Normen
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §131
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §131
Spruch:
Vor Ablauf der im § 131 AußstrG. vorgesehenen Ediktalfrist kann eine vom Erbenkurator abgegebene Erbserklärung nicht zu Gericht angenommen werden.
Dem Nachlaßkurator steht gegen seine Enthebung ein Rekursrecht zu.
Entscheidung vom 6. Dezember 1950, 3 Ob 641 - 643/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Verlassenschaftsgericht nahm die von der Abwesenheitskuratorin Juliane Sch. für den erblasserischen Sohn Johann Sch. abgegebene Erbserklärung auf Grund des Testamentes zu Gericht an und erkannte das Erbrecht des Genannten auf Grund der Aktenlage für ausgewiesen. Mit dem Beschluß vom 10. November 1950 wurde der Verlassenschaftskurator Dr. Alfred H. zur unverzüglichen Stellungnahme zum Antrag der Juliane Sch. auf Überlassung des Nachlasses zur einstweiligen Benützung und Besorgung an sie und auf Enthebung des Nachlaßkurators von seinem Amte binnen 24 Stunden bei sonstiger Annahme der Zustimmung aufgefordert und mit dem Beschluß vom 13. Oktober 1950 wurde dem erbserklärten Erben Johann Sch., vertreten durch die Abwesenheitskuratorin Juliane Sch., gemäß § 810 ABGB. die einstweilige Besorgung und Benützung des Nachlasses überlassen, der Nachlaßkurator Dr. Alfred H. seines Amtes enthoben und der Genannte zur Zurückstellung des Bestellungsbeschlusses vom 7. September 1950 binnen acht Tagen aufgefordert.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verlassenschaftskurators Folge und hob den Beschluß vom 21. September 1950, insoweit er angefochten wurde, auf und trug dem Erstgericht auf, über die Annahme der Erbserklärung des Johann Sch. und darüber, ob das Erbrecht des Genannten auf Grund der Aktenlage als ausgewiesen erkannt wird, erst zu entscheiden, wenn die im § 131 AußstrG. vorgesehene Ediktalfrist abgelaufen ist; ferner wurde der Beschluß vom 10. Oktober 1950 und der Beschluß vom 13. Oktober 1950 in seinem Punkt 5 aufgehoben, die Punkte 3 und 4 des letztgenannten Beschlusses wurden dahin abgeändert, daß der Antrag des Johann Sch. abgewiesen wurde, ihm die einstweilige Benützung und Besorgung des Nachlasses zu überlassen und den Verlassenschaftskurator seines Amtes zu entheben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Erbenkuratorin Juliane Sch. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rekursgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die im § 131 AußstrG. vorgesehene Ediktalfrist noch nicht abgelaufen ist und daher über die Erbserklärung der Kuratorin des abwesenden Johann Sch. noch nicht zu entscheiden war. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß vor Ablauf der Ediktalfrist gemäß § 131 AußstrG. der Kurator weder die Erbserklärung anbringen, noch auf die Erbschaft verzichten kann, da nach dem klaren Wortlaut des § 131 Abs. 2 AußstrG. der für den der Person nach bekannten, dem Aufenthalte nach unbekannten Erben bestellte Kurator erst nach Ablauf des bezüglichen Ediktaltermins im Namen seines Kuranden die Erbschaft "antreten" darf, daß also vorher die abgegebene Erbserklärung keinesfalls zu Gericht angenommen und das Erbrecht für ausgewiesen erklärt werden darf (GlUNF. 4092). Die im Revisionsrekurs erwähnte Mitteilung des Justizministeriums vom 17. April 1915, Zl. 7354, JMVBl. 1917, S. 183, kann - abgesehen davon, daß sie sich offensichtlich nur auf die Militärpersonen der österreichischungarischen Armee im ersten Weltkrieg bezieht - auf den vorliegenden Fall auch deshalb nicht angewendet werden, weil die in diesem Erlaß zitierte oberstgerichtliche Entscheidung von der Voraussetzung ausgeht, daß bei den im Felde stehenden kriegsgefangenen oder vermißten Erben ein Aufgebot nach § 131 AußstrG. nicht notwendig sei. Da aber im vorliegenden Fall das Edikt nach der Vorschrift des § 131 Abs. 2 AußstrG. rechtskräftig erlassen worden ist, ist auch die darin gesetzte Frist von sechs Monaten vorerst abzuwarten, ehe der Abwesenheitskurator die Erbschaft für den Abwesenden antreten kann. Da also die Erbserklärung des Johann Sch. nicht zu Gericht anzunehmen war, kann ihm auch die einstweilige Benützung und Besorgung der Verlassenschaft nicht übertragen werden, und es war auch der Verlassenschaftskurator Dr. H. nicht seines Amtes zu entheben.
Was die vom Revisionsrekurswerber bestrittene Rekursberechtigung des Verlassenschaftskurators Dr. H. anlangt, so ist diese im Sinne des § 9 AußstrG. gegeben, weil jeder, der sich durch eine Verfügung der ersten Instanz beschwert erachtet, das Recht hat, Vorstellung oder Rekurs zu erheben; dasselbe Recht muß dem Verlassenschaftskurator als Beteiligtem auch hinsichtlich des Beschlusses des Erstgerichtes zugebilligt werden, womit es ihn seines Amtes als Verlassenschaftskurator enthebt, wenn, wie dies auch zutrifft, die Enthebung auf eine rechtsirrige Annahme des Verlassenschaftsgerichtes, es könnte der Nachlaß der Abwesenheitskuratorin zur einstweiligen Benützung und Verwaltung überlassen werden, zurückzuführen ist.
Im übrigen erweist sich die Bestellung eines Verlassenschaftskurators deshalb durchaus angezeigt, weil, wie sich aus dem Akte ergibt, nunmehr auch die erblasserische Schwester Berta G. eine Erbserklärung auf Grund des Gesetzes abgegeben hat, so daß nach Ablauf der Ediktalfrist mit widersprechenden Erbserklärungen und mit widerstreitenden Interessen der Erben zu rechnen sein wird.
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