Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 16.815,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.528,65 Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt mit der am 17. August 1984 eingebrachten Klage die Feststellung, der von der beklagten Partei ihr gegenüber mit Schreiben vom 16. April 1984 ausgesprochene Ausschluß aus der beklagten Gesellschaft im Sinne des § 66 GmbHG sei unwirksam und sie sei infolge der Ungültigkeit dieses Ausschlusses Gesellschafterin der beklagten Partei und Eigentümerin einer Stammeinlage von S 880.000,-- (= 22% des Gesellschaftskapitals von S 4,000.000,--). Sie machte im wesentlichen geltend, sie habe alle auf die Stammeinlage geforderten Einzahlungen geleistet, es liege über ihren Ausschluß kein Gesellschafterbeschluß vor, nur wegen etwa offener Verzugszinsen sei ein Ausschluß nicht möglich.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß eine Säumnis sowohl in der Leistung der Stammeinlage selbst, als auch bei Verzugszinsen und sonstigen Nebenverpflichtungen bestehe; auch letzteres rechtfertige das Ausschlußverfahren, dieses sei formgerecht durchgeführt worden. Einer Beschlußfassung der Gesellschafter habe es nicht bedurft, weil in einem Gesellschafterbeschluß die Fälligkeiten für die Einzahlungen der einzelnen Teile der Stammeinlage genau festgelegt worden seien und der Geschäftsführer zur Einforderung ausständiger Forderungen ermächtigt worden sei. Der klagenden Partei fehle die Klagslegitimation, weil ihre Geschäftsanteile zugunsten mehrerer betreibender Parteien gepfändet worden seien. Der Klagsanspruch sei verjährt, weil die analog anzuwendende Klagefrist des § 41 GmbHG versäumt worden sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
Die beiden Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
In der Generalversammlung vom 10. Oktober 1977 wurde eine Erhöhung des bisherigen Stammkapitals der beklagten Partei von S 1,300.000,-- auf S 4,000.000,-- beschlossen. Die Klägerin, welche 22 % der Geschäftsanteile besaß und auf das bisherige Stammkapital dementsprechend S 286.000,-- eingezahlt hatte, war damit zur Einzahlung einer weiteren Stammeinlage von S 594.000,-- verpflichtet. Die Fälligkeit für die Einzahlung dieses Betrages wurde in den Generalversammlungen vom 4. November 1977 und 13. Juli 1979 mit S 330.000,-- per 31. Dezember 1977 und mit S 264.000,-- per 8. August 1979 festgelegt und der Geschäftsführer zur Einforderung der Einlagen ermächtigt. Die Klägerin bezahlte am 23. Dezember 1977 S 200.000,-- und am 10. August 1979 S 300.000,--. Weiters übergab sie der beklagten Partei am 29. Dezember 1980 einen Wechsel über S 94.000,--, der von ihr aber nicht eingelöst wurde, so daß es in der Folge zu wiederholten Rücklösungen und Prolongationen kam, wodurch auch verschiedene Kosten entstanden.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 1981 forderte die Geschäftsführung der beklagten Partei von der Klägerin unter Hinweis auf einen nicht eingelösten Wechsel über S 88.008,89 "für fällige Stammeinlage" samt Kosten von S 1.548,-- = S 89.556,89 und die Generalversammlung vom 3. Dezember 1981 (in der die Klägerin die Einzahlung der offenen Stammeinlage von S 94.000,-- bis längstens 17. Dezember 1981 zugesagt hatte, siehe Beilage K) die Einzahlung der "fälligen Stammeinlage" (ohne die Höhe derselben zu nennen) unter Setzung einer einmonatigen Nachfrist die sich gemäß der angeführten Erklärung noch verkürze, bei sonstigem Ausschluß aus der Gesellschaft.
Die Klägerin leistete am 22. Jänner 1982 an die beklagte Partei mit der Bezeichnung "a-conto" eine Zahlung von S 89.889,20. Weitere Zahlungen leistete die Klägerin nicht. Von der Stammeinlage sind damit, was auch außer Streit steht, noch S 4.110,80 offen. Mit rekommandiertem Schreiben vom 9. Jänner 1984 forderte die beklagte Partei von der klagenden Partei die Zahlung von S 48.264,37, davon S 42.265,89 Verzugszinsen und S 5.998,48 "Sonstiges", setzte eine einmonatige Nachfrist und drohte den Ausschluß nach § 66 GmbHG an. Mit rekommandiertem Schreiben vom 15. Februar 1984 nahm die beklagte Partei Bezug auf dieses Schreiben und wiederholte die Einforderung der beiden Beträge auf das unberichtigte Stammkapitalkonto der Klägerin binnen Monatsfrist mit Androhung des Ausschlusses. Beide Schreiben wurden der Klägerin (zusammen mit einem weiteren rekommandiertem Schreiben vom 6. März 1984) erst am 14. März 1984 zugestellt.
Mit rekommandiertem Schreiben vom 16. April 1984 teilte die beklagte Partei der klagenden Partei unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 3. Dezember 1981, auf eine Zahlung von S 94.000,-- am 22. Jänner 1982 ohne Begleichung der Wechselkosten und anerlaufenen Zinsen, sowie auf das der Klägerin am 14. März 1984 zugekommene Schreiben vom 9. Jänner 1984 mit, daß nach Verstreichung der einmonatigen Nachfrist und vorheriger Androhung des Ausschlusses die Geschäftsführer der beklagten Partei hiemit den Ausschluß der Klägerin aus der beklagten Partei gemäß § 66 GmbHG erklären. Ob dieses Schreiben der Klägerin zugegangen ist, hat die zweite Instanz offen gelassen.
Ein Gesellschafterbeschluß über die Durchführung des Ausschlußverfahrens nach § 66 GmbHG erging nie. Der Gesellschaftsantrag enthält keine Bestimmung üder die Kadenzierung. Der Geschäftsanteil der Klägerin wurde zugunsten mehrerer betreibender Gläubiger gepfändet. Die noch anhängigen Exekutionsverfahren sind wegen einer anhängigen Exzindierungsklage aufgeschoben.
Auf Grund dieses Sachverhaltes waren beide Vorinstanzen der Auffassung, daß der mit Schreiben vom 16. April 1984 ausgesprochene Ausschluß unwirksam sei, weil die beklagte Partei die Klägerin nicht zur Einzahlung von Beträgen aufgefordert habe, welche auf die Stammeinlage offen seien, sondern lediglich Zinsen und sonstige Beträge verlangt habe. Wegen offener Verzugszinsen und anderer Nebengebühren finde aber das Kaduzierungsverfahren nicht statt. Die anhängigen Exekutionsverfahren änderten nichts an der Klagslegitimation. Die Klagefrist des § 41 GmbHG sei nicht analog anzuwenden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Die geltend gemachten Anfechtungsgründe nach § 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit die beklagte Partei dabei auf eine falsche Interpretation ihres Schreibens vom 3. Dezember 1981 hinweist oder Feststellungsmängel behauptet, ist darauf bei Behandlung der Rechtsrüge zurückzukommen. Auszugehen ist davon, daß die Klägerin auf die eigentliche Stammeinlage heute noch S 4.110,80 (Differenz zwischen S 94.000,-- und eingezahlten S 89.889,20) schuldet. Gemäß § 63 Abs 5 GmbHG konnte die Hingabe eines Wechsels die Leistung in barem Geld nicht ersetzen, sondern sie erfolgte im Zweifel - eine gegenteilige Vereinbarung wurde nicht behauptet - nicht an Zahlungsstatt, sondern nur zahlungshalber, führte also nicht sofort zur Tilgung der Verbindlichkeit zur Einzahlung der Stammeinlage (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1414; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, AllgT 579 je mwN).
Unrichtig ist auch der Standpunkt der klagenden Partei, es hätte zur Einleitung des Kaduzierungsverfahrens eines gesonderten Beschlusses der Gesellschafter bedurft. Den Gesellschaftern oblag die Beschlußfassung über die Höhe und Fälligkeit der Stammeinlage. Dieser Beschluß liegt hier vor. Der überdies vorhandene Gesellschafterbeschluß auf Einforderung der Stammeinlagen enthält in der Regel, also mangels anderer Vereinbarung, auch die Ermächtigung des (der) Geschäftsführer(s), das Verfahren nach § 66 GmbHG einzuleiten (SZ 50/140).
Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß wegen offener Verzugszinsen und sonstiger Nebenverbindlichkeiten das Recht der Kaduzierung des Geschäftsanteiles nicht gegeben ist. Die gegenteilige Ansicht von Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 593, ist nicht überzeugend. Die Einleitungsworte von § 66 Abs 1 GmbHG ("Erfolgt die Einzahlung nicht rechtzeitig....") unterscheiden zwar nicht zwischen der in den §§ 63 f genannten Verpflichtung zur Einzahlung der Stammeinlage und der in § 65 normierten Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen für den Fall der nicht rechtzeitigen Einzahlung auf die Stammeinlage geforderten Einzahlungen oder einer im Gesellschaftsvertrag festgelegten Konventionalstrafe. Das Kaduzierungsverfahren stellt aber eine so schwerwiegende Sanktion dar, daß es im Zweifel nur bei Säumigkeit mit der Einzahlung auf die Stammeinlage selbst zum Tragen kommen kann. Die Einzahlung der Stammeinlage als Haftungsbasis soll durchgesetzt werden. Weit weniger wichtig ist es, der Gesellschaft die Schäden zu ersetzen, die aus einer Säumigkeit entstanden sind. Richtig ist, daß sich die Haftung der Vormänner eines ausgeschlossenen Gesellschafters nach § 67 Abs 1 GmbHG auf den nicht bezahlten Betrag der Stammeinlage samt Verzugszinsen erstreckt. Aber gerade die dort ausdrückliche Erwähnung auch der Verzugszinsen erlaubt den Schluß, daß sich § 66 GmbHG nur auf die eigentliche Stammeinlage bezieht. Mit Recht verweist das Berufungsgericht auch auf den Umstand, daß bei Verzugszinsen nie genau feststeht, in welcher Höhe sie geschuldet werden. Die Auffassung von Reich-Rohrwig ist im Schrifttum auch ganz vereinzelt geblieben, (die hier vertretene Ansicht teilen die schon von den Vorinstanzen Angeführten: Gellis-Feil, GmbHG2 372 und, jeweils zu dem inhaltsgleichen § 21 d. GmbHG, Scholz-Emmerich, GmbHG7 Rz 5; Baumbach-Hueck, GmbHG14 248; Hachenburg-Goerdeler, GmbHG7 Rz 1 sowie weiters Rowedder GmbHG, Rz 10 zu § 21; Fischer-Lutter-Hommelhoff, GmbHG12 197 und Roth GmbHG2 243; zur ähnlichen Regelung im Aktiengesetz vgl. Schiemer, HandkommAG2 P.1.1. zu § 58).
Damit bleibt nur mehr zu prüfen, ob die von der beklagten Partei gewählte Form der Aufforderung zur Einzahlung offener Beträge auf die Stammeinlage den Voraussetzungen des § 66 Abs 1 GmbHG entsprach. Das Ausschlußverfahren besteht aus zwei Teilen:
Einerseits muß die Gesellschaft dem säumigen Gesellschafter unter Bestimmung einer Nachfrist von mindestens einem Monat für die Einzahlung den Ausschluß aus der Gesellschaft mittels rekommandierten Schreibens androhen. Andererseits muß die Gesellschaft nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist den säumigen Gesellschafter als ausgeschlossen erklären und diesen hievon wieder mittels eingeschriebenen Schreibens benachrichtigen.
Das Schreiben der beklagten Partei vom 3. Dezember 1981 enthielt zwar die Bestimmung einer einmonatigen Nachfrist (allerdings mit dem fragwürdigen Hinweis auf deren Verkürzung durch das Zahlungsversprechen der Klägerin und die Androhung des Ausschlusses im Sinne des § 66 Abs 1 GmbHG. Es nannte jedoch nicht den Betrag, der innerhalb eines Monates eingezahlt werden müsse, widrigens es zum Ausschluß komme. Der Schutz des betroffenen Gesellschafters erfordert aber wegen der schwerwiegenden Rechtsfolgen eine strenge Auslegung dieser Bestimmung (GesRZ 1977, 101) und somit entgegen der Meinung der Revisionswerberin grundsätzlich die bestimmte Nennung des eingeforderten Betrages (Reich-Rohrwig aaO 594;
Gellis-Feil aaO 373; Fischer ua aaO; Scholz-Emmerich aaO Rz 16). Deshalb genügt bei der Einforderung eines zu geringen Betrages dessen Zahlung, um den Ausschluß abzuwenden (Roth aaO 244;
Rowedder aaO 339; Scholz-Emmerich aaO; Baumbach-Hueck aaO 249). Im übrigen mochte der Klägerin zwar möglicherweise klar sein, daß mit dem Einforderungsschreiben vom 3. Dezember 1981 die damals offenen S 94.000,-- gemeint seien, sicher war ihm aber die Einmahnung dieses Betrages nicht zu entnehmen. Es konnte wegen der Anführung eines niedrigeren Betrages auch so aufgefaßt werden, als würde schon durch die Zahlung dieses Betrages der drohende Ausschluß abgewehrt. Selbst wenn daher die beklagte Partei auf die offene Einlage von S 94.000,-- nicht teilweise verzichten wollte, durfte die Klägerin das zumindest mehrdeutige Schreiben mangels Nennung eines höheren Betrages so auffassen, daß die beklagte Partei vorläufig besonders dringend nur auf der Zahlung der im Schreiben angeführten Beträge bestand. Im übrigen ist selbst die beklagte Partei in der Folge bis zum Frühjahr 1984 untätig geblieben. Damit war das Schreiben vom 3. Dezember 1981 nicht geeignet, die Voraussetzungen einer Einforderung nach § 66 Abs 1 GmbHG zu erfüllen.
Die Schreiben vom 9. Jänner 1984 und 15. Februar 1984 bezogen sich im Gegensatz zum hier immerhin mehrdeutigen Schreiben vom 3. Dezember 1981 schon nach der ganzen Formulierung unzweideutig nur auf Verzugszinsen und sonstige Nebengebühren, so daß sie nicht dahin umgedeutet werden können, daß damit implizit auch die niedrigere offene Stammeinlagenschuld eingemahnt worden wäre. Die Klägerin konnte den Standpunkt vertreten, daß sie sich wegen der Säumigkeit mit der Zahlung von Verzugszinsen nicht der Gefahr der Kaduzierung aussetze. Auch diese beiden Schreiben erfüllten daher nicht die Voraussetzungen eines Forderungsschreibens nach § 66 Abs 1 GmbHG. Der dann einen Monat später ausgesprochene Ausschluß war daher wirkungslos. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob die Kaduzierungserklärung der Klägerin zugekommen ist.
Für den vorliegenden Rechtsstreit spielt es auch keine Rolle, wie hoch die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber anderen Personen sind. Schließlich muß auch nicht geprüft werden, ob die von den Vorinstanzen dargestellten Widersprüchlichkeiten in den Mitteilungen der Gesellschafterlisten an das Registergericht (in denen teilweise die Nichteinzahlung der S 94.000,-- wegen bisheriger Nichteinlösung eines Akzepts, teilweise die volle Einzahlung der S 94.000,-- aber mit Hinweis auf noch offene Verzugszinsen gemeldet wurde) durch Irrtümer der beklagten Partei oder durch ein Verhalten der Klägerin verursacht wurden.
Auf den Einwand der fehlenden Klagslegitimation und der Versäumung einer Klagefrist kommt die beklagte Partei in der Revision nicht mehr zurück.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, wobei der geringfügige Additionsfehler der Kostenverzeichnung in der Revisionsbeantwortung zugunsten der klagenden Partei zu beheben war.
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