OGH 3Ob84/08m

OGH3Ob84/08m8.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Claudia M*****, geboren ***** 1992 und des mj Rene M*****, geboren ***** 1995, infolge „Einspruchs" der Mutter Waltraud M*****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 8. Februar 2008, GZ 12 Nc 1/08a-3, womit die Übertragung der Pflegschaftssache AZ 1 P 156/07k des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien an das Bezirksgericht Klosterneuburg genehmigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.

Text

Begründung

Das im Instanzenzug übergeordnete Oberlandesgericht genehmigte die Übertragung der Pflegschaftssache zweier minderjähriger Geschwister an ein anderes Bezirksgericht, in dessen Sprengel sie dauerhaft in einem Heim untergebracht sind.

Innerhalb der Rekursfrist richtete die Mutter ein Schreiben an das Oberlandesgericht, das neben einem Antrag, ihr die Obsorge zu übertragen, die Erklärung enthält, einen „Einspruch" zu erheben. Das Oberlandesgericht legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über einen Rekurs der Mutter vor.

Rechtliche Beurteilung

Eine Entscheidung kann aber derzeit noch nicht erfolgen. Wenn sich auch aus dem genannten Schreiben der Mutter ergibt, dass sich diese gegen die Heimunterbringung der Kinder wendet, wird weder iSd § 47 Abs 2 AußStrG eine anzufechtende Entscheidung ausdrücklich genannt noch ein erkennbares Rekursbegehren iSd § 47 Abs 3 AußStrG deutlich. Es werden offenbar lediglich Einwände gegen einen Teil der Sachverhaltsschilderung im Genehmigungsbeschluss erhoben, von denen nicht erkennbar ist, inwiefern sie gegen die getroffene Entscheidung sprechen könnten.

Es wird daher das Oberlandesgericht - als Erstgericht - ein Verbesserungsverfahren durchzuführen haben, wodurch in erster Linie zu klären ist, ob die Mutter tatsächlich ein Rechtsmittel gegen den Übertragungsbeschluss erheben will. Bejahendenfalls wird sie zur Angabe von Rekursgründen anzuleiten sein.

Nur für den Fall, dass es sich bei ihrem Schreiben um einen Rekurs handelt, werden die Akten wieder dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein. Die Zustellung eines allfälligen Rekurses an die übrigen Parteien ist nicht erforderlich. Ein Beschluss nach § 111 Abs 2 JN, der eine Zuständigkeitsverschiebung bewirkt, ist zwar keine bloß prozessleitende Verfügung, aber auch kein Beschluss „über die Sache" iSd § 48 Abs 1 AußStrG und schon gar keiner „in der Sache". Wie sich aus den ErläutRV zum AußStrG (abgedruckt ua bei Fucik/Kloiber, AußStrG nach § 48 [185]) ergibt, soll § 48 Abs 2 AußStrG die Zweiseitigkeit im Wesentlichen analog zur ZPO regeln (s dazu auch 1 Ob 19/06k). Der Begriff Beschluss „über die Sache" umfasse neben den meritorischen Entscheidungen („in der Sache") auch zurückweisende Entscheidungen über einen Rechtsschutzantrag (6 Ob 80/06t; ebenso, aber Aufhebungsbeschlüsse über solche Entscheidungen einbeziehend, Fucik/Kloiber aaO § 45 Rz 2; Klicka in Rechberger, AußStrG § 45 Rz 3). Da ein - jedenfalls ein positiver - Genehmigungsbeschluss nach § 111 Abs 2 JN keine Sachentscheidung, aber auch keine Antragszurückweisung bedeutet und auch keinem der Fälle des § 521a ZPO ähnelt, ist das Rekursverfahren einseitig.

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