OGH 3Ob537/90

OGH3Ob537/9027.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Norbert H*** Bauleitungsgesellschaft mbH, Innsbruck, Mitterweg 5, vertreten durch Dr. Hansjörg Mader, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 16.5.1989 verstorbenen Eckhard B***, Hotelier, Strassen Nr 6, Hotel "S***", vertreten durch Dr. Robert Amhof ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen 486.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 30. November 1989, GZ 3 R 296/89-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. April 1989, GZ 10 Cg 199/87-20, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 28.882,80 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 4.813,80 S Umsatzsteuer) und die mit 19.887,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.647,90 S Umsatzsteuer und 10.000 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei erbrachte für den während des Rechtsstreites verstorbenen Eckhard B*** (im folgenden kurz beklagte Partei) für dessen Hotel Planungs- und Bauleitungsarbeiten und begehrt hiefür restlich 486.000 S samt Anhang.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen nur ein, es sei ein pauschaliertes Gesamthonorar von 100.000 S vereinbart worden. Ein Mehrhonorar habe die klagende Partei nur bei Unterschreitung der vereinbarten Höchstbausumme von 5,1 Mill S zugestanden. Tatsächlich hätten die Baukosten aber über 7 Mill S betragen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Teiles des Zinsenbegehrens statt.

Es ging kurz zusammengefaßt von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Im Jahr 1985 ließ der Beklagte einen Hotelzubau errichten. Die nicht von der klagenden Partei geplante Erstellung des Rohbaues kostete etwa 12 Mill S. Am 3.November 1985 übertrug der Beklagte der klagenden Partei die Planung, Ausschreibung und Bauaufsicht für den Innenausbau und gab an, daß er hiefür höchstens 5,1 Mill S ohne Umsatzsteuer ausgeben wolle. Weiters wurde besprochen, daß das Hotel am 11.Mai 1986 eröffnet werden solle. Eine bestimmte Honorarvereinbarung zwischen den Streitteilen ist nicht erwiesen. Die von der beklagten Partei in ihren Einwendungen erwähnte Pauschalhonorarvereinbarung betraf einen Vertrag zwischen dem Beklagten und einem Angestellten der klagenden Partei. Die Arbeiten der klagenden Partei wurden erbracht und das Hotel termingerecht eröffnet. Es ist nicht erwiesen, daß die von der klagenden Partei vergebene Auftragssumme den Betrag von 5,1 Mill S ohne Umsatzsteuer überschritten hätte.

Unabhängig von diesem Auftrag an die klagende Partei beauftragte der Beklagte die klagende Partei auch noch mit der Erstellung eines Einreichplanes für den Rohbau.

Die klagende Partei stellte mit Teilrechnung vom 7.April 1986 240.000 S in Rechnung, welchen Betrag der Beklagte bezahlte. Mit Rechnung Nr 074A/86 vom 29.Oktober 1986 erstellte die klagende Partei eine "Schlußrechnung" von 480.000 S abzüglich bezahlter 240.000 S, sohin von restlich 240.000 S.

Der Beklagte bot der klagenden Partei nur eine Zahlung von restlich 100.000 S an, womit die klagende Partei nicht einverstanden war. Daraufhin richtete der Beklagte an die klagende Partei ein Schreiben vom 10.November 1986, in dem er auf die Überschreitung der Baukostensumme von 5,1 Mill S hinwies und daher auch die Zahlung der bisher angebotenen 100.000 S ablehnte.

Die klagende Partei beantwortete dieses Schreiben am 11. Dezember 1986 dahin, daß die klagende Partei die vereinbarte Bausumme nicht überschritten habe. Wie der beklagten Partei bekannt sei, sei der Leistungsumfang entgegen der ursprünglichen Auftragsbesprechung vergrößert worden. Die klagende Partei habe unter dem Gesichtspunkt einer sofortigen Zahlung ein überaus kulantes Honorar verrechnet. Es treffe nicht zu, daß das Honorar der klagenden Partei in der vereinbarten Bausumme enthalten sein sollte. Die klagende Partei ersuche nochmals und letztmalig um Begleichung des Restsaldos binnen vierzehn Tagen. Ansonsten sehe sich die klagende Partei gezwungen, die Honorarabrechnung laut der Honorarordnung vorzunehmen. Die von der beklagten Partei zusätzlich in Auftrag gegebene Einreichplanung werde noch extra in Rechnung gestellt werden.

Nachdem der Beklagte keine weiteren Zahlungen leistete stellte die klagende Partei am 31.Dezember 1986 zwei weitere Rechnungen aus und begehrte mit Rechnung Nr 101/86 ergänzend zur Rechnung Nr 074A/86 laut Schreiben vom 11.Dezember 1986 zusätzlich 156.000 S. Weiters mit Rechnung Nr 102/86 für die zusätzlich in Auftrag gegebene Einreichplanung 90.000 S.

Nach der Honorarordnung der Baumeister, Ausgabe 1985, sind auf Grund der von der klagenden Partei erbrachten Leistungen bei den zugrunde liegenden Bausummen die von der klagenden Partei insgesamt verrechneten Beträge angemessen.

Infolge Berufung der beklagten Partei, die den gesamten Klagszuspruch bekämpfte, bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes nur im Zuspruch von 240.000 S samt Anhang, änderte es aber im übrigen dahin ab, daß das Mehrbegehren von 246.000 S samt Anhang abgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung, vertrat aber die Auffassung, daß die klagende Partei durch die Übermittlung der Schlußrechnung ein Gestaltungsrecht über das von ihr noch begehrte Resthonorar ausgeübt habe, das sie binde. Ein Irrtum in der Rechnungsausstellung werde nicht geltend gemacht. Dem Prozeßvorbringen der klagenden Partei könne entnommen werden, daß sie die verrechneten "Planungs- und Bauleistungsarbeiten" termingerecht durchgeführt habe, sodaß das Hotel am 3.Mai 1986 eröffnet werden konnte. Es sei daher davon auszugehen, daß auch die Einreichpläne vor der Übermittlung der Schlußrechnung vom 29.Oktober 1986 abgeschlossen gewesen seien. Mangels Irrtums oder eines bei Rechnungslegung gemachten Vorbehaltes könne die klagende Partei nicht als Strafe für die unterbliebene Zahlung des Beklagten nachträglich einen Mehrbetrag verlangen. Die noch nach dem Recht vor der WGN 1989 zu erledigende Revision der klagenden Partei ist als sogenannte Vollrevision zulässig, weil das Berufungsgericht insgesamt über einen Streitwert über 300.000 S entschieden hat und entgegen der Ansicht der beklagten Partei in der Revisionsbeantwortung nicht etwa der Revisionsstreitwert maßgebend ist (§ 502 Abs 4 Z 2 ZPO aF).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist auch berechtigt. Dem geltend gemachten Verfahrensmangel kommt schon deshalb keine erhebliche Bedeutung zu, weil die Sache auch ohne weiteres Vorbringen der klagenden Partei spruchreif im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes ist. Die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, ein Baumeister sei mangels getroffener Honorarvereinbarung an eine von ihm ausgestellte Schlußrechnung stets gebunden, wird vom erkennenden Senat in dieser weitreichenden Form nicht übernommen. Zwar wird im deutschen Schrifttum die Ansicht vertreten, in einem solchen Fall sei die Ausstellung der Rechnung die Ausübung eines dem Rechnungsaussteller zustehenden Preisbestimmungsrechtes, sodaß ihr rechtsgeschäftliche Bedeutung zukomme und erst durch die Ausstellung der Rechnung der Vertrag vervollständigt werde; nach Zugang der Rechnung könne diese nicht mehr widerrufen, sondern nur mehr zB wegen Irrtums angefochten werden (Rother, AcP 164, 97 mwN). Eine so weitreichende Wirkung kommt der Rechnung aber nur dann zu, wenn die Vertragsteile die Preisbestimmung wirklich einem Vertragsteil (iSd § 1056 ABGB, s Aicher in Rummel, ABGB, Rz 6 dort) überlassen haben, wofür es aber im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte gibt. Es geht vielmehr nur darum, daß mangels eines vereinbarten Preises iSd § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.

In diesem Fall kommt der vom Unternehmer ausgestellten Rechnung in der Regel nur die deklarative Bedeutung einer Beweisurkunde zu (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1376; EvBl 1966/300; SZ 48/2; 6 Ob 548/90). Allerdings kann in der Bekanntgabe eines bestimmten Honorars - etwa wenn dieses nach dem geltenden Tarif unterschiedlich berechnet werden kann, nämlich als Zeithonorar oder als Werthonorar - auch ein Anbot des Unternehmers liegen, sich mit diesem Betrag begnügen (auf ein Mehr verzichten) zu wollen, falls der Besteller das Anbot annimmt. Diese Annahme kann auch stillschweigend durch Zahlung des geforderten Betrages erfolgen. Nimmt aber der Besteller das Anbot nicht an, dann ist der Unternehmer an die von ihm ausgestellte Rechnung jedenfalls nicht mehr gebunden (ähnlich EvBl 1960/6).

Im vorliegenden Fall hat zwar die klagende Partei die tarifliche Honorarabrechnung nur für den Fall angedroht, daß das erste "kulante" Honorar nicht bezahlt würde; aber die beklagte Partei hat diese mindere Schlußrechnung nicht anerkannt, sondern ihre Berechtigung ausdrücklich bestritten und damit ein Anbot der klagenden Partei nicht angenommen. Diese ist daher berechtigt, den als angemessen festgestellten Betrag zu fordern.

Die vom Berufungsgericht angeführte Entscheidung JBl 1965, 318 betraf den Fall der Anfechtung einer Preisangabe wegen Irrtums über die Vereinbarung der Gewährung eines Sonderrabatts; im Fall der Entscheidung SZ 51/172 war die Überprüfung einer Rechnung durch einen Sachverständigen nach oben oder nach unten vereinbart. Diese Entscheidungen sagen daher zum vorliegenden Problem der Bindung des Unternehmers an seine Rechnung im Fall der gänzlichen Bestreitung durch den Besteller nichts aus.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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