OGH 3Ob85/99t

OGH3Ob85/99t20.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M *****, vertreten durch Dr. Gunter Griss und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die verpflichtete Partei S*****, vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses und Rekurses der betreibenden Partei sowie Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. Dezember 1998, GZ 4 R 580/98p-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 29. September 1998, GZ 47 E 4802/98d-7, abgeändert bzw. aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.

2. Den Rekursen beider Parteien wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird im Punkt I. 2. dahin abgeändert, daß er insoweit zu lauten hat:

"Die verpflichtete Partei hat dem vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien am 15. 6. 1998 zu 10 Cg 63/98a abgeschlossenen Vergleich dadurch zuwidergehandelt, daß sie in der Zeit vom 25. 6. 1998 bis 24. 9. 1998 von der Fa. T***** unter Verwendung von von der betreibenden Partei stammenden Fertigungsunterlagen Gebrauchsanweisungen für ihre Schuhheizung herstellen ließ, die Bestandteil der bisher von der betreibenden Partei vertriebenen Schuhheizung mit der Bezeichnung "H*****" sind, und daß diese nunmehr beinahe identisch und unter Verwendung der Fertigungsunterlagen der betreibenden Partei vom Tochterunternehmen der verpflichteten Partei, der Fa. S*****, auf Veranlassung der verpflichteten Partei nachgebaut wird.

Über die verpflichtete Partei wird deshalb eine Geldstrafe von S 40.000 verhängt."

Die Kosten der betreibenden Partei werden für den Strafantrag vom 24. 9. 1998 mit S 1.546,20 (darin S 257,70 USt) und für den Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit S 21.375 (darin S 3.562,50 USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an den Obersten Gerichtshof selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Parteien haben am 15. 6. 1998 folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen: "Die beklagte Partei verpflichtet sich, bei sonstiger Exekution ab sofort zu unterlassen, eine Schuhheizung unter Verwendung von von der klagenden Partei stammenden Fertigungsunterlagen (insbesondere Produktbeschreibungen, Produktionsvorschriften, Produktspezifikationen, Fertigungslisten, Zeichnungen, Aufstellung von Lieferanten), herzustellen oder herstellen zu lassen."

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13. 8. 1998 wurde zur Erwirkung dieser Unterlassung die Exekution bewilligt und über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von S 60.000 verhängt.

Die betreibende Partei beantragte am 25. 9. 1998 die Verhängung einer weiteren Geldstrafe von S 80.000 und brachte vor, die verpflichtete Partei habe neuerlich gegen den Exekutionstitel verstoßen, indem sie in der Zeit zwischen Einbringung des Exekutionsantrags vom 25. 6. 1998 bis zur Einbringung des Strafantrags Gebrauchsanweisungen für ihre Schuhheizung unter Verwendung von von ihr (betreibenden Partei) stammenden Fertigungsunterlagen habe herstellen lassen. Überdies habe die verpflichtete Partei im gleichen Zeitraum 6.000 Stück Nickel-Cadmium Batterien bezogen. Sowohl die Gebrauchsanweisungen als auch die genannten Batterien seien Bestandteil der bisher von ihr (betreibenden Partei) vertriebenen Schuhheizung die nunmehr beinahe identisch und unter Verwendung ihrer Fertigungsunterlagen von einer Tochterfirma der verpflichteten Partei auf deren Veranlassung nachgebaut werde.

Das Erstgericht bewilligte den Antrag und verhängte wegen dieser beiden Verstöße eine Geldstrafe von S 80.000, ohne auszusprechen, wie sie auf die beiden Verstöße aufzuteilen ist.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Partei Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluß insoweit ab, daß der Strafantrag wegen des Zuwiderhandelns durch den Bezug von Batterien abgewiesen wurde; im übrigen, also hinsichtlich des Herstellenlassens von Gebrauchsanweisungen, hob es den erstinstanzlichen Beschluß auf; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige in jedem Ausspruch (Entscheidungspunkt) S 260.000; der (ordentliche) Revisionsrekurs gegen den abändernden Ausspruch sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig, wohl aber derjenige gegen den aufhebenden Ausspruch. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob Inhaltsmängel in (weiteren) Beugestrafanträgen gemäß § 54 Abs 3 EO verbesserbar sind.

Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, mit dem Vorbringen der betreibenden Partei betreffend den Bezug von Nickel-Cadmium Batterien werde kein Verstoß gegen den Exekutionstitel behauptet. Der (bloße) Bezug von Batterien, möge sie auch für eine Schuhheizung verwendet werden, sei nach dem Exekutionstitel nicht verboten. Beugemaßnahmen seien daher in diesem Umfang nicht zulässig.

Das "Herstellen(lassen)" von Gebrauchsanweisungen für die Schuhheizung möge zwar für sich betrachtet ein isolierter Arbeitsvorgang sein. Er sei hier jedoch als Teil eines gesamten Produktionsprozesses zu sehen. Diese Sicht sei schon deshalb geboten, um Umgehungshandlungen zu vermeiden, die den Titel praktisch wertlos machen könnten. Eine Gebrauchsanweisungen sei - wie schon der Name sage - ein nicht unwesentlicher Teil des (Gesamt-)Produktes, dessen Herstellung untersagt sei.

Die Unterlassungsverpflichtung erfasse nicht nur persönliches Handeln des Verpflichteten, sondern auch das Handeln jener dritten Personen, die mit seinem Wissen von ihm Rechte ableiten, auf die er Einfluß nehmen und denen er die Unterlassungsverpflichtung überbinden kann. Hier mache die betreibende Partei geltend, daß die verpflichtete Partei die gebotene Aufsicht über und die Einflußnahme auf ihre Tochtergesellschaft unterlassen habe. Die betreibende Partei habe insoweit zutreffend einen weiteren Beugestrafantrag gestellt.

Dennoch sei die Sache noch nicht (abschließend) entscheidungsreif. Im Zuge der durch den Rekurs ermöglichten Prüfung in jede Richtung hin falle auf, daß im Antrag ausreichend konkretes Vorbringen hinsichtlich der Zeit des behauptetem Zuwiderhandelns fehle. Die allgemein gehaltene Angabe, die verpflichtete Partei habe zwischen 25. 6. 1998 und 25. 9. 1998 zuwidergehandelt, sei zu wenig konkret. Wegen dieses Inhaltsmangels sei der Strafantrag gemäß § 54 Abs 3 EO nicht sofort abzuweisen, sondern es sei ein Verbesserungsverfahren einzuleiten.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den abändernden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses ist nicht zulässig, weil die Beurteilung im Einzelfall, ob ein Verstoß gegen den Exekutionstitel vorliegt, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstellt (§ 78 EO, § 528 Abs 1 ZPO). Die Rekurse beider Parteien gegen den Aufhebungsbeschluß sind berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das im gerichtlichen Vergleich enthaltene Unterlassungsgebot erfaßt generell das Herstellen oder das Herstellenlassen einer Schuhheizung unter Verwendung von Fertigungsunterlagen, die von der betreibenden Partei stammen. Nach den maßgeblichen Tatsachenbehauptungen im Strafantrag, deren Richtigkeit nur über Impugnationsklage (§ 36 EO) des Verpflichteten zu überprüfen ist, nimmt die verpflichtete Partei die verbotene Herstellung selbst bzw durch ein Tochterunternehmen unter Verwendung von Fertigungsunterlagen, die von der betreibenden Partei stammen, vor; über das Herstellenlassen von Gebrauchsanweisungen hinaus läßt die verpflichtete Partei die vom Exekutionstitel erfaßte Schuhheizung durch ihr Tochterunternehmen herstellen. Damit wird aber jedenfalls ein Herstellen bzw Herstellenlassen im Sinn des Exekutionstitels behauptet.

Die Zuwiderhandlung ist auch hinsichtlich ihrer Zeit ausreichend beschrieben. Hiebei ist davon auszugehen, daß die bloß allgemeine Behauptung, es sei nach Wirksamwerden dem Unterlassungsgebot zuwidergehandelt worden, nicht ausreicht, weil sie dem Verpflichteten nicht ermöglicht, den behaupteten Verstoß sinnvollerweise mit einer Impugnationsklage zu bestreiten (SZ 55/6; RZ 1990/62 ua). Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor. Für die verpflichtete Partei ist eindeutig, in welchem Zeitraum sie welche Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel begangen haben soll. Eine nähere Spezifizierung ist hier (anders als etwa beim Vertrieb von Druckschriften in Trafiken, vgl MR 1989, 182) nicht erforderlich.

Daraus folgt aber auch, daß das Rekursgericht, was den weiteren geltend gemachten Verstoß gegen den Exekutionstitel betrifft, zu Unrecht den erstinstanzlichen Strafbeschluß aufgehoben hat. Bei dieser Sachlage war auf die vom Rekursgericht als erheblich relevierte Rechtsfrage der Verbesserungsfähigkeit von Strafanträgen bei der Unterlassungsexekution (§ 355 EO) überhaupt nicht einzugehen.

Es war somit insoweit der erstinstanzliche Beschluß wiederherzustellen, wobei wegen dieses Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel eine Geldstrafe von S 40.000 zu verhängen ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses der betreibenden Partei gründet sich auf § 74 EO. Die verzeichnete Pauschalgebühr wurde nicht zugesprochen, weil sie nicht zu entrichten war (Anm 4 zu TP4 GGG).

Die verpflichtete Partei ist zwar mit ihrem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes insoweit durchgedrungen, als die Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens verneint wurde; da im Ergebnis jedoch der von der betreibenden Partei beantragte Strafbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wurde, ist sie als unterlegen anzusehen, weshalb ihr keine Kosten zuzusprechen sind (§ 78 EO, §§ 40, 50 ZPO).

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