European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0030OB00586.77.0712.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der Antragsteller, seit 1941 Eigentümer der Liegenschaft EZ * KG * mit dem Grundstück *, beantragte für dieses Grundstück die Einräumung eines Notweges über das dem Antragsgegner gehörende Grundstück * dieser Katastralgemeinde (wie aus dem Akteninhalt ersichtlich, handelt es sich bei der Parzelle * um einen Weg, welchen der Antragsteller etwa auf eine Länge von 20 m mitbenützen müßte).
Er brachte hiezu, auch auf Grund der Stellungnahme des Antragsgegners, im wesentlichen vor, er habe allenfalls ein Gehrecht, aber kein Fahrtrecht ersessen, ihm sei bei Ankauf des seinerzeit durch Teilung der ans öffentliche Wegenetz grenzenden Parzelle * gebildeten Grundstückes * die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes über die eigens gebildete Wegparzelle * eingeräumt und er in diesem Zusammenhang dahin informiert worden, daß diese Wegparzelle „beim Gemeindegrund“ – auf diesem befindet sich der öffentliche Weg Parzelle * –ende, er habe der Meinung sein können, der Bereich der Wegeparzelle * sei öffentliches Gut, es liege ihm daher keine auffallende Sorglosigkeit zur Last.
Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Antrages auf Einräumung eines Notweges, vor allem wegen auffallender Sorglosigkeit des Antragstellers beim Grunderwerb.
Das Erstgericht wies den Antrag auch aus diesem Grunde ab. Es stellte fest, daß die Parzelle *, auf der sich der Antragsteller bei Abschluß des Kaufvertrages vom 25. 7. 1941 ein Geh- und Fahrtrecht einräumen ließ, nicht unmittelbar an den öffentlichen Weg (Parzelle *) angrenzt, sondern sich dazwischen die schon damals vorhandene und im Eigentum der Rechtsvorgänger des Antragsgegners stehende Parzelle * befindet, wenngleich diese Parzelle in dem dem Kaufvertrag vom 25. 7. 1941 zugrundeliegenden Lageplan nicht als eigenes Grundstück aufscheint.
Bei diesem Sachverhalt führte das Erstgericht aus, der Antragsteller hätte seinerzeit durch Einsichtnahme im Grundbuch klären müssen, ob der ihm eingeräumte Weg tatsächlich bis zum öffentlichen Gut führe, er hätte sich nicht ohne weitere Nachforschungen mit der Mitteilung zufriedengeben müssen, daß das an die Wegparzelle * „anschließende Grundstück“ zum öffentlichen Gut gehöre, weil der dem Kaufvertrag zugrundeliegende Lageplan deutlich zeige, daß die Parzelle * nicht bis zum öffentlichen Weg führe; der Mangel einer Wegeverbindung sei daher auf eine auffallende Sorglosigkeit des Antragstellers zurückzuführen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes auf. Es vertrat (nach Anführung der nach seiner Auffassung maßgebenden Umstände) die Ansicht, daß auf Grund des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes noch nicht verläßlich beurteilt werden könne, ob dem Antragsteller tatsächlich eine auffallende Sorglosigkeit im Sinne des § 2 Abs 1 NotwegeG zur Last liege.
Der dagegen gerichtete Revisionsrekurs (des Antragsgegners ist nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung zulässig (SZ 33/73, 38/19 und die seither ergangenen unveröffentlichten Entscheidungen), er ist jedoch nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Begriff der „auffallenden Sorglosigkeit“ gemäß § 2 Abs 1 NotwegeG entspricht jenem des § 1324 ABGB, dem Antragsteller muß daher grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden können. Von grober Fahrlässigkeit kann nun nach einhelliger Auffassung regelmäßig nur gesprochen werden, wenn das unterlaufene Versehen auf einer besonderen Nachlässigkeit beruht (vgl. SZ 43/62 ua). Ein geringeres Versehen macht daher die Einräumung eines Notweges nicht unzulässig (ebenso NotZ 1956, 107 ua).
Da bereits feststeht, daß dem Kaufvertrag vom 25. 7. 1941 jener Lageplan zugrundelag, in welchem die Wegparzelle * nicht aufscheint, also nicht erkennbar war, daß es sich hiebei um ein eigenes Grundstück außerhalb des zum öffentlichen Gut gehörenden Bereiches handelt, reduziert sich die Beurteilung des Vorliegens auffallender Sorglosigkeit auf die Frage, ob ein Käufer, welchem ein Lageplan vorgelegt und gleichzeitig versichert wird, daß er durch das ihm eingeräumte Geh- und Fahrtrecht einen Zugang zum öffentlichen Wegenetz erhält, sich auch noch in der Grundbuchsmappe (das Grundbuch selbst gibt hierüber ja keinen Aufschluß) von einer etwaigen Unvollständigkeit bzw Unrichtigkeit des ihm präsentierten Lageplanes überzeugen muß. Diese Frage kann nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes nur bejaht werden, wenn dem Erwerber zufolge der Verhältnisse in der Natur Bedenken gegen die Richtigkeit bzw Vollständigkeit des Lageplanes hätten aufstoßen müssen. Soferne daher für den Antragsteller auf Grund der Verhältnisse in der Natur nicht eindeutig erkennbar war, dass er ohne Beeinträchtigung fremder Privatrechte nicht bis zum öffentlichen Weg * gehen oder fahren dürfe, könnte von einer auffallenden Sorglosigkeit des Antragstellers keine Rede sein.
Jedenfalls aber ist der Auffassung des Rekursgerichtes beizupflichten, daß auf Grund der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen eine grobe Fahrlässigkeit des Antragstellers nicht verläßlich bejaht werden kann.
Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.
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