OGH 3Ob59/18z

OGH3Ob59/18z25.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Mag. P*, vertreten durch Mag. Georg E. Thalhammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Titelergänzung, Rechnungslegung und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 33.267,12 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichtvom 20. Dezember 2017, GZ 14 R 132/17k‑51, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. August 2017, GZ 28 Cg 33/14z‑43, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E121871

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts, das im Übrigen bestätigt wird bzw als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleibt, wird in seinem Punkt 2.b. dahin abgeändert, dass es insoweit wie folgt zu lauten hat:

„2.b. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei über alle bisherigen Zahlungen aus dem im Jahr 2012 von der beklagten Partei mit seiner Dienstgeberin U* AG abgeschlossenen Sondervertrag samt Altersteilzeitregelung vollständig Rechnung zu legen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei überdies über alle künftigen Ansprüche aus dem genannten Sondervertrag Rechnung zu legen, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.040,48 EUR (hierin enthalten 340,08 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 9. September 1998 rechtskräftig geschieden. In Punkt 2. des für den Fall der Rechtskraft der Scheidung geschlossenen Vergleichs vom 26. August 1998 vereinbarten die Parteien für den Fall einer zukünftigen Erwerbstätigkeit der Klägerin, dass diese „40 % vom gemeinsamen Einkommen abzüglich ihres Eigenerwerbseinkommens“ erhalte.

Der 1954 geborene Beklagte war Bankangestellter. Im Jahr 2012 unternahm seine Arbeitgeberin erhebliche Anstrengungen, um den Personalstand zu reduzieren. Insbesondere ältere Arbeitnehmer wurden angesprochen, Altersteilzeit und in der Folge die Korridorpension in Anspruch zu nehmen, wobei die Bank sogar bereit war, die Kosten für den Nachkauf erforderlicher Versicherungszeiten zu übernehmen. Im Zuge dieser Bemühungen, Personal abzubauen, trat die Bank sogar an definitiv gestellte und damit unkündbare Mitarbeiter heran, die mit durchaus teuren „handshakes“ motiviert wurden, das Unternehmen zu verlassen.

Auch der Beklagte, der damals 58 Jahre alt und seit 26 Jahren im Unternehmen tätig war und an sich gerne noch zwei oder drei Jahre Vollzeit gearbeitet hätte, wurde mit dem Ansinnen konfrontiert, in Altersteilzeit zu gehen und danach die Korridorpension in Anspruch zu nehmen. Er war nicht definitiv gestellt und hätte deshalb auch gekündigt werden können.

Eine Kündigung für den Fall, dass ein Mitarbeiter den Vorschlag der Bank (Altersteilzeit und Korridorpension) nicht annehmen sollte, wurde konkret von niemandem thematisiert, es wurde also niemandem mit Kündigung für den Fall gedroht, dass er nicht zustimmt. Alle angesprochenen Mitarbeiter willigten in die Altersteilzeit‑ und Korridorpensionslösung ein. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte tatsächlich gekündigt worden wäre, wenn er nicht eingewilligt hätte.

Der Beklagte entschied sich, den Altersteilzeit- und Korridorvorschlag anzunehmen, weil er die Gefahr einer Kündigung ernst nahm und sich auf der sicheren Seite wissen wollte.

Die Klägerin begehrte nach mehrfachen Klageausdehnungen und -einschränkungen letztlich die Vollstreckbarerklärung des Vergleichs bezüglich der Bruchteilsschuld für das Jahr 2011 in Höhe von 378,54 EUR monatlich, für das Jahr 2013 in Höhe von 1.601,11 EUR monatlich und für das Jahr 2014 in Höhe von 807,90 EUR monatlich, jeweils zzgl 4 % Zinsen ab Fälligkeit, hilfsweise Zahlung von 33.450,60 EUR sA; weiters die Verpflichtung des Beklagten zur Rechnungslegung über sein Gesamteinkommen einschließlich Arbeitnehmerveranlagungen bzw Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2015 und über etwaige daraus resultierende Gutschriften, sowie über alle bisherigen Zahlungen und künftigen Ansprüche aus dem 2012 mit der Bank abgeschlossenen Sondervertrag samt Altersteilzeitregelung; und überdies die Feststellung, dass sich aus dem Vergleich vom 26. August 1998 wegen Unterhalts die Rechtsverbindlichkeit des Beklagten ergebe, ab dem Jahr 2016 bis einschließlich 2019 Unterhalt an die Klägerin zu leisten, als ob seine bisherige Vollzeiterwerbstätigkeit bei der Bank aufrecht wäre, und ab dem Jahr 2020 Unterhalt an die Klägerin zu leisten, als ob seine Vollzeiterwerbstätigkeit bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres aufrecht gewesen wäre, und zwar im Rahmen der daraus (hypothetisch) resultierenden Alterspensionsansprüche.

Der Beklagte sei ab dem Jahr 2013 auf ein fiktives Vollzeiteinkommen und ab dem Jahr 2020 auf ein fiktives Pensionseinkommen unter Zugrundelegung einer Vollzeiterwerbstätigkeit bis zum 65. Lebensjahr anzuspannen, weil er sich freiwillig auf den Altersteilzeitvertrag eingelassen habe. Da seine Kündigung nie im Raum gestanden sei, hätte er an seiner Vollzeitbeschäftigung bis zum Erreichen des Regelpensionsalters festhalten müssen. Für die Klägerin sei auch nicht ersichtlich, ob der Beklagte aus seinem Altersteilzeitvertrag allenfalls bereits endbesteuerte Zuwendungen Dritter, etwa einer Privatstiftung der Bank, erhalten habe.

Der Beklagte wendete ein, die Einwilligung in die Altersteilzeit sei ihm mit Nachdruck nahegelegt worden, weil die Bank bestrebt gewesen sei, ältere und teurere Arbeitnehmer kontinuierlich abzubauen. Da er nicht definitiv gestellt gewesen sei, wäre es durchaus möglich gewesen, dass man ihn gekündigt hätte, wenn er auf den Altersteilzeitvertrag nicht eingegangen wäre. Eine Anspannung komme deshalb nicht in Betracht. Ein pflichtbewusster Unterhaltsschuldner in der Situation des Beklagten hätte ebenfalls der joberhaltenden, aber einkommensmindernden Variante den Vorzug gegeben gegenüber dem Risiko, seinen Arbeitsplatz gänzlich zu verlieren und mit 58 Jahren voraussichtlich bis zum Übertritt in die Alterspension arbeitslos zu sein. Das Rechnungslegungsbegehren sei unschlüssig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vorlage des Altersteilzeitvertrags, weil sie nur das Recht auf Rechnungslegung, nicht aber auf Vorlage der dem Einkommen zugrunde liegenden Vertragsgrundlagen habe.

Das Erstgericht erklärte Punkt 2. des Vergleichs vom 26. August 1998 für den Zeitraum 1. Juni bis 31. Dezember 2011 im Ausmaß eines (weiteren) monatlichen Unterhaltsbeitrags von 378,54 EUR, für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2013 im Ausmaß eines (weiteren) monatlichen Unterhaltsbeitrags von 552,09 EUR und für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2014 im Ausmaß eines (weiteren) monatlichen Unterhaltsbeitrags von 611,14 EUR, jeweils zzgl 4 % Zinsen ab Fälligkeit, für vollstreckbar. Das Mehrbegehren wies es ab. Es verpflichtete den Beklagten weiters, der Klägerin binnen 14 Tagen über alle bisherigen Zahlungen und künftigen Ansprüche aus dem 2012 mit seinem Dienstgeber geschlossenen Sondervertrag samt Altersteilzeitregelung vollständig Rechnung zu legen; das darüber hinausgehende Rechnungslegungsbegehren wies es (von der Klägerin unbekämpft) ab. Darüber hinaus stellte es fest, dass sich aus dem genannten Vergleich die Rechtsverbindlichkeit des Beklagten ergebe, ab dem Jahr 2017 bis einschließlich 2019 Unterhalt an die Klägerin zu leisten, als ob seine bis zum Jahr 2012 ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit bei der Bank aufrecht wäre, sowie ab dem Jahr 2020 Unterhalt an die Klägerin zu leisten, als ob seine Vollzeiterwerbstätigkeit bei der Bank bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres aufrecht gewesen wäre, und zwar im Rahmen der daraus resultierenden Alterspensionsansprüche; das Feststellungsmehrbegehren wies es ab.

Die Unterhaltsforderung der Klägerin für den Zeitraum Jänner bis Mai 2011 sei verjährt, weil die Klage erst am 28. Mai 2014 erhoben worden sei. Der Unterhaltspflichtige dürfe nach der Rechtsprechung bei sonstiger Anspannung auf das bisher erzielte Erwerbseinkommen von der Möglichkeit, vorzeitig in Pension zu gehen, nicht Gebrauch machen, wenn ihm weiterhin eine Erwerbstätigkeit zumutbar sei und die Pensionierung zu einer erheblichen Unterhaltsminderung führen würde. Der Beklagte sei zwar von seiner Dienstgeberin gedrängt worden, der von dieser angestrebten Regelung zuzustimmen, sie habe ihm aber nicht mit Kündigung gedroht und es stehe auch nicht fest, dass er mangels Zustimmung tatsächlich gekündigt worden wäre. Dass er die Möglichkeit einer Kündigung trotzdem ernst genommen habe, reiche nicht aus, um die mit der Altersteilzeitvereinbarung verbundene Schmälerung seines Einkommens zulasten der Klägerin zu rechtfertigen. Der Beklagte sei daher auf ein Vollzeit-Erwerbseinkommen bzw ab Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters auf die (hypothetische) Pension auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung bis zu diesem Zeitpunkt anzuspannen. Das Feststellungsbegehren sei daher für den Zeitraum ab dem Jahr 2017 ebenfalls berechtigt. Das Rechnungslegungsbegehren sei bezüglich der Ansprüche aus dem Altersteilzeitvertrag berechtigt, weil nicht feststellbar sei, dass er keine weiteren einkommensrelevanten Inhalte habe.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien (teilweise bzw zur Gänze) Folge und erklärte den Vergleich in seinem Punkt 2. auch für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Mai 2011 im Ausmaß eines (weiteren) monatlichen Unterhaltsbeitrags von 378,54 EUR, für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2013 jedoch nur im Ausmaß eines (weiteren) monatlichen Unterhaltsbeitrags von 37,41 EUR und für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2014 nur im Ausmaß eines (weiteren) monatlichen Unterhaltsbeitrags von 99,34 EUR, jeweils zzgl 4 % Zinsen ab Fälligkeit, für vollstreckbar. Das gesamte Mehrbegehren (auf Vollstreckbarerklärung, hilfsweise Zahlung, Rechnungslegung und Feststellung) wies es ab.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei die Unterhaltsforderung der Klägerin für die Monate Jänner bis Mai 2011 bei Einbringung der Klage noch nicht verjährt gewesen. Eine Anspannung auf ein tatsächlich nicht erzieltes (bloß hypothetisches) Einkommen dürfe nur erfolgen, wenn eine zumindest leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels durch Außerachtlassung pflichtgemäßer, zumutbarer Einkommensbemühungen vorliege. Das Erstgericht habe (disloziert in der Beweiswürdigung) festgestellt, dass die Bank auf die älteren Mitarbeiter Druck ausgeübt habe, in die Altersteilzeit mit anschließender Korridorpension zu weichen, was nur so verstanden werden könne, dass diesen Mitarbeitern – wenn auch nonverbal – sehr wohl die Möglichkeit einer sonstigen Kündigung in Aussicht gestellt worden sei. Für dieses Verständnis spreche auch sehr deutlich, dass alle angesprochenen Mitarbeiter dem Vorschlag der Bank zugestimmt hätten. Dem damals 58 Jahre alten Beklagten sei es nicht zumutbar gewesen, es auf eine – nach vernünftigem Verständnis sehr wohl drohende – Kündigung ankommen zu lassen, weil es in diesem Alter bekanntermaßen äußerst schwierig bis nahezu aussichtslos sei, einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz zu finden. Der Beklagte sei auch nicht auf die Möglichkeit der Anfechtung einer allfälligen Kündigung nach § 105 Abs 3 ArbVG zu verweisen, weil der Ausgang einer solchen Prozessführung – wie jedes Gerichtsstreits – ex ante betrachtet höchst ungewiss sei. Von einem „freiwilligen“ Verzicht des Beklagten auf ein höheres Einkommen könne daher keine Rede sein. Es entspreche dem Verhalten eines pflichtbewussten Unterhaltspflichtigen in der damaligen Situation des Beklagten, sich dem Druck der Arbeitgeberin zu beugen und die Altersteilzeit bzw Korridorpension anzutreten. Dies führe nicht nur zur Verringerung der monatlich zuzusprechenden Beträge für die Jahre 2013 und 2014, sondern auch zur (gänzlichen) Abweisung des Feststellungsbegehrens. Auch das (restliche) Rechnungslegungsbegehren sei unberechtigt, weil sich die aus einem Unterhaltsvertrag bzw -vergleich abgeleitete Auskunftspflicht des Unterhaltspflichtigen auf den Anspruch des Unterhaltsberechtigten gründe, Auskunft über die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände zu erlangen. Zur ziffernmäßigen Berechnung von Unterhaltsansprüchen seien jedoch nur Einkommensunterlagen wie Abrechnungen, Lohnzettel, Steuerbescheide etc geeignet, nicht aber auch ein Arbeitsvertrag, der lediglich rechtliche Anspruchsgrundlagen und keine tatsächlich erfolgten Auszahlungen belege. Im Übrigen handle es sich beim Vorbringen der Klägerin, der Beklagte erhalte möglicherweise Einkünfte etwa aus einer Stiftung der Bank, die in den Lohnzetteln und Steuerbescheiden nicht aufschienen, um bloße Spekulationen bzw reine Mutmaßungen, die ihr keinen Rechtsanspruch verschaffen könnten, den Beklagten zur „Rechnungslegung“ – also in Wahrheit zu einer Auskunftserteilung –, zu verpflichten.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Anspannung des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehepartners im Fall der Inanspruchnahme von Altersteilzeit auf Druck seines Arbeitgebers fehle.

Mit ihrer Revision strebt die Klägerin eine gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens an.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.

1.1. Der Unterhaltsschuldner hat alle Kräfte anzuspannen, um seiner Verpflichtung zur Leistung des Unterhalts nachkommen zu können; er muss alle persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einsetzen. Tut er dies nicht, wird er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit hätte erzielen können (RIS‑Justiz RS0047686), sofern ihn ein Verschulden daran trifft, dass er keine Erwerbstätigkeit ausübt (RIS‑Justiz RS0047495). Eine Anspannungsbeurteilung darf sich allerdings nicht in bloßen Fiktionen erschöpfen, sondern muss immer auf der hypothetischen Feststellung beruhen, welches reale Einkommen der Unterhaltspflichtige in den Zeiträumen, für die die Unterhaltsbemessung erfolgt, unter Berücksichtigung seiner konkreten Fähigkeiten und Möglichkeiten bei der gegebenen Arbeitsmarktlage zu erzielen in der Lage wäre (RIS‑Justiz RS0047579 [T1]). Beurteilungsmaßstab ist das Verhalten eines pflichtbewussten Unterhaltsschuldners (RIS‑Justiz RS0047421 [T3]).

1.2. Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurteilung zutreffend den gesamten Sachverhalt berücksichtigt, also auch die disloziert in der Beweiswürdigung des Erstgerichts enthaltene Feststellung, wonach seitens der Bank Druck (ua) auf den Beklagten ausgeübt wurde, in Altersteilzeit mit anschließender Korridorpension zu gehen. Die insoweit behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor.

1.3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Anspannung des Beklagten abgelehnt. Räumt die Revisionswerberin doch selbst ein, dass es nicht darauf ankommt, ob sich die zu beurteilende Entscheidung des Unterhaltspflichtigen in rückschauender Betrachtung als bestmöglich erweist, sondern allein darauf, ob sie nach den konkreten Umständen im Entscheidungszeitpunkt als vertretbar anzuerkennen ist (RIS‑Justiz RS0047495 [T12]). Die Negativfeststellung zur Frage, ob der Beklagte gekündigt worden wäre, wenn er der Altersteilzeitregelung nicht zugestimmt hätte, schadet ihm daher nicht. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte aufgrund der gegebenen Drucksituation – die (wie bereits das Berufungsgericht aufzeigte) dadurch untermauert wird, dass alle von der Bank angesprochenen Arbeitnehmer deren Wunsch entsprachen – mit der Möglichkeit rechnen musste, im Fall der Weigerung gekündigt zu werden, also mit hoher Wahrscheinlichkeit von nachfolgender Arbeitslosigkeit (und damit verbunden deutlich geringerem Einkommen) bis zum Erreichen des Regelpensionsalters ausgehen musste. Dass er unter diesen Umständen „auf der sicheren Seite sein“ wollte, lag – bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung – auch im wohlverstandenen Interesse der unterhaltsberechtigten Klägerin. Das Berufungsgericht hat – ebenfalls völlig zutreffend – erkannt, dass der Beklagte nicht gehalten war, sich in dieser Situation auf die Möglichkeit einer Anfechtung der (allfälligen) Kündigung – naturgemäß mit ungewissem Ausgang eines solchen Gerichtsverfahrens – zu verlassen.

1.4. Die teilweise Abweisung des Begehrens auf Vollstreckbarerklärung des Scheidungsfolgenvergleichs und die gänzliche Abweisung des Feststellungsurteils sind daher zu bestätigen.

2.1. Den Großteil des (mehrfach modifizierten) Rechnungslegungsbegehrens (= Spruchpunkt 2.a. des Berufungsurteils) hat bereits das Erstgericht rechtskräftig abgewiesen; dieser Teil der Berufungsentscheidung muss ebenfalls unberührt bleiben. Gegenstand des Berufungsverfahrens war lediglich das Rechnungslegungsbegehren laut Spruchpunkt 2.b. des Berufungsurteils.

2.2. Nach ständiger Rechtsprechung ist es im streitigen Unterhaltsverfahren grundsätzlich zulässig, den Anspruch im Rahmen einer Stufenklage nach Art XLII EGZPO geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0119467).

2.3. Dass die Klägerin, die ursprünglich eine solche Stufenklage (hinsichtlich des Zeitraums 1. Jänner 2013 bis zur Klageeinbringung im Mai 2014) erhoben hat, letztlich (nach vorübergehender Umstellung auf ein reines Zahlungsbegehren [ON 7]) wiederum Rechnungslegung begehrte (ON 25, modifiziert ON 29), wenn auch nicht mehr im Rahmen einer Stufenklage, schadet nicht (vgl RIS‑Justiz RS0034809 [T2]).

2.4. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begehrt die Klägerin ausschließlich Rechnungslegung und nicht auch Auskunftserteilung durch den Beklagten: Da ein Rechnungslegungsbegehren aber schon begrifflich nur auf bereits erfolgte/erhaltene Zahlungen beziehen kann und nicht auch auf künftige Ansprüche, hat das Berufungsgericht das (restliche) Rechnungslegungsbegehren, soweit es sich auf künftige Ansprüche des Beklagten bezieht, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

2.5. Was hingegen das verbleibende Rechnungslegungsbegehren anlangt, hat das Berufungsgericht zu Unrecht darauf abgestellt, dass das Vorbringen der Klägerin, wonach der Beklagten möglicherweise weitere, bisher nicht offen gelegte (in den vorgelegten Lohnzetteln und Steuerbescheiden nicht aufscheinende) Einkünfte, etwas aus einer Stiftung der Bank, erhalte, eine bloße Spekulation und reine Mutmaßung sei. Es liegt nämlich in der Natur eines Rechnungslegungsbegehrens, dass der Kläger noch keine ausreichend konkreten Informationen hat, um erfolgversprechend auf Leistung klagen zu können.

2.6. Dem Berufungsgericht ist grundsätzlich dahin zuzustimmen, dass zur ziffernmäßigen Berechnung von Unterhaltsansprüchen primär Abrechnungen, Lohnzettel etc heranzuziehen sind, während ein Arbeitsvertrag keine tatsächlich erfolgten Zahlungen des Arbeitgebers belegt. Der vorliegende Fall ist allerdings durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Beklagte den Altersteilzeitvertrag Beilage ./6 unvollständig vorgelegt hat, nämlich insbesondere mit vom Umfang her nicht unerheblichen Unkenntlichmachungen bzw Weglassungen im Vertragspunkt „§ 4 Altersteilzeitbezug“ (wobei das Erstgericht nicht feststellen konnte, dass die entfernten Passagen keine einkommensrelevanten Inhalte haben). Unter diesen Umständen kann aber der Verdacht der Klägerin, in diesem Vertrag (insbesondere in seinem § 4) könnten Regelungen enthalten sein, die dem Beklagten zusätzliche Entgeltansprüche gewähren, nicht als völlig unbegründet abgetan werden. Im Hinblick darauf hat das Erstgericht diesem Teil des Rechnungslegungsbegehrens zutreffend stattgegeben. Das Berufungsurteil ist deshalb (nur) insofern in eine Wiederherstelllung des Ersturteils abzuändern.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 2, § 50 ZPO. Die Klägerin ist in dritter Instanz nur mit einem ganz geringfügigen Teil ihres Begehrens (nämlich bei einem Revisionsinteresse von 33.267,12 EUR nur mit einem Teil ihres mit insgesamt 1.000 EUR bewerteten Rechnungslegungsbegehrens) durchgedrungen. Aus diesem Grund bleibt – mangels Tarifsprungs – die Kostenentscheidung des Berufungsurteils unberührt und die Klägerin hat dem Beklagten die Kosten der Revisionsbeantwortung im verzeichneten Umfang zu ersetzen.

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