OGH 3Ob58/70

OGH3Ob58/703.6.1970

SZ 43/95

Normen

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §98a
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §105
Lohnpfändungsgesetz §3 Z2
Lohnpfändungsgesetz §6
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §98a
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §105
Lohnpfändungsgesetz §3 Z2
Lohnpfändungsgesetz §6

 

Spruch:

Durch § 98a ASVG sollten die Bezüge nach dem ASVG den Bezügen nach § 3 Z 2 LPfG gleichgestellt werden, es sollte aber nicht eine über das LPfG hinausgehende Unpfändbarkeit normiert werden

OGH 3. Juni 1970, 3 Ob 58/70 (LGZ Graz 4 R 140/70; BGZ Graz 9 E 12368/68)

Text

Wegen eines Unterhaltsrückstandes von 15.600 S und laufender Unterhaltsbeträge von 1200 S monatlich sowie wegen Kosten bewilligte das Erstgericht mit Beschluß vom 4. Dezember 1968 der betreibenden Partei die Exekution durch Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten von der Pensionsversicherungsanstalt für Angestellte zustehenden Pensionsbezüge. Dem Verpflichteten sollten 1200 S monatlich frei bleiben. Über Antrag des Verpflichteten entschied das Erstgericht mit Beschluß vom 25. Februar 1970, daß 1. der monatlich pfändbare Betrag aus der Alterspension der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in der Höhe von 1546.80 S dem betreibenden Gläubiger Hans O zugewiesen wird; 2. der monatlich pfändbare Betrag aus dieser Pensionsversicherungsanstalt für die betreibende Partei Anna H mit 551.30 S festgesetzt wird und sie überdies die Hälfte des 13. und 14. Monatsbezuges aus diesem Einkommen erhalte; 3. der monatliche Freibetrag für den Verpflichteten mit 1500 S zuzüglich der Hälfte des 13. und 14. Bezuges seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und des ganzen 13. und 14. Monatsbezuges seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter festgesetzt wird und schließlich 4. die Kosten der betreibenden Partei mit 377.60 S bestimmt werden. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Verpflichtete erhält von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter 1893.20 S brutto monatlich plus 30 S Wohnungsbeihilfe. Die Abzüge betragen 166.40 S. An die Sparkasse G werden wegen vorausgehender Zessionen 1726.80 S monatlich überwiesen, sodaß dem Verpflichteten von diesem Bezug 30 S verbleiben. Von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bezieht der Verpflichtete 3568.10 S monatlich netto ebenfalls 14mal jährlich. Unter Berücksichtigung der Hälfte des 14. Monatsbezuges aus beiden Bezügen wurde der oben genannte pfändbare Betrag von 1546.80 S für die betreibende Partei O errechnet und für Anna H 551.30 S, wobei noch die Hälfte des 13. und 14. Monatsbezuges seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einzurechnen war, sodaß sich für die Ehegattin ein monatlich pfändbarer Betrag von 849.05 S ergibt. Das Erstgericht billigte dem Verpflichteten zu, daß er monatlich 300 S als Anteil am Mietzins und 100 S als Anteil an den Stromkosten zahlen muß, weiters 154.50 S für eine Krankenzusatzversicherung, so daß ihm nur noch ein Betrag von 954.50 S zum Leben bleibt.

Die Punkte 1 und 4 dieses Beschlusses blieben unangefochten. Die Punkte 2 und 3 änderte das Rekursgericht dahin ab, daß es den monatlich pfändbaren Betrag aus der Alterspension seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten für die betreibende Partei Anna H mit 751.30 S festsetzte und ihr zusätzlich noch die Hälfte des 13. und 14. Monatsbezuges aus dieser Pension als pfändbar zusprach. Den Freibetrag für den Verpflichteten setzte es mit 1300 S monatlich fest, zuzüglich der Hälfte des 13. und 14. Monatsbezuges seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und des ganzen 13. und 14. Monatsbezuges seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter. Es führte aus, bei Hinzurechnung der dem Verpflichteten belassenen 13. und 14. Monatsbezüge stunden ihm Freibeträge von 1800 S bis 1900 S monatlich zu, womit er seinen notwendigen Unterhalt bestreiten könne. Die betreibende Partei, der ein monatlicher Unterhalt von 1200 S abgesehen vom Unterhaltsrückstand zustehe, erhalte dadurch ohnehin nur 1000 S bis 1100 S monatlich.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die betreibende Partei war damit einverstanden, daß dem Verpflichteten ein Freibetrag von monatlich 1300 S belassen wird. Ein höherer Freibetrag erscheint nicht angemessen, weil der betreibenden Partei ein monatlicher Unterhalt von 1200 S zusteht und sie nicht einmal diesen laufenden Betrag durch die bewilligte Exekution hereinbringen kann, geschweige den Unterhaltsrückstand.

Gemäß § 3 LPfG sind u a unpfändbar die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge zur Gänze und Weihnachtszuwendungen bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis 900 S. Diesen Zuwendungen entsprechen die gemäß § 105 ASVG gebührenden Sonderzahlungen, und zwar die im Mai fällig werdende Sonderzahlung dem Urlaubsgeld, die im Oktober fällig werdende dem Weihnachtsgeld. Gemäß § 98a ASVG können die dem Anspruchsberechtigten zustehenden Geldleistungen unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 2 bis 4 mit der Maßgabe gepfändet werden, daß die Bestimmungen der §§ 5 bis 9 LPfG entsprechend anzuwenden sind. Gemäß Abs 4 der genannten Gesetzesstelle sind die Sonderzahlungen der Renten, die im Mai gebühren unpfändbar, die Sonderzahlungen die im Oktober gebühren, sind bis zur Hälfte, höchstens aber bis 900 S unpfändbar. Wie aus der Begründung der Regierungsvorlage zu dieser gesetzlichen Bestimmung hervorgeht, soll damit eine Anlehnung an § 3 LPfG erfolgen, und sollen die Bezüge nach dem ASVG den in Z 2 des § 3 LPfG genannten Bezügen gleichgestellt werden. Keineswegs sollte damit aber eine über das LPfG hinausgehende Unpfändbarkeit normiert werden. Die Neuregelung im Sozialversicherungsrecht lehnt sich vielmehr weitgehend an die Vorschriften des LPfG an und geht von dem Gedanken aus, daß alle Leistungen aus der Sozialversicherung pfändbar sein sollen, die im wesentlichen ein weggefallenes Arbeitseinkommen auf Dauer ersetzen. Gemäß § 6 LPfG sind wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche der dort genannten Personen auch die im § 3 Z 2 LPfG genannten Bezüge ohne die im § 5 bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Dem Verpflichteten ist jedoch so viel zu belassen, als er u a für seinen notwendigen Unterhalt bedarf. Von den in Z 2 und 4 genannten Bezügen, die hier in Betracht kommen, hat ihm mindestens die Hälfte des nach § 3 unpfändbaren Betrages zu verbleiben, das wäre beim Urlaubsgeld die Hälfte, beim Weihnachtsgeld ein Viertel. Das Rekursgericht hat dem Verpflichteten aber ohnehin auch die Hälfte des Weihnachtsgeldes belassen. Daß diese Beträge, soweit sie allgemein pfändbar sind, für die betreibende Partei erst dann zur Verfügung stehen, wenn der vorausgehende Gläubiger O befriedigt ist, bedarf keiner Betonung. Diese Bestimmung gilt also auch für Bezüge nach dem ASVG und hat das Rekursgericht darauf Bedacht genommen.

Die Sonderzahlungen kommen dem Berechtigten auch dann zu, wenn durch die Pfändung eine dem Anspruchsberechtigten obliegende Verbindlichkeit erfüllt wird. Die Bestimmung des § 105 Abs 2 ASVG, wonach Sonderzahlungen nur zu leisten sind, wenn sie dem Berechtigten ungeschmälert zukommen, ist daher hier nicht anwendbar (vgl Radner in ÖJZ 1969, 172).

Was die vom Rekursgericht festgesetzten Freibeträge anlangt, ist davon auszugehen, daß Unterhaltsrückstände,in absehbarer Zeit hereingebracht werden sollen und deshalb grundsätzlich außer dem zur Deckung der laufenden Unterhaltsraten erforderlichen Teil des Arbeitseinkommens noch ein nicht ganz unerheblicher weiterer Teil zur Tilgung des Rückstandes herangezogen werden soll (vgl 3 Ob 29/64). Der betreibenden Partei steht ein monatlicher Unterhalt von 1200 S zu. Sie kann durch die bewilligte Exekution nicht einmal diesen Betrag hereinbringen. Die betreibende Partei ist aber bereit, daß dem Verpflichteten ein Freibetrag von 1300 S monatlich und die vom Rekursgericht bestimmten Teile der Sonderzahlungen belassen werden, sodaß dem Verpflichteten im Jahresdurchschnitt 1800 S bis 1900 S monatlich zur Verfügung stehen. Damit kann er bei entsprechender Einschränkung, wozu er auf Grund seiner Unterhaltspflicht gegenüber seiner Gattin verpflichtet ist, seinen notwendigen Unterhalt bestreiten. Die betreibende Partei muß mit einem Betrag von 1000 S bis 1100 S monatlich das Auslangen finden. Die Festsetzung eines höheren Freibetrages zugunsten des Verpflichteten erscheint daher nicht angebracht.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

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