Spruch:
Ansprüche auf Rückgabe der Verpackung, Zahlung von vertraglich vereinbarter Sackmiete u. dgl. sind Nebenansprüche der Entgeltsforderung und verjähren in gleicher Frist wie diese.
Entscheidung vom 24. März 1958, 3 Ob 71/58.
I. Instanz: Bezirksgericht Baden; II. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt.
Text
Die Klägerin hat dem Beklagten in den Jahren 1950 und 1951, als er noch Inhaber einer Garage in Baden war, bei der Lieferung von Öl 15 Gebinde (8 Fässer oder Drums, 6 Kannen und Kanister und einen sogenannten Hobbock) zur Verfügung gestellt und bis heute nicht zurückerhalten. Die Klägerin hat deshalb mit der am 13. Februar 1956 eingebrachten, dem Beklagten am 10. März 1956 zugestellten Klage den Betrag von 2340 S an sogenannter Leihmiete (einheitlich mit 5 S pro Gebindestück und Monat) für die letzten drei Jahre vor Klagseinbringung, sodann bei der mündlichen Streitverhandlung vom 6. Februar 1957 in Erweiterung des Klagebegehrens noch 1600 S aus dem Titel des Schadenersatzes an Wertersatz für die laut Erklärung des Beklagten nicht mehr rückstellbaren Gebinde begehrt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es stellte den Wortlaut der auf der Rückseite jeder der übersandten Fakturen abgedruckten "Emballagebedingungen" wie folgt fest:
"Leihweise beigestellte Gebinde sind sofort nach Entleerung, spätestens jedoch zwei Monate nach der Bahnstation Wien-Nordwestbahnhof franko und spesenfrei zu retournieren, auch dann, wenn frachtfrei Lieferung vereinbart wurde.
Nach drei Monaten, vom Tag der Lieferung an gerechnet, sind wir (das ist die Klagsfirma) berechtigt, den vollen Gebindewert einheben zu lassen".
Das Erstgericht vertrat die Auffassung, daß 1. die von der Klägerin begehrte "Leihmiete" in den den Geschäften der Parteien unbestrittenermaßen zugrunde liegenden Verkaufsbedingungen ("Emballagebedingungen") nicht vorgesehen sei und 2. das Schadenersatzbegehren verjährt sei, wobei diese Verjährung aus zwei Gründen, nämlich einerseits wegen Verstreichens von drei Jahren seit der in den Emballagebedingungen erwähnten Dreimonatefrist, andererseits auch nach § 1489 ABGB. deshalb anzunehmen sei, weil die Gebinde schon vor mehr als drei Jahren beim Beklagten nicht mehr vorhanden waren.
Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab,
daß der klagenden Partei ein Verzögerungsschaden (Leihmiete) für den
begehrten Zeitraum von drei Jahren für 8 Fässer a 5 S monatlich =
1440 S, für 7 Kannen und Kanister a 2 S 50 g monatlich = 630 S und
an Wertersatz für 8 Fässer a 150 S = 1200 S, für 6 Kannen a 70 S =
420 S, schließlich für einen Hobbock 53 S, zusammen daher 1673 S, hievon an Wertersatz begehrt 1600 S, insgesamt demnach ein Schadensbetrag von 3670 S, zugesprochen, das Mehrbegehren jedoch abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht vertrat den Standpunkt, die klagende Partei sei nach den Emballagebedingungen berechtigt, nach drei Monaten, also bei Fristüberschreitung mit der Rückstellung der Gebinde (Erfüllungsverzug des Käufers), "den vollen Gebindewert einheben zu lassen". Dieses Recht der klagenden Partei sei kein Schadenersatzanspruch, sondern beruhe auf einer rein vertraglichen Vereinbarung, deren Geltendmachung der Lieferfirma freistehe und durch deren Erfüllung der Käufer nach der Regel des § 980 ABGB. noch nicht Eigentum an den Gebinden erwerbe.
Der Anspruch der Klägerin sei ein Anspruch auf Vertragserfüllung, die Verjährungszeit betrage 30 Jahre und nicht bloß drei Jahre. Werde das erkannt und daß der zweite Satz der Emballagebedingungen bloß eine der Klägerin eingeräumte Ermächtigung darstelle, von der sie Gebrauch machen könne oder nicht, dann könne auch nicht die Rede davon sein, daß die Rechte der Klägerin in den Emballagebedingungen erschöpfend geregelt werden sollten. Die von den Parteien, vom Sachverständigen und vom Erstrichter als "Leihmiete" bezeichnete Entschädigung sei nicht Mietzins, noch weniger "ein dem Kaufpreis des Hauptgeschäftes gleichzusetzendes Nebenentgelt", sondern Schadenersatz, und zwar ein nach dem gerichtsbekannten Handelsbrauch der Höhe nach pauschalierter Schadenersatz, den die Klägerin als Verzugsschaden geltend machen könne. Dieser Anspruch sei ebensowenig verjährt wie das Wertersatzbegehren, das in drei Jahren erst von dem Tage an verjähren könnte, in dem sich herausstelle, daß die Rückstellung unmöglich sei. Es könne auch nicht gesagt werden, daß sich die Begehren nach Schadenersatz wegen verzögerter Rückstellung und nach Schadenersatz wegen Unmöglichkeit der Rückstellung nicht zeitlich überschneiden dürften. Die Geltendmachung beider Ansprüche nebeneinander sei nicht sittenwidrig.
Der Oberste Gerichtshof stellte das Urteil des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Gemäß § 1486 ABGB. verjährt die Gegenleistung für Leistungen der in Z. 1 angeführten Arten, nämlich für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstigen Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb, in drei Jahren. Ansprüche auf Rückgabe der Verpackung, Zahlung von vertraglich vereinbarter Sackmiete u. dgl. sind Nebenansprüche der Entgeltsforderung und verjähren in gleicher Frist wie diese. Da nach den Emballagebedingungen leihweise beigestellte Gebinde spätestens zwei Monate (ab Lieferung) nach der Bahnstation Wien-Nordwestbahnhof franko und spesenfrei zu retournieren sind, kommt als Zeitpunkt des Beginnes der Verjährung nicht der Zeitpunkt der Lieferung, sondern jener der Fälligkeit des Anspruchs in Betracht. Wird nun von den von der klagenden Partei nicht angefochtenen Feststellungen des Erstgerichtes ausgegangen, daß die letzte Lieferung am 19. Oktober 1951 stattgefunden hat, ist der Zeitpunkt des Verjährungsbeginnes spätestens mit 19. Dezember 1951 anzunehmen. Zufolge der in der bezogenen Gesetzesstelle normierten Triennalverjährung Waren daher alle Ansprüche der klagenden Partei auf Rückstellung der Gebinde ab 20. Dezember 1954 verjährt (§§ 902, 903 ABGB.). Es handelt sich immer um eine Forderung für Lieferung von Sachen, die diesen Charakter nicht verliert, wenn hierüber eine besondere Absprache erfolgt. Für die Lieferung des Öls kann der Lieferant nicht nur den Kaufpreis des Öls, sondern auch die Rückstellung der Emballage fordern. Abzustellen ist dann auf diesen Rückstellungsanspruch und auf den Eintritt der Fälligkeit desselben. Ob aus diesem Rückstellungsanspruch ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Verzögerung oder wegen Nichterfüllung abgeleitet werden kann oder abgeleitet wird, ist nicht entscheidend. Ist der Rückstellungsanspruch verjährt und kann er nicht mehr geltend gemacht werden, dann kann auch ein daraus abgeleiteter Schadenersatzanspruch mit der Klage nicht mehr geltend gemacht werden.
Da gegen den geltend gemachten Ersatzanspruch für die nicht mehr
vorhandenen Gebinde im Betrage von 1600 S ausdrücklich Verjährung
eingewendet wurde, mußte darauf Bedacht genommen werden, daß mit den
Entgeltsforderungen samt Nebenansprüchen in ihrem ursprünglichen
Bestand auch die Ersatzforderungen wegen Nichterfüllung oder
verspäteter Erfüllung der kurzfristigen, ab Fälligkeit des
Anspruches laufenden Verjährung des § 1486 ABGB. unterliegen. Auf
Grund der dargelegten rechtlichen Beurteilung kann daher die Frage unerörtert bleiben, ob im Hinblick auf das nach den Emballagebedingungen der klagenden Partei vorbehaltene Recht, nach drei Monaten ab Lieferung den vollen Gebindewert einheben zu lassen, mit dem Begehren auf Wertersatz für die nicht mehr vorhandenen Gebinde ein Anspruch auf Schadenersatz nach allgemeinen Grundsätzen oder ein gleichfalls der Triennalverjährung (§ 1489 ABGB.) unterliegender Anspruch auf eine Vertragsstrafe (§ 1336 ABGB.) geltend gemacht wird. Da sohin zur Zeit der Klagseinbringung (18. Februar 1956) der Anspruch der klagenden Partei zufolge eingetretener Verjährung der vertragsmäßigen Ansprüche auf Rückgabe der Gebinde (§ 1486 ABGB.) bereits untergegangen war, ist die Abweisung des Klagebegehrens seitens des Erstgerichtes aus rechtlichen Gründen im Ergebnis zutreffend erfolgt.
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