OGH 3Ob551/92

OGH3Ob551/9226.8.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Kindes Stefanie C*****, in der Obsorge der Mutter Melitta C*****, infolge Revisionsrekurses der Mutter gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 22.April 1992, GZ 22 a R 92/92-20, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 7.Feber 1992, GZ P 83/91-17, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des am 27.Dezember 1985 geborenen Mädchens wurde am 27.November 1989 im Einvernehmen geschieden. Die Eltern vereinbarten im gerichtlichen Vergleich, daß künftig die Obsorge für das Kind allein der Mutter zukommen solle. Der Vater verpflichtete sich, für das Kind S 3.500,- im Monat an Unterhalt zu leisten. Diese Vereinbarung wurde vom Pflegschaftsgericht genehmigt.

Auf Antrag der Mutter bewilligte das Pflegschaftsgericht auf den vom Vater zu leistenden Unterhalt monatliche Vorschüsse von S 3.500,- für die Zeit vom 1.November 1991 bis zum 31.Oktober 1994. Mit der Zustellung der Ausfertigung dieses Bewilligungsbeschlusses wurde die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung als Jugendwohlfahrtsträger gemäß § 9 Abs 2 UVG Sachwalter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche.

Das Erstgericht stellte mit dem Beschluß vom 7.Feber 1992 den Unterhaltsvorschuß rückwirkend mit dem 1.November 1991 ein, weil der Vater nachgewiesen habe, daß zur Zeit der Antragstellung durch die Mutter kein Rückstand an Unterhalt bestand, sondern sogar Vorauszahlungen auf die Unterhaltsansprüche des Kindes geleistet waren.

Das Rekursgericht wies den Protokollarrekurs der Mutter zurück. Das Kind werde ab der Gewährung der Unterhaltsvorschüsse in diesem Verfahren allein vom Jugendwohlfahrtsträger vertreten. Der Mutter komme, wenn die Unterhaltsvorschüsse für das Kind eingestellt werden, Parteistellung und damit Rekurslegitimation nicht zu. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs gegen diesen Zurückweisungsbeschluß zulässig sei, weil zu dieser Rechtsfrage eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Da mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem Unterhaltsvorschüsse gewährt werden, der Jugendwohlfahrtsträger Sachwalter auf Grund des Gesetzes Sachwalter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen wird (§ 9 Abs 2 UVG), sind Vertretungshandlungen des sonst zur gesetzlichen Vertretung berufenen Elternteiles ausgeschlossen. Vor dem Inkrafttreten des KindRÄG BGBl 1989/162 war es einhellige Meinung, daß zur Vertretung Minderjähriger, die Unterhaltsvorschüsse beziehen, in allen ihren Unterhaltsanspruch betreffenden Belangen ausschließlich die Bezirksverwaltungsbehörde (nun der Jugendwohlfahrtsträger) berufen und insoweit der bisherige Vertreter des Kindes von Vertretungs- und Verwaltungsrechten ausgeschlossen war. Der Grund dieser zwingenden Sachwalterschaft liegt im Erfordernis der Eintreibung des Unterhalts, auf den Vorschüsse gewährt waren, und der Weiterleitung an den Bund, so daß die Sachwalterschaft auch die Regreßinteressen des den Unterhalt bevorschussenden Bundes wahren sollte (vgl 9 RV BlgNR 15.GP 12; Knoll, Komm zum UVG § 9 Anm 1 und Anm 11 mwH; EvBl 1982/53; ÖA 1988, 137; ÖA 1992, 62). An dieser zwingenden Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers sollte die Neufassung des § 9 Abs 2 UVG durch Art III KindRÄG nichts geändert werden. Auf die Sachwalterschaft nach § 9 Abs 2 UVG finden § 212 Abs 2 und Abs 3 ABGB idF KindRÄG keine Anwendung (RV 172 BlgNR 17.GP 24 f; ÖA 1992, 62).

Zur Frage, ob die Mutter in Fällen, in denen Unterhaltsvorschuß gewährt wird, zum Rekurs gegen die Abweisung eines - ursprünglich von ihr - gestellten Unterhaltserhöhungsantrages, den der Jugendwohlfahrtsträger aufgegriffen hat, befugt ist, hat der Oberste Gerichtshof schon zu 8 Ob 641/91 = ÖA 1992, 62 = EvBl 1992/114 Stellung bezogen und ausgeführt, daß die zwingende Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers nach § 9 Abs 2 UVG auch nach der Neuordnung des Kindschaftsrechtes die sonst die Obsorge innehabende Mutter bei der Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes von jeder Vertretung ausschließt. Hier geht es nun nicht um Unterhaltsansprüche, sondern unmittelbar mit der Unterhaltsvorschußgewährung zusammenhängende Ansprüche des Kindes, nämlich die rückwirkende Einstellung der Vorschüsse. Es hat aber gleiches zu gelten. Es kommt hier weder ein schriftlicher Widerruf der Zustimmung iSd 212 Abs 5 ABGB in Betracht (RZ 1991/1) noch eine konkurrierende Vertretungsbefugnis iSd § 212 Abs 4 ABGB iVm § 154 a ABGB, denn auch hier könnte das Einschreiten des sonstigen gesetzlichen Vertreters die mit der zwingenden Sachwalterschaft nach dem UVG verfolgten Ziele vereiteln.

Das Kind zu vertreten ist die Mutter daher seit der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen in Angelegenheiten der Durchsetzung des Unterhalts oder bei Geltendmachung des Anspruches auf Unterhaltsvorschüsse nicht mehr berechtigt.

Zutreffend hat das Rekursgericht aber auch erkannt, daß die angeordnete rückwirkende Einstellung der Vorschüsse nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der Mutter eingreift und ihr daher nicht im eigenen Namen die Rechtsmittelbefugnis nach den allgemein im Verfahren außer Streitsachen geltenden Regeln (vgl SZ 50/41; EvBl 1980/207 uva) zukommt, weil rechtlich geschützte Interessen der Mutter durch die Vorschußeinstellung nicht beeinträchtigt werden. Ob eine Rückersatzpflicht besteht, muß ohnedies gesondert entschieden werden. Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse kann nur das Kind haben, nicht aber die Mutter.

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