Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.577,85 (darin S 514,35 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die L*** Wohnungseigentumsgesellschaft m.b.H. kaufte am 8. September 1976 von der Eigentümerin die Liegenschaft EZ 911 KG Hirschstetten um S 750.000,-- und verkaufte sie der klagenden Gesellschaft am 6. Dezember 1976 um S 903.000,--. Da die Klägerin ihr Vorhaben, auf der Liegenschaft Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum zu errichten, aufgeben mußte, weil Wohnbauförderungsmittel in absehbarer Zeit nicht zu erlangen waren, verkaufte sie die Liegenschaft am 10. März 1980 um S 1,050.000,-- an die beklagte Wohnbauvereinigung. Die Klägerin hatte sich im Kaufvertrag vom 6. Dezember 1976 gegenüber der Verkäuferin L*** Wohnungseigentumsgesellschaft m.b.H. verpflichtet, innerhalb der gesetzlichen Frist von acht Jahren auf der Liegenschaft Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum zu errichten, um die von der Verkäuferin erlangte vorläufige Befreiung von der Grunderwerbssteuer (§ 4 Abs 1 Z 2 lit. a Grunderwerbssteuergesetz) nicht zu gefährden. Sie nahm selbst auch diese Ausnahme von der Grunderwerbssteuerpflicht in Anspruch. Bei den Vorgesprächen wegen des Verkaufes der Liegenschaft wurde der Vertreter der Beklagten ausdrücklich auf die von der Klägerin gegenüber der L*** Wohnungseigentumsgesellschaft m.b.H. übernommene Verpflichtung hingewiesen. Die Beklagte war mit der Aufnahme einer korrespondierenden Regelung in den abzuschließenden Kaufvertrag einverstanden. In dem von der Klägerin erstellten Entwurf des Kaufvertrages war vorgesehen, daß die Beklagte ebenfalls den Grunderwerbssteuerbefreiungstatbestand nach § 4 Abs 1 Z 2 lit. a GrEStG in Anspruch nimmt, daß der Fristenlauf für die Errichtung der Arbeiterwohnstätten am 8. September 1976 beginnt und sich die Beklagte verpflichte, auf der Liegenschaft innerhalb von acht Jahren ab diesem Tag Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum zu errichten. Die Klägerin sollte der Beklagten jedoch eine allenfalls aus dem Erwerb zur Vorschreibung erlangende Grunderwerbssteuer ersetzen, wenn die Beklagte nicht rechtzeitig Förderungsmittel für das geplante Bauvorhaben erlange. Die Beklagte erstellte den endgültigen Kaufvertragsentwurf, in welchem die Worte "im Wohnungseigentum" entfielen. Die Beklagte hat sich in dem von beiden Teilen unterfertigten Kaufvertrag nur verpflichtet, innerhalb der Frist von acht Jahren "Arbeiterwohnstätten" auf der Liegenschaft zu errichten. Da die Beklagte der Klägerin schließlich mitteilte, es sei nicht beabsichtigt, an den auf der Liegenschaft errichteten Arbeiterwohnstätten Wohnungseigentum zu begründen, weil der Bau im Sinne genossenschaftlicher Nutzung vergeben werde, zeigte die Klägerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern die Aufgabe des begünstigten Zweckes an und mußte die auf sie und auf den früheren Erwerber entfallende Grunderwerbssteuer entrichten. Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Ersatz dieses Betrages von S 132.240,-- samt Zinsen besonders aus dem Titel des Schadenersatzes, weil sich die Beklagte nach dem Hinweis auf die von der Klägerin übernommene Verpflichtung zur Errichtung von Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum mit der Aufnahme einer korrespondierenden Verpflichtung in diesen neuen Kaufvertrag einverstanden erklärt habe, dieser ihrer Verpflichtung aber nicht nachgekommen sei, erst im Jahr 1983 mitteilte, sie werde an den von ihr errichteten Bauwerken keineswegs Wohnungseigentum begründen, und dies bis dahin verschwiegen habe.
Die Beklagte trat dem Zahlungsbegehren mit dem Einwand entgegen, sie habe sich nie verpflichtet, auf der Liegenschaft Kleinwohnungen (Arbeiterwohnstätten) im Wohnungseigentum zu errichten. Die Verpflichtung zur Begründung von Wohnungseigentum sei im zustandegekommenen Kaufvertrag entfallen. Die Beklagte errichte keine Wohnungseigentumsobjekte.
Das Erstgericht verhielt die Beklagte zum Ersatz des Steuerbetrages, weil sich die Beklagte vertraglich verpflichtet habe, auf der Liegenschaft Arbeiterwohnstätten im Sinne des Grunderwerbssteuergesetzes - also im Wohnungseigentum - zu errichten, um für die früheren Erwerbsvorgänge die Steuerbefreiung zu bewahren. Sie sei dieser Vertragspflicht schuldhaft nicht nachgekommen und habe der Klägerin daher den Aufwand zu ersetzen. Daß dieser Aufwand bereits in der Steigerung der Kaufpreise bei den einzelnen Erwerbsvorgängen berücksichtigt war, sei nicht bewiesen. Das Berufungsgericht änderte infolge der Berufung der Beklagten das erstrichterliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Das Berufungsgericht legte eingehend dar, daß nach den Vorschriften des Grunderwerbssteuergesetzes die Ausnahme von der Steuerpflicht wegen Erwerbes eines Grundstücks zur Schaffung einer Arbeiterwohnstätte bei einer Weiterveräußerung der Liegenschaft nur dann erhalten bleibe, wenn innerhalb des Zeitraums von acht Jahren ab dem ersten Erwerbsvorgang auf dem Grundstück Kleinwohnungen oder Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum errichtet werden. Der Erwerber eines Grundstückes könne die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen, wenn er nur überhaupt innerhalb von acht Jahren Arbeiterwohnstätten errichte. Die Steuerbefreiung bleibe trotz Veräußerung des Grundstücks durch den ersten Erwerber aber nur aufrecht, wenn innerhalb von acht Jahren nach dem ersten Erwerb Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum errichtet werden. Die Beklagte habe sich in dem Kaufvertrag gegenüber der Klägerin eben nicht verpflichtet, an den zu errichtenden Arbeiterwohnstätten Wohnungseigentum zu begründen. Der Entwurf sei durch Streichung der Worte "im Wohnungseigentum" geändert worden. Im Vertrag habe die Beklagte es nur übernommen, innerhalb der Frist Arbeiterwohnstätten zu errichten, und daher selbst die Steuerbefreiung in Anspruch genommen. Es sei Sache der Klägerin gewesen, ihre Interessen zu wahren und die Verpflichtung der Beklagten dahin festzulegen, daß der begünstigte Zweck nicht wegfällt und die für die beiden vorangegangenen Erwerbsvorgänge in Anspruch genommene (vorläufige) Befreiung von der Grunderwerbssteuerpflicht erhalten werde. Der Beklagten könne eine Irreführung der Klägerin oder das Verschweigen ihrer Absicht, begünstigtes Wohnungseigentum nicht zu begründen, nicht vorgeworfen werden, habe die Beklagte doch die Worte "im Wohnungseigentum" aus dem Vertragsentwurf der Klägerin gestrichen. Der Beklagten falle eine Vertragsverletzung nicht zur Last, weil sie sich im Vertrag nicht verpflichtet habe, an den Arbeiterwohnstätten Wohnungseigentum zu begründen. Sie habe daher Schadenersatz nicht zu leisten. Überdies habe sich die Klägerin im Vertrag verpflichtet, die Beklagte für jede aus dem Erwerb zur Vorschreibung gelangende Grunderwerbssteuer schad- und klaglos zu halten, also auch keine Belastung mit einer Grunderwerbssteuer aus früheren Erwerbsvorgängen vorzunehmen und daher auf Ersatz von Grunderwerbssteuer zu verzichten. Es müsse mangels einer Schadenersatzpflicht der Beklagten nicht untersucht werden, wie diese Vereinbarung zu verstehen war.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei, weil der Frage der Überbindung eines Grunderwerbssteuertatbestandes erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukomme. Gegen das abändernde Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache mit dem Antrag auf Abänderung des abweisenden Berufungsurteiles in die Wiederherstellung des stattgebenden erstgerichtlichen Urteiles. Die Klägerin meint, die Auslegung der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten durch das Berufungsgericht sei rechtsirrig und es stimme auch nicht, daß die Klägerin auf eine Belastung der Beklagten mit zur Vorschreibung gelangter Grunderwerbssteuer verzichtet habe; dies sollte nur für den Fall gelten, als eine Grunderwerbssteuer aus außerhalb der Dispositionsmöglichkeit der Beklagten gelegenen Gründen anfalle. Die Beklagte habe es zu vertreten, daß sie gar keine Arbeiterwohnstätten errichtet habe. Es sei doch allen Beteiligten klar gewesen, daß die Grunderwerbssteuerbefreiung nur erhalten bleiben konnte, wenn die Beklagte Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum errichtet. Die Worte "im Wohnungseigentum" und deren Entfall im Kaufvertrag seien deshalb gänzlich bedeutungslos und überflüssig.
Die Beklagte beantragte, die Revision zurückzuweisen, weil die Anfechtungsvoraussetzung nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO fehle, dem Rechtsmittel sonst aber nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht zulässig.
Da der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld S 300.000,-- nicht übersteigt, ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt oder uneinheitlich ist oder das Berufungsgericht von einer ständigen Rechtsprechung zu dieser Frage abweicht (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO). Hier geht es nicht um die Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Grunderwerbssteuerbefreiung für die früheren Erwerbsvorgänge erhalten blieb, weil die Parteien darüber gar nicht uneins sind, sondern ausschließlich um die Auslegung der zwischen einer Baugesellschaft und einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung, also zwei mit den Besonderheiten des Wohnbauwesens und dem einschlägigen Steuerrecht gleich vertrauten Personen, konkret ausgehandelten Vertragsbestimmung, aus der beide Vertragsteile jeweils für ihren Standpunkt Günstiges ableiten, die Klägerin, wenn sie meint, der Entfall der Worte "im Wohnungseigentum" sei bedeutungslos und der Vertrag so zu lesen, als wären diese im Entwurf enthaltenen Worte vorhanden, die Beklagte, weil sie geltend macht, sie habe durch die Streichung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie zwar Arbeiterwohnstätten errichten, an diesen aber Wohnungseigentum nicht begründen werde. Diese besondere Einzelfallgestaltung schließt eine Bedeutung aus, die über die konkrete Entscheidung dieses Rechtsstreites hinausgehen könnte. Die Auslegung nicht allgemein üblicher oder in einer Mehrzahl von Fällen verwendeter Vertragsbestimmungen kann in der Regel nur dann Gegenstand der außerordentlichen Revision sein, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, daß die Auslegung nicht gesetzeskonform ist. Dies ist nicht der Fall. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der von der Beklagten übernommenen Verpflichtung verstößt nicht gegen gesetzliche Bestimmungen und weicht auch nicht von der zur Vertragsauslegung allgemein vorhandenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab. Es fehlt daher an dem Erfordernis der Zulässigkeit der Revision, weil die Bedeutung der Lösung dieser Vertragsauslegungsfrage auf andere Fälle nicht wirkt und daher die Besonderheit des Einzelfalles die Zulassung hier nicht rechtfertigt. Da das Revisionsgericht an den Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden ist (§ 508 a Abs 1 ZPO), ist die von der Klägerin erhobene Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte hat mit ihrem Zurückweisungsantrag Erfolg und Anspruch auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung (§§ 41 und 50 ZPO).
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