OGH 3Ob595/85 (3Ob596/85)

OGH3Ob595/85 (3Ob596/85)9.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Elfriede B***, Verkäuferin, 6020 Innsbruck-Arzl, Schrottstraße 2, vertreten durch Dipl.Vw.DDr. Armin Santner und Dr. Peter Lechner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Mathias B***, Pensionist, 2. Julia B***, Hausfrau, beide

6064 Rum, Langer Graben 39, und beide vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, jeweils wegen Erneuerung und Versetzung einer Dachrinne und Anbringung eines Schneegitters, infolge Rekurses und Revision der klagenden Partei gegen den Beschluß und das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 22. Mai 1985, GZ. 2 a R 204, 242/85-25, womit infolge (Rekurses und) Berufung der beklagten Parteien der Beschluß und das Urteil des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 20. Feber 1985, GZ. C 819/82 -20, abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Rechtsmitteln wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat den Beklagten binnen 14 Tagen die mit S 2.833,63 (darin 235,78 S Umsatzsteuer und 240 S sonstige Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses Dörferstraße 7 in Rum (bei Innsbruck). Die Beklagten sind Miteigentümer je zur Hälfte der angrenzenden Liegenschaft Langer Graben 39 im selben Ort. Am 2. November 1982 brachte die Klägerin beim Erstgericht zu C 819/82 eine Klage gegen den darin als (Allein-)Eigentümer der letztgenannten Liegenschaft bezeichneten Mathias B*** ein. Am 5. November 1982 erhob sie mit dem Hinweis, daß sie erst am Vortag erfahren habe, daß nicht nur Mathias B***, gegen den sie schon eine Klage eingebracht habe, sondern auch Julia B*** Eigentümer dieser Liegenschaft sei, beim Erstgericht zu C 824/82 eine weitere Klage gegen Julia B***.

In beiden Klagen behauptete die Klägerin, der jeweilige Beklagte hätte auf seinem Grundstück unmittelbar an der östlichen Grundgrenze der Klägerin einen gemauerten Schupfen errichtet, dessen Dach gegen ihr Grundstück zu steil abfalle. Die Dachrinne sei unsachgemäß so angebracht worden, daß sie zu wenig unter dem Dachrand herausrage, weshalb die Dachabwässer größtenteils über die Dachrinne hinaus auf das Grundstück der Klägerin flössen. Auch durch die durchgerostete Dachrinne gelange Dachwasser auf das Grundstück der Klägerin. Wegen der durch das vom Garagendach herabrinnenden Regen- und Schmelzwasser bewirkten ständigen Durchfeuchtung sei die Ziegelmauer des auf dem Grundstück der Klägerin stehenden Anbaues morsch geworden und müsse erneuert werden. Auch die an der Grundgrenze stehende Betonmauer, auf der ein Drahtmaschenzaun aufgesetzt sei, sei völlig durchfeuchtet und mit Moos bewachsen, wodurch sie mit der Zeit porös und brüchig werden könne. Im vergangenen Winter (1981/82) habe eine vom Garagendach abgegangene Dachlawine das Ziegeldach des erwähnten Anbaues der Klägerin erheblich beschädigt, weil der jeweilige Beklagte es unterlassen habe, das Garagendach durch ein Schneegitter zu sichern. Im Zuge eines Umbaues des Hauses der Klägerin werde der Haupteingang auf die Ostseite verlegt, so daß er durch Dachlawinen vom Garagendach der Beklagten ebenfalls gefährdet sein werde, zumal schon bisher häufig Lawinen durch den Drahtmaschenzaun auf das Grundstück der Klägerin abgegangen seien. Die Klägerin begehrte daher, die jeweilige beklagte Partei zu verurteilen, binnen 14 Tagen a) die an der Westseite ihres gemauerten Schupfens auf ihrem Grundstück Langer Graben 39 in Rum angebrachte Dachrinne zu erneuern und so zu versetzen, daß die Dachwässer des Schupfens nicht mehr auf das Grundstück der Klägerin Dorfer Straße 7 in Rum gelangen können; b) auf dem Dach dieses Schupfens ein Schneegitter zur Verhinderung des Abgehens von Dachlawinen auf das vorgenannte Grundstück der Klägerin anzubringen. In beiden Klagen gab die Klägerin den Wert des Streitgegenstandes, den sie mit "Erneuerung einer Dachrinne, Absichern gegen Dachlawinen und Schadenersatz" bezeichnete, mit 20.000,-- S an.

In der gegen Julia B*** gerichteten Klage beantragte die Klägerin, die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden, was vom Erstgericht am Tag des Einlangens dieser Klage verfügt wurde.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Sie wendeten ein, daß es sich bei dem in den Klagen als gemauerter Schupfen beziehungsweise Garage bezeichneten Bauwerk um eine mit einer Baubewilligung errichtete Garage handle, deren (westliche) Mauer etwa 20 cm von der (östlichen) Grundgrenze der Klägerin entfernt sei. Das Garagendach sei sach- und fachgerecht errichtet und auf die Garagenmauer aufgesetzt, eine ordnungsgemäße Dachrinne so angebracht worden, daß sie über die in einem Abstand von 20 cm zum Nachbargrund aufgerichtete Mauer nicht hinausrage. Die Dachziegel der Garage seien ordnungsgemäß mit sogenannten Schneenasen versehen, so daß keine Beeinträchtigung durch abgehende Schneemassen für die Nachbarparzelle bestünde. Die Dachrinne sei auch nicht defekt. Es könne auch kein Wasser über die Dachrinne hinaus auf das Nachbargrundstück rinnen. Sollte die Klägerin gegen die Art der Errichtung nunmehr nach Jahren Einwände erheben wollen, so sei diesbezüglich der Rechtsweg ausgeschlossen.

Nach dem schriftlichen Sachverständigengutachten wendeten die Beklagten noch ein, daß die Klägerin den Zwischenraum zwischen ihrer Grenzmauer und der Garage der Beklagten selbst ausgefüllt habe, so daß seither die Möglichkeit bestehe, daß Wasser, das nicht mehr versickern könne, auf den Grund der Klägerin gelange. In letzter Zeit tropfe es auch bei starkem Regen aus der Zusammenschlußstelle der Dachrinne, die durch in den vergangenen Jahren ständig vom Haus der Klägerin abgegangenen Dachlawinen beschädigt worden sei. Die Klägerin habe nunmehr einen Großteil des Zwischenraums und auch den Schupfen überdacht, so daß das Regenwasser vom Haus (der Garage) der Beklagten nicht mehr auf den Grund der Klägerin gelangen könne. "Das Leistungsbegehren" sei "verfehlt und schikanös" (AS 64). Die Klägerin replizierte, den Eingang ihres Hauses an die Ostseite, also in den Einwirkungsbereich der Dachrinne der Beklagten verlegt zu haben, weshalb von einer schikanösen Rechtsausübung keine Rede sein könne (AS 65).

Zum Vorwurf, das Leistungsbegehren sei verfehlt, nahm sie prozessual nie ausdrücklich Stellung, allerdings "modifizierte" sie "das Klagebegehren" in der letzten Tagsatzung vom 14. Februar 1985 dahin, "daß die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig seien, die in dem bisherigen Klagebegehren angeführten Maßnahmen zu treffen" (AS 105). Die Beklagten sprachen sich "gegen die Zulassung" dieser - von ihnen als unzulässig beurteilten - "Klagsänderung" aus. Das Erstgericht erklärte die Änderung des Klagebegehrens mit Beschluß für zulässig und verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand, binnen drei Monaten dafür Sorge zu tragen, daß a) die Dachwässer der an der westlichen Grundstücksgrenze ihrer Liegenschaft Langer Graben 39 stehenden Garage nicht über die Regenrinne hinaus auf das Grundstück der Klägerin Dorfer Straße 7 gelangen, b) das Abgehen von Dachlawinen vom Dach dieser Garage auf das benachbarte Grundstück der Klägerin verhindert wird. Die Zulassung der Änderung des Klagebegehrens begründete das Erstgericht mit der mangelnden Erschwerung und Verzögung des Verfahrens.

Es stellte im wesentlichen fest, daß bei mittelstarkem und stärkerem Regen die Dachwässer von der im Jahr 1964 errichteten Garage der Beklagten über den äußeren Rand der viel zu tief angebrachten Dachrinne hinausschießen und damit zwangsläufig auf den Grund der Klägerin gelangen, insbesondere auf deren Betonmauer, das Dach des "Holzschupfens" und das Ziegelmauerwerk, wodurch diese Bauwerke zusätzlich durchnäßt werden. Die auf dem 56 m 2 großen Garagendach vorhandenen 32 Dachziegel mit Schneenasen können das Abgehen von Dachlawinen nicht verhindern. Dazu müßten mindestens 168 Schneenasen oder ein Schneefanggitter oder Schneerechen angebracht sein.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß die Klägerin den Beklagten die von deren Grund ausgehenden festgestellten Einwirkungen, nämlich die Abwässer und die drohenden Dachlawinen vom Garagendach, die das nach ortsüblichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überstiegen und eine wesentliche Beeinträchtigung der Benützung des Grundstückes der Klägerin darstellten, nach § 364 Abs. 2 ABGB untersagen könne. Weil das Klagebegehren zur Abwehr von Immissionen auf deren Unterlassung und nicht auf Erwirkung bestimmter Schutzmaßnahmen zu richten sei, sei im Urteilsspruch zum Ausdruck zu bringen gewesen, daß die eigentliche Verpflichtung der Beklagten darin bestehe, fortdauernd dafür zu sorgen, daß die Klägerin weder durch Niederschlagswasser noch durch drohende Schneelawinen vom Garagendach der Beklagten in der Benützung ihres Grundstückes beeinträchtigt wird. Diese vom Klagebegehren abweichende Spruchfassung sei nach § 405 ZPO zulässig, weil es sich dabei nur um eine klarere und deutlichere Fassung des auf die Unterlassung von Immissionen gerichteten Klagezieles handle. Dieses Urteil bekämpften die Beklagten wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit Berufung.

Die Berufungswerber führten unter anderem aus, die Klägerin hätte gegen sie Leistungsbegehren gestellt, die das Erstgericht nicht von sich aus in Unterlassungsbegehren hätte umwandeln dürfen. Dies stelle eine Änderung der Klagebegehren dar. Das Erstgericht habe richtigerweise darauf hingewiesen, daß bei Immissionen nur auf Unterlassung, nicht aber auf Durchführung bestimmter Vorkehrungen geklagt werden dürfe. Die Beklagten hätten auch ausdrücklich eingewendet, daß die Leistungsbegehren verfehlt seien. Schon deshalb wären sie abzuweisen gewesen. Sie wendeten sich ferner gegen die Zulassung der Klagsänderung.

Die Klägerin brachte dazu in der Berufungsbeantwortung vor, daß die vom Erstgericht vorgenommene Abänderung des Klagebegehrens für die Beklagten keine Beschwer bringe, sondern eher als Beschwer für die Klägerin auszulegen sei. Abgesehen von der Frage der möglichen Exekutionsführung bringe sie nämlich den Beklagten den Vorteil, daß sie selbst die Beseitigung der Störungen nach ihrem Ermessen vornehmen könnten, ohne daß die Klägerin auf die Art der Beseitigung Einfluß nehmen könnte. Das Erstgericht sei zu einer derartigen Änderung im Rahmen des § 405 ZPO durchaus berechtigt gewesen. Außerdem sei die Frage, ob lediglich ein Unterlassungsbegehren "oder aber ein Leistungsbegehren zulässig" sei, "keineswegs ausjudiziert". Gerade im vorliegenden Fall sei es durchaus zulässig und möglich, eine Leistung, nicht aber eine Unterlassung zu fordern. Weil das erstgerichtliche Urteil von der dadurch allenfalls beschwerten Klägerin aber nicht bekämpft werde, sei diese Erörterung nur theoretisch.

Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung, beschloß, der als Rekurs aufzufassenden Berufung gegen den in das Urteil aufgenommenen Beschluß auf Zulassung der Klagsänderung Folge zu geben und änderte diesen Beschluß durch Abweisung der beantragten Klagsänderung ab, gab der Berufung im übrigen Folge und änderte das Urteil der ersten Instanz durch Abweisung beider ursprünglicher Klagebegehren ab. Dabei sprach es aus, daß der Wert der einzelnen Streitgegenstände, über den es erkannte, 15.000,-- S, nicht aber 300.000,-- S übersteige und daß der Rekurs beziehungsweise die Revision zugelassen werden.

Die von den Berufungswerbern als Nichtigkeit bewertete Umwandlung des Leistungsbegehrens in ein Unterlassungsbegehren stelle nur eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar. Der Vorwurf, daß zwei getrennte Klagen vorliegen, so daß die am 14. Februar 1985 vorgenommene Umstellung des Klagebegehrens eine unzulässige Klagsänderung darstelle, sei als Rekurs gegen den diese Klagsänderung zulassenden Beschluß aufzufassen und berechtigt. Die von der Klägerin vorgenommene "Modifizierung" stelle keine Klagsänderung im Sinn des § 235 ZPO dar. Trotz der Verbindung sei die Selbständigkeit beider Verfahren erhalten geblieben, deshalb sei eine Umstellung der Begehren auf Verurteilung der getrennt Beklagten zur ungeteilten Hand unzulässig. Dadurch würde nämlich jeder Beklagte in den Prozeß des anderen als Beklagter miteinbezogen. Ein Parteibeitritt sei aber auch mit Zustimmung der Parteien nicht möglich.

In der Sache selbst seien die ursprünglichen Klagebegehren auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes abzuweisen. Bei unzulässigen Immissionen könnten nämlich vom Nachbarn nicht bestimmte Abwehrmaßnahmen, sondern nur verlangt werden, daß dieser geeignete Vorkehrungen auf seinem Grundstück trifft, damit davon keine weiteren Immissionen mehr ausgehen. Aus den Klagebegehren gehe klar hervor, daß die Klägerin von den Beklagten unzulässigerweise ganz bestimmte Abwehrmaßnahmen verlange. Würde man diese Begehren dahin abändern, daß die Beklagten schuldig seien, nur geeignete Maßnahmen zur Abwehr der Immissionen zu treffen, so würde etwas anderes zugesprochen, als verlangt worden sei. Auch aus den Klageerzählungen ergebe sich nämlich nichts anderes als die Tatsache, daß sich die Klägerin gegen bestimmte Immissionen vom Nachbargrund zur Wehr setzen wolle und daß sie zu deren Verhinderung von den Nachbarn ganz bestimmte Vorkehrungen verlange. Schon deshalb erwiesen sich die Klagebegehren als nicht gerechtfertigt. Da es sich bei einer Immissionsklage um den Fall einer Eigentumsfreiheitsklage im Sinn des § 523 ABGB handle, könne sich diese gegen den jeweiligen Störer oder gegen den Eigentümer des Nachbargrundstückes richten. Stehe dieses im Miteigentum, so seien alle Miteigentümer gemeinsam zu klagen, weil sie unzertrennliche Streitgenossen im Sinn des § 14 ZPO seien. Die getrennten Klagen gegen die beiden Hälfteeigentümer seien daher auch deshalb nicht berechtigt.

Die Aussprüche über die Zulässigkeit von Rekurs und Revision begründete die zweite Instanz damit, daß zu den Fragen der hier zu beurteilenden Klagsänderung, der Zulässigkeit der Modifizierung des Klagebegehrens zur Abwendung von Immissionen und zur notwendigen Streitgenossenschaft von Miteigentümern bei Immissionsklagen keine (oberstgerichtliche) Rechtsprechung greifbar sei.

Die Klägerin bekämpft den Beschluß der zweiten Instanz über die Abweisung der von ihr beantragten Klagsänderung mit Rekurs, in dem sie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinn einer Zulassung der Modifizierung der Klagebegehren beantragt. In ihrer gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt sie, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Erneuerung des Verfahrens an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen, allenfalls es im Sinn der modifizierten Klagebegehren, allenfalls im Sinn der ursprünglichen Klagebegehren, allenfalls im Sinn der vom Erstgericht formulierten Klagebegehren, allenfalls ohne Verurteilung zur ungeteilten Hand, abzuändern.

Die Beklagten beantragen, diesen Rechtsmitteln nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind aus den im § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO bezeichneten Gründen zulässig; sie sind aber nicht begründet. "Eigentum (im subjektiven Sinn) ist 'das' Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden anderen davon auszuschließen" (§ 354 ABGB). "Kraft des Rechtes, frei über sein Eigentum zu verfügen, kann der Eigentümer in der Regel seine Sache nach Willkür benützen oder unbenützt lassen" (§ 362 ABGB). "Die Ausübung des Eigentumsrechtes findet allerdings nur insofern statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden" (§ 364 Abs. 1 ABGB). "Der Eigentümer eines Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig" (§ 364 Abs. 2 ABGB).

Nach dieser Bestimmung unzulässige Immissionen können mit der Eigentums-Freiheitsklage (actio negatoria) abgewehrt werden (Klang in Klang 2 II 173; Spielbüchler in Rummel, ABGB insbes. Rz 4 zu § 364; Petrasch in Rummel, ABGB Rz 9 zu § 523; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts 7 II 39, SZ 56/50 ua.). Der Anspruch (auf "Untersagung") richtet sich regelmäßig gegen den Grundeigentümer, von dessen Grundstück die Störung ausgeht (Klang aaO 169; Spielbüchler aaO Rz 5; Petrasch aaO Rz 10); das Begehren einer solchen Klage geht auf Unterlassung des Eingriffs (allenfalls "Verhinderung" bzw. "Vorkehrungen zur Verhinderung..."), nicht aber auf Erwirkung bestimmter Schutzmaßnahmen (Klang aaO 173;

Jelinek, Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen 40 f.;

Spielbüchler aaO Rz 17 zu § 364; vgl. auch Koziol-Welser aaO 86;

SZ 38/50 = JBl. 1965, 621; RZ 1965, 145; EvBl. 1970/18; SZ 50/99;

SZ 52/55 ua.). Klang kritisiert sogar die Rechtsprechung, die gelegentlich auch das Begehren auf sichernde Vorkehrungen auf dem Grund zuläßt, von dem die Störung ausgeht, und für dieses Begehren nur die Einschränkung macht, daß keine bestimmte Einrichtung verlangt werden darf, die Auswahl vielmehr dem Beklagten zu überlassen ist. Es ergebe sich nämlich bei solchen allgemeinen Verpflichtungen des Beklagten zur Vornahme von Sicherungsmaßnahmen Schwierigkeiten im Exekutionsvollzug. Es sei daher zweckmäßiger, ein solches Klagebegehren nicht zuzulassen, ganz abgesehen davon, daß es dem Charakter der Klage als einem Fall der negativen Eigentumsklage nicht entspreche. Auch Jelinek (aaO, 44) verweist darauf, daß der Titel jedenfalls zur Exekutionsführung gemäß § 355 EO (nicht § 353 EO) führen solle.

Falls daher die Klägerin gegen die Beklagten einen nachbarrechtlichen Anspruch auf Unterlassung der in den beiden Klagen behaupteten Immissionen durch Regen- und Schmelzwasser sowie Schneelawinen vom Garagendach besitzt, haben die Beklagten allerdings die Pflicht, dafür zu sorgen, daß vom Dach ihrer Garage künftig kein Regen- oder Schmelzwasser und keine Dachlawinen auf das Grundstück der Klägerin gelangen (soweit es sich dabei um Einwirkungen handelt, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstücks der Klägerin wesentlich beeinträchtigen). Diese Verpflichtung der Beklagten ist aber, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte, nicht in Einzelleistungen zerlegbar und umfaßt inhaltlich ein von ihnen zu bestimmendes geeignetes Verhalten, dessen Einzelheiten ihnen daher nicht vorgeschrieben werden dürfen, insbes. also nicht, daß sie am Dach ihrer Garage eine Dachrinne erneuern und versetzen und ein Schneegitter anbringen müssen.

Aus der von der Klägerin gewählten Bezeichnung des Streitgegenstands "Erneuerung einer Dachrinne, Abwehr gegen Dachlawinen..." und der Formulierung der Klagebegehren ergibt sich, daß die Klägerin aus den gegenständlichen Klagegründen kein nach § 355 EO zu vollstreckendes Begehren, sondern lediglich nach § 353 EO vollstreckbare Leistungsbegehren im engeren Sinn gestellt hat, die auf Verurteilung der Beklagten zu einmaligen, von der Klägerin bestimmten Einzelleistungen gerichtet sind.

Das zeigen auch die sonstigen, in allen Einzelheiten wiedergegebenen Ausführungen der Klägerin in 1. Instanz und in der Berufungsbeantwortung, insbes. kann danach nicht unterstellt werden, daß außer der - unzulässigen - Verurteilung der Beklagten zu bestimmten Einzelleistungen zusätzlich ein gemäß § 355 EO vollstreckbares Urteil beantragt wird. Wenn das Erstgericht die Beklagten daher dazu verurteilt hat, dafür Sorge zu tragen, daß die Dachwässer ihrer Garage nicht über die Regenrinne hinaus auf das Grundstück der Klägerin gelangen, und daß das Abgehen von Dachlawinen vom Dach dieser Garage auf das Grundstück der Klägerin verhindert wird, hat es der Klägerin entgegen § 405 ZPO etwas zugesprochen, was nicht beantragt war. Es handelt sich also um ein aliud und nicht bloß um eine klarere und deutlichere Fassung der Klagebegehren (Fasching III 646 f.), gleichgültig, ob man die ursprünglichen, oder das "modifizierte" Klagebegehren als "Urteilsantrag" ansieht. Denn auch mit der "Modifizierung" wurde das Leistungsbegehren unverändert aufrechterhalten, die Änderung bestand nur in der "Zusammenziehung" und dem Begehren auf Verurteilung zur ungeteilten Hand.

Der vom Erstgericht formulierte Urteilsspruch hätte eine - gar nicht vorgenommene - Klagsänderung im Sinne des § 235 ZPO durch Änderung der Begehren vorausgesetzt.

Entgegen der Meinung der Revisionswerberin wurde ihr somit vom Erstgericht nicht weniger, sondern etwas anderes zuerkannt, als die begehrt hatte, und zwar inhaltlich sogar ein plus. Während die Beklagten bei Verurteilung nach dem Klagebegehren nämlich (nur) verpflichtet wären, binnen 14 Tagen eine Dachrinne zu erneuern und zu versetzen sowie ein Schneegitter anzubringen, also einmalige (relativ geringfügige) Leistungen zu erbringen, wären sie nach dem Spruch des Erstgerichts verpflichtet, (ständig) für die Verhinderung der Einwirkung von Dachwässern und Dachlawinen ihrer Garage auf das Grundstück der Klägerin zu sorgen.

Die gestellten Klagebegehren sind aus dem Vorbringen der Klägerin auch nicht schlüssig als Schadenersatzbegehren abzuleiten. Aus den bisher angeführten Gründen hat das Berufungsgericht die ursprünglichen Klagebegehren ohne Rechtsirrtum abgewiesen und könnte auch dem in der Tagsatzung vom 14. Februar 1985 (wie erwähnt, faktisch nur hinsichtlich der Solidarverpflichtung der Beklagten) "modifizierten" Klagebegehren nicht Folge gegeben werden. Deshalb war nicht mehr darauf einzugehen, ob die Beklagten als Miteigentümer - wie beim Streit über unteilbare Grunddienstbarkeiten (Petrasch aaO Rz 4 zu § 523) - notwendige Streitgenossen sind, was z. B. Spielbüchler (aaO Rz 8 zu § 354) nicht überzeugend erscheint, und welche Rechtsfolgen aus der Verbindung vor Zustellung beider Klagen in Ansehung der Zulässigkeit einer Verurteilung zur ungeteilten Hand abzuleiten wären.

Beiden Rechtsmitteln ist daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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