Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 3.292,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 548,80 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Revisionsverfahren ist nur die Höhe des der Klägerin nach § 94 ABGB (bis zur Scheidung aus dem Alleinverschulden des Beklagten im Jahr 1987) und (sodann) § 66 EheG zustehenden Unterhaltsanspruches seit dem 22.November 1986 strittig. Die Klägerin begehrte 9.000 S monatlich. Das Erstgericht sprach für die Zeit vom 22.November 1986 bis 30.November 1989 7.700 S und für die Zeit seit 1.Dezember 1989 8.200 S monatlich zu, während das Mehrbegehren abgewiesen wurde.
Das Berufungsgericht bestätigte das vom Beklagten nur im jeweils 7.200 S monatlich übersteigenden Betrag bekämpfte Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Beide Vorinstanzen gingen von einem Einkommen des Beklagten von monatlich 38.400 S, abzüglich medizinischen Sonderbedarfs von
1.500 S, sohin 36.900 S und einem Einkommen der Klägerin von monatlich 7.300 S, abzüglich medizinischen Sonderbedarfs von 500 S, sohin von 6.800 S, also einem Familieneinkommen von zusammen 43.700 S aus. Von diesem Betrag wurden jeweils monatlich 6.000 S an Unterhaltsleistungen für die beiden ehelichen Kinder der Streitteile und für die Zeit vom 22.November 1986 bis 30.November 1989 zusätzlich monatlich 1.388 S an notwendigem Sonderbedarf für die beiden Kinder abgezogen, was für den letztgenannten Zeitraum ein Familieneinkommen von etwa 36.320 S und für den Zeitraum ab 1. Dezember 1989 ein Familieneinkommen von 37.700 S ergab. Von diesen beiden Beträgen sprachen die Vorinstanzen 40 % abzüglich des Eigeneinkommens der Klägerin zu, was die schon erwähnten 7.700 S bzw 8.200 S ergab.
Der Beklagte bekämpft diese Berechnungsmethode und erachtet im Sinne der in der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz gleichfalls vorkommenden Formel den Zuspruch von 32 % (= Abzug von je 4 % pro Kind) des Familieneinkommens ohne Unterhaltsleistungen an die Kinder, abzüglich des Eigeneinkommens der Klägerin für angemessen, was für beide strittigen Zeiträume einen auf 7.200 S aufgerundeten Betrag ergibt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.
Vorweg ist festzuhalten, daß alle in der Rechtsprechung entwickelten Berechnungsformeln nur als Orientierungshilfe brauchbar sind, um für Durchschnittsfälle eine "generalisierende Regel" (Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 3 a zu § 94) zur Verfügung zu haben.
Dies gilt in besonderer Weise auch für die Formel: bei beiderseitigem Einkommen gebühre dem weniger verdienenden Ehegatten 40 % des Nettofamilieneinkommens abzüglich des eigenen Einkommens, und bei einer konkurrierenden Sorgepflicht für Kinder sei der genannte Prozentsatz um 4 % pro Kind zu verringern. Diese Formel wird zwar auch im Schrifttum gebilligt (Schwimann in Schwimann, ABGB, Rz 25 zu § 94; Pichler aaO); sie darf aber nicht als zwingende Berechnungsmethode angesehen werden. Das aus den genannten Prozentsätzen resultierende Ergebnis ist vielmehr nach der insoweit nicht unterschiedlichen Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz dann nicht bindend, wenn besondere, vom Durchschnittsfall abweichende Umstände des Einzelfalles für einen höheren oder niedrigeren Unterhaltsanspruch sprechen (vgl Entscheidungen wie EFSlg 50.202 ff, 53.030 ff, 55.923 ff).
Im vorliegenden Fall leistet der Beklagte für seine beiden Kinder Unterhaltsbeträge, die deutlich unter den durchschnittlich festgesetzten Beträgen liegen: Der durchschnittliche Regelbedarf beträgt über 4.300 S pro Kind (Pichler aaO, Rz 2 zu § 140). Nach der Prozentjudikatur könnte sogar noch ein höherer Betrag zugesprochen werden (Pichler aaO, Rz 5 a zu § 140).
Den Umstand, daß der Beklagte für die beiden Kinder nur je 3.000 S leistet, hat die Klägerin in diesem Prozeß geltend gemacht. Der Beklagte hat die entsprechende Behauptung als richtig zugestanden und dazu keine Gegeneinwendungen erhoben. Soweit zusätzliche Zuwendungen in der Vergangenheit feststehen, wurden sie teilweise ohnedies berücksichtigt, im übrigen handelte es sich um Geschenke an die Kinder außerhalb der gesetzlichen Unterhaltspflicht. Es war daher von einem vom Durchschnittsfall abweichenden Sachverhalt auszugehen, der es rechtfertigt, hier pro Kind nicht 4 % des Familieneinkommens, sondern dem konkreten Einzelfall, nämlich den tatsächlichen Leistungen entsprechende niedrigere Beträge, abzuziehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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