 Abs 1 Oö. ZuschlagsVO sei auch so gemeint, wäre damit für die beklagte Partei nichts gewonnen. Denn auch bei einer solchen Auslegung der Bestimmung durch das Wort „können" in § 1 Abs 1 Oö. ZuschlagsVO wäre der Netzbetreiber zur Einhebung des „Zuschlags" ermächtigt, somit berechtigt. Die nach der genannten Verordnung zulässige Ermessensentscheidung für den jeweiligen oberösterreichischen Netzbetreiber hätte nur lauten können, entweder den Zuschlag generell einzuheben oder aber, ungeachtet seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Abnahme von (teurerem) Ökostrom zu festgesetzten Mindestpreisen, diese Mehrkosten selbst zu tragen, und ist damit ausreichend determiniert. Dass die klagende Partei aber von dieser Ermächtigung in der genannten Verordnung in diskriminierender Weise Gebrauch gemacht hätte, wurde von der beklagten Partei nie behauptet. Dazu fehlt auch im Tatsachenbereich jeder Hinweis.

Der Anregung der Revisionswerberin zur Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens nach Art 139 B-VG kann demnach nicht näher getreten werden.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41, 50 ZPO.

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