Normen
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §91
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1444
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §91
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1444
Spruch:
Ein Verzichtvertrag hinsichtlich des Unterhaltes der Ehefrau ist dann wirksam, wenn diese weder erwerbsunfähig ist noch des notwendigen Unterhaltes ermangelt.
Entscheidung vom 7. Jänner 1953, 3 Ob 779/52.
I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Das Erstgericht hat den Antrag der Klägerin, dem Beklagten einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 350 S ab 1. September 1952 aufzuerlegen, abgewiesen.
Dem dagegen seitens der Klägerin erhobenen Rekurs wurde vom Rekursgericht Folge gegeben und der erstrichterliche Beschluß dahin abgeändert, daß dem Beklagten die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 200 S ab 1. Oktober 1952 bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreites auferlegt wurde.
Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß der ersten Instanz wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Da es sich nicht um die Frage der Unterhaltsbemessung, sondern darum handelt, ob der Klägerin der Unterhalt dem Gründe nach zusteht, erscheint der Revisionsrekurs zulässig. Dieser ist aber auch in der Sache selbst begrundet.
Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, wonach der Ehegatte von der ihm nach § 91 ABGB. unbedingt auferlegten Unterhaltspflicht nicht befreit werden kann, da eine Aufgabe des Rechtes der Gattin auf Unterhalt durch Verzicht während des Bestandes der Ehe schon in Wahrung öffentlicher Interessen nicht möglich sei, wird zwar von der Lehre und älteren Rechtsprechung vertreten, konnte jedoch schon in einigen jüngeren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 375/50, 2 Ob 143/50) nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten werden. Der Oberste Gerichtshof hält weiterhin an dem in den vorzitierten Entscheidungen unter der Voraussetzung des Nichtbestandes einer häuslichen Gemeinschaftausgesprochenen Rechtssatz fest, daß ein sofort wirksamer Verzichtsvertrag hinsichtlich des Unterhaltes der Ehefrau dann möglich ist, wenn diese nicht erwerbsunfähig ist oder sonst nicht des notwendigen Unterhaltes ermangelt. Da nach den Feststellungen des Erstgerichtes die Ehegatten bisher überhaupt nicht in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, die Klägerin selbst berufstätig ist und monatlich 932 S verdient, weiters die Ehegatten die Vereinbarung getroffen haben, daß der Beklagte seiner Gattin bis zur gänzlichen Abzahlung seiner Schulden keinen Unterhalt zu leisten habe, steht der von der Klägerin auf unbestimmte Zeit abgegebene Unterhaltsverzicht, insolange dieser wirksam ist auch der Bestimmung eines einstweiligen Unterhaltes gemäß § 382 Z. 8 EO. entgegen. Sollte die Klägerin in der Folge behaupten, daß der Beklagte seine Schulden bereits abgezahlt habe, so müßte dies einer neuerlichen Antragstellung vorbehalten bleiben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)