Spruch:
Die Zubehöreigenschaft setzt nicht voraus, daß die dem Betrieb der Hauptsache gewidmete Sache zum Betrieb erforderlich oder gar unentbehrlich ist; es kommt nur darauf an, ob sie zum dauernden Gebrauch der Hauptsache bestimmt ist.
Die von ihrem Mann anläßlich seiner Einrückung mit der Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes betraute Ehegattin ist zum Verkauf eines als Zubehör zu wertenden Traktors berechtigt.
Entscheidung vom 21. November 1951, 3 Ob 655/51.
I. Instanz: Kreisgericht Ried; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der Kläger stellte das Begehren, auszusprechen, daß der zwischen der Gattin des Klägers, Katharina S., und dem Beklagten am 8. März 1946 abgeschlossene Kaufvertrag, mit welchem die erstere dem letzteren den Traktor Marke Deutz, Fahrgestellnummer 47.654, Motornummer 762.910, behördliche Bezeichnung O. D. 48344 samt Nebensachen (Pflug, Werkzeuge und Cambridgewalze) verkaufte und übergab, ungültig sei, und den Beklagten schuldig zu erkennen, den Traktor samt Nebensachen dem Kläger herauszugeben, mit folgender Begründung:
Der Kläger habe dem vorbezeichneten Traktor, der sein Eigentum sei, im Jahre 1942 gekauft; im Frühjahr 1946, während er sich in amerikanischer Kriegsgefangenschaft befand, sei der Beklagte in Begleitung des Ortsbauernobmannes Georg Sch. auf dem Hof erschienen und habe die Gattin des Klägers unter Druck dazu veranlaßt, ihm den Traktor samt Nebensachen ohne Schätzung um den Betrag von 3500 S zu verkaufen. Da der Beklagte vom Nichteigentümer nicht Eigentum erwerben könne, das Rechtsgeschäft nur unter Druck zustande gekommen sei und überdies gegen die guten Sitten verstoße, sei der Kaufvertrag ungültig und der Beklagte zur Herausgabe verpflichtet.
Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest: Der Kläger und seine Gattin sind je zur Hälfte Eigentümer einer Bauernwirtschaft; eine Gütergemeinschaft besteht zwischen ihnen nicht. Im Jahre 1942 erhielt der Kläger von der Landesbauernschaft einen Bezugschein für einen Traktor mit der Auflage, daß er Nachbarschaftshilfe in allen erforderlichen Fällen zu leisten habe. Er kaufte dann im November 1942 den gegenständlichen Traktor im eigenen Namen um den Betrag von 4000 RM sowie einen Anhängepflug und eine Walze; die Papiere wurden auf seinen Namen ausgestellt. Die Absicht des Klägers ging beim Ankauf des Traktors dahin, diesen in erster Linie für seine Liegenschaft zu erwerben und zu verwenden und ihn nur insoweit, als der Traktor in seiner Landwirtschaft nicht voll ausgenützt werde, auch durch Fuhren für andere zu gelegentlichem Nebenverdienst auszunützen. Als der Kläger im Jahre 1943 einrückte, übergab er die ganze Bewirtschaftung des Bauerngutes seiner Frau mit den Worten, sie solle schauen, daß alles seinen Gang gehe, ohne daß des Traktors ausdrücklich Erwähnung getan wurde. Der Traktor wurde in der Folge auf der Bauernwirtschaft des Klägers verwendet und gelegentlich auch zur Durchführung von Traktorarbeiten bei anderen Landwirten benützt. Die Gattin des Klägers erwarb im Jahre 1945 für die Bauernwirtschaft, auf der sich nebst dem Traktor auch ein Pferd befand, zwei Flüchtlingspferde. Nach einer Anordnung der amerikanischen Militärregierung mußten dieser Flüchtlingspferde vorgeführt werden, weil sie als Beutegut eingezogen wurden. Anläßlich einer Vorführung der beiden Flüchtlingspferde beim Gemeindeamt erklärte der Ortsbauernobmann der Gattin des Klägers, er müsse ihre beiden Flüchtlingspferde im Sinne einer Weisung vom 24. Jänner 1946 als überzählig melden, in welchem Falle die Pferde allenfalls verkauft oder sogar beschlagnahmt werden könnten, er könne sie nur dann nicht als überzählig gelten lassen, wenn der Traktor verkauft würde. Irgendein Druck wurde weder bei diesem Anlaß noch in der Folge auf die Gattin des Klägers ausgeübt und es war auch bei dieser Unterredung der Beklagte gar nicht zugegen. In der Folge erschienen bei der Gattin des Klägers mehrere Interessenten, die den Traktor kaufen wollten, darunter ein Bauer namens S. aus der Gemeinde K.; die Verhandlungen mit diesem führten zu keinem Ergebnis, weil der von der Gattin des Klägers begehrte Kaufpreis von 4000 S dem S. zu hoch war. Kurze Zeit später kam der Ortsbauernobmann beim Hof des Klägers vorbei und fragte dessen Gattin, welche Entschlüsse sie gefaßt habe. Als sie ihm erzählte, daß S. den Traktor kaufen wollte, erklärte der Ortsbauernobmann, der Traktor solle in der Gemeinde bleiben, und nannte den Beklagten als Interessenten. Der Beklagte erschien einige Zeit später bei der Gattin des Klägers, um mit dieser wegen des Ankaufes des Traktors zu verhandeln. Die Gattin des Klägers zog zunächst den Agraringenieur O. zu Rate und verkaufte schließlich den Traktor samt Nebensachen dem Beklagten um den Betrag von 3500 S und Naturalien. Die Fahrzeugpapiere, die auf den Namen des Klägers lauteten, wurden dem Beklagten erst nach Kaufabschluß übergeben. Nach Meinung des Prozeßgerichtes war dem Beklagten bekannt, daß die Gattin des Klägers nicht Alleineigentümerin des Traktors sei, sondern daß sie beim Verkauf auch über das Vermögen ihres Gatten verfüge. Hinsichtlich der Klagslegitimation nahm das Prozeßgericht an, daß der Kläger den Traktor im eigenen Namen gekauft und übernommen habe und hiedurch "zumindest nach § 367 ABGB." Eigentum, und zwar Alleineigentum, erworben und den Traktor dann als Betriebsmittel auf die ihm und seiner Gattin je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft gebracht habe, wodurch er einen Tatbestand gesetzt habe, der den äußeren Eindruck eines Zubehörs ergeben habe. Nach der Rechtsansicht des Prozeßgerichtes habe sich hiedurch an dem Alleineigentum des Klägers an dem Traktor nichts geändert, weil die Widmung als Zubehör keinen Eigentumsübergang begrunde. Dem Beklagten komme zwar § 367 ABGB. nicht zugute, weil er gewußt habe, daß die Gattin des Klägers höchstens Hälfteeigentümerin sein könne und keinen Verkaufsauftrag habe, doch sei der Kaufvertrag gemäß § 1029 ABGB. als für den Kläger verbindlich anzusehen, weil der Kläger dadurch, daß er seiner Gattin die Bewirtschaftung der ganzen Liegenschaft übertrug, die Verwaltung seiner Liegenschaftshälfte und seine ehemännlichen Verwaltungsrechte an der ganzen Liegenschaft samt allen Betriebsmitteln und allem Zubehör, daher auch an dem Traktor, anvertraut habe. Die Gattin des Klägers habe daher auch hinsichtlich der Anteile des Klägers gemäß § 1029 ABGB. die Macht eingeräumt erhalten, alles zu tun, was die Verwaltung der Wirtschaft selbst erfordere und was gewöhnlich damit verbunden ist. Die Entscheidung, vor die die Gattin des Klägers als Verwalterin der Liegenschaft gestellt wurde, ob sie die vom Kläger eingeleitete Motorisierung der Landwirtschaft aufrechterhalten oder ob sie die Flüchtlingspferde behalten und zur herkömmlichen Wirtschaftsführung zurückkehren wolle, sei eine solche gewesen, die in der damaligen Zeit der Betriebsmittelnot die Verwaltung erfordert habe, weshalb der Verkauf gemäß § 1029 ABGB. auch für den Kläger verbindlich sei. Der Kaufvertrag sei rechtswirksam, da ein Zwang nicht erwiesen sei und die Bestimmungen der dritten Anordnung zur Regelung der Verbraucherpreise und Handelsspannen im Geschäftsverkehr mit gebrauchten Kraftfahrzeugen vom 28. Februar 1941 über die Vornahme einer Schätzung bei Verkäufen von Traktoren zwischen Landwirten nicht Anwendung zu finden hatten.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Es führte aus, die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, der Traktor sei im Alleineigentum des Klägers gestanden, könne nicht geteilt werden, da im Hinblick auf das gemeinsame Eigentum der Ehegatten an dem Bauerngut bei Käufen für die Wirtschaft angenommen werden müsse, daß der den Ankauf vornehmende Teil zumindest mit geheimer Vollmacht auch für den anderen Teil, dem die Wirtschaft zur Hälfte gehöre, handle und für diesen Miteigentum erwerbe. Dies zeige sich bei den Käufen von Vieh, Milchkannen, Reinigungswerkzeugen und dergleichen für die Wirtschaft und müsse auch für den Ankauf eines Traktors, der zur Verwendung auf einer gemeinsamen Liegenschaft bestimmt sei, gelten. Dadurch, daß der Kläger bei seiner Einrückung seiner Gattin die Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft samt allem Zubehör übertragen habe, habe er seiner Frau auch das Recht eingeräumt, das zu tun, was die Verwaltung der Wirtschaft erfordere. Dazu gehöre im Hinblick auf die Verhältnisse im Zeitpunkte des Verkaufes des Traktors auch die Entscheidung, ob die Pferde oder der Traktor behalten werden sollen. Der Beklagte habe auch nach § 367 ABGB. Eigentum erworben, da der dritte Fall des § 367 auch dann gelte, wenn der Verkauf durch den Verwalter oder Bevollmächtigten erfolgte und der Erwerber nach den Umständen des Falles schuldloserweise glauben konnte, daß der Überträger zur Veräußerung berechtigt sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Zunächst ist die Ansicht der Revision verfehlt, der Traktor sei nicht als Zubehör des Bauerngutes anzusehen, weil bei einem landwirtschaftlichen Betrieb von nur 14 Joch die Leistungsfähigkeit eines Traktors nur zu einem Bruchteil ausgenützt werden könne. Die Zubehöreigenschaft setzt nicht voraus, daß die dem Betrieb gewidmete Sache zum Betrieb erforderlich oder gar unentbehrlich ist; es kommt lediglich darauf an, daß sie zum dauernden Gebrauch der Hauptsache bestimmt ist (ZBl. 1935, Nr. 379). Der Umstand, daß der Traktor gelegentlich auch dazu benützt wurde, um für andere Bauernwirtschaften Zugarbeiten zu leisten, schließt die Widmung zum dauernden Gebrauch, die die Vorinstanzen mit Recht angenommen haben, nicht aus. Das Gutachten des Obersten Gerichtshofes vom 6. Juli 1938, SZ. XX/98, kann auf den vorliegenden Fall, in welchem die Hauptsache jedenfalls zur Hälfte im Eigentum desjenigen steht, der die ihm gehörige Nebensache zum dauernden Gebrauch der Hauptsache bestimmt hat, keine Anwendung finden. Hingegen ergibt sich die Richtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes aus der Entscheidung SZ. XIX/158, der der Fall des Miteigentums an der Hauptsache zugrunde liegt. Es ließe sich daher auch für den Fall, als die Ansicht des Berufungsgerichtes, es sei anzunehmen, daß der Ankauf des Traktors als mit geheimer Vollmacht der Gattin des Klägers zur Hälfte für diese erfolgt sei, unrichtig sein sollte, für den Kläger nichts gewinnen, da auch dann, wenn der Kläger Alleineigentümer des Traktors gewesen wäre, dies nichts an dessen Zubehörseigenschaft ändern würde.
Es ist aber auch den Vorinstanzen beizupflichten, daß im vorliegenden Falle die Gattin des Klägers gemäß § 1029 ABGB. als zum Verkauf des Traktors ermächtigt anzusehen ist. Die Bezugnahme der Revision auf die Entscheidung 3 Ob 68/51, EvBl. 1951, Nr. 167, ist schon deshalb verfehlt, weil sich diese Entscheidung nur auf die der Ehefrau gemäß § 92 ABGB. zustehende Schlüsselgewalt, nicht aber auf den Umfang der Vollmacht nach § 1029 ABGB. bezieht. Die Vollmacht nach § 1029 ABGB. umfaßt zwar nicht Verfügungen über das Stammvermögen, das ist die Landwirtschaft oder Teile derselben (SZ. III/34), wohl aber die Berechtigung zu Geschäften über das Zubehör, wie den An- und Verkauf von Vieh, Betriebsmitteln usw., zu denen auch ein Traktor gezählt werden muß, um so mehr, wenn, wie im vorliegenden Falle, darüber eine Entscheidung zu treffen ist, ob trotz des Mangels an Betriebsstoff die Bauernwirtschaft weiterhin mit motorischen Zugmitteln oder ob sie mit Pferden betrieben werden soll. Hiebei handelt es sich tatsächlich nur um eine Frage der Verwaltung und es ist eine Entscheidung über diese Frage als solche der ordentlichen Verwaltung anzusehen. Wenn die Revision in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß die Entscheidung über den Verkauf des Traktors im Kuratelverfahren hätte getroffen werden müssen, weil der Kläger sich in Kriegsgefangenschaft befunden habe und daher eines besonderen Schutzes bedurfte, ist ihr entgegenzuhalten, daß im Falle, als der in Kriegsgefangenschaft befindliche oder sonst abwesende Eigentümer eines Bauerngutes seiner Gattin die Verwaltung der Liegenschaften übertragen hat, die Bestellung eines besonderen Sachwalters oder Abwesenheitskurators nicht erforderlich ist (1 Ob 320/47, JBl. 1948, S. 233). Es ist daher für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, ob der Beklagte wußte, daß der Kläger sich in Kriegsgefangenschaft befinde und daß die Papiere des Traktors, die nach den Feststellungen der Vorinstanzen dem Beklagten erst nach dem Kaufabschluß gezeigt und übergeben wurden, auf den Namen des Klägers lauteten, da die Gattin des Klägers jedenfalls auch ohne besondere Verkaufsermächtigung gemäß § 1029 ABGB. als ermächtigt galt, unter den gegebenen Umständen den Traktor zu verkaufen. Bei dieser Rechtslage war eine Erörterung der Frage, ob der Beklagte nach § 367 ABGB. zu schützen sei, entbehrlich, der Revision war vielmehr bereits aus den vorerwähnten Gründen der Erfolg zu versagen.
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