Normen
ABGB §164 Abs1
ABGB §164a Abs1
ABGB §164b Abs1
ABGB §164c Abs1
ZPO §240 Abs1
ZPO §240 Abs3
ABGB §164 Abs1
ABGB §164a Abs1
ABGB §164b Abs1
ABGB §164c Abs1
ZPO §240 Abs1
ZPO §240 Abs3
Spruch:
Das Vaterschaftsanerkenntnis (mit späterer Legitimation durch nachfolgende Ehe) wird durch die erfolgreiche Ehelichkeitsbestreitung seitens der Staatsanwaltschaft nicht rechtsunwirksam, sondern stellt für eine Klage auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft ein Prozeßhindernis im Sinne des § 240 Abs. 3 ZPO dar
OGH 23. Mai 1978, 3 Ob 593/78 (LG Salzburg, 32 R 832/77; BG Radtstadt C 122/77 )
Text
Der Kläger wurde am 27. Oktober 1973 von Anita P unehelich geboren. Am 20. Dezember 1973 erklärte Felix B vor der Bezirkshauptmannschaft S, die Vaterschaft zu diesem Kinde anzuerkennen. Am 8. Juni 1974 schlossen Felix B und Anita P die Ehe. Daraufhin wurde mit Beschluß vom 27. Juni 1974 gemäß § 31 PersStG festgestellt, daß das Kind die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt habe. Mit Urteil vom 10. März 1976 wurde die Ehe des Felix und der Anita B geschieden. Am 5. November 1976 brachte die Staatsanwaltschaft eine Klage auf Bestreitung der ehelichen Abstammung des nunmehrigen Klägers ein. Der nunmehrige Beklagte trat diesem Rechtsstreit als Nebenintervenient auf Seiten des beklagten Kindes bei und erklärte in diesem Zusammenhang selbst, daß Felix B nicht der Erzeuger des Kindes sein könne.
In diesem Verfahren wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 20. Jänner 1977 festgestellt, daß der nunmehrige Kläger unehelich geboren ist. In den Entscheidungsgründen wurde - u. a. auch auf Grund der Zeugenaussage des nunmehrigen Beklagten - als erwiesen angenommen, daß dieser der natürliche Vater (Erzeuger) des Kindes ist.
Der gegenständlichen, nach Rechtskraft des angeführten Urteils vom 20. Jänner 1977 eingebrachten Klage auf Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und dessen Verpflichtung zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von schließlich 700 S setzte der Beklagte lediglich den Einwand entgegen, daß durch das Urteil vom 20, Jänner 1977 das Vaterschaftsanerkenntnis des Felix B vom 20. Dezember 1973 nicht außer Kraft getreten und daher das Klagebegehren abzuweisen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es führte aus, mit dem Urteil vom 20. Jänner 1977 über die Feststellung der Unehelichkeit des Klägers sei "untrennbar die Feststellung mitverbunden", daß der nunmehrige Kläger nicht von Felix B "gezeugt worden sein kann", es erübrige sich daher eine zusätzliche formelle Aufhebung des seinerzeitigen Vaterschaftsanerkenntnisses; dieses sei außerdem bereits durch die erfolgte Legitimierung "außer Wirksamkeit gesetzt worden".
Mit dem angefochtenen Urteil bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes. Es ergänzte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes mit dem zusätzlichen Argument, die Rechtskraftwirkung des Urteils vom 20. Jänner 1977 erfasse auch als dessen denknotwendige Voraussetzung die Tatsache, daß der minderjährige Kläger entgegen dem von Felix B erklärten Vaterschaftsanerkenntnis nicht von Felix B gezeugt wurde.
Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß der Revision die Urteile der Vorinstanzen, das Verfahren vor dem Berufungsgericht sowie das Verfahren vor dem Erstgericht ab Klagszustellung als nichtig auf und wies die Klage zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Aus Anlaß der Revision war ein gegen die Sacherledigung des gegenständlichen Begehrens bestehendes Prozeßhindernis von Amts wegen wahrzunehmen. Dieses Hindernis ergibt sich aus nachstehenden Erwägungen:
Die Rechtswirksamkeit des von Felix B am 20. Dezember 1973 erklärten Vaterschaftsanerkenntnisses kann zufolge § 164b Abs. 1 ABGB nur in der durch §§ 164 Abs. 1 und 164 a Abs. 1 ABGB vorgesehenen Weise festgestellt werden. Auf Grund dieses apodiktischen Verbotes, die Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses auf andere Weise festzustellen, ist die an sich naheliegende und sachgerechte Schlußfolgerung der Vorinstanzen, die Rechtskraftwirkung des Urteils vom 20. Jänner 1977 stehe mit dem Vaterschaftsanerkenntnis vom 20. Dezember 1973 begriffsnotwendig in Widerspruch, nicht geeignet, die Rechtsunwirksamkeit dieses Anerkenntnisses herbeizuführen (zur Kritik der Zweckmäßigkeit des § 164b ABGB, welche jedoch an der Geltung dieser Vorschrift nichts zu ändern vermag, vgl. etwa Kralik, JBl. 1971, 281; Gamerith, NZ 1972, 156). Angesichts der angeführten Bestimmung kann auch die Auffassung der Vorinstanzen, daß bereits die seinerzeitige Legitimierung des Kindes (durch Beschluß vom 27. Juni 1974) das gegenständliche Vaterschaftsanerkenntnis "außer Wirksamkeit gesetzt" habe, keinesfalls geteilt werden, zumal die Rechtswirksamkeit dieses Anerkenntnisses in Wahrheit die Voraussetznug des Legitimierungsbeschlusses war (vgl. hiezu Schwimann, JBl. 1977, 225).
Die Richtigkeit der Auffassung, daß das Urteil vom 20. Jänner 1977 für sich allein nicht die Rechtsunwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 20. Dezember 1973 zur Folge hat, ergibt sich auch aus folgender Überlegung:
Wer die Vaterschaft zu einem Kind anerkennt, obwohl ihm bewußt ist, daß er es nicht gezeugt haben kann, kann mit einer Klage gemäß § 164a Abs. 1 Z. 2 ABGB nicht durchdringen (ebenso SZ 48/14 u. a.). Wer somit in einem derartigen Fall freiwillig und rechtswirksam die Vaterschaft anerkennt, hat später keine Möglichkeit, selbst die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit seines Anerkenntnisses zu erwirken (vgl. Zemen, FamRZ 1973, 362 sowie die bei Klang[2],Ergänzungsband, 90, abgedruckten Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zum UeKindG). In derartigen Fällen hat lediglich der Staatsanwalt gemäß § 164c Abs. 1 Z. 3 ABGB das Recht zur Klage gegen den mutmaßlichen Vater, wobei nach der ausdrücklichen Anordnung dieser Gesetzesstelle das Anerkenntnis erst mit Rechtskraft des Urteils, mit welchem auf Grund einer solchen Klage die Vaterschaft - eines anderen Mannes - festgestellt wird, rechtsunwirksam wird (nur in diesem "einzigen Ausnahmefall" - vgl. Schwimann, JBl. 1977, 228 - beseitigt somit ein in anderem Zusammenhang ergangenes Urteil die Rechtswirksamkeit eines gültig erklärten Vaterschaftsanerkenntnisses).
Diese Regelung vermeidet (zum Schutz des Kindes bewußt), daß bei Vorliegen eines rechtswirksamen Vaterschaftsanerkenntnisses während eines gewissen Zeitraumes rechtlich niemand als Vater des Kindes anzusehen wäre. Die Auffassung der Vorinstanzen, daß bereits die Rechtskraftwirkung des gegenständlichen Urteils vom 20. Jänner 1977 (im Bestreitungsprozeß) die Rechtswirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 20. Dezember 1973 beseitige, würde zum gegenteiligen und damit zu einem mit der Regelung des § 164c Abs. 1 Z. 3 ABGB im Widerspruch stehenden Ergebnis führen.
Aus den vorstehenden Erwägungen ist dem Revisionswerber beizupflichten, daß das Vaterschaftsanerkenntnis des Felix B vom 20. Dezember 1973 durch das Urteil im Bestreitungsprozeß vom 20. Jänner 1977 nicht rechtsunwirksam wurde. Die fortbestehende Rechtswirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 20. Dezember 1973 hat jedoch nicht die vom Beklagten in allen Instanzen beantragte Abweisung des Klagebegehrens (Sachentscheidung) zur Folge, sie stellt vielmehr ein Prozeßhindernis im Sinne des § 240 Abs. 3 ZPO dar, welches zur Zurückweisung der Klage führen muß (ebenso Ballon, JBl. 1974, 251; SZ 46/30 u. a.).
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