OGH 3Ob560/85

OGH3Ob560/8526.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Pflegschaftssache für die mj.Cornelia A, geboren 24.1.1971, wohnhaft bei der väterlichen Großmutter Maria A, Pensionistin, Groß-Enzersdorf, Johann-Nestroy-Gasse 15, vertreten durch den Vater Günther A, 1220 Wien, Greinzgasse 13/3, dieser vertreten durch Dr.Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses der Mutter Christine A, Angestellte, 1060 Wien, Mollardgasse 77/1/5/21, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 20. März 1985, GZ 44 R 3123/85-128, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 7.Jänner 1985, GZ 1 P 397/78-120, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 23.1.1981 wurde die Ehe der Eltern der mj.Cornelia A, geboren 24.1.1971, geschieden. Schon vor der Ehescheidung lebten die Eltern jahrelang getrennt und das Kind befand sich faktisch in der Pflege bei der väterlichen Großmutter.

über schon vor der Scheidung gestellte Anträge auf übertragung der elterlichen Rechte an die Mutter (Antrag der Mutter, ON 1 vom 24.11.1976 zurückgezogen ON 23 am 18.6.1979, neuerlicher Antrag der Mutter ON 25 vom 24.1.1980) bzw. an den Vater (Antrag des Vaters ON 27 vom 28.2.1980) war bis zur Scheidung nicht entschieden worden. Nach der Scheidung erklärte die Mutter, ihren Antrag auf überweisung des Kindes in ihre Pflege und Erziehung aufrecht zu erhalten, der Vater und die väterliche Großmutter stellten hingegen jetzt den Antrag, das Kind in die Pflege und Erziehung der väterlichen Großmutter einzuweisen (Anträge ON 54 vom 25.3.1981). Auch über diese Anträge wurde bisher nicht entschieden. Faktisch blieb das Kind jedoch in der Pflege bei der väterlichen Großmutter, die schon mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13.10.1980, bestätigt mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 3.6.1981, zum Bezug der Familienbeihilfe ermächtigt wurde.

Am 11.1.1982 langte beim Erstgericht ein vom Vater als Vertreter des Kindes gestellter Antrag ein, die Mutter zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 1.500 S zu verpflichten (ON 66). Die Mutter sprach sich gegen den Antrag aus (ON 82). Am 22.3.1983 langte beim Erstgericht ein wiederum vom Vater als Vertreter des Kindes gestellter Antrag ein, die Mutter ab 1.4.1983 zur Zahlung eines erhöhten Unterhaltsbetrages von 2.000 S zu verpflichten (ON 89).

Die Mutter sprach sich auch gegen diesen Antrag aus (ON 90), wobei sie ausdrücklich geltend machte, daß der Vater das Kind nicht versorge und daher selbst Unterhalt leisten müsse. Zu einem Bericht des zuständigen Jugendamtes (ON 84), in dem davon die Rede ist, daß sich die Minderjährige 'nun im Haushalt des Vaters und seiner Lebensgefährtin in .....' befinde und der Vater den Haushalt 'führe', während seine Lebensgefährtin berufstätig sei, nahm die Mutter dahin Stellung, daß es nicht zutreffe, daß der Vater den Haushalt führe (ON 92).

In einer vom Vater als Vertreter des Kindes eingebrachten Stellungnahme wurde der Antrag gestellt, den begehrten Unterhalt entweder zu Handen des Vaters oder zu Handen der väterlichen Großmutter zuzusprechen (ON 96).

Die Mutter wiederholte in einer Stellungnahme ihren Standpunkt, daß der Vater gleich ihr zur Leistung von Unterhaltsbeträgen verpflichtet sei (ON 111).

Das Erstgericht verpflichtete sodann, ohne daß über die Zuweisung der elterlichen Rechte entschieden worden wäre, die Mutter, dem Kind einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.500 S für die Zeit vom 11.1.1982 bis 31.3.1983 und von 2.000 S für die Zeit ab 1.4.1983 zu Handen der väterlichen Großmutter zu leisten.

Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß sich das Kind im Haushalt der väterlichen Großmutter befinde und lediglich kurze Zeiten beim Vater sei. Weil die Mutter bisher nicht voll für den Unterhalt aufgekommen sei, sei sie zu den beantragten Beträgen verpflichtet. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes, wobei es nur zur Höhe der Bemessungsgrundlage und zur Leistungsfähigkeit der Mutter, nicht aber zum Argument, auch der Vater müsse anteilig Unterhalt leisten, Stellung nahm. Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der Mutter, in dem sie u.a. geltend macht, daß der Vater in WIEN einen eigenen Haushalt führe, in dem das Kind nicht lebe, sondern das Kind werde von der väterlichen Großmutter betreut. Sie müsse daher nicht 20 %, sondern nur 10 % ihres Einkommens an Unterhalt leisten, weil sie nur zusammen mit dem Vater für den Unterhalt aufkommen müßte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Vorweg war zu prüfen, ob der Unterhaltsfestsetzungsantrag überhaupt vom gesetzlichen Vertreter des Kindes gestellt wurde. Da das Erstgericht aus nicht erfindlichen Gründen nun schon über 4 Jahre lang nicht darüber entschieden hat, wem gemäß § 177 Abs1 und 2 ABGB künftig die aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und mj.Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten allein zustehen sollen, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß immer noch beide Elternteile das Kind vertreten. Die Mutter ist aber in dem vom Vater als einem der beiden Vertreter des Kindes gegen sie angestrebten Unterhaltsfestsetzungsverfahren wegen Interessenkollision verhindert, ihre gesetzliche Vertretung wahrzunehmen, sodaß in sinngemäßer Anwendung der §§ 145 a, 145 Abs1 und 2 ABGB davon auszugehen ist, daß die Vertretung im Teilbereich der Verpflichtung der Mutter zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages nur mehr dem Vater allein zusteht (vgl.Pichler, B 1981,15, derselbe in Rummel, RZ 9 zu §§ 145 a bis 145 c ABGB, ebenso kürzlich 1 Ob 528/84).

Geht man aber damit davon aus, daß der Vater als Vertreter des Kindes zur Stellung des Unterhaltsfestsetzungsantrages legitimiert war, und geht man weiters davon aus, daß die Mutter nie geltend gemacht hat, sie sei überhaupt nicht verpflichtet, einen Unterhaltsbeitrag in Form eines Geldbetrages zu leisten, dann liegt nur mehr eine Frage der Bemessung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches vor, welche gemäß § 14 Abs2 AußStrG nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann. Eine solche Bemessungsfrage stellt es nämlich, wie der Oberste Gerichtshof immer wieder ausgesprochen hat, unter anderem auch dar, inwieweit sich die Unterhaltspflicht des einen Elternteils auf die Höhe der Unterhaltspflicht des anderen Elternteiles auswirkt, falls ein Streit darüber besteht, inwieweit der eine Elternteil (hier der Vater) seinen Unterhaltsbeitrag schon dadurch leistet, daß er im Sinne des § 140 Abs2 ABGB den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut (EFSlg. 32.550, 34.992, 34.995, 35.002, 37.309, 39.733, 42.277, 44.591). Obwohl daher zu der von der Mutter mit Recht aufgeworfenen Frage, ob der Vater derzeit überhaupt den Haushalt führt, in dem das Kind lebt und ob er das Kind wirklich selbst betreut, bisher weder die erste Instanz noch die zweite Instanz wirklich Stellung bezogen hat, ist es daher dem Obersten Gerichtshof verwehrt, auf dieses Problem einzugehen. Die Unterinstanzen werden allerdings Gelegenheit haben, dieses bisher übergangene Problem anläßlich der Erledigung schon vorhandener weiterer Unterhaltserhöhungs- bzw. Unterhaltsherabsetzungsanträge zu behandeln. So wie diese Betreuungsfrage berühren aber auch alle anderen Punkte des Revisionsrekurses den Bemessungskomplex. Dies gilt für die Frage, welche Leistungen die Mutter bisher schon erbracht hat, ebenso wie für die Frage, was sie in den einzelnen Zeiträumen wirklich verdiente und welche Einkommensbestandteile auf die sogenannte Unterhaltsbemessungsgrundlage anzurechnen sind oder nicht.

Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne daß zu den einzelnen Argumenten der Mutter Stellung genommen werden konnte.

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