Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 3.264 (darin S 544 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagten Parteien sind auf Grund eines zwischen ihnen und dem Rechtsvorgänger der klagenden Partei am 4.6.1980 abgeschlossenen Mietvertrages Mieter von Räumlichkeiten im Zwischengeschoß und im zweiten Stockwerk des Palais A*****. Nach Punkt III d dieses Vertrages ist die Vermieterin zu einer vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist berechtigt, wenn sie das Palais A***** verkauft und den Mietern für die von ihnen aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse zusagt, die unter Annahme einer Amortisation in 10 Jahren der noch nicht abgelaufenen Amortisationszeit entspricht, zuzüglich eines Betrages von S 500.000 zur Abgeltung aller Nachteile der Mieter, wie etwa der Kosten der Beschaffung eines Ersatzbüros, Übersiedlungskosten, Kosten der Bekanntmachung des neuen Standortes und dgl. Die Vertragsteile vereinbarten diesen Auflösungsgrund auch als wichtigen Kündigungsgrund.
Die klagende Partei, die das Palais A***** mit Kaufvertrag vom 21.6.1989 erworben hat, kündigte den beklagten Parteien die gemieteten Räumlichkeiten für den 31.1.1991 gemäß § 30 Abs 2 Z 13 MRG gerichtlich auf. Schon zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages mit den beklagten Parteien seien konkrete Verkaufgespräche geführt worden. Da sich der Verkauf nicht einfach gestaltet habe, sei die Voreigentümerin aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen gewesen, für die Dauer der Vertragsverhandlungen Vermietungen vorzunehmen. Die Frage, ob die vermieteten Bestandobjekte nach dem Verkauf zur Gänze frei würden, sei für die Verwertungschancen und die Preisbildung von ausschlaggebender Bedeutung gewesen. Das Palais A***** könne hinsichtlich Preisbildung und Verwertungschancen mit einem Zinshaus nicht verglichen werden. Es stehe unter Denkmalschutz und bestehe großteils aus Prunkräumen, die einer Vermietung für Büro- und Wohnzwecke nicht zugänglich seien. Es sei daran gedacht, die gegenständlichen Bestandobjekte einer kulturellen Nutzung zuzuführen.
Die beklagten Parteien beantragen die Aufhebung der Aufkündigung. Der Umstand, daß das Palais A***** nicht frei von Bestandrechten Dritter sei, habe den Verkauf in keiner Weise behindert. Es liege sohin kein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG vor. Den beklagten Parteien seien Verkaufsgespräche zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses nicht bekannt gewesen.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung ohne Aufnahme von Beweisen auf und wies das Räumungsbegehren ab. Eine Vereinbarung, wonach der Verkauf eines Hauses als wichtiger Kündigungsgrund anzusehen sei, beseitige einen der fundamentalsten Grundsätze im Bereich des Kündigungsschutzes und könne daher nicht rechtswirksam getroffen werden.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes; es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Ob die Kündigungsvereinbarung im Sinne des Punktes III d des Mietvertrages vom 4.6.1980 wirksam sei, sei nach dem Abschlußzeitpunkt zu beurteilen; ob sie das Vertragsverhältnis tatsächlich beende, richte sich nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG. Schon zu § 19 Abs 6 MRG habe die Rechtsprechung ebenso wie nun zu § 30 Abs 2 Z 13 MRG die Auffassung vertreten, ein als wichtig und bedeutsam bezeichneter Umstand könne nur dann als Kündigungsgrund gewertet werden, wenn er den im § 19 Abs 2 MG bzw § 30 Abs 2 MRG aufgezeigten Fällen zwar nicht gleich, aber an Bedeutung nahe komme. Diese Voraussetzungen träfen auf eine Vereinbarung, mit der der Verkauf des Hauses generell als Kündigungsgrund vereinbart werde, nicht zu. Zwar habe der Oberste Gerichtshof verschiedentlich die Wirksamkeit einer derartigen Vereinbarung bejaht. Dies sei in den Entscheidungen MietSlg 35.382/36 und ImmZ 1989, 153 aus der Überlegung geschehen, daß bei kleinen Wohnobjekten (wie etwa bei einem Ein- oder Zweifamilienhaus) die Frage, ob diese Objekte zur Gänze frei sind oder nicht, für die Verwertungschancen und die Preisbildung von ausschlaggebender Bedeutung sein könne, was bei Zinshäusern im allgemeinen zumindest nicht in diesem Ausmaß der Fall sei, in der Entscheidung 3 Ob 508/88 (MietSlg 40.471) bei einem Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten im Bereich eines Fabriksareals aus der Erwägung, daß ein besonderes Anliegen des Vermieters bestehe, den Bestandvertrag auflösen zu können, wenn das Bestandverhältnis der Verwertung der Liegenschaft behindernd entgegenstehe. Das Berufungsgericht anerkenne jedoch kein Anliegen des Vermieters, von ihm oder seinem Rechtsvorgänger eingegangene Bestandverträge zwecks besserer, seiner alleinigen Willensbildung anheim gestellten Verwertung der Liegenschaft auflösen zu können. Die im Mietvertrag vom 4.6.1980 enthaltene Vereinbarung rechtfertige die Aufkündigung auch dann nicht, wenn die Verwertung der Liegenschaft bereits bei Abschluß des Mietvertrages in Erwägung gezogen worden sein sollte.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Gemäß § 30 Abs 2 Z 13 MRG ist es als ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Bestandobjektes anzusehen, wenn ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Aufkündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine nahen Angehörigen oder das Unternehmen, für das er allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist. Der im Mietvertrag angegebene Umstand muß bestimmt bezeichnet, für den Vermieter objektiv bedeutsam und den sonst in § 30 Abs 2 MRG angeführten Gründen zwar nicht gleich, aber doch nahekommen (SZ 61/52). Vereinbarungen, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem durch § 30 Abs 1 und 2 MRG bestimmten Maß zustehen soll, sind gemäß § 30 Abs 3 MRG rechtsunwirksam.
Aus der bereits von der zweiten Instanz zitierten Rechtsprechung des Revisionsgerichtes ergibt sich, daß der beabsichtigte Verkauf eines Gebäudes nicht in jedem Fall - um den Erwerber nicht an bestehende Mietverträge zu binden - zulässig als Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart werden kann, daß vielmehr ein besonderes Bedürfnis des Vermieters an dieser Auflösungsmöglichkeit gegeben sein muß, soll nicht der sich aus § 1120 ABGB ergebende Grundsatz, daß der Bestandnehmer dem Erwerber nur "nach gehöriger Aufkündigung" weichen muß, daß also der Erwerber in alle Bestimmungen bestehender Mieterverträge mit Ausnahme jener über die Dauer des Mietverhältnisses und über längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen eintritt, aufgegeben werden.
Ein solches Bedürfnis ist hier nicht erkennbar. Das Palais A***** kann nicht mit einem Einfamilienhaus verglichen werden, denn es dient nicht der regelmäßigen persönlichen oder geschäftlichen Nutzung durch den Eigentümer, sondern wird, wie sich auch aus dem Vorbringen der klagenden Partei ergibt, wie ein Zinshaus durch langfristige Inbestandgabe vermietbarer Räumlichkeiten verwertet. Der Verkauf des Gebäudes zur Aufnahme einer seiner kulturhistorischen Bedeutung entsprechenden besonderen Nutzung durch den Eigentümer wurde im Mietvertrag vom 4.6.1980 nicht als Kündigungsgrund vereinbart; eine nähere Prüfung, ob dieser Umstand zur Kündigung berechtigen würde und ob ein Verkauf zu diesem Zweck tatsächlich stattgefunden hat, ist daher entbehrlich. Dem Wortlaut des Mietvertrages kann im übrigen auch nicht entnommen werden, daß zur Zeit seines Abschlusses bereits konkrete Verkaufsverhandlungen (zu dem nunmehr behaupteten Zweck) geführt worden wären.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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