Spruch:
1) Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
2) Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes in der Hauptsache (Punkte 1. bis 3.) wieder hergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 17.093,32 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 1.243,57 S Umsatzsteuer und 114 S Barauslagen), die mit 6.067,24 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 1.011,24 S Umsatzsteuer) und die mit 4.629,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 771,60 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger mietete vom Beklagten mit schriftlichem Mietvertrag vom 7.Juli 1986 eine Wohnung. Anläßlich der Unterfertigung des Mietvertrages bezahlte er an den Sohn des Beklagten einen Ablösebetrag von 100.000 S. Er sprach in der Folge den Rücktritt vom Mietvertrag aus und nahm die Wohnung nie in Benützung. Der Kläger begehrt die Rückzahlung des Ablösebetrages von 100.000 S gemäß § 27 Abs 3 MRG.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens vor allem mit der Begründung, er habe weder dem mit der Vermittlung des Mietvertrages betrauten Immobilienmakler noch seinem Sohn den Auftrag erteilt, eine Ablöse zu verlangen, und den Ablösebetrag auch nicht erhalten. Aufrechnungsweise machte der Beklagte als Gegenforderung den für die Monate August bis November 1986 aufgelaufenen Mietzinsrückstand von 28.000 S geltend. Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit 100.000 S zu Recht bestehe, die Gegenforderung aber nicht, und gab daher dem Klagebegehren statt.
Es traf kurz zusammengefaßt folgende Tatsachenfeststellungen:
Der Beklagte beauftragte mit der Vermittlung des Mietvertrages einen Immobilienmakler. Er selbst nahm mit dem Kläger keinen Kontakt auf, sondern beauftragte hiezu neben dem Immobilienmakler seinen Sohn. Er erteilte aber weder dem Immobilienmakler noch seinem Sohn den Auftrag, eine Ablöse zu fordern, und beauftragte seinen Sohn auch nicht, einen Ablösebetrag entgegenzunehmen.
Tatsächlich forderte aber der Immobilienmakler unter Berufung auf den Beklagten eine Ablöse von 100.000 S, welche zunächst die Gestalt einer Mietzinsvorauszahlung haben sollte, während sich dann der Beklagte mit einem wesentlich niedrigeren als dem ursprünglich begehrten Mietzins begnügte. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Kläger auch ein Weitergaberecht eingeräumt, womit der Kläger einverstanden war, obwohl er es nicht begehrt hatte.
Der Beklagte wußte nicht, daß der Immobilienmakler die Ablöse forderte. Er hatte den Mietvertrag schon vor dem 7.Juli 1986 unterfertigt, weil er dann nach Italien gefahren war. Bei der im Büro des Immobilienmaklers vorgenommenen Unterfertigung des Mietvertrages durch den Kläger war der Sohn des Beklagten anwesend. Vor der Unterfertigung wurde der Mietvertrag mehrere Stunden lang Punkt für Punkt durchbesprochen. Nachdem sich der Kläger zur Unterfertigung bereit erklärt hatte, blieben er und der Sohn des Beklagten allein in einem Zimmer, und bei dieser Gelegenheit bezahlte der Kläger an den Sohn des Beklagten die Ablösesumme von 100.000 S. Der Sohn des Beklagten trat dabei dem Kläger gegenüber als Vertreter des Beklagten auf und wies ein Schreiben des Beklagten vor, aus dem sich im wesentlichen ergab, daß der Sohn des Beklagten berechtigt sei, seinen Vater zu vertreten.
Es ist nicht erwiesen, daß der Sohn des Beklagten den empfangenen Betrag an den Beklagten ablieferte. Der Beklagte erlangte von der Zahlung der Ablöse erst aus der nachfolgenden Korrespondenz zwischen den Streitteilen Kenntnis. Es ist auch nicht erwiesen, daß der Beklagte die Entgegennahme der Ablöse später genehmigt hat.
Die Lebensgefährtin des Klägers hatte diesem den zur Zahlung der Ablöse benötigten Geldbetrag zur Verfügung gestellt, und sie hat ihm den allenfalls ihr und nicht dem Kläger selbst zustehenden Rückforderungsanspruch abgetreten.
Auf Grund dieses Sachverhalts ging das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht davon aus, daß sich der Beklagte das Verhalten seines Sohnes anrechnen lassen müsse. Der Kläger habe die Ablöse im Vertrauen auf einen äußeren Tatbestand geleistet, der durch die Ausstellung des auf ein Vertretungsverhältnis hinweisenden Schreibens mit Zutun des Beklagten zustandegekommen sei. Schon wegen der Häufigkeit der Zahlung von Ablösen müsse der gute Glaube des Klägers geschützt werden.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen werde, und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.
Zur Beweisrüge der beklagten Partei, die vor allem das vom Sohn des Beklagten dem Kläger vorgewiesene Schreiben betraf, führte das Berufungsgericht aus, der Kläger habe diesem Schreiben offenbar nur irrtümlich entnommen, der Sohn des Beklagten sei zur Empfangnahme einer Ablösesumme bevollmächtigt. Dies gehe nämlich nur aus der Darstellung des Klägers hervor. Der Inhalt der Urkunde stehe nicht fest, insbesondere auch nicht, ob das Schreiben die Unterschrift des Beklagten getragen habe. Dem Schreiben komme daher kein größerer Beweiswert zu als den verschiedenen Aussagen, wonach sich der Sohn des Beklagten als dessen Vertreter ausgegeben habe. Es erübrige sich daher, auf die Ausführungen der Berufung einzugehen, wonach der Beklagte nie eine solche Vollmacht ausgestellt habe, weil das Fehlen der Vertretungsmacht vom Erstgericht ohnedies festgestellt worden sei (das in diesem Zusammenhang in Seite 6 des Berufungsurteils vorkommende Wort "nicht" dürfte nur einen sprachlichen Verstoß bedeuten). Auch die Ausführungen der Berufungsbeantwortung führten zu keinem anderen Ergebnis. Daß dem Kläger tatsächlich eine vom Beklagten unterfertigte Vollmacht zur Vereinbarung und Entgegennahme einer Ablöse vorgewiesen worden wäre, habe das Erstgericht nicht festgestellt. Aus dem Zusammenhang erkennbar habe das Erstgericht vielmehr der Darstellung des Klägers, das Schreiben sei vom Beklagten unterfertigt gewesen, nicht geglaubt, weil es zum Schluß gekommen sei, der Sohn des Beklagten habe die Ablöse ohne Wissen und Willen des Beklagten kassiert. Aus dem gesamten Beweisverfahren habe das Erstgericht nicht für erwiesen gehalten, daß der Beklagte seinem Sohn eine solche Vollmacht erteilt habe. Das Berufungsgericht sehe daher keinen Anlaß, von der Beweiswürdigung des Erstgerichtes abzugehen und eine Feststellung dahin zu treffen, dem Kläger sei eine vom Beklagten unterfertigte Vollmacht vorgewiesen worden. Das Berufungsgericht übernehme daher diese Feststellungen und lege sie seiner Entscheidung zugrunde.
Danach habe aber der Sohn des Beklagten die Ablöse ohne Wissen und Willen des Beklagten, also vollmachtslos, verlangt. Eine Anscheinsvollmacht liege nicht vor, weil nicht erkennbar sei, welchen äußeren Tatbestand dazu der Beklagte gesetzt habe. Die bloße Behauptung des Immobilienmaklers und des Sohnes des Beklagten, der Beklagte fordere eine Ablöse und der Sohn des Beklagten sei zur Empfangnahme des Ablösebetrages bevollmächtigt, sei nicht ausreichend. Da der Ablösebetrag dem Beklagten auch nicht tatsächlich zugekommen sei, sei er daher für den Kondiktionsanspruch des Klägers passiv nicht legitimiert.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist berechtigt.
Das Berufungsgericht gibt die Feststellungen des Erstgerichtes über das vom Sohn des Beklagten dem Kläger vorgewiesene Schreiben unrichtig wieder und mißt ihnen ohne Beweiswiederholung einen geradezu entgegengesetzten Sinn bei, wobei es überdies wiederholt
den grundlegenden Unterschied zwischen Auftrag (= "rechtliches
Müssen") und Vollmacht (= "rechtliches Können") mißachtet:
Das Erstgericht hat an keiner Stelle festgestellt, daß der Sohn des Beklagten nicht bevollmächtigt gewesen sei, den Beklagten zu vertreten. Es wurde bloß als erwiesen angenommen, daß er nie beauftragt war, eine Ablöse zu verlangen und zu kassieren. Andererseits hat das Erstgericht festgestellt, daß der Sohn des Beklagten dem Kläger ein Schreiben "des Beklagten" vorgewiesen habe, aus dem sich im wesentlichen ergeben habe, daß der Sohn des Beklagten berechtigt sei, seinen Vater zu vertreten. Was immer der genaue Inhalt dieses Schreibens gewesen sein mag, nach der Feststellung des Erstgerichtes war es jedenfalls ein vom Beklagten stammendes Schreiben, aus dem sich die Vertretungsmacht ergab. Dem Ersturteil kann an keiner Stelle entnommen werden, daß es insoweit dem Kläger nicht Glauben geschenkt habe, oder daß es sich etwa um ein gefälschtes Schreiben gehandelt habe. Damit hat das Erstgericht nicht festgestellt, der Sohn des Klägers habe ohne Vollmacht gehandelt, sondern nur, daß er ohne Auftrag tätig geworden sei. Die Unterlassung der Behandlung der Beweisrüge des Beklagten im Zusammenhang mit dem strittigen Schreiben wird also aktenwidrig begründet, und der Versuch einer Umwürdigung der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ohne Vornahme einer Beweiswiederholung stellt den in der Revision gerügten Verfahrensmangel dar. Auf eine Klärung dieser offenen Beweisfrage kann aber verzichtet werden, weil die Sache auch ohne Zugrundelegung der Feststellung des Erstgerichtes, der Sohn des Beklagten habe anläßlich der Forderung und Entgegennahme der Ablöse das strittige Schreiben des Beklagten vorgewiesen, spruchreif im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes ist:
Nicht strittig ist, daß die vom Kläger bezahlte Ablöse mangels eines vom Beklagten geltend gemachten erlaubten Grundes iSd § 27 Abs 1 Z 5 MRG ungültig und verboten war.
Soweit der Beklagte mit dem Kläger nicht selbst in Kontakt trat, sondern die Vertragsverhandlungen durch einen Immobilienmakler führen ließ, sodaß dieser bei der Gestaltung des Vertrages für ihn tätig war, konnte er dadurch die Rechtsposition seines Vertragspartners nicht verschlechtern (dazu ausführlich Iro, JBl 1982, 470 und 510). Er müßte etwa einen vom Immobilienmakler veranlaßten Irrtum als einen von ihm selbst als Geschäftsherr bewirkten gegen sich gelten lassen (MietSlg 38070) oder hätte für die schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch den Vermittler einzustehen (JBl 1986, 177). Wie der erkennende Senat kürzlich ausgesprochen hat, müßte er sich auch einen nur vom Vermittler angeregten unzulässigen Kettenmietvertrag als Umgehungsgeschäft zurechnen lassen (3 Ob 614/89).
Mit diesen Fällen läßt sich allerdings der vorliegende nicht ganz vergleichen: In den genannten Fällen fließt der Vorteil aus dem infolge veranlaßten Irrtums oder angeregter Gesetzesumgehung zustandegekommenen Geschäft dem Geschäftsherrn zu. Ein Vorgehen nur gegen den unredlichen Vermittler bietet dem Vertragspartner des Vermieters auch keinen vollen Rechtsschutz (siehe die Zusammenfassung bei Iro aaO). Im vorliegenden Fall kam hingegen dem Beklagten kein Vorteil aus der ohne sein Wissen begehrten Ablöse zu, und es geht bei der Klagsforderung nicht um die Gültigkeit des Mietvertrages selbst, sondern um einen Geldbetrag, den der Kläger auch vom Immobilienmakler oder vom Sohn des Beklagten (der allerdings ausgewandert ist) einfordern könnte.
Immerhin hat aber der Beklagte durch die Beiziehung des Immobilienmaklers schon einen ersten Beitrag dazu geleistet, daß der Kläger den Eindruck gewinnen konnte, der Immobilienmakler handle als Vertreter des Beklagten. Mag die einem Immobilienmakler erteilte Vollmacht auch an sich nicht die Einforderung einer verbotenen Ablöse decken (vgl zur Hausverwaltervollmacht ausführlich Strasser in Rummel, ABGB2, Rz 14 zu § 1002 mwN, aber auch MietSlg 15/29 mwN), so ist es doch vertretbar, in einem solchen Fall eine gewisse Haftung für schuldhafte Schädigungen durch den Immobilienmakler zu bejahen (Stanzl in Klang2 IV/1, 774).
Dadurch, daß aber der Beklagte nach den insoweit nicht bekämpften Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen überdies seinen Sohn zu den Vertragsverhandlungen entsandte und mit der "Kontaktaufnahme" zum Kläger "beauftragte", hat der Beklagte endgültig durch eigenes Zutun einen äußeren Tatbestand herbeigeführt, aus dem der Kläger nach den Regeln des redlichen Verkehrs auf eine Bevollmächtigung des Sohnes des Beklagten auch zur Einforderung und Entgegennahme der strittigen Ablöse schließen durfte. Nachdem die sonstigen Punkte des Mietvertrages schon ausgehandelt waren und dieser vom Beklagten selbst unterfertigt war, war für jeden Außenstehenden geradezu der naheliegendste Grund für die Entsendung des Sohnes des Beklagten eben der, für den Beklagten eine der trotz Verbotes immer noch üblichen Ablösen zu kassieren. Ob der Sohn des Beklagten überdies das beweismäßig umstrittene Schreiben des Beklagten vorgewiesen hat, ist in diesem Zusammenhang nicht mehr von erheblicher Bedeutung, sodaß der vom Berufungsgericht gesetzte Verfahrensverstoß auf sich beruhen kann. Schon allein der Umstand, daß neben der Betrauung des Immobilienmaklers auch noch die Entsendung des Sohnes erfolgte, wurde nämlich für den Kläger der Anschein eines besonderen Vertrauensverhältnisses geschaffen. Selbst wenn Immobilienmakler bisweilen ohne Wissen des Geschäftsherrn Ablösen fordern mögen, mußte gerade die Anwesenheit des Sohnes des Vermieters den Eindruck erwecken, daß schon die Forderung des Immobilienmaklers vom Willen des Vermieters gedeckt war. Für diesen insgesamt geschaffenen Anschein hat aber der Beklagte nach der Lehre von der Anscheinsvollmacht einzustehen.
Diese Anscheinsvollmacht deckt jedenfalls die Entgegennahme der vom Immobilienmakler für den Beklagten geforderten Ablöse. Auf den Umstand, daß der Ablösebetrag dem Beklagten nicht zugeflossen ist, kommt es dann nicht an; denn für den Rückforderungsanspruch nach § 27 Abs 3 MRG ist nach herrschender Ansicht auch derjenige passiv legitimiert, dem die Ablöse nach dem Ablösevertrag rechtlich zukommen sollte (MietSlg 3.900; 4 Ob 534/88; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 16 zu § 27 MRG).
Auch aktiv ist zur Rückforderung der Ablöse der Mieter als Vertragspartner legitimiert, gleichgültig, aus wessen Vermögen die Leistungen stammten (Würth in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 27 MRG). Der mit der Berufung verbundene Kostenrekurs des Beklagten ist daher insoweit unberechtigt, als er darauf gestützt wird, daß die Legitimation des Klägers erst durch die während des Prozesses vorgenommene Abtretung herbeigeführt worden sei. Für den Schriftssatz ON 9 gebühren allerdings keine Kosten, weil er nichts enthält, was nicht auch schon in der Klage oder in der ersten zur Vornahme der mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung vorgebracht werden hätte können (§ 258 ZPO). Die Kosten erster Instanz sind daher um 1.715 S zuzüglich Einheitssatz und Umsatzsteuer, von verzeichneten 19.923,07 S auf richtig 17.093,32 S zu kürzen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Für das Berufungsverfahren sind von den Kosten der klagenden Partei die Kosten des Kostenrekurses der beklagten Partei von 1.647,56 S (ersiegter Kostenbetrag: 2.829,75 S) abzuziehen.
Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei ist verspätet, weil die Zustellung der Revisionsschrift am 8.1.1990 erfolgte und die Revisionsbeantwortung erst am 7.2.1990 zur Post gegeben wurde.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)