OGH 3Ob8/51

OGH3Ob8/5110.1.1951

SZ 24/6

Normen

ABGB §810
AußStrG §2
AußStrG §16
AußStrG §145
ABGB §810
AußStrG §2
AußStrG §16
AußStrG §145

 

Spruch:

Hat das Abhandlungsgericht einem präsumtiven Erben die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen und stellt sich sodann heraus, daß dieser Person kein Erbrecht zusteht, so hat das Abhandlungsgericht den vermeintlichen Erben von Amts wegen von der Verwaltung des Nachlasses zu entheben.

Entscheidung vom 10. Jänner 1951, 3 Ob 8/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Wolfsberg; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Im Hinblick auf das durch das Oberlandesgericht Graz und den Obersten Gerichtshof bestätigte rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes K. vom 10. August 1949, .. Cg ../48, mit welchem festgestellt wurde, daß das von der Erblasserin Antonia Th. am 22. Juli 1943 errichtete mündliche Testament gültig sei und daß dem Paul Th. auf Grund dieses Testamentes das Erbrecht zu dem Nachlaß der Antonia Th. zustehe, wurde vom Verlassenschaftsgericht der gemäß § 810 ABGB. als gesetzlicher Erbe zum Verwalter des Nachlasses bestellte Josef Th. von der Verwaltung enthoben, zum Verwalter des Nachlasses der Testamentserbe Paul Th. bestellt und dem Josef Th. aufgetragen, über seine Verwaltung Rechnung zu legen. Infolge Rekurses des Josef Th. bestätigte das Rekursgericht diesen Beschluß.

Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs des Josef Th. zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Josef Th. macht als Beschwerdegrunde Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Eine Nichtigkeit soll nach Meinung des außerordentlichen Revisionsrekurses darin gelegen sein, daß der Antrag des Paul Th., ihn als Testamentserben mit der einstweiligen Verwaltung des Nachlasses zu betrauen, den Josef Th. von der Verwaltung des Nachlasses zu entheben und diesem die Rechnungslegung aufzutragen, weder vom Antragsteller noch von einem bevollmächtigten Vertreter gefertigt worden sei.

Abgesehen davon, daß, wie bereits das Rekursgericht festgestellt hat, der Formmangel durch Nachbringung der Vollmacht und der Unterschrift des Bevollmächtigten verbessert wurde, welche Verbesserung den Mangel ex tunc beseitigt hat, hätte es zum Einschreiten des Verlassenschaftsgerichtes einer Antragstellung gar nicht bedurft. Das Verlassenschaftsgericht wäre vielmehr gemäß § 2 AußstrG. von Amts wegen verpflichtet gewesen, dem Josef Th., dem ein Erbrecht im Hinblick auf das als gültig erklärte mündliche Testament der Erblasserin, in welchem Paul Th. zum Universalerben des ganzen Nachlasses eingesetzt wurde, nicht zusteht, von der Verwaltung des Nachlasses nach § 810 ABGB. zu entheben, da nach dieser Gesetzesstelle nur einem Erben die Besorgung und Benützung des Nachlasses überlassen werden kann. Josef Th. ist aber nicht Erbe, sondern nur Legatar und könnte allenfalls als Noterbe nur Gläubiger des Nachlasses sein. Eine Nichtigkeit liegt daher nicht vor.

Die Beschwerdegrunde sind in § 16 Abs. 1 AußstrG. erschöpfend aufgezählt; in dieser Aufzählung kommt weder der Beschwerdegrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens noch der der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vor. Die Ausführungen des außerordentlichen Revisionsrekurses lassen auch nicht erkennen, daß dieser eine offenbare Gesetzwidrigkeit behauptet oder gegen welche ausdrückliche Gesetzesbestimmung der angefochtene Beschluß verstoßen sollte. Wenn auch jede offenbare Gesetzwidrigkeit als unrichtige rechtliche Beurteilung anzusehen ist, so begrundet doch nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung auch schon eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußstrG.; vielmehr gehört zum Begriffe der offenbaren Gesetzwidrigkeit, daß die der Beurteilung unterzogene Frage im Gesetze selbst ausdrücklich und in so klarer Weise gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Diese Voraussetzungen treffen bei dem angefochtenen Beschluß nicht zu.

Der § 810 ABGB., auf Grund dessen dem Revisionsrekurswerber seiner Ansicht nach die Verwaltung und Benützung des Nachlasses überlassen wurde, sieht keineswegs vor, daß die einmal verfügte Überlassung der Besorgung und Benützung des Nachlasses eine endgültige ist und nicht mehr widerrufen werden kann; gerade aus dem Umstand, daß nur dem Erben die Verwaltung und Benützung des Nachlasses überlassen werden kann, ergibt sich eindeutig, daß bei Wegfall der Erbeneigenschaft die Überlassung der Verwaltung des Nachlasses zu widerrufen ist.

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