Normen
ABGB §372
ABGB §374
ABGB §481
ABGB §523
ABGB §825
ABGB §833
ABGB §837
ABGB §1500
AußStrG §1
JN §1
ABGB §372
ABGB §374
ABGB §481
ABGB §523
ABGB §825
ABGB §833
ABGB §837
ABGB §1500
AußStrG §1
JN §1
Spruch:
Eine nicht verbücherte Servitut ist gegenüber dem Rechtsnachfolger des Bestellers wirksam, wenn er von der Servitut Kenntnis hatte.
Der aus einer nicht verbücherten Servitut Berechtigte kann unter Nachweis seines rechtmäßigen, redlichen und echten Besitzes die publizianische Klage nach den §§ 372 bis 374 ABGB. erheben.
Die Bestimmungen der §§ 825 ff. ABGB. kommen nur dann zur Anwendung, wenn ein dingliches Recht mehreren Personen ungeteilt zusteht, nicht aber dann, wenn mehreren Personen an physischen Teilen eines Hauses (einzelnen Stockwerken) eine Fruchtnießung zusteht, mögen diese Personen auch im übrigen Miteigentümer des (ungeteilten) Hauses sein. Für die Klage eines Fruchtnießers gegen einen anderen auf Unterlassung der Einhebung von Mietzinsen ist daher in diesem Falle der Rechtsweg zulässig.
Entscheidung vom 11. Oktober 1950, 3 Ob 545/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Innsbruck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.
Text
Die Klägerin stellte das Begehren, festzustellen, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, die Mietzinse von den im zweiten Stockwerke des Hauses, Innsbruck, X-Straße 73, wohnenden Mietparteien einzuheben, und den Beklagten schuldig zu erkennen, die Einhebung der Mietzinse von den im zweiten Stockwerke dieses Hauses wohnenden Mietparteien sofort zu unterlassen, mit der Begründung, die Klägerin, die gemeinsam mit ihren Brüdern, dem Beklagten und Andrä Z., zu einem Drittel Miteigentümerin des erwähnten Hauses sei, besitze auf Grund des vom verstorbenen früheren Alleineigentümer des Hauses Andrä Z. sen. errichteten Testamentes das Fruchtgenußrecht an dem zweiten Stockwerke des Hauses, der Beklagte habe trotzdem die Mietzinse von den im zweiten Stock des Hauses wohnenden Mietparteien mit der Behauptung ein, er sei von der Mehrheit der Miteigentümer zum Verwalter des Hauses bestellt worden.
Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß der Beklagte die Verwaltung des ganzen Hauses seit Juni 1947 ausübe, und vertrat die Rechtsmeinung, daß sich die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten in Ansehung des strittigen Rechtsverhältnisses nach den gesetzlichen Bestimmungen regeln, die für den Verwalter eines gemeinschaftlichen Gutes zur Anwendung kommen (§ 837 ABGB.); der Beklagte handle nicht selbständig, sondern als Verwalter der Mehrheit; da der Beklagte alle Rechtshandlungen als Verwalter nur für die Teilgenossen vornehme, könne sich der Anspruch der Klägerin nur gegen sämtliche übrigen Teilhaber richten, dem Beklagten fehle daher die passive Klagslegitimation, wobei das Prozeßgericht auf die Entscheidung GlUNF. 5998 Bezug nahm.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren Folge. Es ließ sich von der rechtlichen Erwägung leiten, daß dem Servitutsberechtigten gemäß § 523 ABGB. die Klage gegen jeden zustehe, der ihn an der Ausübung seines Rechtes hindere oder in diesem störe. Die Klägerin sei daher auch berechtigt, den ihr auf Grund des Fruchtgenußrechtes zustehenden Anspruch gegen den Verwalter, der die Ausübung ihres Rechtes störe, geltend zu machen, gleichgültig, ob er die Störung im eigenen Namen oder namens seiner Auftraggeber vorgenommen habe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Was zunächst die Ausführung der Revision anlangt, der Klägerin stehe deshalb ein Fruchtgenußrecht nicht zu, weil dieses nicht im Grundbuch eingetragen sei, so genügt es, zur Widerlegung dieser Ausführungen darauf zu verweisen, daß dem Rechtsnachfolger des Bestellers gegenüber die grundbücherlich nicht eingetragene Servitut wirksam ist, wenn er von der Servitut Kenntnis hatte (Klang, 2. Aufl., zu § 480 ABGB.), und daß auch der nichtverbücherte Servitutsberechtigte die publizianische Klage nach den §§ 372 - 374 ABGB. hat, wenn er seinen redlichen, rechtmäßigen und echten Besitz nachzuweisen in der Lage ist (Klang, a. a. O., zu § 523 ABGB., 2 Ob 25/50 vom 12. Juli 1950 (Siehe Nr. 225)). Aus dem vom Prozeßgerichte verlesenen Abhandlungsakt 4 A 6/46 des Bezirksgerichtes Innsbruck ergibt sich, daß der Beklagte und die übrigen Miterben das Testament, mit welchem der Klägerin das in Rede stehende Fruchtgenußrecht eingeräumt wurde, ausdrücklich als rechtsgültig anerkannt und auf Grund dieses Testamentes die Erbserklärungen abgegeben haben. Die Einräumung des Fruchtgenußrechtes war somit dem Beklagten bekannt und er hat auch dieses Recht ausdrücklich anerkannt, weshalb es ihm gegenüber auch ohne bücherliche Eintragung wirksam ist.
Die Revision bringt weiters vor, die Klägerin habe ebenso wie die übrigen Miteigentümer den Beklagten zum Verwalter der gemeinschaftlichen Liegenschaft bestellt, ihm daher Verwaltungsvollmacht erteilt und diese bisher nicht widerrufen, weshalb schon aus diesem Grund der Beklagte zum Inkasso der Mietzinse berechtigt sei.
Abgesehen davon, daß der Beklagte eine Einwendung in der Richtung, er sei auch von der Klägerin zur Verwaltung bevollmächtigt worden, vor dem Prozeßgerichte nicht erhoben, sondern lediglich behauptet hat, daß die beiden anderen Miteigentümer Andreas und Johanna Z., welch letztere nach den unangefochtenen Feststellungen der Vorinstanzen gar nicht Miteigentümerin ist, ihn zum Verwalter bestellt haben, hat die Klägerin durch die Klagseinbringung und Prozeßführung deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie mit der Verwaltung des Hauses, soweit sich diese auf ihr Fruchtgenußrecht bezieht, durch den Beklagten nicht einverstanden ist, und hat damit eine etwa erteilte Vollmacht durch konkludente Handlungen gekundigt. Einer abgesonderten ausdrücklichen Kündigung bedarf es aber ebensowenig wie einer Geltendmachung der Vollmachtskündigung als Klagsgrund, wie dies die Revision vermeint.
Die Revision behauptet ferner, daß jedem der Miteigentümer ein Fruchtgenußrecht hinsichtlich eines Stockwerkes zustehe und daher nicht nur eine Gemeinschaft des Eigentums, sondern auch eine solche des Fruchtgenußrechtes vorliege, da sich das Fruchtgenußrecht auch auf gemeinsame Gebäudeteile, wie Decke, Böden usw. beziehe. Eine Behauptung, daß ein gemeinsames Fruchtgenußrecht an dem Hause bestehe, hat der Beklagte bisher nicht vorgebracht und es kann dieses Vorbringen daher als im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung keine Beachtung finden. Die Bestimmungen des 16. Hauptstückes des ABGB. über die Gemeinschaft des Eigentums und anderer dinglicher Rechte kommen gemäß § 825 ABGB. nur dann zur Anwendung, wenn das Eigentum oder ein anderes dingliches Recht mehreren Personen ungeteilt zukommt. Diese Voraussetzung ist aber im vorliegenden Falle nicht gegeben, da zwar jedem der Miteigentümer das Eigentum an dem Hause seinem ideellen Anteil entsprechend ungeteilt, das Fruchtgenußrecht aber jedem einzelnen Berechtigten an einem bestimmten Teil zur Gänze, so der Klägerin an dem zweiten Stockwerk, zukommt. Die Klägerin ist daher hinsichtlich dieses Stockwerkes allein berechtigt und deshalb gemäß § 523 ABGB. zur Klage auf Unterlassung der Störung in ihrem Fruchtgenußrechte legitimiert. Ob die vom Hause zu entrichtenden Abgaben und sonstigen Lasten für das ganze Haus vorgeschrieben werden und entrichtet werden müssen, ist für die Entscheidung der vorliegenden Rechtsfrage ohne jede Bedeutung, da es sich nicht um die Verrechnung, sondern nur darum handelt, ob der Beklagte ohne Zustimmung der Klägerin das Inkasso der ihr als Fruchtnießerin zustehenden Mietzinse der Wohnungen im zweiten Stocke vorzunehmen berechtigt ist.
Wenn die Revision schließlich die passive Klagslegitimation des Beklagten wegen seiner Eigenschaft als Verwalter und im Hinblick auf die Bestimmungen des § 1017 ABGB. bestreitet, so ist zunächst darauf zu verweisen, daß der Entscheidung GlUNF. Nr. 5998, auf die das Prozeßgericht Bezug genommen hat, ein ganz anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Dort handelte es sich um Eigentümer eines im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Waldes, die gegen den gemeinsamen Verwalter eine Klage auf Herausgabe der Nutzungen dieses Waldes richteten, während im vorliegenden Falle die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Fruchtgenußberechtigte den Beklagten als Störer dieses Rechtes in Anspruch nimmt, wozu sie, wie bereits oben erörtert, berechtigt ist. Was aber die Bezugnahme der Revision auf die Bestimmung des § 1017 ABGB. anlangt, so lassen ihre Ausführungen darauf schließen, daß sie die Bedeutung dieser Gesetzesstelle verkennt. Diese bestimmt lediglich, daß im Falle einer offenen Vollmacht der Bevollmächtigte Rechte und Verbindlichkeiten nicht für sich, sondern für seinen Gewaltgeber erwirbt. Es kommt aber im vorliegenden Falle nicht darauf an, ob der Beklagte durch das Inkasso der Zinse für die übrigen Miteigentümer Rechte oder Verbindlichkeiten erworben hat, sondern es ist allein entscheidend, daß er durch seine Handlungsweise, mag er auch im Vollmachtsnamen Dritter gehandelt haben, die Klägerin in der Ausübung ihres Fruchtgenußrechtes gestört hat. Die Klägerin ist daher, wie bereits mehrfach erörtert, berechtigt, die Unterlassung dieser Handlungen vom Beklagten als Störer ihres Rechtes zu verlangen.
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