OGH 3Ob700/54

OGH3Ob700/549.2.1955

SZ 28/36

Normen

Handelsagentengesetz §1
Handelsagentengesetz §29
HGB §383
Handelsagentengesetz §1
Handelsagentengesetz §29
HGB §383

 

Spruch:

Anwendung des Handelsagentengesetzes auf einen Vertreter, der die Geschäfte im Namen und auf Rechnung seines "Generalvertreters" abschließt.

Entscheidung vom 9. Februar 1955, 3 Ob 700/54.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger behauptete, als selbständiger Handelsvertreter in der Zeit vom 8. Jänner bis 30. Juni 1953 vom Beklagten mit der Vermittlung und Abschließung von Handelsgeschäften betraut gewesen zu sein. Der Beklagte sei Generalvertreter der Firma Brüder K. und der Firma B. gewesen. Der Kläger habe während seiner Tätigkeit als Subvertreter für den Beklagten diesem zahlreiche Betriebe zugeführt und Geschäfte vermittelt. Er sollte eine Provision von 4 bis 6% je nach der Ware ohne Bezugnahme auf die eigene Provision des Beklagten erhalten. Die Geschäfte habe der Kläger im Namen und auf Rechnung des Beklagten geführt, der Beklagte habe dann seine Aufträge in seinem eigenen Namen an seine Auftraggeber weitergegeben. Mit Schreiben vom 11. August 1953 habe der Beklagte ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne daß den Kläger ein Verschulden treffe, das Vertreterverhältnis mit Wirkung vom 30. Juni 1953 gelöst. Der Kläger begehre daher gemäß § 25 HAG. eine angemessene Entschädigung, die er nach der monatlichen Durchschnittsprovision von 223 S 71 g mit dem Klagsbetrag als angemessen bezeichnet.

Der Beklagte gab die Beschäftigung des Klägers als Subvertreter bis 30. Juni 1953 als richtig zu, vertrat jedoch den Rechtsstandpunkt, daß das Handelsagentengesetz auf den Kläger als Subvertreter keine Anwendung finden könne. Außerdem sei mit dem Kläger nur ein Probemonat vereinbart, aber kein Vertrag abgeschlossen worden. Nur auf besonderes Bitten des Klägers habe er ihm auch nach Beendigung des Probemonates Gelegenheit gegeben, sich zu bewähren, der Kläger habe aber auch in der Folgezeit keine nennenswerten Aufträge hereingebracht. Bei einem großen Teil der vom Kläger angegebenen Kunden handle es sich um alte Kunden des Beklagten, nur etwa ein Drittel des Gesamtumsatzes sei auf neue, vom Kläger gebrachte Kunden entfallen. Auch deshalb finde § 25 HAG. keine Anwendung. Überdies sei der Kläger auch den Auftraggebern des Beklagten gegenüber als Subvertreter aufgetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß das Handelsagentengesetz auf den Kläger als Subvertreter des Beklagten keine Anwendung finde, der Kläger daher keine Ansprüche nach § 25 dieses Gesetzes stellen könne.

Der dagegen seitens des Klägers erhobenen Berufung wurde Folge gegeben, das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht führte hiezu in rechtlicher Hinsicht aus, daß dann, wenn der Kläger tatsächlich als selbständiger Agent im Namen des Beklagten Aufträge gesammelt habe, mag dieser auch dann seinerseits die Aufträge an die Firma Brüder K. bzw. B. weitergegeben haben, wenn also der Beklagte nach außen als Geschäftsherr aufgetreten wäre und in dessen Namen und auf dessen Rechnung der Kläger Geschäfte vermittelt oder abgeschlossen habe, die Bestimmungen des Handelsagentengesetzes auf dieses Rechtsverhältnis Anwendung zu finden hätten. Nicht die Gleichheit der wirtschaftlichen Zielsetzung entscheide, sondern die Verschiedenheit der rechtlichen Situation. Auf diesem Standpunkt stehe auch das deutsche Handelsgesetzbuch in seinem 7. Abschnitt des 1. Buches (Gesetz vom 6. August 1953 RGBl 1953 I Nr. 45, S. 771), da es im § 84 Abs. 3 ausdrücklich besagt, daß Unternehmer auch ein Handelsvertreter sein kann; daher gelten die dem § 25 HAG. entsprechenden Bestimmungen des § 89b auch zugunsten des Handelvertreters, dessen Unternehmer ebenfalls Handelsvertreter ist. Das Erstgericht habe jedoch, von seiner unrichtigen Rechtsansicht ausgehend, keine Beweise über die vom Kläger angeführten erheblich scheinenden Tatsachen durchgeführt. Das Erstgerichtliche Verfahren sei daher mangelhaft geblieben (§ 496 Abs. 1 Z. 2 und 3 ZPO.).

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wenn das Berufungsgericht bei Richtigkeit der klägerischen Behauptung, daß dieser im Namen und für Rechnung des Beklagten Geschäfte vermittelt bzw. abgeschlossen hat, mag dieser die Aufträge dann auch seinerseits an andere Firmen weitergegeben haben, die Bestimmungen des HAG. für anwendbar erklärt, so ist seine rechtliche Beurteilung schon aus der Erwägung richtig, daß dem Beklagten dann, wenn der Kläger in seinem Namen und auf seine Rechnung Geschäfte vermittelt bzw. abgeschlossen hat, seinen eigenen Auftraggebern gegenüber die Rechtsstellung eines Kommissionärs, nicht aber die eines Handelsagenten zukommt und der Kläger folgerichtig nicht Subagent der Auftraggeber des Beklagten, sondern Agent des Beklagten war. Der Agent des Kommissionärs ist jedoch keinesfalls Subagent.

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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