OGH 3Ob71/92

OGH3Ob71/9226.8.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta„ Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V***** registrierte Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Otmar Pfeifer und Dr.Günther Keckeis, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die verpflichtete Partei Dr.Leo Häusler, Rechtsanwalt, Leibnitz, Schmiedgasse 30, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Helmut E*****, wegen 258.931 S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 9.Juni 1992, GZ 4 R 152/92-35 , womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 7.Februar 1992, GZ 11 E 4224/91-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit 13.051,80 S (darin 2.175,30 S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihrer Rekurse ON 17 und 25 selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Zug einer gegen den späteren Gemeinschuldner geführten Exekution wurden am 18.4.1990 im Pfändungsprotokoll unter der PZ 6 "ca 2000 Stück Marmorplatten Austria T 100" und unter der PZ 7 "ca 1500 m2 Marmor (a 30/30)" verzeichnet. Als voraussichtlich erzielbarer Erlös (Bleistiftwert) wurden gemäß § 563 Abs 2 Geo und P 69 Abs 1 DV jeweils 20.000 S angegeben. Am 24.4.1990 wurde zugunsten der hier eine Forderung von 258.931 S sA betreibenden Partei gemäß § 257 Abs 1 EO die Pfändung durch Anmerkung auf dem Pfändungsprotokoll, die auch die angeführten Postzahlen einschloß, vollzogen.

Der Masseverwalter beantragte am 31.7.1991 die Einstellung der Exekution "gemäß § 10 Abs 1 bzw § 12 Abs 2 KO" und brachte vor, daß es sich bei den im Pfändungsprotokoll verzeichneten Gegenständen "tatsächlich" um hochwertige griechische Marmorplatten, Marmorfliesen und Marmor-Slabs verschiedener, im Antrag näher bezeichneter Sorten handle. Der bei einer Versteigerung voraussichtlich zu erzielende Erlös und damit der Bleistiftwert betrage im Hinblick auf die Menge und den durchschnittlichen Verkaufspreis für die unter der PZ 6 gepfändeten Gegenstände rund 250.000 S und für die unter der PZ 7 gepfändeten Gegenstände rund 1,500.000 S. Die Pfändung könne daher bei dem im Pfändungsprotokoll angegebenen Bleistiftwert höchstens 30 Stück Marmorplatten und 20 m2 Marmorfliesen umfaßt haben. Da der Gesamtbestand höher sei, müsse eine Identifikation stattfinden, die jedenfalls in die Frist des § 10 Abs 1 KO falle und daher wirkungslos sei. Die betreibende Partei habe "demnach" an den PZ 6 und 7 des Pfändungsprotokolles kein Pfandrecht erworben, weil die Gegenstände nicht in einer Weise beschrieben worden seien, daß sie von gleichartigen Sachen unterschieden werden könnten.

Die betreibende Partei sprach sich gegen die Einstellung aus, weil die Gegenstände ausreichend beschrieben und damit wirksam vor dem Beginn der Frist des § 12 Abs 1 KO gepfändet worden seien.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang, nachdem es über Auftrag des Rekursgerichtes die Stellungnahme des mit der Pfändung befaßt gewesenen Gerichtsvollziehers eingeholt hatte, den Einstellungsantrag ab. Die gepfändeten Gegenstände seien im Pfändungsprotokoll ausreichend beschrieben worden, zumal die Marke bzw Größe der Marmorplatten angegeben worden sei. Die Verwendung des Wortes "cirka" sei nach dem Bericht des Gerichtsvollziehers darauf zurückzuführen, daß einzelne Fliesen zerbrochen gewesen seien; diese seien aber als unverkäuflich in das Pfändungsprotokoll nicht aufzunehmen gewesen.

Das Rekursgericht stellte infolge Rekurses der verpflichteten Partei die Exekution hinsichtlich der PZ 6 und 7 des Pfändungsprotokolles "gemäß § 39 EO" ein und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes bei beiden Postzahlen je 50.000 S übersteigt und der (gemeint: ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei. Gemäß § 253 Abs 1 EO müsse die Beschreibung der gepfändeten Gegenstände bei sonstiger Unwirksamkeit des Pfändungsvorgangs detailliert und genau sein. Die Sachen müßten mit den wesentlichen Merkmalen beschrieben werden, damit sie von gleichartigen Sachen unterschieden werden könnten und notfalls ihre Identität festgestellt werden könne. Hier habe die Beschreibung der Gegenstände diesen Bestimmtheitserfordernissen nicht entsprochen. Bei der in der PZ 6 verwendeten Bezeichnung "Austria T 100" handle es sich um keine Markenbezeichnung, sondern nur um die Bezeichnung von Verpackungseinheiten, weshalb angegeben werden hätte müssen, um wieviele Holzkisten (Paletten) es sich handelt. Bei der PZ 7 hätten dieselben Angaben gemacht oder die Anzahl der gepfändeten Fliesen angeführt werden müssen. § 39 EO sei sinngemäß anzuwenden, wobei vor allem § 39 Abs 1 Z 1 EO in Betracht komme.

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Eine mangelhafte Verzeichnung und Beschreibung des Pfandgegenstands hat auf die Gültigkeit der Pfändung keinen Einfluß, wenn nur kein Zweifel über die Identität des Pfandgegenstandes besteht (JBl 1987, 796). Die verpflichtete Partei hat in ihrem Einstellungsantrag Zweifel nicht über die Wesensart, sondern nur über die Menge der gepfändeten Gegenstände geltend gemacht. Auch sie betreffen zwar die Identität des Pfandgegenstandes. Die verpflichtete Partei leitet ihre Zweifel aber daraus ab, daß der vom Gerichtsvollzieher im Pfändungsprotokoll eingesetzte Bleistiftwert nicht dem halben Verkehrswert der gepfändeten Sachen entsprach. Der Bleistiftwert dient jedoch dazu, Überpfändungen zu vermeiden (P 69 Abs 1 DV; Heller-Berger-Stix II 1693 f). Er bildet daher keinen Teil der Beschreibung der Pfandgegenstände, die allein gemäß § 253 Abs 1 EO für den Umfang der Pfändung maßgebend ist, und hat deshalb hierauf keinen Einfluß. Daß auch die Verfasser der Geo und des Dienstbuchs für Vollstrecker, den Beistiftwert zumindest nicht als notwendigen Bestandteil der Beschreibung ansahen, ergibt sich aus § 563 Abs 2 Geo und P 69 Abs 1 DV, wonach der Bleistiftwert im Pfändungsprotokoll nur "wenn möglich" einzusetzen und sonst das Wort "Fachschätzung" einzutragen ist.

Das Erstgericht hat in seinem Beschluß allerdings auch geprüft, ob die Einstellung wegen sonstiger Mängel in der Beschreibung der im Pfändungsprotokoll verzeichneten Gegenstände gerechtfertigt ist. Aus diesem Grund war das Rechtsschutzbedürfnis der verpflichteten Partei selbst dann gegeben, wenn man davon ausgeht, daß sie die Einstellung aus diesem Grund gar nicht beantragt hat (SZ 62/120). Der erkennende Senat ist aber ebenso wie das Erstgericht der Meinung, daß die Beschreibung noch ausreichend war. Um die Arbeit des Gerichtsvollziehers nicht in ungerechtfertigter Weise zu behindern, darf bei der Lösung dieser Frage kein allzu strenger Maßstab angelegt werden. Es kommt in erster Linie darauf an, ob der Verpflichtete die Identität der Gegenstände, die gepfändet werden sollten, eindeutig erkennen konnte. Ferner ist für die Frage der Identifizierbarkeit der im Pfändungsprotokoll verzeichneten Gegenstände die Anbringung von Pfändungsmarken von Bedeutung. Diese Anbringung ist zwar nicht Voraussetzung dafür, daß ein exekutives Pfandrecht erworben wird (Heller-Berger-Stix II 1693), sie dient aber gerade für die spätere Identifizierung der gepfändeten Gegenstände (Heller-Berger-Stix II 1736).

Unter den dargestellten Gesichtspunkten ist entgegen der von der verpflichteten Partei in ihren Rechtsmitteln vertretenen Auffassung auch im Fall der Pfändung von Marmorplatten oder Marmorfliesen die Angabe ihrer Anzahl oder Menge im allgemeinen ausreichend. Der Angabe der Bezeichnung, die für die Platten oder Fliesen im Handel verwendet wird, bedarf es hingegen nicht, zumal sie dem Gerichtsvollzieher mangels ausreichender Fachkenntnisse oft nicht zugemutet werden kann. Die Beschreibung der unter der PZ 6 verzeichneten Gegenstände entspricht daher ohnedies den Erfordernissen. Daß die Menge nur mit "ca" angegeben wurde, schadet nicht, weil vom Gerichtsvollzieher nicht verlangt werden kann, daß er eine große Anzahl gleichartiger Sachen genau zählt. Selbst wenn es sich bei der im Pfändungsprotokoll angeführten Bezeichnung "Austria T 100" nur um die Bezeichnung von Verpackungseinheiten handelt, könnte die der Pfändung unterworfene Anzahl der Marmorplatten auf Grund der zahlenmäßig bezeichneten Menge festgestellt werden, zumal davon ausgegangen werden kann, daß der Verpflichtete die Verpackungen nicht beseitigt oder auch nur öffnet.

Bei der PZ 7 kann sich die Angabe "30/30" nur auf die Größe der gepfändeten Gegenstände beziehen, wobei als Maßeinheit offensichtlich Zentimeter gemeint waren. Auf diese Weise läßt sich aber im Zusammenhang mit der Flächenangabe die Anzahl der gepfändeten Gegenstände errechnen. Auch hier schadet es nicht, daß bei der Angabe der Fläche das Wort "ca" verwendet wurde. Die schon im Einstellungsantrag der verpflichteten Partei zum Ausdruck kommende und im Rekurs vom 13.3.1992 ausdrücklich aufgestellte Behauptung, daß zur Zeit der Pfändung eine entsprechende Anzahl von Marmorfliesen nicht vorhanden gewesen sei, ist nicht zielführend, weil dies nichts daran ändern kann, daß alle zur Zeit der Verzeichnung im Pfändungsprotokoll vorhandenen Fliesen gepfändet sind. Zu all dem kommt noch, daß, wie sich aus dem Einstellungsantrag ergibt, für die verpflichtete Partei auf Grund der Beschreibung nie Zweifel an der Identität der gepfändeten Gegenstände bestanden. Die durch den Bleistiftwert verursachten Zweifel sind jedoch, wie schon erwähnt wurde, ohne Bedeutung.

Wenngleich dem Rekursgericht darin beizupflichten ist, daß es vorteilhaft gewesen wäre, wenn der Gerichtsvollzieher auch die Anzahl der Pakete angegeben hätte, in denen sich die gepfändeten Gegenstände befanden, so war dies doch nicht unerläßlich, um gemäß § 253 Abs 1 EO durch die Verzeichnung und Beschreibung im Pfändungsprotokoll die Pfändung zu bewirken. Es kommt somit die Einstellung aus diesem Grund nicht in Betracht, weshalb nicht näher erörtert werden muß, ob eine mangelhafte Beschreibung der gepfändeten Gegenstände überhaupt einen Grund für die Einstellung der Exekution bildet.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 74 EO, jener über die Kosten der Rekurse der verpflichteten Partei in zwei Rechtsgängen auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

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