Spruch:
Unter Inkassomandat ist entweder eine Vollmacht zur Einziehung im Namen des Gläubigers oder eine Abtretung zum Inkasso zahlungshalber zu verstehen. Bei einer Abtretung zahlungshalber kann der Gläubiger auf die ursprüngliche Forderung erst dann zurückgreifen, wenn er sich vergeblich bemüht hat, die abgetretene Forderung einzutreiben.
Entscheidung vom 7. März 1951, 3 Ob 88/51.
I. Instanz: Landes- als Handelsgericht Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Das Prozeßgericht hob den auf Bezahlung eines Betrages von 7948.42 S s. A. gerichteten Wechselzahlungsauftrag auf. Es stellte fest, daß der Kläger eine vom Beklagten an einen Dritten zu leistende Geschäftseinlage bevorschußt und daß der Beklagte für vom Kläger auf diese Art geleistete Vorschüsse im Betrage von 15.000 S einen auf ihn gezogenen Wechsel über diesen Betrag unterfertigt habe, daß der Beklagte sodann dem Kläger zwei Forderungen, und zwar eine in der Höhe von 8000 S gegen eine Firma Sch. und eine weitere in der Höhe von 7000 S gegen das Autohaus V. an Zahlungsstatt zur Bezahlung der Wechselschuld abgetreten habe. Da sich der Kläger vom Autohaus V. eine dieser Firma gegen einen Dritten zustehende Forderung habe abtreten lassen und die vom Kläger vorgenommene Eintreibung dieser Forderung bereits bis zur Exekution gediehen sei, müsse der Kläger die Zession der Forderung als Zahlung gegen sich gelten lassen; er habe lediglich im Falle der Uneinbringlichkeit der Forderung Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten, die aber noch nicht entstanden seien.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß der Wechselzahlungsauftrag hinsichtlich eines Teilbetrages von 1074.28 S aufrechterhalten, bezüglich des Restbetrages von 5000 S aber aufgehoben wurde. Das Berufungsgericht ergänzte das Beweisverfahren durch Vernehmung der Parteien zu Beweiszwecken und stellte auf Grund der Angaben der Streitteile bei der Parteienvernehmung fest, daß der Kläger dem Beklagten gegenüber erklärt habe, er übernehme die Forderung V. lediglich zum Inkasso, und daß er sich von V. eine Forderung gegen einen gewissen St. zum Inkasso habe abtreten lassen, wobei die Eintreibung der restlichen Forderung erst am 12. September 1950, somit nach Fällung des Urteiles erster Instanz, gelungen sei. Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Beziehung aus, die Forderung gegen V. sei dem Kläger lediglich zahlungshalber abgetreten worden, weshalb sich dieser an den Beklagten als seinen ursprünglichen Schuldner halten könne, da V. bis zum Tage der Erhebung der Wechselklage trotz der Bemühungen des Klägers nicht bezahlt habe. Der Wechselzahlungsauftrag sei daher, da die Bezahlung des restlichen Betrages von 1077.28 S erst nach Fällung des Urteiles erster Instanz durch St. erfolgt sei, mit diesem Betrag aufrechtzuerhalten.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und stellte das Urteil des Prozeßgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Entgegen der Meinung der Revision kann zwar darin, daß das Urteil einerseits annimmt, der Kläger habe die Forderung gegen V. nur zum Inkasso übernommen, anderseits feststellt, die Forderung sei ihm zahlungshalber abgetreten worden, ein Widerspruch nicht erblickt werden. Der Begriff "Abtretung oder Übernahme zum Inkasso" bzw. "Inkassomandat" hat zwei verschiedene Bedeutungen. Inkassomandat kann allerdings auch bloß Vollmacht zur Einziehung im Namen des Gläubigers bedeuten, wie etwa die Übergabe einer Forderung zum Inkasso an ein Inkassobüro oder dergleichen. Daß das Berufungsgericht die Übernahme zum Inkasso im vorliegenden Falle nicht als bloße Vollmacht zum Inkasso namens des Beklagten gewertet hat, ergibt sich eindeutig aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils. Das Berufungsgericht hat vielmehr die Übernahme zum Inkasso im vorliegenden Falle rechtlich als Abtretung zur Einziehung gewertet und diese Abtretung richtig als eine solche zahlungshalber beurteilt. Ein Inkassomandat (Abtretung zum Inkasso) zahlungshalber läßt das zwischen den Parteien bestehende Forderungsverhältnis zunächst unberührt, die Schuld des Forderungsüberträgers an den Übernehmer wird erst nach Eingang der Zahlung der übertragenen Forderung getilgt. Solange die Tilgung nicht erfolgt ist, besteht die Forderung des Gläubigers (Übernehmers) gegen den Schuldner (Überträger) weiter fort. Der Gläubiger kann aber erst dann auf die ursprüngliche Forderung zurückgreifen, wenn er vergebens versucht hat, die ihm vom Kläger übertragene Forderung einzuziehen. Der Gläubiger hat zuerst alles Notwendige vorzukehren, um auf den ihm vom Schuldner bezeichneten Weg zu Zahlungsmitteln zu gelangen; er hat insbesondere aus der ihm zur Einziehung übertragenen Forderung mit der im bestimmten Falle erforderlichen Sorgfalt Befriedigung zu suchen. Erst dann, wenn sich herausstellt, daß eine Befriedigung nicht möglich ist, kann er im Falle einer Abtretung zahlungshalber auf die ursprüngliche Forderung zurückgreifen, während er gemäß § 1397 ABGB. bei einer Abtretung an Zahlungs Statt im Falle der Uneinbringlichkeit der abgetretenen Forderung Gewährleistungsansprüche gegen den Zedenten erheben kann (SZ. XIII/32; Entsch. des tschechoslowakischen OGH. in Prag vom 11. Feber 1919, Rv 15/19, Prager Archiv, Beilagen, S. 33; Ehrenzweig, System, Obligationenrecht, 1928, S. 325). Nun hat aber der Kläger nicht einmal behauptet, daß er mit der erforderlichen Sorgfalt die erforderlichen Schritte unternommen habe, um die Forderung des Beklagten gegen V. einzutreiben. Er hat im Gegenteil bei der Parteienvernehmung angegeben, er hätte den V., da dieser sein Klient gewesen sei, niemals ernstlich mahnen können, und damit zugegeben, daß er den Schuldner der abgetretenen Forderung nicht einmal ernstlich gemahnt hat. Daß V. sein Klient war, hat der Kläger schon vor der Abtretung gewußt; es wäre daher seine Sache gewesen, die Übernahme der zahlungshalber abgetretenen Forderung abzulehnen. Da er aber dennoch die Abtretung angenommen hat, war er verpflichtet, alles zur Eintreibung der übernommenen Forderung Erforderliche zu unternehmen, ehe er auf die ursprüngliche Forderung gegen den Beklagten zurückgreifen konnte. Der Umstand, daß der Kläger sich von V. eine diesem gegen St. zustehende Forderung abtreten ließ, stellt noch keine hinlängliche Bemühung zur Eintreibung dar, die den Kläger schon im Zeitpunkte der Klagseinbringung berechtigen konnte, auf die ursprüngliche Forderung zurückzugreifen. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei einer Abtretung zahlungshalber der Übernehmer zuerst erfolglos Exekution geführt haben muß, bevor er auf die ursprüngliche Forderung gegen den Zedenten zurückgreifen darf. Jedenfalls muß er aber auch bei einer Abtretung zahlungshalber sich ernstlich bemühen, die Forderung einzutreiben, ehe er den Zedenten in Anspruch nehmen kann. Da der Kläger dies unterlassen hat, war er im Zeitpunkte der Klagseinbringung nicht berechtigt, auf die ursprüngliche Forderung zurückzugreifen.
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