OGH 3Ob682/52

OGH3Ob682/5230.4.1953

SZ 26/117

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §37
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §905
Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch §244
Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch §311
Zivilprozeßordnung §226
Zivilprozeßordnung §482
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §37
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §905
Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch §244
Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch §311
Zivilprozeßordnung §226
Zivilprozeßordnung §482

 

Spruch:

Ausländische Zwangsmaßnahmen sind von den inländischen Gerichten auch dann nicht zu beachten, wenn das Rechtsverhältnis dem Recht des Eingriffsstaates unterliegt, sofern durch den Eingriff die Interessen eines inländischen Gläubigers berührt werden.

Bei einem im Ausland gelegenen Zahlungsort, an dem vereinbarungsgemäß in Auslandswährung effektiv zu zahlen ist, kann der Gläubiger Verurteilung auf Auszahlung in Heimwährung im Inland verlangen, wenn Devisen- oder Transfervorschriften der vertragsmäßigen Erfüllung entgegenstehen.

Die Abgabe der Erklärung, sich nicht auf eine bestimmte Währung festlegen zu wollen, kann trotz des Neuerungsverbotes auch noch im Rechtsmittelverfahren abgegeben werden.

Entscheidung vom 30. April 1953, 3 Ob 682/52.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Im Jahre 1930 hat Max Q. die K.-Drogerie in München käuflich erworben. Im endgültigen Kaufvertrag sind als Käufer Max Q. und sein Sohn Dr. Hans Q. genannt. Max Q. war mit Irma Q., der Erstklägerin, verheiratet und hatte zwei eheliche Kinder, Dr. Hans Q. und Dora Q., verehelichte M. Max Q. starb am 31. Mai 1941. Die Drogerie wurde nach seinem Tod von dem Sohn Dr. Hans Q. und nach dessen Einberufung zum Militärdienst von dessen Ehegattin, Gertrude Q., fortgeführt. Doktor Hans Q. starb am 16. April 1944 ohne Hinterlassung von Nachkommen. Die Tochter des Max Q., Dora M., ist am 13. März 1942 gestorben. Sie hinterließ drei eheliche Kinder, die Kläger 2 bis 4, die von ihrem Vater Dr. Rudolf M. vertreten werden. Die K.-Drogerie in München wurde nach dem Tod des Dr. Hans Q. von seiner Witwe Gertrude Q. bis zu ihrem Ableben am 12. Juni 1946 weitergeführt. Gertrude Q. hatte keine Kinder, sie wurde von ihren vier Geschwistern, den vier Beklagten, beerbt.

Die klagenden Parteien machen Ansprüche gegen die Beklagten als Erben nach Gertrude Q. auf Anteile an Substanz und Gewinn der Drogerie in München unter Hinweis darauf geltend, daß nach dem Tod des Max Q. auf Grund eines Testamentes nur ein Drittel des Nachlaßvermögens dem Dr. Hans Q. zugefallen wäre, während die beiden anderen Drittel der Erstklägerin und ihrer Tochter Dora M. zugekommen wären. Demgemäß erhebt die Erstklägerin Anspruch auf ein Drittel, die Kläger 2 bis 4 auf je ein Neuntel Anteil an Substanz und Gewinn der Drogerie.

Die klagenden Parteien begehren auf Grund dieses Anspruches Rechnungslegung seit 1. Juni 1941, Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Auszahlung von Gewinnanteilen.

Die Erstklägerin Irma Q. begehrte in ihrer Klage außerdem die Rückzahlung eines Betrages von 43.054.75 S, den sie in den Jahren 1939 und 1940 als Darlehen der Drogerie zu Investitionszwecken zuhanden ihres Ehegatten übergeben habe.

In der Verhandlung vom 17. Feber 1949 stellte die Erstklägerin ferner das Eventualbegehren auf Zahlung einer monatlichen Rente von 360 S ab 1. Juni 1941; sie hat dieses, die auch nach der Urteilsfällung fällig werdenden Rentenbeträge umfassende Begehren in der Verhandlung vom 18. Juni 1951 für die Zeit ab 1. Juli 1951 auf 600 S monatlich erhöht.

Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern über ihre Anteile an Substanz und an Gewinn der K.-Drogerie in München für die Zeit seit 1. Juni 1941 Rechnung zu legen, ein diesbezügliches Vermögensverzeichnis vorzulegen und einen Eid dahin zu leisten, daß diese Angaben vollständig und richtig seien und daß von diesem Vermögen nichts verschwiegen wurde.

Das weitere Klagebegehren auf Auszahlung von Gewinnanteilen, das von allen vier Klägern gestellt wird, sowie das von der Erstklägerin allein gestellte Klagebegehren auf Rückzahlung des Darlehens in der Höhe von 43.054.75 S und ihr Eventualbegehren auf Zahlung monatlicher Renten von 360 S ab 1. Juni 1941 und von 600 S ab 1. Juli 1951 wies das Erstgericht ab.

Das Erstgericht nahm trotz gegenteiliger Eintragungen im Handelsregister in München in rechtlicher Hinsicht an, daß zwischen dem Vater Max Q. und seinem Sohn Dr. Hans Q. kein Gesellschaftsverhältnis bestanden habe, daß das "Gesellschaftsvermögen" an der Drogerie im Alleineigentum des Vaters Max Q. gestanden sei und daß dieses Vermögen daher zu je einem Drittel an die Erstklägerin, an Dr. Hans Q. und an Dora M. übergegangen sei. In diesem Zusammenhang erklärte das Erstgericht auch eine von dem Bevollmächtigten der Erstklägerin und ihrer verstorbenen Tochter Dora M., Justizrat Dr. Fritz T., vor dem Registergericht in München abgegebene Erklärung, damit einverstanden zu sein, daß das Geschäftsvermögen (die Drogerie) von Doktor Hans Q., "auf den das gesamte Gesellschaftsvermögen übergegangen ist", fortgeführt werde, nicht als bedeutsam, insbesondere deshalb weil Justizrat Dr. Fritz T. mangels einer Spezialvollmacht zu einer Verzichtserklärung nicht legitimiert gewesen sei.

Aus diesen Erwägungen erachtete das Erstgericht das auf Rechnungslegung sowie auf Manifestation gerichtete Klagebegehren für begrundet.

Das Begehren auf Zahlung der Gewinnanteile wies das Erstgericht nur aus formalen Gründen wegen Unbestimmtheit ab.

Bei der Abweisung der von der Erstklägerin allein gestellten Ansprüche ließ sich das Erstgericht von folgenden Erwägungen leiten. Es nahm als erwiesen an, daß die Erstklägerin mit ihrem Sohn Dr. Hans Q. nach dem Tode ihres Gatten im Jahre 1941 in München die Umwandlung der Darlehensschuld im Betrage von 43.054.75 RM in eine Rentenschuld von 120 RM monatlich vereinbart habe, daß daher der Klägerin nur ein Anspruch auf eine Rente ab 1942 auf Lebensdauer zustunde. Trotzdem wies das Erstgericht auch das in der Verhandlung am 17. Feber 1949 gestellte und dann in der Verhandlung am 18. Juni 1951 erweiterte Rentenbegehren ab, weil die Klägerin nur Reichsmark und seit dem Wirksamkeitsbeginn des deutschen Umstellungsgesetzes (Nr. 63 von 1948) nur DM, nicht aber Schillinge begehren könne. Eine Rentenleistung, die in Reichsmark oder DM geschuldet werde, könne nicht gegen den Willen der Parteien in Schillingen erbracht werden. Der Zuerkennung eines Rentenbezuges in Schillingen stunde auch Unmöglichkeit der Leistung entgegen, da nach einer Auskunft der Oesterreichischen Nationalbank vom 11. Feber 1952 Renten, die nicht auf einem Arbeitsvertrag beruhten, aus Westdeutschland nicht nach Österreich überwiesen werden könnten.

Gegen das Ersturteil erhoben sowohl die Kläger als auch die Beklagten Berufung. Die Kläger nahmen in ihrer Berufungsschrift eine Richtigstellung des die Auszahlung der Gewinnanteile betreffenden Klagebegehrens vor, die Erstklägerin stellte in der Berufungsschrift ein weiteres Eventualbegehren, nämlich die Beklagten schuldig zu erkennen, "der Erstklägerin eine monatliche Rente von 120 D-Mark ab 1. Juni 1941 zu bezahlen, welche auf das Privatkonto der Erstklägerin bei der Bayrischen Vereinskasse in München allmonatlich im vorhinein einzuzahlen ist."

Das Berufungsgericht wies die Richtigstellung und das im Berufungsverfahren erhobene Eventualbegehren mit Beschluß als unzulässig zurück, gab der Berufung der Kläger nicht Folge und änderte infolge der Berufung der Beklagten das Urteil des Erstgerichtes in der Weise ab, daß es auch das Begehren auf Rechnungslegung und das Manifestationsbegehren abwies.

Das Berufungsgericht beurteilte die rechtlichen Beziehungen zwischen Max Q. und seinem Sohn Dr. Hans Q. als den Bestand einer offenen Handelsgesellschaft. Es nahm an, daß mangels einer Vereinbarung über die Fortsetzung der offenen Handelsgesellschaft nach dem Tode des Max Q. die Gesellschaft gemäß § 131 HGB. aufgelöst worden sei und daß auf Grund der von dem Bevollmächtigten der Irma Q. und der Dora M. abgegebenen Erklärung an Stelle einer Liquidation die Geschäftsübernahme durch den überlebenden Gesellschafter Dr. Hans Q. vereinbart worden sei. Der Umfang der Vollmacht des Dr. Fritz T. sei nach deutschem Recht zu beurteilen, seine vor dem Registergericht abgegebenen Erklärungen hätten daher keiner Spezialvollmacht bedurft.

Was das Rentenbegehren der Erstklägerin betrifft - die Abweisung des Darlehensbegehrens wurde von ihr mit Berufung nicht bekämpft -, so nahm das Berufungsgericht gleich dem Erstrichter eine Rentenvereinbarung auf Lebensdauer zugunsten der Erstklägerin an. Es nahm weiter an, daß die Rentenforderung in München zu erfüllen sei und daß es sich darum um eine Forderung in effektiver ausländischer Währung handle. Gemäß § 3 des Devisengesetzes könnte über eine solche Forderung aber nur mit Bewilligung der Nationalbank verfügt werden. Das Erfordernis der Zustimmung könne nicht dadurch umgangen werden, daß nunmehr an Stelle der Zahlung in effektiver Fremdwährung, Zahlung in österreichischen Schilling verlangt werde.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Zweit- bis Vierkläger keine, hingegen der der Erstklägerin zum Teil Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen in ihren Aussprüchen über das Eventualbegehren auf Zahlung einer monatlichen, auf Schilling lautenden Rente auf und trug dem Prozeßgericht im Umfange der Aufhebung die neuerliche Verhandlung und Entscheidung auf. Im übrigen wurde der Revision der Erstklägerin nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revision kommt, soweit sie sich gegen die Abweisung des Begehrens aller vier Kläger auf Rechnungslegung und Manifestation sowie auf Zahlung von Gewinnanteilen richtet, Berechtigung nicht zu. Die von der Revision geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht ist nicht von den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes abgewichen, sondern hat nur den auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes gewonnenen Sachverhalt anders beurteilt. Diese Beurteilung ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes frei von Rechtsirrtum. Den rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes bleibt nur noch beizufügen, daß auch die Annahme, daß die Drogerie zum Gesellschaftsvermögen gehört hat - eine Annahme, von der das Berufungsgericht, ohne sie ausdrücklich zu erwähnen, ausgeht - gebilligt werden muß; nicht nur deshalb, weil nach dem Inhalt des endgültigen Kaufvertrages die Drogerie von den beiden Gesellschaftern, Vater und Sohn Q., gemeinsam erworben wurde, sondern vor allem deshalb, weil die Drogerie den Betriebsgegenstand der in das Handelsregister eingetragenen offenen Handelsgesellschaft gebildet hat. Die Revision bringt gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes im wesentlichen nichts anderes vor, als daß nach § 311 DBGB. zur Übergabe "der Vermögenssubstanz der Drogerie" an die offene Handelsgesellschaft eine gerichtliche oder notarielle Beurkundungerforderlich gewesen wäre, und daß die Frage, ob für die von Justizrat Dr. Fritz T. abgegebene Erklärung gegenüber dem Registergericht die ihm erteilte Vollmacht genügt oder es hiezu einer Sondervollmacht bedurft hätte, nach österreichischem Recht zu lösen sei. Beide Behauptungen sind verfehlt. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 311 DBGB. liegen nicht vor, weil Max Q. nicht sein ganzes Vermögen oder einen Teil davon in die offene Handelsgesellschaft eingebracht hat. Und die Beantwortung der Frage nach dem Umfang einer Vollmacht richtet sich nach dem Geschäftsstatut, also nach dem Recht, das an dem Ort des vom Vertreter vorgenommenen Geschäftes gilt. Nach denGrundsätzen des Geschäftsstatutes ist daher die Frage des Umfanges der Vollmacht nach deutschem Recht zu beurteilen, gleichviel, ob man die dem Registergericht abgegebene Erklärung als eine erbrechtliche odergesellschaftsrechtliche auffaßt.

Dagegen ist die Revision der Erstklägerin begrundet, soweit sie sich gegen die Abweisung des Rentenanspruches wendet.

Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen wurde die Rentenvereinbarung in München abgeschlossen. Da es in der Okkupationszeit keine interlokalrechtlichen Bestimmungen gegeben hat, so sind die internationalprivatrechtlichen Vorschriften des Prozeßgerichtes analog anzuwenden (1 Ob 7/52). Es gilt also gemäß § 37 ABGB. das am Abschlußort München geltende Lokalrecht, d. i. das Deutsche Bürgerliche Gesetzbuch bzw. die dasselbe ergänzenden Vorschriften, da keine Umstände hervorgekommen sind, daß bei der Abschließung offenbar ein anderes Recht zugrunde gelegt worden ist. Im Gegenteil deutet der Umstand, daß die Parteien offenbar in Aussicht genommen haben, daß die Rente in erster Reihe aus den Erträgnissen der Drogerie in München gezahlt werden soll, darauf hin, daß die Forderung nach der Parteiabsicht in München lokalisiert werden sollte. An der Anwendbarkeit des im sogenannten Altreich geltenden deutschen Rechtes kann also mit Fug nicht gezweifelt werden. Leistungsort, d. h. im Sinne der Terminologie des deutschen Rechtes der Erfüllungsort, ist nach § 269 Abs. 2 BGB. der Ort, wo das Gewerbe der Schuldnerin betrieben wurde, also München. Die Loslösung Österreichs aus dem deutschen Reichsverband ist rechtlich nur insoweit von Bedeutung, als die am Ort der Lokalisierung, München, geltende Währung an die Stelle der vereinbarten Reichsmarkwährung getreten ist, d. i. die westdeutsche D-Markwährung.

Im Sinne der Entscheidung vom 24. April 1930, SZ. XVIII/72, sind aber auch, da die Forderung dem deutschen, genauer westdeutschen Recht unterliegt, soweit nicht unsere heimische Vorbehaltsklausel entgegensteht, die nach der Trennung Österreichs von Deutschland für München erlassenen Gesetze auch sonst maßgebend. Es gilt daher auch der § 18 Abs. 1 Z. 1 des westdeutschen Umstellungsgesetzes, wonach Renten, die nach dem 20. Juni 1948 fällig geworden sind, im Verhältnis 1 RM = 1 DM umzustellen sind, während nach § 18 Abs. 2 wiederkehrende Leistungen, die für einen vor dem 1. Juli 1948 liegenden Zeitraum geschuldet, grundsätzlich - vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzforderungen - gemäß § 16 Abs. 1 in der Weise umgestellt werden, daß für je 10 RM je 1 DM zu zahlen ist.

Die Beklagten haben demnach sowohl die Rückstände, als auch die laufenden Renten in DM zu zahlen. Da die zu zahlende Schuld am Leistungsort (München) inländische Währung ist, so kommt § 244 BGB. nicht zur Anwendung, vielmehr ist die Schuld in DM effektiv in München zahlbar.

Daß München Leistungsort ist bedeutet aber nicht, daß nach dem maßgebenden westdeutschen Recht auch die Auszahlung in München zu erfolgen hat. Es gilt vielmehr § 270 BGB., wonach Geld auf Gefahr und Kosten des Schuldners dem Gläubiger an seinen jeweiligen Wohnort zu übermitteln ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Erstklägerin in München ein Bankkonto besitzt, solange sie nicht den Auftrag gegeben hat, auf dieses Konto einzuzahlen, also auf das Zuschicken verzichtet hat.

Ein bloßer Eventualvertrag kann noch nicht als Verzicht gewertet werden, weil die Erklärung nur bedingt ausgesprochen ist, für den Fall, daß der Hauptantrag ohne Erfolg bleibt.

Ebensowenig Bedeutung kommt dem Umstand zu, daß die Erstklägerin in Österreich wohnt und Österreich seit dem Vertragsabschluß Ausland geworden ist und daher die Überweisungen nur mehr durch die Devisenstellen erfolgen können. Das hat nur zur Folge, daß die durch die Auslandsüberweisung nunmehr erwachsenden Mehrkosten gemäß § 270 Abs. 3 BGB. zu Lasten der Erstklägerin gehen.

Dem österreichischen Recht kommt nur insoweit eine Bedeutung zu, daß ein von den deutschen Behörden erlassener Eingriff, obwohl die Forderung nach unserem internationalen Privatrecht dem deutschen Recht unterliegt, nicht beachtlich ist und daher eine Transferbeschränkung durch das deutsche Devisenrecht oder eine etwaige Verfügung der deutschen Devisenbehörden, auf ein deutsches Sperrkonto einzuzahlen, von den inländischen Gerichten nicht zu beachten wäre und daß trotz Erlassung dieser oder ähnlicher Transferbeschränkungen der in Österreich wohnhafte Gläubiger, insbesondere dann, wenn er wie diesmal österreichischer Staatsbürger ist, nicht gehindert ist, die Forderung inÖsterreich geltend zu machen. Ausländische Zwangsmaßnahmen sind im Sinne der Entscheidung SZ. XVI/162, an der der Oberste Gerichtshof trotz gelegentlichen Schwankens der Judikatur festhält, von den inländischen Gerichten auch dann nicht zu beachten, wenn das Rechtsverhältnis dem Recht des Eingriffsstaates unterliegt, sofern durch den Eingriff die Interessen eines inländischen Gläubigers berührt werden. Aus den Entscheidungen vom 25. September 1934, Rsp. Nr. 353, und vom 11. April 1934, Rsp. Nr. 377, kann schon deshalb nichts Gegenteiliges erschlossen werden, weil diese Entscheidungen Rechtsverhältnisse betrafen, bei denen der Schuldner ein Ausländer war.

Das bedeutet freilich nur, daß die Forderung in Österreich trotz des ausländischen (deutschen) Eingriffes geltend gemacht werden kann und denSchuldner vom Fälligkeitstag an die Wirkungen des objektiv unverschuldeten Verzuges, also insbesondere die gesetzliche Verzugszinsenpflicht treffen. Dagegen hat die Nichtbeachtlichkeit des ausländischen Eingriffes nicht zur Folge, daß der Schuldner auch deshalb schon als subjektiv im Verzug befindlich angesehen werden könnte. Eine über die Verzugszinsenpflicht hinausgehende Schadenersatzpflicht setzt vielmehr subjektives Verschulden voraus. Das ist im vorliegenden Fall insbesondere rücksichtlich der Frage von Bedeutung, ob die Beklagten subjektiv schuldbar vor dem Umstellungsstichtag (20. Juni 1948) die bis dahin aufgelaufenen Rentenrückstände nicht nach Österreich überwiesen haben, weil verneinendenfalls die Erstklägerin die gesetzliche Umstellungsrelation 1 : 1 gemäß § 12 des Umstellungsgesetzes gegen sich gelten lassen muß.

Von der bisher erörterten Frage, wo und in welcher Währung zu zahlen und wohin die Zahlung zu übermachen ist, ist das weitere Problem strengeauseinanderzuhalten, in welcher Währung Klägerin die Zahlung verlangen kann und in welcher Währung das Gericht zur Zahlung zu verurteilen hat. Die erstangeführte Frage richtet sich nach den proper law of contract - vorbehaltlich der Vorbehaltsklausel - also diesmal nach deutschem Recht, die zweite Frage dagegen ausschließlich nach dem Recht des Prozeßgerichtes, also diesmal nach dem österreichischen Recht.

Es gibt Rechte, wie das englische und schweizerische, die ausnahmslos nur eine Verurteilung in Heimwährung zulassen. Unsere Rechtspraxis geht nicht soweit. Sie verurteilt grundsätzlich zur Zahlung in der geschuldeten Währung und erkennt eine Ersetzungsbefugnis nur insoweit an, als das nach unserem internationalen Privatrecht maßgebende Leistungsrecht im konkreten Fall eine Ersetzungsbefugnis zuläßt. Diese Lösung würde im vorliegenden Falle zur Verurteilung in DM ohne Einräumung einer Ersetzungsbefugnis führen, weil das diesmal anzuwendende westdeutsche Recht mit Rücksicht auf den in Westdeutschland gelegenen Erfüllungsort keine Ersetzungsbefugnis vorsieht.

Doch ist nachstehendes zu erwägen: Nach dem maßgebenden westdeutschen Recht ist der in D-Mark geschuldete Betrag nach Österreich zu überweisen. Eine Überweisung nach Österreich kann aber unter der Herrschaft der in Österreich und Westdeutschland geltenden Devisenordnungen nur in der Weise statthaben, daß ein D-Mark-Betrag in Deutschland zur Einzahlung und in Österreich in Schillingen nach dem Münchner Kurs zur Auszahlung gelangt. Das Begehren der Klägerin kann daher, weil sie Zahlung im Inland begehrt, nur auf Zahlung im Erfüllungsort in München, zahlbar in D-Mark, aber auszahlbar in Österreich in Schillingen gehen. Schon aus dieser Erwägung kann ein auf Schillinge gerichtetes Begehren nicht mit der Begründung, daß D-Mark geschuldet sind, abgewiesen werden, weil die Klägerin, die Anspruch auf Zuschicken des D-Mark-Betrages hat, hier nur Auszahlung in Schillingen verlangen kann. Ob die deutschen Devisenbehörden die nach bürgerlichem Recht geschuldete Überweisung zulassen oder nicht, ist nach dem oben Gesagten (vgl. SZ. XVI/162) bedeutungslos. Die österreichischen Devisenvorschriften stehen aber einer Verurteilung zur Auszahlung in Schillingen im Inland nicht entgegen, denn da das Klagebegehren keine Beschränkung in der Richtung enthält, daß nur aus in- oder ausländischem Vermögen diese Zahlungen zu leisten sind, ist jedenfalls im Erkenntnisverfahren eine österreichische Devisenbewilligung nicht erforderlich.

Schon vor 1938 hat sich in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes der Grundsatz durchgesetzt, daß auch bei einem im Ausland gelegenen Zahlungsort, an dem vereinbarungsgemäß in Auslandswährung effektiv zu zahlen ist, der Gläubiger Verurteilung auf Auszahlung in Heimwährung im Inland verlangen kann, wenn Devisen oder Transfervorschriften der vertragsmäßigen Erfüllung entgegenstehen (z. B. Rsp. 1934, Nr. 3, 58, 60 und 312; Rsp. 1935, Nr. 275 u. a. m.). Das muß umsomehr dann gelten, wenn es sich um eine Schickschuld handelt, die vom Ausland her in das Inland zu schicken ist und daher hier zur Auszahlung gelangen soll. Daß die Forderung eine D-Mark-Forderung ist, kommt nur insoweit zum Ausdruck, daß nicht Schillinge schlechthin verlangt werden können, sondern daß auf den Schillinggegenwert der geschuldeten D-Mark-Schuld zu erkennen ist. Die Zulässigkeit von Schilling- oder Valutengegenwertverurteilungen ist nach anfänglichem Schwanken der Judikatur seit langem in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes anerkannt (vgl. z. B. Rsp. 1935, Nr. 275 und Rsp. 1936, Nr. 136).

Die Klägerin hat freilich nicht auf Zuspruch des Schillinggegenwertes der geschuldeten D-Mark geklagt, sondern auf Schilling schlechthin. Das ist nur insoferne von Bedeutung, daß ihr nicht mehr zugesprochen werden kann, daß also, wenn der umgerechnete, ihr gebührende D-Mark-Betrag in Schillinge nach dem Münchner Kurs umgerechnet mehr ausmachen sollte, als der verlangte Schillingbetrag, das darüber hinausgehende Begehren, wenn sie nicht rechtzeitig das Klagebegehren ändert, abgewiesen werden müßte.

Die Tendenz in allen Ländern geht dahin, auf die im Klagebegehren verlangte Währung kein übergroßes Gewicht zu legen und von Amts wegen den gebührenden Betrag in der nach Meinung des Gerichtes maßgebenden Währung zuzusprechen, sofern der Kläger zum Ausdruck gebracht hat, daß er überhaupt Geld haben will, und nicht etwa sein Begehren dahin einschränkt, daß er nur in Geld bestimmter Währung bezahlt werden will (vgl. die bis 1930 gehende Zusammenstellung bei Neumeyer Internationales Verwaltungsrecht III/2, 134 ff.). Das ist auch der Standpunkt der weitaus überwiegenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes. Wenn zum Ausdruck kommt, daß es dem Kläger nur um Geld schlechthin zu tun ist und nicht gerade um Zahlung in einer bestimmten Währung, dann paßt der Oberste Gerichtshof den Urteilsspruch von Amts wegen dem maßgebenden Währungsrecht an, u. zw. auch dann, wenn das Klagebegehren auf Zahlung von Fremdwährung im Heimatland dieser Währung lautet (z. B. Rsp. 1934, Nr. 312; Rsp. 1935 Nr. 275; Rsp. 1933, Nr. 22; Rsp. 1924, S. 251; RZ. 1937, S. 98, SZ. VI/28 und 225; SZ. VII/306 u. a. m.). Die Abgabe der Erklärung, sich nicht auf eine bestimmte Währung festlegen zu wollen, kann nach der Praxis trotz des Neuerungsverbotes auch noch im Rechtsmittelverfahren abgegeben werden (Rsp. 1934, Nr. 58; ZBl. 1922, Nr. 74 u. a. m.).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar, von der unrichtigen Rechtsauffassung ausgehend, daß deshalb, weil sämtliche Beteiligte Österreicher sind und außerhalb Deutschlands wohnen, die Reichsmarkschuld sich in eine Schillingschuld verwandelt habe, Schillinge schlechthin verlangt, hat aber durch die im Berufungsverfahren versuchte Umstellung des Klagebegehrens deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es ihr nicht um Schillinge schlechthin zu tun ist, sondern daß sie nur Geld haben will, das sie primär in Schillingen ausdrückt. Es besteht also bei dieser Sachlage kein Hindernis, ihr die geschuldeten D-Mark zahlbar in Schillingen, also in der Fassung eines Schillingwertbegehrens zuzuerkennen.

Die Auffassung, daß das Klagebegehren schon deshalb abgewiesen werden mußte, weil Schillinge begehrt sind und weil die Umstellung des Begehrens im Berufungsverfahren unhaltbar sei, ist demnach rechtsirrig. Da die Untergerichte von der verfehlten Rechtsauffassung aus es unterlassen haben festzustellen, wie hoch der Rückstand am Umstellungsstichtag war, ob ein Zahlungsverzug vorliegt und insbesondere, wieviel und wann gezahlt wurde, ob vor oder nach dem Umstellungsstichtag, so konnte nicht sofort in der Sache erkannt werden. Es waren daher die untergerichtlichen Urteile aufzuheben u. zw. auch das Urteil erster Instanz, weil sich eine Verhandlung in erster Instanz nicht wird vermeiden lassen.

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